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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 28.08.2001
Aktenzeichen: 9 K 2372/98 F
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 4
EStG § 15 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eine KG, ihr Wirtschaftsjahr endet am 31.3. eines Jahres. Der Beigeladene ist Kommanditist der Klägerin. Er überließ der Klägerin DM 200.000,00. In dem diesbezüglichen Darlehensvertrag vom 7.2.1994 wird der Beigeladene namentlich als Darlehensgeber genannt, weiter ist ausgeführt, dass der Beigeladene sich monatlich oder vierteljährlich die angefallenen Zinsbeträge zu Lasten der Gesellschaft entnehmen kann. Die KG behandelte die auf das Streitjahr (1994) entfallenden Zinsen in Höhe von DM 3.063,00 als Betriebsausgaben. Das Vermögen, aus dem der Beigeladene der Klägerin das Darlehen gewährte, entstammt der Veräußerung eines dem Beigeladenen gehörenden Grundstücks. Dieses Grundstück war dem Beigeladenen von seinen Eltern übertragen worden, hierbei war für die Mutter ein Nießbrauchsrecht eingetragen worden. Auf dieses Nießbrauchsrecht verzichtete sie durch notariell beurkundeten Vertrag vom 28.2.1992, um einen lastenfreien Verkauf des Grundstücks zu ermöglichen. Als Gegenleistung erhielt sie ein lebenslängliches Nießbrauchsrecht an dem Erlös der Grundstücksveräußerung. Die Erträge aus der Anlage des Erlöses stehen der Nießbraucherin zu, das Vermögen als solches wird von dem Beigeladenen vermögensverwaltet. In einer Erklärung vom 5.3.1998 gegenüber dem Finanzamt erklärte die Mutter:

" Mein Sohn kann und konnte über das Vermögen frei verfügen über das ich den Nießbrauch habe, mein Sohn hat alle Vollmachten."

Eine Betriebsprüfung bei der Klägerin kam zu dem Ergebnis, die für das Darlehen zu zahlenden Zinsen seien der Mutter des Beigeladenen zuzurechnen. Der Darlehensbetrag sei als Eigenkapital des Beigeladenen anzusehen, die Zinsen seien ihm als Vorweggewinn außerhalb der Bilanz zuzurechnen.

Das FA erließ dem entsprechend einen nach §164 AO geänderten Feststellungsbescheid 1994 vom 5.3.1997.

Der Einspruch der Kläger wurde mit Einspruchsentscheidung vom 24.3.1998 als unbegründet zurückgewiesen.

Die Klägerin hat am 2.4.1998 Klage erhoben.

Sie trägt vor, beim Beigeladenen seien in Höhe der ihm vorab zuzurechnenden Zinsen Sonderbetriebsausgaben zu berücksichtigen. Da dieser wegen des Nießbrauchs die vereinnahmten Zinsen automatisch an seine Mutter weiterleiten müsse, handele es sich um Ausgaben in Zusammenhang mit der Hingabe des betrieblichen Darlehens. Die Weiterleitung an die Mutter erfolge auch nicht freiwillig, von einer Einkommensverwendung könne daher nicht ausgegangen werden. Die Aufwendungen hätten der Darlehensbeschaffung gedient. Letztlich seien die Zinserträge überdies der Mutter als Nießbraucherin zuzurechnen. Würde man bei dem Sohn den Abzug von Sonderbetriebsausgaben ablehnen, käme es zu einer Doppelbesteuerung, da die Erträge dann sowohl beim Sohn als auch bei der Mutter versteuert würden. Unverständlich sei, dass das FA das Fehlen einer Vereinbarung über die Überlassung des Kapitals zwischen Beigeladenem und Mutter behaupte und ausführe, die Erklärung vom 5.3.1998 reiche nicht aus. Die Vereinbarung sei in der Nießbrauchbestellung zu sehen, die Erklärung der Mutter vom 5.3.1998 sei nur ein Hinweis auf die bestehende Nießbrauchsverpflichtung, nicht aber eine weitere Vereinbarung, ihrer hätte es nicht bedurft. Der Hinweis des FA auf das Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 26.11.1997 X R 114/94 gehe fehl. Dort habe der BFH eine Schenkung unter Auflage beurteilt, hier liege aber keine Schenkung unter Auflage vor, sondern hier habe der Schenker seine Verfügungsmacht über sein Vermögen voll behalten, nämlich durch den auch tatsächlich durchgeführten Nießbrauchsvertrag. Die Erträge eines Nießbrauchs seien bei einem Vorbehaltsnießbrauch dem Nießbraucher zuzurechnen. Die Zurechnung der Einkünfte ändere sich auch nicht dadurch, dass der Nießbrauch an einem Grundstück von einem Nießbrauch an einem Kapitalvermögen abgelöst werde, so auch das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 10.9.1986 10 K 195/84 EFG 1987, 124.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Bescheides vom 5.3.1997 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 24.3.1998 Zinsaufwendungen in Höhe von DM 3.063,00 als Sonderbetriebsausgaben des Beigeladenen anzuerkennen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es ist der Ansicht, die Zinseinkünfte seien dem Beigeladenen zuzurechnen. Entgegen der Auffassung der Klägerin folge aus der Verpflichtung, die Erträge weiterzuleiten, nicht, dass die Erträge der Mutter zuzurechnen seien und sich bei dem Beigeladenen keine steuerliche Auswirkung ergebe. Entscheidend sei, wer den Tatbestand der Einkunftserzielung verwirkliche, das sei der Beigeladene, da er der Klägerin das Darlehen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung überlassen habe. Bei dieser Zurechnung bleibe es auch dann, wenn der Empfänger verpflichtet sei, die Erträge weiterzuleiten, so auch BFH-Urteil X R 114/94 vom 26.11.1997, BFH/NV 1998, 777.

Die Mutter des Beigeladenen habe ihr Nießbrauchsrecht nicht durch Einkunftserzielung ausgeübt. Es fehle an einer klaren und eindeutigen Darlehensvereinbarung, daher sei nicht erkennbar, dass die Mutter in eigenem Namen Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt habe, folglich bestehe auch kein Anlass, beim Gesellschafter etwa an die Mutter weitergeleitete Beträge als Sonderbetriebsausgaben anzusetzen. Es fehle die Entgeltlichkeit. Zur steuerlichen Anerkennung des Nießbrauchs genüge es nicht, lediglich die Erträge einzuziehen. Der Abzug von Sonderbetriebsausgaben scheide aus, weil es sich bei der Weiterleitung der Zinsen um eine private und damit steuerlich unbeachtliche Einkommensverwendung handele.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 S. 1 Finanzgerichtsordnung FGO-.

Dem FA ist darin zu folgen, dass in Höhe von DM 3.063,00 Sonderbetriebseinnahmen des Beigeladenen entstanden sind.

Die von der Klägerin an den Beigeladenen gezahlten Zinsen sind Vergütungen für die Hingabe eines Darlehens, die ein Gesellschafter von der Gesellschaft erhält, sie gehören nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 HS. 2 Einkommensteuergesetz -EStG- zu den gewerblichen Einkünften aus der Mitunternehmerschaft. Sie mindern grds. den Steuerbilanzgewinn der Gesellschaft, werden aber beim Gesellschafter in gleicher Höhe in seiner Sonderbilanz erfasst und gehen so in den Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft ein.

Der Beigeladene und nicht seine Mutter hat das Darlehen hingegeben und damit auch die als Sonderbetriebsausgaben zu erfassenden Einkünfte erzielt.

Den Tatbestand der Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 EStG) erfüllt nach ständiger Rechtsprechung des BFH, wer Kapitalvermögen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung gegen Entgelt zur Nutzung überlässt (vgl. z.B. Beschluss des Großen Senats vom 29. November 1982 GrS 1/81, BFHE 137, 433, BStBl II 1983, 272; BFH-Urteil X R 114/94 a.a.O.). Der Beigeladene hat, wie das FA zutreffend festgestellt hat, der Klägerin im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ein Darlehen gewährt und damit den Tatbestand der Einkunftserzielung verwirklicht. Die Nießbraucherin hatte zwar die Möglichkeit der Einflussnahme, hat hiervon aber keinen Gebrauch gemacht, sondern den Beigeladenen frei schalten gelassen.

Auch eine Zurechnung der Erträge unter dem Gesichtspunkt des Vorbehaltsnießbrauchs kommt nicht in Betracht. Zwar sind aus einem Vorbehaltsnießbrauch erzielte Erträge in der Regel dem Nießbraucher zuzurechnen ( Heinicke in Schmidt, Einkommensteuergesetz 20. A. § 20 RdN. 21 m.w.N.). So liegt der Fall hier nicht. Denn der Beigeladenene hat die Zinsen schon nicht in Ausübung eines Nießbrauchs erzielt, sondern das Kapital im eigenen Namen und ohne Berücksichtigung der sich aus dem Nießbrauch ergebenden Beschränkungen angelegt. Er hat lediglich die ihm als Inhaber des Guthabens zustehende Möglichkeit genutzt, über das Geld zu verfügen, nicht aber die nach Abs. IV des Notarvertrages vom 28.2.1992 erforderliche Zustimmung eingeholt. Nichts anderes folgt aus der Erklärung der Nießbraucherin vom 5.3.1998. Die Erklärung beinhaltet nicht die nach dem Notarvertrag erforderliche individuelle Zustimmung zu einzelnen Verfügungen, sondern zeigt gerade, dass der Beigeladene an die Bestimmungen des Nießbrauchsvertrages tatsächlich nicht gebunden sein sollte. Denn ihm wird dort gestattet, über das Vermögen frei zu verfügen.

Die von dem Beigeladenen an seine Mutter gezahlten Beträge führen bei ihm zu nicht zu Sonderbetriebsausgaben. Zwar können Refinanzierungszinsen für ein vom Gesellschafter der Gesellschaft hingegebenes Darlehen nach § 4 Abs. 4 EStG grundsätzlich Sonderbetriebsausgaben sein. Die Gewinnanteile der Mitunternehmer sind in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG hinsichtlich der Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben nicht abschließend umschrieben. Für die Annahme von Sonderbetriebseinnahmen oder Ausgaben genügt daher nach der Rechtsprechung des BFH bereits ein (bloßer) Veranlassungszusammenhang zwischen den Aufwendungen und dem Betrieb, ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang wird nach § 4 Abs. 4 EStG nicht gefordert (BFH-Entscheidung vom 29.5.1996, I R 15/94, BStBl II 1997, 57; BMF-Schreiben vom 10.2.1998, IV B 2 - S 2241 - 8/98, DStR 1998 S. 489 ). Danach sind Sonderbetriebsausgaben des Beigeladenen aber nicht entstanden. Der notwendige Veranlassungszusammenhang zwischen der Zahlung an die Mutter und der Hingabe eines Darlehens durch den Beigeladenen an die Gesellschaft besteht nicht. Anlass für die Zahlung der Zinsen war nicht etwa eine im Zusammenhang mit der Einräumung des Darlehens an die Klägerin eingegangene vertragliche Verpflichtung zur Zinszahlung gegenüber seiner Mutter. Veranlassung für die Weitergabe der erhaltenen Zinsen an die Mutter war, dass ihr diese Zinsen zustanden, weil sie Nießbrauchsberechtigte war. Die Zahlung beruht somit nicht auf einem Darlehensverhältnis des Beigeladenen mit der Mutter, sondern letztlich auf dem Nießbrauch, der ihn zur Weiterleitung verpflichtete. Die Zahlung ist daher ertragsteuerlich nicht als Aufwand des Beigeladenen zu erfassen, sondern stellt sich aus seiner Sicht nur als Verwendung dar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-.

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