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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 27.08.2009
Aktenzeichen: 2 K 185/07
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 5 Abs. 1
EStG § 5a Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Unterschiedsbetrag gem. § 5a Abs. 4 EStG abweichend von der Beteiligung der Gesellschafter am Gesellschaftsvermögen entsprechend der im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Regelungen auf die Gesellschafter zu verteilen ist.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine Ein-Schiffs-Gesellschaft in Form einer Kommanditgesellschaft. Gegenstand des Unternehmens ist ausweislich des Gesellschaftsvertrages vom ... 2000 der Betrieb des Containerschiffes MS "A" im internationalen Seeverkehr.

Der Gesellschaftsvertrag enthält insbesondere folgende Regelungen:

§ 9 Ergebnisverteilung

1. Das nach Abzug aller Kostenerstattungen und Vergütungen gemäß § 7 und § 8 dieses Vertrages verbleibende Ergebnis der Gesellschaft wird auf alle Kommanditisten im Verhältnis ihrer gezeichneten Pflichteinlagen verteilt. Sofern die Gesellschaft negative Ergebnisse erwirtschaftet, ist die Verteilung der negativen Ergebnisse auf 80% der gezeichneten Pflichteinlagen der Kommanditisten begrenzt. Sofern die negativen Ergebnisse der Gesellschaft höher sind als 80% der gezeichneten Pflichteinlagen aller Kommanditisten, sind etwaige weitere negative Ergebnisse der Komplementärin zuzurechnen.

2. Abweichend von der Regelung in Abs.1 Satz 1 wird das Ergebnis der Geschäftsjahre 2000 und 2001 auf die Kommanditisten, die zum Schluss des jeweiligen Geschäftsjahres an der Gesellschaft beteiligt sind, unabhängig vom Zeitpunkt ihres Beitritts zur Gesellschaft so verteilt, dass im Verhältnis der gezeichneten Pflichteinlagen relativer Gleichstand auf den Erfolgssonderkonten der Kommanditisten (Kapitalkonto II) bis zum 31.12.2001 -ggf. in einem späteren Geschäftsjahr- erreicht wird. Dabei sind Aufwendungen vorab den Kommanditisten zuzuweisen, denen sie wirtschaftlich zugerechnet werden können.

3. Sofern der Komplementärin aufgrund der Regelung in Absatz 1 negative Ergebnisse zugewiesen wurden, sind in den Folgejahren etwaige positive Ergebnisse vorab der Komplementärin in der Höhe zuzurechnen, in der sie zuvor negative Ergebnisse getragen hat.

4. Sofern in steuerlicher Hinsicht eine relative Gleichstellung der Kapitalkonten in, Verhältnis der Pflichteinlagen zum Zeitpunkt der Option zur Tonnagesteuer nach § 5a EStG noch nicht eingetreten ist, ist der Unterschiedsbetrag nach § 5a Abs.4 EStG in der Weise zu verteilen, dass dadurch ein relativer Gleichstand der Kapitalkonten - unter Einbezug der Regelung gem. Abs.3 - erreicht wird.

§ 20 Liquidation der Gesellschaft:

...

2. Bei Auflösung der Gesellschaft wird das Vermögen einschließlich aller stillen Reserven und eines evtl. realisierten Firmenwertes nach Begleichung der Verbindlichkeiten auf die Gesellschafter entsprechend ihrer Beteiligung am Vermögen der Gesellschaft verteilt. Sonderbewegungen auf den Kapitalkonten II und III sind insoweit vorab zu verrechnen, wie sie von dem üblichen Kontenstand abweichen; dieses gilt nicht für Abweichungen aufgrund einer abweichenden Ergebniszurechnung für das Jahr.

Die Kommanditisten traten in zwei Tranchen in den Jahren 2000 und 2001 bei.

Der Komplementärin wurden in den Jahren 2000 und 2001 auf Grund von § 9 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages keine Verluste zugewiesen.

Die Klägerin hat zum 01.01.2002 zur Gewinnermittlung nach § 5a Einkommensteuergesetz(EStG) optiert (Tonnagesteuer). In der Erklärung zur Ermittlung des Unterschiedsbetrages reichte die Klägerin zusammen mit der Gewinnfeststellungserklärung für das Jahr 2002 das entsprechende Verzeichnis auf den 31.12.2001 ein. Die Klägerin beantragte die Feststellung der Unterschiedsbeträge für das Schiff (i.H.v. EUR 7.089.517 DM 13.865.890,-) und für Fremdwährungsverbindlichkeiten (i.H.v. EUR 2.975.754,50/ DM 5.820.070,-). Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid auf den 31.12.2001 vom 04.03.2004 stellte der Beklagte die Unterschiedsbeträge für die Fremdwährungsverbindlichkeiten in erklärter Höhe fest. Abweichend von der eingereichten Aufstellung stellte er den Unterschiedsbetrag für das Schiff i.H.v. EUR 3.075.506,-/ DM 6.015.167,- fest, da er von einer kürzeren Abschreibungsdauer für das Schiff ausging. Die auf die Kommanditisten entfallenden Unterschiedsbeträge wurden entsprechend der Höhe der Beteiligung quotal verteilt. Mit geändertem, aber weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid auf den 31.12.2001 vom 28.02.2005 minderte der Beklagte den Unterschiedsbetrag für das Seeschiff auf EUR 850.012,-/ DM 1.662.479,-, da zuvor versehentlich der Schrottwert nicht berücksichtigt worden war.

Mit Schreiben vom 05.01.2005 stellte die Klägerin den Antrag auf relative Gleichstellung der Kapitalkonten auf den 31.12.2001 mit Bezug auf § 9 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags. Die Verteilung des (gesamten) Unterschiedsbetrages solle dergestalt vorgenommen werden, dass dieser nur auf die Gesellschafter der Tranche 1 entfalle.

Mit Schreiben vom 14.01.2005 lehnte der Beklagte den Antrag ab mit der Begründung, dass Grundgedanke eine gedachte Liquidation auf den Feststellungszeitpunkt sei. Gegen die Ablehnung legte die Klägerin am 10.02.2005 Einspruch ein und wies zur Begründung auf § 20 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages hin, wonach sich ergebe, dass im Rahmen einer Liquidation, auch einer gedachten, vorab eine relative Gleichstellung der Kapitalkonten herzustellen sei.

Durch Einspruchsentscheidung vom 03.08.2007 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die am 05.09.2007 eingegangene Klage. Zur Begründung trägt die Klägerin vor, der angefochtene Bescheid berücksichtige nicht, dass ihr Gesellschaftsvertrag in § 9 eine handelsrechtliche Gewinnverteilungsabrede zur ergebnismäßigen Gleichstellung der Kapitalkonten der Anleger vorsehe und entspreche nicht dem in § 9 Ziffer 3 und 5 des Gesellschaftsvertrag zum Ausdruck kommenden Willen der Gesellschafter zur relativen Gleichstellung der Kapitalkonten. Es sei ausdrücklich durch den Gesellschaftsvertrag geregelt worden, dass die Kommanditisten unabhängig von ihrem Eintrittsdatum gleichbehandelt werden sollten. Insbesondere habe vermieden werden sollen, dass die im Jahr 2001 beigetretenen Kommanditisten anders als die in 2000 Eingetretenen behandelt werden. Um eine endgültige steuerliche Ungleichbehandlung der Anleger zu verhindern, könne die Abstimmung der Kapitalkonten nur über den Unterschiedsbetrag erfolgen. In Abweichung von dem angefochtenen Feststellungsbescheid sei die Verteilung wegen des Maßgeblichkeitsgrundsatzes entsprechend der handelsrechtlich getroffenen Regelung vorzunehmen.

Der gesellschaftsvertraglich vorgesehenen Verteilung des Unterschiedsbetrages stehe kein steuerrechtlicher Grundsatz entgegen, nach dem der Unterschiedsbetrag zwingend entsprechend der Pflichteinlage zuzurechnen sei. Denn die Bildung des Unterschiedsbetrages sei mit einem Veräußerungsvorgang vergleichbar, da hierdurch die stillen Reserven durch eine vorweggenommene Steuerentstrickung aufgedeckt würden. Der Veräußerungsgewinn unterliege der handelsrechtlichen Ergebnisverteilung. Die streitige gesellschaftsvertragliche Regelung beinhalte eine vom Festkapital abweichende Ergebnisverteilungsabrede, welche handelsrechtlich zulässig sei. Die Feststellung des Unterschiedsbetrages könne auch als ein gedachter Fall der steuerlichen Liquidation gewertet werden, denn durch die Feststellung des Unterschiedsbetrages sollten die stillen Reserven auf die Gesellschafter verteilt werden. Handelsrechtlich maßgeblich sei § 155 Handelsgesetzbuch (HGB). Nach dieser Vorschrift erfolge die Verteilung nach den Kapitalanteilen nur dann, wenn keine abweichende gesellschaftsvertragliche Abrede bestehe. Steuerrechtlich sei eine solche Regelung wirksam. Dies habe der Bundesfinanzhof (BFH) in zwei Entscheidungen festgestellt. In der Entscheidung vom 07.07.1983 (IV R 209/80, Bundessteuerblatt (BStBl) II 1984, 53) habe der BFH ausdrücklich die Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Regelung bestätigt, auch wenn diese bewirke, dass ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entstehe oder erhöht werde. Die Grenze sei erst erreicht, wenn eine außerbetriebliche Veranlassung bestehe oder die Regelung rechtsmissbräuchlich sei. Diese Rechtsprechung habe der BFH durch seine Entscheidung vom 17.03.1987 (VIII R 293/82, BStBl II 1987, 558) bestätigt und festgestellt, dass eine Regelung im Interesse der Gesellschaft liege, wenn die Altgesellschafter auf Verlustzuweisungen zugunsten neuer Gesellschafter verzichteten, um so einen Anreiz für den Beitritt neuer Kommanditisten und damit für die Zuführung neuen Kapitals zu schaffen. Auch die Regelungen von § 9 Abs. 2 und 3 und daran anknüpfend Absatz 5 dienten dazu, die Gesellschafter für die Dauer ihrer Beteiligung gleich zu behandeln. Die Feststellung des Unterschiedsbetrages sei der letztmögliche Zeitpunkt, um unterschiedliche Verlustquoten der Gesellschafter steuerlich zu korrigieren und damit eine endgültige Ungleichbehandlung zu verhindern.

Ihrer Ansicht stehe auch § 5a Abs. 4a Satz 2 EStG nicht entgegen, denn hierdurch werde lediglich die Verteilung des Tonnagegewinns gem. § 5a Abs. 1 EStG erfasst. Die Regelung gelte nicht für die Feststellung des Unterschiedsbetrages. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut, der Gesetzessystematik und auch aus teleologischen Gründen. Auch für eine richterliche Rechtsfortbildung bestehe kein Raum, denn es fehle insoweit eine Gesetzeslücke. Ein rechtspolitischer Fehler stelle keine Lücke in diesem Sinne dar. Auch sei die gesetzliche Regelung nicht gänzlich unanwendbar.

Die Auslegung des Beklagten missachte das Gebot der wirtschaftlichen Betrachtungsweise und widerspreche der Teilwert-Definition, denn der Teilwert sei ein durch Ertragschancen determinierter Wert. Die Kapitalkonten könnten sich sehr unterschiedlich entwickeln. Sofern der Buchwert aufgrund unterschiedlich entwickelter Kapitalkonten zwischen den Gesellschaftern differiere, müsse notwendigerweise auch der Anteil der Gesellschafter an den stillen Reserven unterschiedlich hoch ausgestaltet sein. Es müsse daher zulässig sein, den Unterschiedsbetrag nach dem Stand des steuerlichen Kapitalkontos disquotal auf die Gesellschafter zu verteilen. Die Auffassung des Beklagten führe zu unhaltbaren Ergebnissen.

Die Klägerin beantragt,

die Einspruchsentscheidung vom 03.08.2007 aufzuheben und den Bescheid auf den 31.12.2001 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Unterschiedsbetrages gem. § 5a Abs. 4 EStG bei der Gewinnermittlung bei Handelsschiffen im internationalen Verkehr vom 28.02.2005 mit der Maßgabe zu ändern, dass der Unterschiedsbetrag in der Weise verteilt wird, dass sich auf der Grundlage der steuerlichen Kapitalkonten zum 31.12.2001 für alle Kommanditisten nach Verteilung des Unterschiedsbetrages ein rechnerischer Betrag ergibt, der jeweils bezogen auf die nominellen Beteiligungen der Kommanditisten relativ gleich ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung vom 03.08.2007. Ergänzend trägt er vor, unabhängig von einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise verfolge die Tonnagebesteuerung das Ziel der Subventionierung der Schifffahrt in der Bundesrepublik Deutschland. Sinn dieser Regelung sei die Möglichkeit, eine pauschale Gewinnberechnung vorzunehmen und erst nach Ablauf dieser Gewinnbesteuerung die Besteuerung der bis zum Zeitpunkt des Beginns der Tonnagebesteuerung aufgebauten stillen Reserven vorzunehmen. Damit werde insoweit eine nachgelagerte Besteuerung ermöglicht. Eine Feststellung dieser stillen Reserven werde durch den Unterschiedsbetrag nach § 5a Abs. 4 EStG zeitnah dokumentiert, um Streit über Werte der Vergangenheit nach Beendigung der Tonnagebesteuerung zu vermeiden. Grundgedanke dabei sei eine gedachte Liquidation der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Option zur Tonnagebesteuerung. Es stelle sich im Streitfall nicht die Frage, ob bei einer Liquidation das Handelsrecht dispositiv sei. Denn im Streitfall habe sich der Beklagte an die vereinbarte gesellschaftsrechtliche Aufteilung gehalten.

Gegen die disquotale Zuteilung des Unterschiedsbetrages auf die Gesellschafter spreche bereits die Regelung des § 20 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages, da nach der dortigen Regelung das Vermögen inklusive der stillen Reserven entsprechend der Beteiligung am Gesellschaftsvermögen auf die Gesellschafter verteilt werde, wobei Sonderbewegungen auf den Kapitalkonten II und III insoweit vorab zu verrechnen seien, wie sie vom üblichen Kontenstand abwichen. Letzteres gelte allerdings nach Satz 2. Halbsatz 2 ausdrücklich nicht für Abweichungen auf Grund einer abweichenden Ergebniszurechnung nach § 9. Um eben jene abweichende Ergebniszurechnung nach § 9 handele es sich jedoch.

Zudem sei die Bildung des Unterschiedsbetrages nicht mit einem Veräußerungsvorgang vergleichbar. Es komme deshalb auf die handelsrechtliche Ergebnisverteilung nicht an. Es handele sich auch nicht um eine vorweggenommene Steuerentstrickung, denn die stillen Reserven blieben steuerverstrickt.

Gegen die Verrechnung des Unterschiedsbetrags mit dem Kapitalkonto spreche im Übrigen auch, dass es sich bei der Feststellung des Unterschiedsbetrages zum Zeitpunkt des Übergangs auf die Tonnagebesteuerung nicht um Gewinn handele. Es würden nur die stillen Reserven festgestellt. Zu einem Gewinn aus der Auflösung des Unterschiedsbetrages komme es erst zu einem späteren Zeitpunkt. Daher könne der festgestellte Unterschiedsbetrag auch nicht zur Kapitalkontengleichstellung verwendet werden. Das Argument der Klägerin, dass die Verteilung des Unterschiedsbetrages wie auch die Verteilung des Veräußerungsgewinns der handelsrechtlichen Ergebnisverteilung zugänglich sei, sei daher nicht zutreffend.

Selbst wenn der Gesellschaftsvertrag in anderer Weise ausgelegt werden würde, könne die Verteilung des Unterschiedsbetrages nicht anders erfolgen, denn für Zwecke der Tonnagegewinnzurechnung komme es nicht auf den ansonsten maßgeblichen handelsrechtlichen Gewinnverteilungsschlüssel an. Der Maßgeblichkeitsgrundsatz sei in Bezug auf die Gewinnverteilungsabrede durch eine steuerliche Sondervorschrift in § 5a Abs. 4a EStG durchbrochen worden. Abweichende Regelungen im Gesellschaftsvertrag seien unzulässig. Hiergegen spreche auch nicht, dass in § 5a Abs. 4a EStG nicht auf den Unterschiedsbetrag in § 5a Abs. 4 EStG Bezug genommen werde. Gesetzessystematisch müsse § 5a EStG als eine Einheit innerhalb des EStG gesehen werden. Die einzige Regelung zur Aufteilung des Gewinns finde sich in § 5a Abs. 4a EStG hinsichtlich der Aufteilung des Gewinns bei Personengesellschaften. Hier sei eine Verteilung nach Gesellschaftsanteilen geregelt. Der Verweis auf § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG in § 5a Abs. 4 EStG regele keinen Aufteilungsmaßstab. Ein Abweichen der einmal gewählten Aufteilungsmethode nach quotalen Beteiligungen würde in der gesamten Anwendung des § 5a EStG zu systemwidrigen Ergebnissen führen. § 5a EStG sei eine steuerrechtliche Sondervorschrift, die von der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz abweiche.

Durch den Beschluss vom 23.01.2009 ist unter Hinweis auf § 60a FGO angeordnet worden, dass nur die Personen beigeladen werden, die dies innerhalb der Frist bis zum 30.05.2009 beantragen.

Auf das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung von 27.08.2009 wird verwiesen. Dem Gericht haben zwei Bände Gewinnfeststellungsakten und Gewerbesteuerakten, die Akte über den Antrag auf Glaubhaftmachung der voraussichtlichen Verluste 2000, die Akte Tonnagesteuer und die Rechtsbehelfsakte zu der Steuernummer .../.../.. vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Klage ist begründet.

Der angefochtene Feststellungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 3 FGO). Der Unterschiedsbetrag gem. § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG ist abweichend von der Beteiligung der Gesellschafter am Vermögen der Gesellschaft auf die Kommanditisten in der Weise zu verteilen, dass sich auf der Grundlage der steuerlichen Kapitalkonten zum 31.12.2001 für alle Kommanditisten nach Verteilung des Unterschiedsbetrages ein rechnerischer Betrag ergibt, der jeweils bezogen auf die nominellen Beteiligungen der Kommanditisten relativ gleich ist.

Gem. § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG ist zum Schluss des Wirtschaftsjahres, das der erstmaligen Anwendung des Abs. 1 vorangeht, für jedes Wirtschaftsgut, das unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dient, der Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Teilwert in ein besonderes Verzeichnis aufzunehmen. Der Unterschiedsbetrag ist gesondert und bei Gesellschaften im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG einheitlich festzustellen. Gem. § 5a Abs. 4a Satz 1 EStG tritt bei Gesellschaften im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz Nr. 2 EStG für Zwecke dieser Vorschrift an die Stelle des Steuerpflichtigen die Gesellschaft.

Maßgeblich sind die handels- bzw. gesellschaftsrechtlichen Regelungen (dazu 1.), denn § 5a trifft weder in Abs. 4 EStG noch in Abs. 4a eine Regelung, wie der Unterschiedsbetrag auf die Gesellschafter zu verteilen ist (dazu 2.).

1. Gem. § 155 HGB erfolgt die Verteilung nach den Kapitalanteilen nur dann, wenn keine abweichende gesellschaftsvertragliche Abrede besteht. Die Klägerin hat in § 9 Abs. 4 ihres Gesellschaftsvertrag eine abweichende Regelung vereinbart.

Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin bestimmt in § 9 Abs. 4, dass sofern in steuerlicher Hinsicht eine relative Gleichstellung der Kapitalkonten im Verhältnis der Pflichteinlagen zum Zeitpunkt der Option zur Tonnagesteuer nach § 5a EStG noch nicht eingetreten ist, der Unterschiedsbetrag nach § 5a Abs. 4 EStG in der Weise zu verteilen ist, dass dadurch ein relativer Gleichstand der Kapitalkonten erreicht wird. Hierdurch wird im Streitjahr eine disquotale Verteilung des Unterschiedsbetrages bewirkt, denn es war ein relativer Gleichstand der Kapital Konten bei den später beigetretenen Gesellschaftern noch nicht erreicht.

Eine solche von der Gesellschaftsbeteiligung abweichende Verteilung des Unterschiedsbetrages ist handelsrechtlich zulässig und auch steuerrechtlich bindend. Der handelsrechtliche Sinn einer solchen Regelung besteht darin, dass die Kommanditisten unabhängig von ihrem Eintrittsdatum gleich behandelt werden sollen. Da die Kommanditisten, die erst im Jahr 2001 eingetreten sind, nicht mehr an den bereits in 2000 zugewiesenen Verlusten partizipieren können, soll die relative Gleichbehandlung zunächst über spätere Verluste erfolgen, die vorrangig die in 2001 eintretenden Kommanditisten zugewiesen bekommen. Wenn jedoch die in 2001 entstandenen Verluste niedriger sind als die in 2000 entstandenen, was üblich ist, da in der Regel im ersten Jahr sehr hohe Verluste anfallen, ist im Zeitpunkt der Option zur Tonnagebesteuerung noch kein Gleichstand erfolgt. Zwar hätte dieser erstrebte Gleichstand auch später, nämlich während der Zeit der Tonnagebesteuerung im Bereich der sog. Schattenveranlagung erreicht werden können. Denn während dieser Zeit werden die Kapitalkonten der Gesellschafter fortgeführt unter Einbeziehung des tatsächlichen handelsrechtlichen Gewinnanteils (vgl. hierzu FG Hamburg, Urteil vom 15.04.2005 VII 247/02, EFG 2005, 1264), allerdings wäre dies nur eine mögliche und keine zwingende Alternative, denn die Gesellschafter haben auch insoweit handels- und gesellschaftsrechtliche Gestaltungsfreiheit.

Gem. § 5 Abs. 1 EStG gilt im Steuerrecht der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Handelsrechts. Ausnahmen gelten dann, wenn eine außerbetriebliche Veranlassung für die handelsrechtliche Regelung bestanden hat oder die handelsrechtliche Regelung rechtsmissbräuchlich ist (siehe BFH vom 17.03.1987 VIII R 293/82, BStBl II 1987, 558 und BFH vom 07.07.1983 IV R 209/80, BStBl II 1984, 53). Hiervon ist im Streitfall nicht auszugehen, denn es haben nachvollziehbare gesellschaftsrechtliche Gründe für diese Vereinbarungen vorgelegen, da diese Regelung im Gesellschaftsvertrag die Vermarktung der Kommanditbeteiligungen im Jahr 2001 erleichtern sollte. Insoweit ist in der Rechtsprechung auch anerkannt, dass den später einer Gesellschaft beitretenden Kommanditisten höhere Verluste zugewiesen werden dürfen als den bisherigen Kommanditisten, um eine Gleichstellung zu erreichen (BFH vom 07.07.1983 IV R 209/80, BStBI II 1984, 53). Aus Sicht des Senates muss dies auch für die Verteilung des Unterschiedsbetrages gelten. Die Auffassung, dass sich die Verteilung des Unterschiedsbetrages nach der Ergebnisverteilungsabrede der Gesellschafter richtet, wird auch von der Kommentarliteratur geteilt (Heinrichs/Kuntschik in K/S/M § 5a Rz. E15; Dahm in Lademann § 5a Rz. 106; Weiland in Littmann/Bitz/Pust § 5a Rz. 143).

Die gesellschaftsrechtliche Regelung in § 9 über die Verteilung des Unterschiedsbetrages geht als speziellere Regelung der in § 20 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages angeordneten Verteilung des Gesellschaftsvermögens nach der Beteiligung am Vermögen im Falle der Liquidation vor.

2. Im vorliegenden Fall bestehen keine zwingenden steuerrechtlichen Vorschriften, die eine Ausnahme von dem Maßgeblichkeitsgrundsatz begründen. Insbesondere ergibt sich nicht aus § 5a Abs. 4a S. 2 EStG, dass der Unterschiedsbetrag zwingend nach der Beteiligung am Gesellschaftsvermögen zu verteilen ist.

Gem. § 5a Abs. 4a S. 2 EStG ist der nach Absatz 1 ermittelte Gewinn den Gesellschaftern entsprechend ihrem Anteil am Gesellschaftsvermögen zuzurechnen, unabhängig von einer abweichenden gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung. Diese Vorschrift beinhaltet eine ausdrückliche steuerrechtliche Abweichung vom Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz.

Aus dem Wortlaut des § 5a Abs. 4a S. 2 EStG folgt aber bereits, dass die Einschränkung der handelsrechtlichen Maßgeblichkeit nicht auch für die Feststellung des Unterschiedsbetrages gilt. Denn § 5a Abs. 4a S. 2 EStG verweist lediglich auf den Gewinn in Abs. 1 und nicht auch auf den Unterschiedsbetrag im Sinne von Abs. 4. Der Unterschiedsbetrag, der in § 5a Abs. 4 EStG geregelt ist, ist weder ein Gewinn, noch ist er in § 5a Abs. 1 EStG geregelt. Aus § 5a Abs. 4 S. 3 EStG ergibt sich ausdrücklich, dass der Unterschiedsbetrag gem. § 5a Abs. 4 dem Gewinn unter den Voraussetzungen von § 5a Abs. 4 S. 3 Nr. 1 bis 3 EStG hinzuzurechnen ist. D.h. bei dem Unterschiedsbetrag kann es sich nicht um den Gewinn des § 5a Abs. 1 EStG handeln.

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist trotz des Ausnahmecharakters der Vorschrift des § 5a EStG als systemfremde Subventionsnorm für eine den Wortlaut erweiternde Auslegung kein Raum. Insbesondere ergibt sich nicht aus der Systematik des § 5a EStG, dass die Regelung in § 5a Abs. 4a S. 2 EStG erweiternd in der Weise auszulegen ist, dass durch den Gewinn auch der Unterschiedsbetrag miterfasst sein soll.

Zwar stellt § 5a EStG eine eigenständige steuerrechtliche Sondervorschrift dar, die zum Teil den Grundsatz der Maßgeblichkeit des Handelsrechts einschränkt, indem sie die Besteuerung gerade nicht an den handelsrechtlichen Gewinn anknüpft, sondern an die Tonnage eines Schiffes und auch den Schlüssel für die Verteilung dieses Gewinns bei Gesellschaften festschreibt. Allerdings kann § 5a EStG nicht entnommen werden, dass der Grundsatz der Maßgeblichkeit überhaupt nicht mehr gelten soll, wenn zur Tonnagebesteuerung optiert wird.

Durch § 5a EStG wird Handelsschiffen, die im internationalen Verkehr tätig werden, die Möglichkeit eingeräumt, zur sog. Tonnagesteuer zu optieren. Hierdurch gewährt der Gesetzgeber dem Steuerpflichtigen eine erhebliche Steuersubventionierung. Diese Subventionsvorschrift passt nicht in die Systematik des EStG. Dies ist an diversen Schnittstellen zu anderen steuerlichen Vorschriften sichtbar geworden (z.B. bei §§ 6b, 15a EStG). Dementsprechend muss bei der Auslegung von § 5a EStG der Regelungszweck der Vorschrift einbezogen werden. Die einzelnen Absätze können dabei nicht separat, sondern nur im Kontext ausgelegt werden, die systematische Auslegung erlangt im Bereich des § 5a EStG besondere Bedeutung.

Während § 5a EStG in den Absätzen 1 bis 3 regelt, wie der Gewinn nach der Tonnage ermittelt wird, unter welchen Voraussetzungen von wem zur Besteuerung nach der Tonnage optiert werden kann, betrifft Abs. 4 eine Regelung für den Übergang von der regulären Gewinnermittlung auf die Sonderregeln der Tonnagebesteuerung. Auf den Schluss des Wirtschaftsjahres, das der erstmaligen Anwendung der Besteuerung nach der Tonnage vorangeht, ist der Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Teilwert für die einzelnen Wirtschaftsgüter in ein besonderes Verzeichnis einzutragen. Hierdurch wird zeitnah dokumentiert, in welcher Höhe sich bis zur Optionsausübung stille Reserven angesammelt haben, damit eine Auseinandersetzung über die Werte nach Beendigung der Tonnagebesteuerung vermieden wird. Absatz 4a regelt sodann, dass bei Gesellschaften im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG für die Zwecke dieser Vorschrift an die Stelle des Steuerpflichtigen die Gesellschaft tritt und ordnet an, dass der nach Absatz 1 ermittelte Gewinn den Gesellschaftern entsprechend ihrem Anteil am Gesellschaftsvermögen zuzurechnen ist.

Aus der Gesamtsystematik des § 5a EStG ergibt sich nicht, dass der Grundsatz der Maßgeblichkeit auch für die Feststellung des Unterschiedsbetrages aufgehoben werden sollte. Denn die Feststellung des Unterschiedsbetrages betrifft keine Gewinnermittlung. Durch den Unterschiedsbetrag werden lediglich die bis zum Wechsel der Gewinnermittlung entstandenen stillen Reserven erfasst, die sich erst nach Beendigung der Tonnagebesteuerung auswirken, abgesehen von den Sonderfällen gem. § 5a Abs. 4 Nr. 2 und 3 EStG (Ausscheiden des Wirtschaftsgutes aus dem Betriebsvermögen bzw. Ausscheiden eines Gesellschafters). Nur in diesen Ausnahmefällen kann sich der Unterschiedsbetrag überhaupt auf den Tonnagegewinn auswirken.

Auch die historische Auslegung spricht gegen eine Einbeziehung des Unterschiedsbetrages in die Gewinnverteilungsregelung des § 5a Abs. 4a S. 2 EStG. Dieser Absatz ist bereits kurz nach Schaffung des § 5a EStG ergänzt worden, weil es einer besonderen Regelung für Personengesellschaften bedurfte, damit sichergestellt wird, dass die Option nur einheitlich erfolgt (siehe BT-DS 13/10710 S. 4). Durch diese Regelung sollten insbesondere missbräuchliche Gestaltungen verhindert werden (siehe BT-DS 13/10710 S. 4). In diesem Zusammenhang hätte der Gesetzgeber die Möglichkeit gehabt, auch die Verteilung des Unterschiedsbetrages mitzuregeln, wenn er eine Verteilung entsprechend der Verteilung des Tonnagegewinns für geboten gehalten hätte. Dies hat er indes unterlassen.

Schließlich bestätigt auch der Sinn und Zweck des § 5a Abs. 4 EStG dieses Auslegungsergebnis. Ziel der genannten Bestimmung ist es, die steuerliche Erfassung der stillen Reserven, die sich vor dem Übergang zur Gewinnermittlung nach der Tonnage angesammelt haben, sicher zu stellen (vgl. Hofmeister in Blümich, EStG, § 5a Rz. 80; Hennrichs/Kuntschik in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5a Rn. E 2). Dieses Ziel wird auch dann erreicht, wenn dem Steuerpflichtigen gestattet wird, den Unterschiedsbetrag abweichend von der Beteiligung am Gesellschaftsvermögen zu verteilen. Denn die stillen Reserven, die im Unterschiedsbetrag erfasst sind, sind nicht während der Zeit der Tonnagebesteuerung entstanden, sondern davor und standen dementsprechend zum Zeitpunkt ihrer Entstehung zur Disposition der Gesellschafter; ihnen oblag die Entscheidung, wie die stillen Reserven zu verteilen sind.

3. Die sich danach ergebende Änderung der Zurechnung des Unterschiedsbetrages auf die Kommanditisten in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang ist dem Beklagten gem. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO zu übertragen.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 155, 151 Abs. 3 FGO, 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 FGO zugelassen.

Ende der Entscheidung

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