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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 30.11.2007
Aktenzeichen: 1 K 266/06
Rechtsgebiete: EStG, AO, FGO, GKG


Vorschriften:

EStG § 31 S. 3
EStG § 66 Abs. 1
EStG § 66 Abs. 2
EStG § 70 Abs. 1
EStG § 70 Abs. 2
EStG § 70 Abs. 3
AO § 37 Abs. 1
AO § 155 Abs. 4
AO § 169
FGO § 72 Abs. 2 S. 1
GKG § 42 Abs. 1 S. 1
GKG § 42 Abs. 5 S. 1
GKG § 52 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

1 K 266/06

Gründe:

I. Mit Bescheid vom 15. August 2002 setzte die Beklagte zugunsten der Klägerin für deren zu diesem Zeitpunkt nahezu 58 Jahre altes Kind rückwirkend Kindergeld ab 01. Juli 1997 fest. Die Festsetzung erfolgte nach Maßgabe von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG und beruhte auf der Annahme, dass das Kind bereits vor Eintritt des 27. Lebensjahrs seelisch behindert war. Nach Kenntniserlangung von weiteren Unterlagen aus vorangegangenen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren einer anderen Behörde und nochmaliger Prüfung kam die Beklagte insoweit zu einer anderen Einschätzung und erließ unter dem 19. November 2002 einen Aufhebungsbescheid mit Wirkung ab Dezember 2002. Nach erfolglosem Einspruch erhob die Klägerin Klage.

Dieses (erste) Klageverfahren wurde nach intensiver Prüfung und Erörterung einvernehmlich von den Beteiligten im Rahmen eines gerichtlichen Erörterungstermins dadurch erledigt, dass die Beklagte isoliert die Einspruchsentscheidung aufhob. Im Rahmen des damit wieder offenen Einspruchsverfahrens sollte eine Prüfung über den aktuellen und historischen Gesundheitszustand des Kindes durch eine behördeninterne Gutachterstelle ermöglicht werden. Zu einer Begutachtung kam es indes nicht. Die Beklagte erließ daher unter dem 16. März 2005 erneut eine ablehnende Einspruchsentscheidung. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit der (zweiten) Klage vom 23. März 2005. Im Rahmen dieses zweiten Klageverfahrens erging ein Beweisbeschluss, der ein gerichtliches Sachverständigengutachten über das Vorliegen einer aktuellen seelischen Behinderung und - soweit auf Basis des aktuellen Befundes und der vorliegenden Arztrechnungen und Altgutachten nach nahezu 32 Jahren noch möglich - retrospektiv das Vorliegen einer seelischen Behinderung schon vor Eintritt des 27. Lebensjahres klären sollte. Zu einer Begutachtung des Kindes durch den Sachverständigen kam es nicht. Die Klägerin nahm die Klage am 24. Januar 2006 zurück.

Am 22. Mai 2006 stellte die Klägerin unter Berufung auf die seelische Behinderung des Kindes erneut einen Antrag auf Kindergeld. Die Beklagte lehnte den Antrag unter Hinweis auf die wegen des Aufhebungsbescheides vom 19. November 2002 geführten Klageverfahren ab, da seither keine neuen Erkenntnisse vorlägen. Nach erfolglosem Einspruch legte die Klägerin 22. Dezember 2006 die vorliegende (dritte) Klage ein. Es erging ein gleichlautender Beweisbeschluss. Zu einer persönlichen Begutachtung des Kindes kam es wiederum nicht. Der Gutachter erstellte daher vorläufig ein Gutachten nach Aktenlage. Die Klägerin nahm nachfolgend auch diese (dritte) Klage zurück.

II. 1. Die Höhe des Streitwerts beträgt 9.394 Euro.

Der Streitwert bestimmt sich in Finanzgerichtsstreitigkeiten nach der sich aus dem Antrag des jeweiligen Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache und entspricht bei einer bezifferten Geldleistung oder einem hierauf gerichteten Verwaltungsakt deren Höhe.

In einem Verfahren wegen Kindergeld berechnet sich der Streitwert, wenn für die Vergangenheit und Zukunft Kindergeld geltend gemacht wird, gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 GKG (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F.) und in entsprechender Anwendung des § 42 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 GKG (§ 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 GKG a.F.) aus den bis zur Klageerhebung geforderten Kindergeldbeträgen zuzüglich des einfachen Jahresbetrages (BFH-Beschlüsse vom 20. Oktober 2005 - III S 20/05 - BStBl II 2006, 7; vom 12. Oktober 2005 - III E 3/05 - BFH/NV 2006, 325 und vom 24. Mai 2000 - VI S 4/ 00 - BStBl II 2000, 544; anders: Streitwert erst ab Antragstellung - FG Hessen Urteil vom 31.10.2005 - 3 K 4281/04 - EFG 2006, 140 - zutreffend dazu ablehnende Anmerkung Siegert EFG a.a.O.).

Kindergeld ist bei der örtlich zuständigen Familienkasse zu beantragen, § 67 Satz 1 EStG. Die Antragstellung zählt indes nicht zu den materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Kindergeldanspruchs und begrenzt nach geltender Rechtslage denselben zeitlich daher nicht (anders noch § 66 Abs. 3 EStG i.d.F. bis 31.12.1998). Nach § 66 Abs. 2 EStG wird das Kindergeld vom Beginn des Monats an gezahlt, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, bis zum Ende des Monats, in dem die Anspruchsvoraussetzungen wegfallen. Daraus ergibt sich die Pflicht der Behörde, einen Antrag auf Festsetzung von Kindergeld gemäß § 67 EStG, der keine ausdrückliche zeitliche Einschränkung enthält, umfassend und damit auch für die Vergangenheit zu prüfen. Diese Prüfung entspricht dem Interesse des Antragstellers (siehe dazu DA-FamEStG 2004, Abschnitt IX. DA 70.1 Abs. 2 Satz 3). Ungeachtet des Wegfalls von § 66 Abs. 3 EStG a.F. (s.o.) kann Kindergeld unter dem Gesichtspunkt der Festsetzungsverjährung gemäß § 31 Satz 3 EStG i.V.m. §§ 37 Abs.1, 155 Abs. 4, 169 AO auch weiterhin nur für einen begrenzten Zeitraum rückwirkend gewährt werden. Ein Kindergeldantrag ohne ausdrückliche zeitliche Einschränkung, ist daher seinem objektiven Inhalt nach dahin zu verstehen, dass die Kindergeldfestsetzung auch für die Vergangenheit begehrt wird. Einem Antragsteller bleibt es unbenommen, bei begründetem Anlass einen Antrag ausdrücklich nur für die Zukunft zu stellen (BFH-Urteil vom 28. Januar 2004 - VIII R 12/03 - BFH/NV 2004, 786 ). Kindergeld ist mithin bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen grundsätzlich auch rückwirkend zu gewähren (vgl. auch Weber-Grellet in Schmidt, EStG, § 76 Rz. 1).

Der Festsetzung eines Kindergeldanspruchs zugunsten eines Antragstellers steht es entgegen, wenn und soweit über einen oder mehrere nach dem Antrag in Betracht kommende Monate bereits bestandskräftig ablehnend entschieden wurde. Die Bindungswirkung eines bestandskräftigen Bescheides, durch den die Festsetzung von Kindergeld abgelehnt wird, erstreckt und beschränkt sich auf die Vergangenheit und den Monat seiner Bekanntgabe, es sei denn, er enthält eine ausdrückliche Einschränkung seines zeitlichen Regelungsbereiches. Eine Bindungswirkung für die Zukunft haben gemäß § 70 Abs. 1 bis 3 EStG nur positive Kindergeldfestsetzungen (st.Rspr. vgl. nur BFH-Urteile vom 25. Juli 2001 - VI R 164/98 - BStBl II 2002, 89 undvom 28.01.2004 - VIII R 12/03 - BFH/NV 2004, 786 ).

Streitig ist, ob eine Verpflichtungsklage insoweit zulässigerweise erhoben werden kann - ggf. mit entsprechender Auswirkung auf den Streitwert - als damit eine Festsetzung von Kindergeld über den Monat hinaus begehrt wird, in dem der ablehnende Bescheid (dagegen Wüllenkemper EFG 2007, 1341 ff) oder die Einspruchsentscheidung (dagegen FG Düsseldorf, Urteil vom 23. Januar 2007 - 10 K 5107/05 Kg, EFG 2007, 600 und FG Niedersachsen, Urteil vom 23. Januar 2006 - 16 K 12/04 - EFG 2006, 751 - Rev. BFH III R 21/06) bekannt gegeben wurden. Das wäre der Fall, wenn der Grundsatz, dass der Ablehnungsbescheid lediglich den Kindergeldanspruch für die bis zur Bekanntgabe abgelaufenen bzw. angefangenen Monate regelt, nur Geltung hat, wenn und soweit der Ablehnungsbescheid nicht angefochten wird (dafür FG Köln, u.a. Urteil vom 09. Mai 2007 - 10 K 6473/03 - EFG 2007, 1340 - Rev. BFH III R 47/07 und Urteil vom 10. Mai 2007 - 10 K 2341/01 - [...] - Rev. BFH III R 53/07).

Bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze auf den Streitfall gilt Folgendes:

Der von der Klägerin mit Schreiben vom 22. Mai 2006 bei der Beklagten formlos gestellte Kindergeldantrag beinhaltete keine Beschränkung des Begehrens auf Festsetzung von Kindergeld nur für die Zukunft, respektive ab Antragseingang. Des Weiteren beinhaltete er auch keine konkrete Beschränkung hinsichtlich der bereits vergangenen Zeiträume. Das Begehren der Klägerin war daher bei verständiger objektiver Würdigung auf eine umfassende, d.h. auch für die Vergangenheit weitestgehende, Prüfung und Kindergeldfestsetzung gerichtet. Unter Berücksichtigung der Festsetzungsverjährung war eine rückwirkende Gewährung von Kindergeld zunächst bis Januar 2002 möglich. Eine weitere Begrenzung folgt aus dem die Festsetzung des Kindergeldes ab Dezember 2002 aufhebenden Bescheid vom 19. November 2002. Eine ausdrückliche Beschränkung seines Regelungsbereiches, insbesondere für die Zukunft, enthielt er nicht. Die Bekanntgabe erfolgte im selben Monat. Die Bindungswirkung des Bescheides erstreckt sich mithin auf den Zeitraum bis einschließlich November 2002. Eine rückwirkende Festsetzung von Kindergeld auf den Antrag vom 22. Mai 2006 kam daher grundsätzlich ab Dezember 2002 in Betracht.

Die Klägerin hat den Aufhebungsbescheid vom 19. November 2002 indes mit Einspruch und nachfolgend erster und zweiter Klage vor dem Finanzgericht angefochten. Nicht zuletzt auf Grund der besonderen Umstände des konkreten Streitfalls hat das Gericht in dem ersten und dem zweiten Klageverfahren mit den Beteiligten sehr intensiv das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen für einen Kindergeldanspruch der Klägerin auch für die jeweils aktuellen Zeiträume zu ermitteln versucht und erörtert. In dem zweiten Klageverfahren hat das Gericht überdies einen dahingehenden Beweisbeschluss erlassen. Nach der oben zitierten Rechtsauffassung, wonach der Regelungsbereich eines Ablehnungs- und/oder Aufhebungsbescheides sich nur für den Fall der Nichtanfechtung auf die Zeit bis zur Bekanntgabe erstreckt und beschränkt, waren Streitgegenstand der ersten und zweiten Klage mithin auch die Zeit ab Dezember 2002 - gegebenenfalls bis einschließlich des Monats einer in diesem Verfahren ergehenden gerichtlichen Entscheidung; nach anderer Auffassung nicht oder lediglich bis einschließlich des Monats der Bekanntgabe der Entscheidung über den Einspruch gegen den Bescheid vom 19. November 2002.

Die je nach Rechtsauffassung unterschiedliche zeitliche Erstreckung hätte sodann Auswirkung auf den Streitwert des vorliegenden - dritten - Verfahrens, da dadurch die Bedeutung der Sache für die Klägerin, nämlich die höchstmögliche rückwirkende Festsetzung von Kindergeld, nach Zeit und Umfang definiert würde.

Die Entscheidung für eine der dargestellten Auffassungen kann für den Streitfall dahinstehen. Obschon das erkennende Gericht nach seiner bisher vertretenen Rechtsauffassung über den Kindergeldanspruch der Klägerin bis in die Gegenwart zu entscheiden beabsichtigte, kommt es hierauf nach dem tatsächlichen Verlauf des ersten und zweiten Klageverfahrens nicht an.

Die Klägerin hat die zweite Klage mit Schriftsatz vom 24. Januar 2006 zurückgenommen. Obwohl sie dies damit zu einem Zeitpunkt tat, in dem die Beklagte und das Gericht sich bereits intensiv mit dem Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen für Kindergeld bis in die seinerzeitige Gegenwart hinein befasst hatten und eine gerichtliche Entscheidung nach dem Umständen des Falls notwendigerweise den gesamten Zeitraum abgedeckt hätte, hat die Klägerin mit der Rücknahme der zweiten Klage die Anfechtungssituation des Aufhebungs- und damit zugleich Ablehnungsbescheides vom 19. November 2002 und der (zweiten) nachfolgenden Einspruchsentscheidung beendet.

Die isolierte Aufhebung der (ersten) Einspruchsentscheidung vom 18. Juni 2003 durch die Beklagte am 19. November 2003 im Zuge des ersten Klageverfahrens, um dadurch eine behördeninterne gutachterliche Feststellung über den Behinderungszustand des Kindes zu ermöglichen, änderte an dem grundsätzlichen Angefochtensein des Aufhebungsbescheides vom 19. November 2002 nichts. Durch die Erhebung der zweiten Klage nach Ergehen der zweiten Einspruchsentscheidung vom 16. März 2005 wurde dieser Anfechtungszustand zunächst fortgesetzt. Streitgegenstand war mithin weiter bzw. erneut, die rückwirkende Festsetzung von Kindergeld ab Dezember 2002 und für die Zukunft.

Die Rücknahme der zweiten Klage am 24. Januar 2006 bewirkte gemäß § 72 Abs. 2 Satz 1 FGO den Verlust dieser Klage. Im Zeitpunkt des Zugangs der Erklärung bei Gericht entfallen die verfahrensrechtlichen Wirkungen der Rechtshängigkeit rückwirkend. Der Rechtsstreit wird als nicht anhängig geworden angesehen. Ein angefochtener Verwaltungsakt wird unanfechtbar, also formell bestandskräftig (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, FGO, § 72 Rz. 4, 24 m.w.N.). Die zweite Klage wurde richtigerweise als Anfechtungsklage erhoben, da dem aufhebenden Bescheid vom 19. November 2002 die unbefristete Kindergeldfestsetzung vom 15. August 2002 zugunsten der Klägerin vorausging. Die Folge der mit der zweiten Klage angestrebten Kassation des Aufhebungsbescheides wäre aus Sicht der Klägerin idealiter die - weiterhin unbefristete - Fortgeltung der Kindergeldfestsetzung vom 15. August 2002, und damit die Gewährung von Kindergeld für die Vergangenheit und für die Zukunft.

Gegenstand der (zweiten) Anfechtungsklage war der ursprüngliche Bescheid vom 19. November 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. März 2005. Da letztere den zugrundeliegenden Bescheid nicht änderte, wurde die zu überprüfende Regelung mit dem Bescheid vom 19. November 2002 getroffen. Dieser erwuchs durch Fortfall des Rechtsmittels in Bestandskraft und wurde nach § 72 Abs. 2 Satz 1 FGO unanfechtbar durch weitere Klage, soweit sein Regelungsgehalt reicht.

Durch die rückwirkende Folge der Klagerücknahme ist die rechtliche Situation des angefochtenen Verwaltungsaktes verfahrensmäßig so, als sei er nicht angefochten worden. Damit kommt der bereits erfolgten gerichtlichen Prüfung und Erörterung der Kindergeldanspruchsvoraussetzungen und der gerichtlichen Absicht zur Entscheidung auch für Zeiträume nach dem Monat der Bekanntgabe des Aufhebungsbescheides keine Bedeutung mehr zu. Die Klägerin hat im Rahmen ihrer prozessualen Dispositionsmaxime dem Gericht durch die Rücknahme der Klage die Befugnis zu einer Prüfung und Entscheidung insoweit wieder entzogen und den ursprünglich angefochtenen Bescheid - nur - im Umfang seines Regelungsgehaltes unanfechtbar werden lassen.

Ungeachtet der eingangs dargestellten unterschiedlichen Auffassungen über die Verpflichtungs- oder Bescheidungskompetenz der Gerichte für Zeiträume nach der oder den Verwaltungsentscheidungen, ist unstreitig, dass - wie bereits ausgeführt - sich die Bindungswirkung eines bestandskräftigen Bescheides, durch den die Festsetzung von Kindergeld abgelehnt wird, bei dessen Nichtanfechtung grundsätzlich auf die Vergangenheit und den Monat seiner Bekanntgabe erstreckt und beschränkt. Für den Streitfall bedeutet dies, dass die Beklagte mit dem Aufhebungsbescheid über den Zeitraum bis einschließlich November 2002 - nach Klagerücknahme bestandskräftig - ablehnend entschieden hat.

Nach ständiger Rechtsprechung kann auf einen danach erneut gestellten Antrag demzufolge Kindergeld auch rückwirkend ab dem auf die Bekanntgabe des Ablehnungsbescheides folgenden Monat bewilligt werden (vgl. nur BFH-Urteil vom 25.07.2001 - VI R 164/98 - BStBl II 2002, 89). Die Beklagte hätte daher auf den Antrag der Klägerin vom 22. Mai 2006 eine Kindergeldfestsetzung mit Wirkung ab Dezember 2002 erlassen können. Entsprechend war der - zeitlich nicht begrenzte - Antrag der Klägerin nach den eingangs dargestellten Grundsätzen auszulegen. Mit ihrer dritten, also der vorliegenden Klage hat die Klägerin den ablehnenden Bescheid vom 20. Juni 2006 und die Einspruchsentscheidung vom 23. November 2006 angefochten und den Antrag gestellt, die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Kindergeld nach den gesetzlichen Bestimmungen und in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Eine ausdrückliche zeitliche Beschränkung hat die Klägerin daher auch für das Klageverfahren nicht vorgenommen. Die Bedeutung der Sache für die Klägerin entsprach damit dem höchstmöglichen Festsetzungszeitraum, mithin einer Kindergeldgewährung rückwirkend ab dem Monat Dezember 2002.

Der Umstand, dass der Klägervertreter in seinem - nach Rücknahme der Klage gestellten - Antrag auf gerichtliche Streitwertfestsetzung vorgetragen hat, im vorliegenden Klageverfahren sei es um die "Kindergeldgewährung seit Antragstellung und auch für die Zukunft" gegangen, kommt demgegenüber kein Gewicht bei. Entscheidend ist die sich gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 GKG (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F.) aus dem Kindergeld- in Verbindung mit dem Klageantrag ergebende Bedeutung der Sache (vgl. BFH-Beschluss vom 24. Mai 2000 - VI S 4/00 - BStBl II 2000, 544) und nicht eine - gegebenenfalls zudem irrtümliche - nachträgliche Beschränkung erst im Rahmen der Streitwertfestsetzung. Hierbei ist der Sach- und Streitstand zu berücksichtigen. Aus den Akten der Beklagten, den von ihr erlassenen Bescheiden und den gerichtlichen Schriftsätzen geht hervor, dass auch sie für das Verwaltungs- und für das Gerichtsverfahren von der Prüfung und Entscheidung einer Kindergeldfestsetzung zugunsten der Klägerin ab Dezember 2002 ausgegangen ist.

Die Klage wurde am 27. Dezember 2006 eingehend bei Gericht erhoben. Der Kindergeldanspruch für Dezember 2006 wäre zu diesem Zeitpunkt bereits entstanden gewesen und wird damit von den bis zur Klageerhebung geforderten, vergangenen Beträgen umfasst. Der aus sozialpolitischen Gründen bei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung bei der Streitwertfestsetzung für die künftigen Kindergeldansprüche anzusetzende Kindergeldjahresbetrag (vgl. BFH-Beschlüsse vom 24. Mai 2000 - VI S 4/00 - BStBl II 2000, 544 und vom 12. Oktober 2005 - III E 3/05 - BFH/NV 2006, 325) betrifft daher den Zeitraum ab Januar 2007.

2. Der Streitwert berechnet sich mithin wie folgt:

Jahresbetrag auf Basis der für den Folgemonat der Klageeinreichung gemäß § 66 Abs. 1 EStG jeweils gesetzlich geltenden Kindergeldhöhe:

(Klageeinreichung: 27. Dezember 2006 - Jahresbetrag ab Januar 2007

- Kindergeld für ein Kind: 154 Euro monatlich)

 Januar 2007 bis Dezember 2007(1 Kind = 154 Euro x 12 Monate)Euro 1.848
Bis zur Klageerhebung streitgegenständliche Kindergeldbeträge: 
Dezember 2002 bis Dezember 2006(1 Kind = 154 Euro x 49 Monate)Euro 7.546
StreitwertEuro 9.394

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen, weil für die Streitwertfestsetzung Gerichtsgebühren nicht vorgesehen sind.

Der Streitwertbeschluss ist unanfechtbar gemäß §§ 5 Abs. 2 Satz 3, 25 Abs. 3 Satz 1 letzter Halbsatz GKG (altes Kostenrecht - Verfahrenseingänge bis 30.06.2004), gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG (neues Kostenrecht - Verfahrenseingänge ab 01.07.2004).

Ende der Entscheidung

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