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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 26.07.2006
Aktenzeichen: 2 K 105/05
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 4
EStG § 9 Abs. 1 S. 1
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 2
EStG § 10 Abs. 3
EStG § 22 Nr. 1 S. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Beiträge, die der Kläger in den Streitjahren an die Gemeinsamen Ausgleichskassen im Seelotswesen der Seelotsreviere (GAK) geleistet hat, als Betriebsausgaben abzuziehen sind.

Der am ...1960 geborene Kläger ist Seelotse und erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Er ermittelt seine Einkünfte durch Einnahmeüberschussrechnung. Der Kläger ist Mitglied der ... (Lotsenbrüderschaft). Er ist in der gesetzlichen Rentenversicherung rentenversichert und Mitglied einer durch die Lotsenbrüderschaft eingerichteten Pensionskasse. Des weiteren entrichtet der Kläger über die Lotsenbrüderschaft Pflichtbeiträge an die GAK. Insgesamt soll durch diese drei Säulen der Altersvorsorge sichergestellt werden, dass sich die Altersversorgung des Klägers, wie auch der anderen Seelotsen, auf ca. 63 % eines Kapitänsgehaltes beläuft.

Die Bundeslotsenkammer, der nach den §§ 34 und 35 Seelotsgesetz (SeeLG) die Selbstverwaltung der gemeinsamen Angelegenheiten des Seelotswesens in den Seelotsrevieren obliegt, hat die Trägerschaft für die GAK als zweckgebundenes Sondervermögen übernommen. Die Mitgliedersammlung der Bundeslotsenkammer hat mit Wirkung vom 01.07.1995 eine an die Stelle der bis dahin geltenden Satzung der GAK tretende Satzung beschlossen, die u.a. folgende Bestimmungen enthält:

"§ 1 Abs. 2: Es bestehen zwei Ausgleichskassen, und zwar die Ausgleichskasse 1 für Seelotsen, für die bis zum 31.12.1974 der Versorgungsfall eingetreten ist (§ 11a - Altlast), und die Ausgleichskasse II für Seelotsen, für die ab 01.01.1975 der Versorgungsfall eingetreten ist bzw. eintreten wird.

§ 2: Die GAK (...) haben den Zweck, eine Zusatzversorgung nach dieser Satzung zu gewähren, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Die Zusatzversorgung dient der Erfüllung der Aufgaben der Lotsenbrüderschaften gem. § 28 Abs. 1 Nr. 6 SeeLG. Zur Durchführung sind diese Aufgaben als gemeinsame Angelegenheit aller Lotsenbrüderschaften der dafür zuständigen Bundeslotsenkammer von allen Lotsenbrüderschaften übertragen worden.

...

§ 30: Über Änderungen dieser Satzung beschließt die Mitgliederversammlung der Bundeslotsenkammer gemäß § 4 Abs. 4 mit Zweidrittelmehrheit. Vor einer Änderung des § 9 Abs. 1 und 2 und des § 13 Abs. 1, Abs. 2 Buchstaben a bis c sowie des § 30 sind alle bestallten Seelotsen der Reviere zu hören.

§ 31: Zur Aufhebung einer oder beider Gemeinsamen Ausgleichskassen ist ein mit Zweidrittelmehrheit zu fassender Beschluss der Mitgliederversammlung der Bundeslotsenkammer erforderlich. § 30 Satz 2 gilt entsprechend."

Nach § 9 Abs. 1 der Satzung erhebt die GAK von jeder Lotsenbrüderschaft eine monatliche Umlage pro Mitglied, und zwar gesondert für jede Umlagekasse, in Höhe eines vom Bundesverkehrsministerium festgelegten Betrages, der von den Lotsenbrüderschaften vom Lotsgeld einbehalten und an die GAK abgeführt wird. Zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit der GAK ist nach § 9 Abs. 2 Sätze 1 und 2 der Satzung eine Rücklage in Höhe von mindestens sechs Monaten zu bilden, der für jedes Mitglied durch das Bundesverkehrsministerium festgelegte Beträge zuzuführen sind. Sinkt die Rücklage unter ihren Mindestbetrag, beschließt die Mitgliederversammlung der Bundeslotsenkammer eine Sonderumlage, die von den Lotsenbrüderschaften entsprechend der Zahl ihrer Mitglieder erbracht wird (§ 9 Abs. 2 Satz 4).

Der Ausgleichsfall (Versorgungsfall) tritt nach § 12 Abs. 2 der Satzung ein, wenn der Seelotse berufsunfähig wird, wenn seine Bestallung zum Seelotsen nach § 18 SeeLG erlischt, d.h. mit Beginn des Bezuges von Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung, und wenn er stirbt. Die Ausgleichsleistungen wegen Alters und Erwerbsunfähigkeit bemessen sich nach der nach Alter gestaffelten Gesamtversorgung (in Höhe eines festgelegten Prozentsatzes eines Kapitänsgehalts, § 12 Abs. 2 Buchst. b) abzüglich einer - fiktiven - anrechenbaren Rente (§ 12 Abs. 2 Buchst. a). In den §§ 14 ff. sind die Ausgleichsleistungen für die Hinterbliebenen geregelt. Auf den weiteren Inhalt der Satzung wird Bezug genommen (Rechtsbehelfsakten - RbA - Bl. 11 ff.).

Ca. 750 aktiven Seelotsen stehen derzeit ca. 1.200 Versorgungsberechtigte gegenüber. Der Seelotse A, der am 30.04.2005 aus dem Lotsendienst ausschied, erhält seit dem 01.05.2005 Zahlungen in Höhe von EUR 212,29 aus der GAK. Die von ihm geleisteten Einzahlungen belaufen sich auf insgesamt EUR 85.764,57 (ohne Verzinsung). Seit 1999 wurden jährlich Sonderumlagen beschlossen und erhoben (vgl. Übersicht der Bundeslotsenkammer vom 06.06.2005, FGA Bl. 16 f.).

Der Kläger leistete in den Streitjahren folgende Zahlungen (in EUR) an die GAK:

 20022003
Altlast185,24173,72
Neulast3.407,723.516,64
Rücklage334,95344,00
Sonderumlage2.131,392.189,20
Gesamt6.059,306.223,56

Der Kläger machte in seiner Einnahmeüberschussrechnung für 2002, die der am 22.12.2003 eingereichten Einkommensteuererklärung für 2002 beigefügt war, Zahlungen an die GAK in Höhe von EUR 3.592,96 als Betriebsausgaben geltend. Das zunächst zuständige Finanzamt Hamburg-... erkannte mit Bescheid vom 10.06.2004 die Zahlungen an die Ausgleichskasse I (Altlast) in Höhe von EUR 185,24 als Betriebsausgabe an, die darüber hinaus gehenden Zahlungen in Höhe von EUR 3.407,72 hingegen nicht. Die durch den Kläger erklärten beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben in Höhe von EUR 29.389,- setzte das Finanzamt erklärungsgemäß im Rahmen des Höchstbetrages von EUR 5.069,- fest.

Für das Jahr 2003 erkannte das Finanzamt Hamburg-... die Zahlungen für die Altlast in Höhe von EUR 173,72 im Einkommensteuerbescheid für 2003 vom 30.07.2004 als Betriebsausgabe an, die erklärten Zahlungen für die Neulast in Höhe von EUR 6.049,84 jedoch nicht. Die beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben von EUR 31.690,- wurden wiederum erklärungsgemäß in Höhe des Höchstbetrages von EUR 5.069,- berücksichtigt.

Der Kläger legte gegen den Einkommensteuerbescheid für 2002 mit Schreiben vom 09.07.2004 Einspruch ein und gegen den Einkommensteuerbescheid für 2003 mit Schreiben vom 11.08.2004.

Das Finanzamt Hamburg-... wies die Einsprüche mit der Einspruchsentscheidung vom 08.04.2005 als unbegründet zurück. Beiträge an berufsständische Versorgungskassen, die für das Mitglied oder seine Angehörigen einen Rechtsanspruch auf eine spätere Versorgung begründeten, seien der privaten Lebensführung zuzuordnen und daher keine Betriebsausgaben, sondern lediglich als Sonderausgaben im Rahmen der Höchstbeträge abzuziehen. Die Möglichkeit einer eventuellen zukünftigen Auflösung der GAK ändere daran nichts. Entscheidend sei, dass derzeit ein Versorgungsanspruch bestehe. Daher seien allein die Beiträge an die Ausgleichskasse I (Altlast), deren Zahlung ausschließlich der Versorgung ehemaliger Berufsangehöriger diene, als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.

Hiergegen richtet sich die am 29.04.2005 bei Gericht eingegangene Klage. Der Kläger trägt vor, dass auch die in die Neulast gezahlten Beiträge lediglich der Versorgung der Lotsen diene, bei denen der Versorgungsfall bereits eingetreten ist. Das ergebe sich aus § 9 Abs. 2 der Satzung der GAK, wonach sich die Rücklage grundsätzlich nach dem Bedarf für nur sechs Monate richtet. Ferner könne die GAK gemäß § 31 der Satzung durch einen Beschluss mit Zweidrittelmehrheit aufgelöst werden, wodurch die Ansprüche der derzeit aktiven Lotsen wegfielen. Ohnehin bestehe ein Versorgungsanspruch nur unter der Voraussetzung, dass der Kläger Lotse bleibe. Verzichte er auf seine Bestallung, fielen sämtliche Ansprüche ersatzlos weg. Wegen der ungünstigen Altersstruktur und des daraus resultierenden Missverhältnisses zwischen Versorgungsanspruch und einzuzahlenden Beträgen sei die Unzufriedenheit insbesondere der jüngeren Lotsen hoch, und es bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Auflösung. Ein gesicherter Rechtsanspruch auf eine Altersversorgung bestehe demzufolge nicht. Außerdem ergebe sich aus dem Beispiel des Seelotsen A, dass sich aus den von ihm insgesamt gezahlten Beiträgen (EUR 133.300,- bei einer angenommenen Verzinsung von 3 %) eine deutlich höhere Rente finanzieren lasse als die, die er tatsächlich erhalte. In Anbetracht dieses Missverhältnisses werde ein eigenes Rentenrecht durch die Zahlungen weit überwiegend nicht begründet; sie dienten lediglich der Versorgung der bereits im Ruhestand befindlichen Seelotsen. Die im Rahmen der Zwangsmitgliedschaft des Klägers in der GAK erhobenen Beiträge seien demnach vollen Umfangs Betriebsausgaben. In jedem Fall gelte das aber für die Zahlungen in die Rücklage und die Sonderumlage. Die vollständige Anerkennung als Betriebsausgaben führe dazu, dass eine später etwa bezogene Rente nach § 24 Einkommensteuergesetz (EStG) auch vollen Umfangs und nicht nur in Höhe des Ertragsanteils zu besteuern sei. Ferner sei die neuere Rechtsprechung zum Werbungskostenabzug von Rentenversicherungsbeiträgen entsprechend heranzuziehen. Alternativ sei darüber nachzudenken, ob der an die GAK abgeführte Teil des Lotsgeldes überhaupt als Betriebseinnahme anzusehen sei.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid für 2002 vom 10.06.2004 und den Einkommensteuerbescheid für 2003 vom 30.07.2004, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.04.2005, dahingehend zu ändern, dass die Zahlungen an die Gemeinsamen Ausgleichskassen im Seelotswesen der Seelotsreviere in Höhe von weiteren EUR 5.874,06 für 2002 und in Höhe von weiteren EUR 6.049,84 für 2003 als Betriebsausgaben berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung.

Auf die Protokolle des Erörterungstermins vom 23.05.2006 und der mündlichen Verhandlung vom 26.07.2006 wird Bezug genommen.

Dem Gericht haben Band I der Einkommensteuerakten und Band I der Rechtsbehelfsakten (St.-Nr. ...) vorgelegen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Die am 29.05.2005 gegen das Finanzamt Hamburg-... erhobene Klage richtet sich aufgrund eines gesetzlichen Beteiligtenwechsels gegen den Beklagten.

Ändert sich während eines Klagverfahrens die Zuständigkeit eines Finanzamtes durch einen Organisationsakt der Verwaltung, vollzieht sich ein gesetzlicher Beklagtenwechsel (Tipke in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 63 FGO Rz. 7). Organisationsakte in diesem Sinne sind gesetzliche oder durch die Verwaltung getroffene Maßnahmen, durch die der bisherige Zuständigkeitsbereich der ursprünglich beklagten Behörde geändert wird (BFH-Urteil vom 16. Oktober 2002, I R 17/01, BFHE 200, 521, BStBl II 2003, 631). Durch die mit Wirkung vom 01.10.2005 erfolgte Änderung der Zuständigkeitsanordnung der Finanzämter in Hamburg wurde dem Beklagten die Zuständigkeit für die Besteuerung der Lotsen zugewiesen (Ziff. XIV Abs. 1 Nr. 3). Gemäß Ziff. XV Abs. 8 der Zuständigkeitsanordnung gehen die vom Finanzamt Hamburg-... vor dem 01.10.2005 begonnenen Verfahren auf die nach der Zuständigkeitsanordnung bestimmten Finanzämter über.

II.

Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Einkommensteuerbescheide für 2002 und 2003 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat die Beträge an die GAK aus von ihm erzielten Einnahmen geleistet. Die Beiträge sind weder abziehbare Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit noch Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften, sondern nur beschränkt abziehbare Sonderausgaben.

1. Die durch den Kläger aufgeworfene Frage, ob es sich bei den durch die Lotsenbrüderschaft vom Lotsgeld einbehaltenen und unmittelbar an die GAK abgeführten Beiträgen überhaupt um steuerpflichtige Einnahmen handele, ist zu bejahen. Bei wirtschaftlicher Betrachtung erhält der Kläger das von ihm erwirtschaftete Lotsgeld in vollem Umfang und leistet hieraus die (Pflicht-) Beiträge an die GAK zur Sicherstellung der Altersversorgung. Der Zahlungsweg ist lediglich abgekürzt.

2. Die an die GAK geleisteten Beiträge sind keine Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit, weil sie nicht betrieblich, sondern privat veranlasst sind.

a. Betriebsausgaben sind nach § 4 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Zwangsaufwendungen sind Betriebsausgaben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Betrieb besteht. Daher sind Beiträge, die die Angehörigen freier Berufe an ihre Berufsorganisationen leisten, grundsätzlich Betriebsausgaben, da sie durch die Berufsausübung bedingt sind. Dagegen sind Beiträge, die solche Steuerpflichtige an berufsständische Versorgungseinrichtungen leisten, gegen die sie oder ihre Angehörigen einen Anspruch auf Altersversorgung oder eine entsprechende Anwartschaft haben, nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung Verwendung von Einkommen für Zwecke der privaten Lebensführung und nur als Sonderausgaben abziehbar (RFH-Urteil vom 21. Juni 1939, VI 395/39, RFHE 47, 89, RStBl 1939, 1046; BFH-Urteil vom 13. April 1972, IV R 119/67, BFHE 106, 38, BStBl II 1972, 728). Das gilt auch für Beiträge an berufsständische Versorgungseinrichtungen, die aufgrund einer Zwangsmitgliedschaft zu entrichten sind (BFH-Urteil vom 14. März 1958, VI 41/55 U, BFHE 66, 666, BStBl III 1958, 256; BFH-Beschluss vom 17. März 2004, VI B 185/02, BFH/NV 2004, 1245).

Die durch den Kläger geleisteten Zahlungen kommen zwar nicht ihm, sondern den derzeitigen Versorgungsempfängern zugute, weil es sich bei der GAK um eine umlagefinanzierte und nicht um eine kapitalgedeckte Kasse handelt. Doch auch eine Umlagefinanzierung ändert nichts an der privaten Veranlassung der Beiträge. Wird der laufende Bedarf an fälligen Versorgungsgeldern umgelegt, so kommt es nicht darauf an, dass die Umlagen jeweils stets anderen zugute kommen, weil das Mitglied durch die Zahlung auch eine eigene Anwartschaft oder einen Anspruch erwirbt (BFH-Urteil vom 29.07.1986, IX R 206/84, BFHE 147, 176, BStBl II 1986, 747; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27. Mai 1981, 1 K 151/80, EFG 1982, 70).

Ein Rechtsanspruch auf Versorgung besteht auch im Fall des Klägers. Dass der Kläger derzeit einen derartigen Anspruch hat, steht außer Zweifel. Träte der Versorgungsfall jetzt ein, beispielsweise durch eine Berufsunfähigkeit, hätte der Kläger Anspruch auf Zahlungen aus der GAK. Dasselbe gilt für seine Hinterbliebenen im Falle seines Ablebens.

Nach der Satzung der GAK ist Voraussetzung eines Anspruches zwar, dass der Antragsteller zum Seelotsen bestallt ist. Zahlungen an ehemalige Seelotsen, die auf ihre Bestallung verzichtet haben oder deren Bestallung gemäß § 14 Nr. 1 oder 3 SeeLG widerrufen wurde, sind - im Gegensatz zu den Regelungen vieler anderer berufsständischer Versorgungseinrichtungen - nicht vorgesehen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Versorgungsanspruch derzeit besteht und die Beiträge in den Streitjahren zum Erhalt dieses Anspruchs geleistet wurden. Zudem handelt es sich bei dem Verzicht auf die Bestallung um eine auflösende Bedingung des Anspruches, deren Eintritt allein vom Willen des Klägers abhängt, und bei dem Widerruf um eine Regelung für grundsätzlich verschuldensabhängige Ausnahmefälle. Jedenfalls aber handelt es sich dabei um zukünftige Ereignisse, deren Eintritt ungewiss ist und die nur und erst im Falle ihres Eintritts steuerlich gewürdigt werden könnten.

Ebenso verhält es sich mit der vom Kläger für wahrscheinlich gehaltenen Auflösung der GAK durch Mehrheitsbeschluss der Mitglieder. Ob damit, wie der Kläger meint, ein Wegfall seines Versorgungsanspruches verbunden wäre, ist zumindest fraglich, weil es nach der Vorschrift des § 28 Abs. 1 Nr. 6 SeeLG der Lotsenbrüderschaft obliegt, Maßnahmen zu treffen, die eine ausreichende Versorgung der Seelotsen und ihrer Hinterbliebenen für den Fall des Alters, der Berufsunfähigkeit und Todes gewährleisten, und die Durchführung dieser Maßnahmen zu überwachen. Die Lotsenbrüderschaft, deren Mitglied der Kläger ist, erfüllt diesen Anspruch des Klägers auf eine angemessene Zusatzversorgung zu der gesetzlichen Rente derzeit durch die von ihr eingerichtete Pensionskasse und die GAK. Würde die GAK aufgelöst, änderte dies unmittelbar nichts am Bestehen des in § 28 Abs. 1 Nr. 6 SeeLG geregelten subjektiven Rechts der Seelotsen. Die Frage, ob mit der Auflösung der GAK ein Anspruchsverlust des Klägers einherginge, kann aber letztlich offen bleiben. Entscheidend ist, dass der Kläger, wie dargelegt, jetzt einen Anspruch auf Altersversorgung hat und die Beiträge zur Erhaltung dieses Anspruches geleistet hat. Ein künftiger Anspruchsverlust spielt für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte, die nach der Sach- und Rechtslage im jeweiligen Veranlagungszeitraum zu beurteilen ist, keine Rolle.

Der Einwand des Klägers, dass aufgrund der ungünstigen Altersstruktur weit höhere Beiträge zu leisten als Rentenzahlungen zu erwarten sind, führt zu keinem anderen Ergebnis und insbesondere nicht zu einem zumindest teilweisen Betriebsausgabenabzug in Höhe der Sonderumlage und ggf. auch der Zahlungen in die Rücklage. Zwar ist das Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG nicht anwendbar, wenn Aufwendungen zum Teil beruflich veranlasst sind und im Übrigen zum Sonderausgabenabzug berechtigen (BFH-Urteil vom 22. Juni 1990, VI R 2/87, BFHE 160, 562, BStBl II 1990, 901; Drenseck in Schmidt, EStG, 25. Aufl., § 12 Rz. 5). Eine Aufteilung verbietet sich aber deshalb, weil die Versorgung insgesamt auf dem Solidarprinzip beruht. Wie bei jeder umlagefinanzierten Rente werden die Beitragszahlungen ausschließlich zur Erfüllung der gegenwärtigen Rentenansprüche verwendet und nicht für die zukünftigen Empfänger zurückgelegt. Vor diesem Hintergrund macht es keinen Unterschied, ob der Kläger die Beiträge an die GAK als reguläre Umlage, Rücklage oder Sonderumlage leistet. Sämtliche Zahlungen werden zur Versorgung der gegenwärtigen Versorgungsempfänger verwandt, und nur durch die Leistung dieser Beiträge insgesamt erhält der Kläger sich den Anspruch auf die eigene Versorgung (vgl. BFH-Urteil vom 13. April 1972, IV R 88/69 u.a., BFHE 106/32, BStBl II 1972, 730). Darüber hinaus ist derzeit noch gar nicht absehbar, ob, wann und in welcher Höhe der Kläger einmal Versorgungsleistungen erhalten wird und ob die von ihm geleisteten Beiträge tatsächlich unverhältnismäßig hoch sein werden. In jedem Fall aber verbietet sich der Vergleich mit einer Individualversicherung und eine darauf aufbauende Aufspaltung der Beiträge. Es liegt gerade im Wesen einer Versorgungskasse wie der GAK, dass die Beiträge nicht nach dem Prinzip der Deckung des individuellen Risikos bemessen werden, sondern gleichzeitig einen sozialen Ausgleich sicherstellen müssen (BFH a.a.O.), ebenso, wie dies bei den gesetzlichen Sozialversicherungen der Fall ist.

Aus diesem Grund hat der Senat Zweifel, ob die Auffassung des Beklagten, dass die Beiträge, die für die Altlast aufgewendet werden, als Betriebsausgaben abziehbar sind. Zwar sind Kammer- und vergleichbare Zwangsbeiträge möglicherweise Betriebsausgaben, wenn und soweit sie für ein Versorgungswerk bestimmt sind, bei dem der Steuerpflichtige nicht Mitglied ist und gegen das ihm auch keinerlei Rechte auf spätere Versorgung zustehen. Voraussetzung wäre, dass die Zahlungen mit der Altersversorgung des Steuerpflichtigen in keinem möglichen Zusammenhang stehen und rechtlich und tatsächlich vom Vermögen des Versorgungswerks des Steuerpflichtigen abgrenzbar sind (BFH-Urteil vom 13. April 1972, IV R 119/67, BFHE 106, 38, BStBl II 1972, 728). Im Streitfall werden die Ausgleichskassen 1 und 2 nach § 11 der Satzung zwar getrennt geführt und die Beiträge getrennt erhoben. Rechtlich besteht aber insofern ein Zusammenhang zwischen ihnen, als sie zum einen nach § 1 Abs. 3 der Satzung (ein einheitliches) zweckgebundenes Sondervermögen der Bundeslotsenkammer sind und zum anderen auch die Lotsen, bei denen der Versorgungsfall erst nach dem 01.01.1975 eintritt, die Versorgung nur als Gegenleistung für die Zahlung der Beiträge in beide Kassen erhalten. Die Frage, ob die Zahlungen in die Altlast Betriebsausgaben sind, kann aber offen bleiben, da der Beklagte den Abzug anerkannt hat und eine Verböserung im gerichtlichen Verfahren nicht zulässig ist.

b. Ein Betriebsausgabenabzug kann hinsichtlich der Beiträge an die GAK auch nicht mit dem Argument bejaht werden, dass die späteren Versorgungszahlungen - voll zu versteuernde - nachträgliche Einkünfte i.S.d. § 24 Nr. 2 i.V.m. § 18 EStG seien. (Voll steuerpflichtige) Einkünfte aus einer ehemaligen gewerblichen oder selbständigen Tätigkeit i.S.d. § 24 Nr. 2 EStG können zwar auch in Form von laufenden Versorgungszahlungen vorliegen, allerdings nur dann, wenn die Einkünfte im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der ehemaligen betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit stehen, insbesondere ein Entgelt für die im Rahmen der ehemaligen Tätigkeit erbrachten Leistungen darstellen (BFH-Urteil vom 25. März 1976, IV R 174/73, BFHE 118, 572, BStBl II 1976, 487; BFH-Urteil vom 24. November 1983, IV R 14/83, BFHE 139, 549, BStBl II 1984, 431). Die Absicht, die Altersversorgung zu sichern, ist in diesen Fällen lediglich ein Motiv dafür, die Gegenleistung nicht alsbald in der üblichen Höhe zu vereinnahmen, sondern zu verrenten (BFH-Urteil vom 26. März 1987, IV R 61/85, BFHE 149, 563, BStBl II 1987, 597). Im Streitfall stellen die späteren Versorgungsleistungen jedoch kein Entgelt eines Auftraggebers für die (Lotsen-) Tätigkeit des Klägers und damit keine nachträglichen Betriebseinnahmen dar, sondern, wie dargelegt, eine Gegenleistung für die vom Kläger - aus seinen anderweitig erzielten Einnahmen - erbrachten Beitragszahlungen.

3. Die Beitragszahlungen an die GAK sind auch nicht als Werbungskosten im Hinblick auf die späteren Versorgungszahlungen abziehbar.

a. Nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung unterliegt die jeweilige Rentenzahlung nur mit ihrem Ertragsanteil der Besteuerung. Bei dem Ertragsanteil handelt es sich um einen gesetzlich fingierten, pauschalierten Zinsanteil (BFH-Urteil vom 5. Juni 2002, X R 1/00, BFH/NV 2002, 1438). Nicht besteuert werden die Zahlungen, soweit sie nach der gesetzlichen Fiktion eine Rückzahlung des eingezahlten Kapitals darstellten. Die Beitragszahlungen zum Erwerb einer Rentenanwartschaft betreffen die Vermögensebene, denn sie sie sind eine besonders geartete Sparleistung und dienen dazu, die Rentenanwartschaft und damit einen Vermögensgegenstand zu erwerben bzw. zu erhalten; im Ergebnis bewirken sie lediglich eine - nicht steuerbare - Vermögensumschichtung und dienen nicht der Begründung oder Erhaltung steuerpflichtiger Einnahmen. Nach den in den Streitjahren geltenden Vorschriften für sich genommen kommt eine Berücksichtigung als Werbungskosten mithin nicht in Betracht (BFH-Urteil vom 30. Oktober 2001, VIII R 29/00, BFHE 197, 114; BFH/NV 2002, 268; BFH-Beschluss vom 6. März 2006, X B 5/05, BFH/NV 2006, 1091).

b. Eine andere rechtliche Bewertung ergibt sich nicht daraus, dass der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2005 hinsichtlich der Besteuerung von Alterseinkünften, zu denen gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG i.d.F. des Alterseinkünftegesetzes (AltEinkG) auch Leibrentenzahlungen aus berufständischen Versorgungseinrichtungen gehören, zur nachgelagerten Besteuerung übergegangen ist. Durch dieses Gesetz hat der Gesetzgeber der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (Urteil vom 6. März 2002, 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73, BStBl II 2002, 618) Rechnung getragen, dass die unterschiedliche Besteuerung der Beamtenpensionen nach § 19 EStG und der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 22 EStG gleichheitswidrig und der Gesetzgeber zu einer Neuregelung für die Zukunft unter Vermeidung einer Doppelbesteuerung von Einkünften verpflichtet sei. Der Gesetzgeber hat sich bei dieser Neuregelung durch das AltEinkG für einen schrittweisen Übergang zur nachgelagerten Besteuerung entschieden, bei dem sowohl der abziehbare Teil der Altersvorsorgeaufwendungen (bis zur vollständigen Berücksichtigung des Arbeitnehmerbeitrags zur Rentenversicherung in 2025), als auch der steuerpflichtige Teil der Leistungen (die volle Steuerpflicht tritt danach im Jahr 2040 ein) stufenweise angehoben werden (§ 10 Abs. 3 Sätze 5 und 6 und § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a, aa EStG i.d.F.d. AltEinkG).

Für die ab 2005 geleisteten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung hat der Gesetzgeber in § 10 Abs. 3 Satz 5 EStG eine konstitutive Zuweisung zu den Sonderausgaben geregelt, die einen Rückgriff auf den in § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG geregelten Vorrang der Betriebsausgaben und Werbungskosten vor den Sonderausgaben ungeachtet der eigentlichen Rechtsnatur der Beiträge verbietet (BFH-Beschluss vom 1. Februar 2006, X B 166/05, BStBl II 2006, 420).

Zwar fehlt eine dem § 10 Abs. 3 Satz 5 EStG i.d.F. des AltEinkG entsprechende Regelung in den Vorjahren. Dennoch rechtfertigt dies nicht die Einstufung der Vorsorgebeiträge in den Streitjahren als Werbungskosten. Die in den Vorjahren geleisteten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung - und damit auch die Beiträge zur GAK - sind nicht deshalb zumindest anteilig als Werbungskosten anzusehen, weil sie zur Erzielung der nach § 22 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG i.d.F. des AltEinkG schrittweise steigenden steuerpflichtigen Anteile der Rentenzahlungen geleistet werden (so FG Niedersachsen, Beschluss vom 23. Mai 2005, 7 S 4/03, EFG 2005, 1184; Balke, FR 2005, 1143). Dagegen spricht nicht schon allein, dass der Gesetzgeber nach dem Urteil des BVerfG nicht zu einer Nachbesserung der Regelungen für die Veranlagungszeiträume verpflichtet gewesen sei und die damalige Rechtslage somit fortgelte (BFH-Urteil vom 21. Juli 2004, X R 72/01, BFH/NV 2005, 513; BFH-Beschluss vom 6. März 2006, X B 5/05, BFH/NV 2006, 1091; FG Düsseldorf, Urteil vom 17. März 2005, 11 K 6920/02 E, EFG 2005, 943; FG Hamburg, Urteil vom 28. November 2005, VII 126/02, EFG 2006, 786). Denn das BVerfG trifft nur eine Aussage zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Fortgeltung der alten gesetzlichen Regelungen und nicht darüber, welche Auswirkung sich aus einer geänderten Regelung für die Auslegung der bisherigen Vorschriften, hier des § 9 EStG, ergeben könnte.

Werbungskosten sind über den Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG hinaus nicht nur Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen, sondern alle Aufwendungen, die objektiv durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Dass die Aufwendungen auch subjektiv zur Erzielung dieser Einnahmen getätigt werden, ist bei Zwangsaufwendungen - wie hier den Zwangsbeiträgen zur GAK - nicht erforderlich (Intemann/Cöster, DStR 2005, 1921 m.w.N.). Der Qualifikation der Zahlungen als Werbungskosten muss nicht notwendigerweise entgegenstehen, dass in den Streitjahren noch kein Zusammenhang der Beitragszahlungen mit steuerpflichtigen Einkünften bestand, weil die entsprechende gesetzliche Regelung erst später in Kraft trat (so aber FG Niedersachsen, Urteil vom 16. November 2005, 9 K 120/97, EFG 2006, 729; Intemann/Cöster a.a.O.). Für die in einem Anfechtungsverfahren entscheidende Frage, ob Werbungskosten vorliegen, kommt es zwar auf die Sach- und Rechtslage im betreffenden Veranlagungszeitraum an, doch sind während des finanzgerichtlichen Verfahrens eingetretene rückwirkende Gesetzesänderungen, soweit sie verfassungsrechtlich zulässig sind, durch das Gericht zu beachten (BFH-Urteil vom 28. Juli 2005, III R 68/04, BFHE 211, 107, BFH/NV 2006, 202; von Groll in Gräber, FGO, 5. Aufl., § 100 Rz. 12). In der nachträglichen Einführung der nachgelagerten Besteuerung durch das AltEinkG könnte eine (unechte) Rückwirkung in diesem Sinne zu sehen sein, weil die Versorgungsbeiträge aufgrund der späteren Gesetzeslage objektiv zur Erzielung steuerpflichtiger Einkünfte aufgewandt werden.

Der durch den Gesetzgeber des AltEinkG getroffenen Übergangsregelung widerspräche es jedoch, wenn man aufgrund der späteren Steuerpflicht eine Rückwirkung auf die Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen im Sinne eines Werbungskostenabzugs für die Zeit vor Inkrafttreten des AltEinkG annähme. Nach dem Willen des Gesetzgebers des AltEinkG sollte durch die stufenweise Anhebung der abziehbaren Vorsorgeaufwendungen und der Vorsorgeleistungen ein generationenadäquater und verfassungskonformer Übergang zur nachgelagerten Besteuerung erreicht werden (BT-Drucksache 15/2150 S. 34, 39). Der Gesetzgeber des AltEinkG wollte mit dieser Übergangsregelung der Ausstrahlungswirkung der späteren Steuerpflicht der Renteneinkünfte auf die hierfür geleisteten Beiträge durch die korrespondierende, allerdings zeitnähere Anhebung der abziehbaren Versorgungsbeiträge offenbar Rechnung tragen.

4. Die durch den Kläger geleisteten Zahlungen sind zwar als Sonderausgaben im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung abziehbar. Da die Höchstbeträge für den Sonderausgabenabzug gemäß § 10 Abs. 3 EStG a.F. durch die anderen durch den Kläger geltend gemachten, beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben aber bereits ausgeschöpft sind, führt die Anerkennung als Sonderausgaben nicht zu der begehrten Steuerminderung.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Im Hinblick auf die Frage, ob die Beiträge zur GAK als Werbungskosten für die späteren Versorgungszahlungen abziehbar sind, war die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

Anmerkung

Revision eingelegt (BFH XI R 43/06)

Ende der Entscheidung

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