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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 23.03.2007
Aktenzeichen: 2 K 79/06
Rechtsgebiete: UStG, RL 2002/38/EG


Vorschriften:

UStG § 12 Abs. 2 Nr. 1
UStG Nr. 49 der Anlage
RL 2002/38/EG
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

2 K 79/06

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob für Leistungen der Klägerin ein ermäßigter Umsatzsteuersatz anzuwenden ist.

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist u.a. die Vermarktung und der Verkauf wissenschaftlicher Studien (§ 3 des Gesellschaftsvertrages vom ...2001, Akte Allgemeines Bl. 9ff). Sie bietet auf der einen Seite Autoren wissenschaftlicher Arbeiten wie z.B. Diplomarbeiten, Dissertationen etc. die Aufnahme ihrer Arbeit in eine Datenbank der Klägerin, Präsentation der Arbeit in einem online-Katalog, Digitalisierung und Umwandlung der Arbeit in das PDF-Format sowie Vermarktung der Arbeiten an (s. Internetauftritt unter www.d....de Ausdruck vom 27.05.2004 Betriebsprüfungsarbeitsakte - BpA - II Bl. 17ff). Entsprechend bietet sie die wissenschaftlichen Arbeiten zum Kauf an, wobei der Vertrieb überwiegend über das Internet erfolgt. Die Publikationen können nach Wahl als Buch, als CD-ROM oder als PDF-Datei per Download erworben werden (vgl. Internetauftritt a.a.O. Ausdruck 02.02.2004 BpA II Bl. 1ff, 8). Ausweislich § 6 der AGB der Klägerin (exemplarisch in der Fassung vom 14.07.2003, BpA II Bl. 12ff und insoweit nach Auskunft der Klägerin inhaltlich mit den AGB der Streitjahre identisch) verbleiben die urheberrechtlichen Verwertungsrechte beim Autor und ist der Besteller nicht zur Vervielfältigung der Arbeiten berechtigt.

Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung kam der Betriebsprüfer zu dem Ergebnis, dass die Klägerin in den Streitjahren zu Unrecht ihre Verkäufe in vollem Umfang mit dem ermäßigten Steuersatz von 7% versteuert habe. Nach Ansicht des Betriebsprüfers ist der ermäßigte Steuersatz zwar korrekt, soweit der Verkauf der gedruckten Exemplare betroffen ist. Jedoch sei der Verkauf der wissenschaftlichen Arbeiten in Form von CD-ROM oder per Download mit dem vollen Steuersatz zu besteuern.

Nachdem der Betriebsprüfer zunächst den Anteil der Bestellungen der gedruckten Exemplare zu den anderen Versendungsformen auf der Grundlage einer Auszählung für den Monat September ermittelt und exemplarisch auch für die anderen Monate zugrunde gelegt hatte, ging er nach Einwendungen der Klägerin gegen die Repräsentativität dieses Monats mit Zustimmung der Klägerin (Betriebsprüfungsakte Bl. 11) davon aus, dass im Jahr 2001 25% und 2002 40% der bisher mit 7% versteuerten Umsätze dem Verkauf gedruckter Exemplare zuzurechnen und damit auf der Grundlage der Rechtsauffassung der Betriebsprüfung mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern seien.

Der Beklagte folgte dem und erließ am 16.08.2004 entsprechend gem. § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geänderte Umsatzsteuerbescheide 2001 und 2002.

Den hiergegen am 09.09.2004 eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 03.04.2006 als unbegründet zurück.

Hierauf hat die Klägerin am 27.04.2006 Klage erhoben.

Die Klägerin trägt vor:

Auch der Verkauf bzw. Erwerb der wissenschaftlichen Arbeiten per Download oder als CD-ROM unterliege dem ermäßigten Steuersatz gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) i.V.m. Nummer 49 der Anlage zum UStG.

Die von dem Gesetzgeber für die steuerliche Begünstigung maßgeblichen kultur- und bildungspolitischen Gründe gälten auch für die Überlassung der Werke als CD-ROM oder per Download. Aus dem Umstand, dass dem Gesetzgeber weitgehend Bücher und Druckerzeugnisse im Gegensatz zu Bild- und Tonträgern förderungswürdig erscheinen, sei zu schließen, dass es ihm um die Förderung des Lesens, also der visuellen Informationsaufnahme gegangen sei. Dem werde allein eine Auslegung gerecht, die auf das Lesewerk als Produkt abstelle und nicht auf die Darreichungsform, auf die Art des Mediums, zumal der klassische Buchdruck durch die technische Entwicklung ohnehin überholt sei. Die Behandlung der CD-ROM und des Downloads als gedrucktes Erzeugnis stehe auch im Einklang mit dem Schreiben des BMF vom 13.07.2004 Tz. 154, IV B 7 - 7220 - 38/04 (gemeint wohl: vom 05.08.2004 IV B 7 - 7220 - 46/04, BStBl I 2004, 638). Dies gelte zum einen für den Herstellungsvorgang. Der Vorgang des Brennens einer CD-ROM sei dem Prägen, Fotografieren, Fotokopieren und Thermokopieren im Sinne des BMF-Schreibens vergleichbar. Entsprechendes gelte für das Beschreiben der Festplatte im Rahmen des Download-Vorgangs. Dass der Druck auf Papier erfolge, sei nicht zwingend. Nach dem Wortlaut des BMF-Schreibens seien in einem computergesteuerten Verfahren hergestellte Erzeugnisse den durch Handdruck, mechanischen Druckverfahren oder fotografischen Reproduktionen hergestellten Erzeugnissen gleichgestellt. Auch der Verwendungszweck liege wie bei einem auf Papier gedruckten Buch in der visuellen Aufnahme. Zudem sei auch bei einer CD-ROM oder im Download-Verfahren gewährleistet, dass der Buchinhalt visuell so aufgenommen werde wie er auch in Papierform ausgedruckt werde. Für die Einbeziehung auch der alternativen Lieferformen in die Steuerbegünstigung spreche auch der Gesichtspunkt der Einheitlichkeit der Leistung. Hauptleistung sei stets die Lieferung bzw. Abnahme eines in digitaler Form gespeicherten Buchinhalts. Die Erfüllung mittels CD-ROM oder Download sei lediglich eine die Leistung nicht verändernde Abnahmemodalität in Form einer Ersetzungsbefugnis des Kunden. Wesentlicher Charakter der alternativ angebotenen CD-ROM oder des Downloads sei das Druckerzeugnis, das in seiner herkömmlichen Form unstreitig unter Nr. 49 der Anlage zum UStG falle. Denn ausweislich der Formulierung in § 1 Nr. 1 der AGB der Klägerin komme es dem Kunden entscheidend auf den Erwerb der Abschriften wissenschaftlicher Publikationen an, also auf die Bucherzeugnisse. Die in § 2 Nr. 2 der AGB vorgesehenen Formen der Lieferung beträfen allein unterschiedliche Transportmittel. Die Klägerin verweist zum Vergleich auf Entscheidungen des BFH bzw. der Finanzgerichte zu der Einreihung von Warenzusammenstellungen bestehend aus Notenbuch und CD bzw. Computerzeitschrift und Software-CD.

Entgegen der Ansicht des Beklagten werde durch die von der Klägerin befürwortete Auslegung der Anlage zum UStG weder Wortlaut noch Wortsinn der Vorschrift überschritten. Zudem gebe es keine Auslegungsregel, nach der Ausnahmevorschriften eng auszulegen seien.

Die Klägerin beantragt,

die geänderten Umsatzsteuerbescheide 2001 und 2002 vom 16.08.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.04.2006 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor:

Die von der Klägerin gelieferten CD-ROMs bzw. Downloads seien weder Bücher noch Broschüren im Sinne der Nr. 49 der Anlage zum UStG. Hierunter fielen nur Waren zum Lesen, die broschiert, kartoniert, gebunden, in Loseblattsammlungen vereint oder hierzu bestimmt seien. Der mögliche Ausdruck bei dem Empfänger der CD oder des Downloads sei nicht mehr Bestandteil der Leistung der Klägerin. Die Rechtsauffassung der Klägerin führe zu einer nicht zulässigen Auslegung des Ausnahmekatalogs über den Wortlaut hinaus.

Der Hinweis der Klägerin auf die Rechtsprechung zur Einheitlichkeit der Leistung bzw. von Haupt- und Nebenleistung trage im Streitfall nicht. Hätte die Klägerin, so der Beklagte, neben der CD-ROM bzw. dem Download auch jeweils Papierexemplare veräußert, hätte sie auch Anspruch auf den ermäßigten Steuersatz. Die Anlage zum UStG und der hinter dieser Anlage stehende Zolltarif stamme auch nicht aus der Zeit vor dem Internet und der damit einhergehenden neuen technischen Möglichkeiten. Es sei davon auszugehen, dass es der Gesetzgeber bewusst bei der vorliegenden Fassung des Ausnahmekatalogs belassen habe. Der Hinweis auf Tz. 154 des BMF-Schreibens überzeuge nicht. Der Wortlaut der Textziffer zeige, dass allein das Aufbringen von analogen Informationen auf einen gegenständlichen Stoff wie Papier gemeint sei. Demgegenüber handele es sich bei dem Brennen einer CD-ROM oder dem Einstellen einer Datei ins Internet zum Zwecke des Downloads um die Übertragung digitalen Datenmaterials. Für die Qualifizierung der Leistung komme es auf die Beschaffenheit des Liefergegenstandes an, so dass es unerheblich sei, ob der wirtschaftliche Gehalt der Leistung bei der Übergabe in Papierform, in Form einer CD-ROM oder eines Downloads gleich sei.

Dem Senat haben eine Betriebsprüfungsakte nebst 2 Bände Betriebsprüfungsarbeitsakten, je 1 Band Umsatzsteuer- und Gewerbesteuerakten vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

I. Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die Voraussetzungen für die Anwendung eines ermäßigten Umsatzsteuersatzes liegen nicht vor.

Gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG ermäßigt sich die Steuer auf 7% für die Lieferungen der in der Anlage bezeichneten Gegenstände. Die dem UStG beigefügte Anlage erwähnt in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung unter Nummer 49 "Bücher, Zeitungen und andere Erzeugnisse des graphischen Gewerbes..., und zwar a Bücher, Broschüren und ähnliche Drucke, auch in losen Bogen oder Blättern (ausgenommen kartonierte, gebundene oder als Sammelbände zusammengefasste periodische Druckschriften, die überwiegend Werbung enthalten)". Die seit dem 01.01.2002 geltende Fassung (in der Fassung des StÄG 2001 vom 20.12.2001, BGBl. I S. 3794) lautet unter Buchstabe a "Bücher, Broschüren und ähnliche Drucke, auch in Teilheften, losen Bogen oder Blättern, zum Broschieren, Kartonieren oder Binden bestimmt, sowie Zeitungen und andere periodische Druckschriften, kartoniert, gebunden...(ausgenommen solchen, die überwiegend Werbung enthalten)".

Die in Rede stehenden Leistungen der Klägerin können nicht den in Nr. 49 der Anlage zum UStG genannten Warenlieferungen zugeordnet werden.

Die Anlage zum UStG verweist auf den Gemeinsamen Zolltarif (GZT) der Europäischen Gemeinschaft (EG), dem die Kombinierte Nomenklatur (KN) des Harmonisierten Systems (HS) zur Bezeichnung und Codierung der Waren zu Grunde liegt. Dazu gibt es Erläuterungen, die für das HS vom Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens sowie für die KN von der Europäischen Kommission ausgearbeitet wurden und ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Positionen darstellen (vgl. BFH Urteil vom 09.02.2006 V R 49/04, BStBl II 2006, 694).

Beide Fassungen der Anlage zum UStG enthalten in der Nr. 49 zu Buchstabe a den identischen Hinweis auf den Zolltarif, und zwar mit dem Zusatz "aus" auf die Positionen 49.01, 97.05 und 97.06, von denen die beiden letztgenannten als solche betreffend Kunstgegenstände, Sammlungsstücke und Antiquitäten im Streitfall außer Betracht gelassen werden können.

Die Position 4901 des Zolltarifs in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2031/2001 der Kommission vom 06.08.2001 (ABl. Nr. 1 279, 1) ebenso wie in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1832/2002 der Kommission vom 01.08.2002 (ABl. Nr. 1 290,1) lautet "Bücher, Broschüren und ähnliche Drucke, auch in losen Bogen oder Blättern".

Gemäß Anmerkung 2 zu Kapitel 49 der KN gelten als "gedruckt" auch Erzeugnisse, die mit einem Vervielfältigungsapparat, in einem computergesteuerten Verfahren, maschinenschriftlich oder durch Gaufrieren, Fotografieren, Fotokopieren oder Thermokopieren hergestellt worden sind. Nach Ziff. 4c der Anmerkungen zu Kapitel 49 der KN gehören zu der Position 4901 auch Bücher in Form von Teilheften oder in losen Bogen oder Blättern..., die zum Broschieren, Kartonieren oder Binden bestimmt sind. Es ist davon auszugehen, dass die mit dem StÄG 2001 erfolgte Änderung zu der Nr. 49 (insoweit ohne Begründung BTDrs.14/6877) dem Ziel einer Angleichung an diese Anmerkung zu Kapitel 49 der KN diente. Die Erläuterungen zum HS führen zu Position 4901 aus: "Hierher gehören im Allgemeinen alle Erzeugnisse des Buchhandels und andere Waren zum Lesen, gedruckt...". Nach der weiteren Aufzählung konkreter Waren wie Bücher, Kataloge, Gesangbücher etc. heißt es unter A 02.2 :" Diese Waren können broschiert, kartoniert oder gebunden sein". Unter B 03.0 werden daneben erwähnt "Kleine Schriften und Broschüren und ähnliche Drucke, die aus mehreren gehefteten oder nicht gehefteten Bogen mit gedrucktem Text bestehen, sowie sogar einfache bedruckte Blätter. Zu diesen Erzeugnissen gehören wissenschaftliche Dissertationen oder Monografien ...".

Bei der Auslegung der Nr. 49 der Anlage zum UStG ist zu berücksichtigen, dass es sich dabei ("aus Position...") um sog. Expositionen handelt, die nicht vollumfänglich auf eine Position der Kombinierten Nomenklatur (KN) Bezug nehmen. In Expositionen verwendete Rechtsbegriffe sind umsatzsteuerrechtlich auszulegen, soweit die Exposition eigenständige Begriffe verwendet, die zolltariflich ohne Belang sind. Verwendet die Exposition dagegen Begriffe der KN, sind diese nach den Regeln der KN auszulegen (BFH Urteil vom 09.02.2006 a.a.O.).

Die für die zollrechtliche Tarifierung von Waren maßgeblichen Kriterien sind im Interesse der Rechtssicherheit und leichten Nachprüfbarkeit allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen der KN und in den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (Allgemeine Vorschriften für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur- AV - 1; BFH Urteil vom 17.10.2006 VII R 41/05, juris; EuGH Urteil vom 26.10.2006 C-250/05 Tz. 16, juris ). Auf den sich aus den objektiven Merkmalen und Eigenschaften ergebenden Verwendungszweck einer Ware darf nur dann abgestellt werden, wenn im Wortlaut der Bestimmungen oder in den Erläuterungen dazu ausdrücklich auf dieses Kriterium Bezug genommen wird (BFH Urteil vom 17.10.2006, a.a.O.). Bei gemischten oder zusammengesetzen Waren kommt es gem. AV Ziff. 3a und b, sofern eine Einreihung nach den als gleichwertig anzusehenden, sich auf die Bestandteile beziehenden Positionen nicht möglich ist, auf den Bestandteil an, der der Ware ihren wesentlichen Charakter gibt. Sofern dies nicht möglich ist, erfolgt die Zuweisung zu der zuletzt genannten Position (Buchstabe c).

Die Auslegung der in Nr. 49 der Anlage zum UStG angeführten Bücher, Broschüren und ähnlicher Drucke ist im Hinblick auf die Wortgleichheit zur KN zunächst im Einklang mit den Auslegungsregeln des KN vorzunehmen, so dass auf den Wortlaut der KN und dessen Erläuterungen und Anmerkungen abzustellen ist.

Danach genügt der von der Klägerin genannte Verwendungszweck der visuellen Aufnahme der Information nicht. Zwar nehmen auch die Erläuterungen zum HS zu Position 4901 auf den Verwendungszweck Bezug, indem sie die Waren zum Lesen bezeichnen. Indes enthalten die Erläuterungen im unmittelbaren Anschluss hieran die Einschränkung "gedruckt". Auch dies setzt zwar nicht zwingend voraus, dass der Druck auf Papier erfolgt (s.a. Huschens in: Vogel/Schwarz UStG Lfg. 9/2006 § 12 Abs. 2 Nr. 1 Rn. 215, 218 und BMF Schreiben vom 05.08.2004 a.a.O. Tz. 154). Jedoch ist aus der genannten Anmerkung 4c der KN zu Kapitel 49 sowie aus den Erläuterungen zum HS zu der Position 4901 unter A 02.2. und B 03.0. zu entnehmen, dass es sich bei den Druckergebnissen um Stoffe in der Gestalt der dort erwähnten broschierten, kartonierten oder gebundenen Art, ggf. um einzelne Bogen oder Blätter handeln muss. Diese Begrifflichkeit passt indes nicht zu dem Ergebnis des von der Klägerin dargestellten Vorgangs des Brennens auf eine CD-Rom oder Beschreibens einer Festplatte und zeigt, dass der Begriff des Druckens, auch des Druckens in einem computergesteuerten Verfahren, nicht auf den Vorgang des Brennens einer CD-ROM oder Beschreibens einer Festplatte ausgedehnt werden kann.

Die genaue Beschreibung der Herstellungsarten und der Erscheinungsart der gedruckten Waren in der KN zeigt zudem, dass für die Einreihung der Waren gerade nicht allein der Inhalt, der Text der Werke, maßgeblich ist, sondern dass es entscheidend auf die Art der Verkörperung des Textes ankommt.

Die Begrenzung der Position 4901 auf die im herkömmlichen Sinne des Wortes - wenn auch im computergestützten Verfahren - gedruckten Erzeugnisse bestätigt sich auch anhand eines Vergleichs mit Art. 12 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern.

Gem. Art. 12 Abs. 3 Buchst. a UA3 (in der Fassung seit 19.10.1992 Abl. Nr. 1 316/1) der Richtlinie können die Mitgliedstaaten einen oder zwei ermäßigte Sätze anwenden. Diese ermäßigten Sätze dürfen aber nur auf Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen der in Anhang H genannten Kategorie angewendet werden.

Anhang H nennt in Nr. 6 die Lieferung von Büchern...einschließlich Broschüren und ähnlichen Drucksachen.

Die Abgrenzung der in Anhang H genannten Waren von anderen Arten der Textspeicherung wird durch einen Vergleich mit Anhang L der Richtlinie deutlich, der mit der Neufassung der Richtlinie durch Richtlinie 2002/38/EG des Rates vom 07.05.2002 (ABl. Nr. 1 128/41) bezüglich der mehrwertsteuerlichen Behandlung der Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen sowie bestimmter elektronisch erbrachter Dienstleistungen eingefügt wurde.

Die Richtlinie 2002/38/EG regelt zunächst den Ort der Leistung, indem in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e angefügt wird " auf elektronischem Wege erbrachte Dienstleistungen wie unter anderem die in Anhang L aufgeführten Dienstleistungen". In Anhang L wird u.a. die "Bereitstellung von Bildern, Texten und Informationen sowie Bereitstellung von Datenbanken" (Ziff.3) erwähnt. Eine entsprechende Änderung ist im nationalen UStG durch Gesetz vom 16.05.2003 (BGBl. I S. 660) mit Wirkung vom 01.07.2003 erfolgt, in dem in § 3a Abs. 4 Ziff. 14 - allerdings ohne Hinzufügung einer Anlage - als sonstige Leistungen im Sinne des Abs. 3 "die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen" erwähnt werden. Damit wird möglicherweise im Bereich der sog. virtuellen Güter die Lieferung von Waren, sofern sie auf isolierten physischen Datenträgern wie z.B. CD erfolgt, als elektronische Dienstleistung bewertet, also nicht der materielle Inhalt der erbrachten Leistung, sondern die Modalität der Leistungserbringung, der eingeschlagene elektronische Weg als maßgeblich gewertet (Nieskens UR 2003, 317, 322; vgl. a. Vellen UR 2003, 53, 56/58).

Gleichzeitig ist mit der Richtlinie 2002/38/EG eine Vorschrift zur Ergänzung der Regelung des ermäßigten Steuersatzes durch Aufnahme von u.a. 4 zu Art. 12 Abs. 3 Buchst.a aufgenommen worden. Hier heißt es: " Unterabsatz 3 gilt nicht für die in Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe e letzter Gedankenstrich genannten Dienstleistungen". Dies bezieht sich ersichtlich auf die elektronischen Dienstleistungen, die als letzter Gedankenstrich aufgenommen wurden.

Hieraus folgt, dass diese Leistungen nicht mit einem ermäßigten Steuersatz belegt werden dürfen (s.a. Vellen UR 2003, 53, 64). Angesichts dessen, dass Art. 12 Abs. 3 Buchst. a u.a. 3 die ermäßigten Umsatzsteuersätze auf die Waren der Anlage H beschränkt und die elektronischen Leistungen in die Anlage H nicht aufgenommen wurden, hat der Hinweis auf diese Einschränkung in Art. 12 Abs. 3 u.a. 4 nur deklaratorischen Charakter (Vellen a.a.O.). Daher ist es im Ergebnis ohne Bedeutung, dass eine dem u.a. 4 zu Art. 12 Abs. 3 Buchst.a entsprechende Regelung in § 12 UStG nicht aufgenommen wurde. Jedenfalls zeigt sich aber aus der Entwicklung der Richtlinie und des nationalen Umsatzsteuerrechts der Wille des Richtlinien- und Gesetzgebers, diese Leistungen nicht mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz zu belegen (vgl. a. der Hinweis auf die Mitteilung der Kommission über die Steuerpolitik der EU vom 23.05.2001, Abl. EG Nr. C 284/2001, 6 bei von Vellen UR 2002, 314 und UR 2003, 64 Fn. 47, wonach die Kommission beabsichtigt, sich der Frage zu widmen, welcher Steuersatz auf virtuelle Güter anzuwenden ist; ablehnend für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Datenträger auch OFD Koblenz 08.06.1989 UR 1990, 31 und OD Köln vom 23.06.1988 UR 1988, 363; Huschens a.a.O: Rn. 230a). Die aufgezeigte Entwicklung lässt den Rückschluss zu, dass die hier in Rede stehenden elektronischen Medien, die CD-Rom bzw. die PDF-Datei nach dem Willen des Richtlinien- bzw. Gesetzgebers nicht zu den in der Anlage H der Richtlinie bzw. zu Nr. 49 der Anlage zum UStG genannten Waren gehören.

Jedenfalls die als CD-ROM zur Verfügung gestellten Datenträger dürften zolltariflich dem Kapitel 85 Position 8524, Unterposition 85249910 der KN zuzuordnen sein, nämlich als Platten, Bänder und andere Tonträger und ähnliche Aufzeichnungsträger - zur Wiedergabe von Programmen, Daten..., die in maschinenlesbarer Binärform aufgezeichnet sind und über eine automatische Datenverarbeitungsmaschine gehandhabt oder verändert werden können (so auch Huschens a.a.O.; FG Hamburg Urteil vom 30.06.2005 VI 323/03, EFG 2005, 1812 für die isolierte Betrachtung der einer Computerzeitschrift beigefügte CD vor Beurteilung der Warenzusammenstellung); die Einordnung in diese Position hat aber nicht die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes zur Folge.

Die von der Klägerin angeführte Entscheidung des BFH vom 23.07.1998 VII R 36/97, BStBl II 1998, 739 zur Bewertung eines Notenbuchs mit CD als Warenzusammenstellung und Zuordnung zu der für das Notenbuch maßgebenden Position 4904 und die weiteren erwähnten Entscheidungen betreffend Warenzusammenstellungen sind nicht geeignet, den Rechtsstandpunkt der Klägerin zu stützen. Im Streitfall handelt es sich nicht um eine aus verschiedenen körperlichen Stoffen gemischte oder zusammengesetzte Ware. Allenfalls steht das schon oben erwähnte Zusammenfallen von elektronischen Dienstleistungen als sonstige Leistung und der Lieferung eines physischen Datenträgers in Rede. In diesem Fall ist ungeachtet der Einreihung in die KN die Qualifizierung der einheitlichen Leistung als Lieferung - für die allein ein ermäßigter Steuersatz gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG in Betracht kommt - oder als sonstige Leistung unter Berücksichtigung des Willens der Vertragsparteien danach zu bestimmen, welche Leistungselemente den wirtschaftlichen Gehalt der Leistungen bestimmen (BFH Urteil vom 26.09.1991 V R 33/87, BStBl II 1992, 313). Sollte diese Abwägung zu dem Ergebnis führen, dass das Element der sonstigen Leistung wirtschaftlich überwiegt, so wäre - mangels Übertragung von Rechten im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG - ein ermäßigter Steuersatz schon aus diesem Grunde ausgeschlossen.

Angesichts der vorstehenden Überlegungen kann offen bleiben, ob die Bereitstellung der Werke in einer Datenbank der Klägerin zum Download als PDF-Datei nicht ohnehin als - im Ergebnis einem ermäßigten Steuersatz nicht zugängliche - sonstige Leistung gewertet werden muss.

II. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 135 Abs. 1, 115 Abs. 2 FGO.

Ende der Entscheidung

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