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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 30.04.2008
Aktenzeichen: 3 K 108/07
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 34 Abs. 1
EStG § 34 Abs. 2 Nr. 2
EStG § 34 Abs. 2 Nr. 4
Wenn ein Arbeitnehmer während seiner Tätigkeit Aktienoptionen als Anreizlohn erhält, die unter einer Verfallsklausel für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses stehen, und wird sodann das Arbeitsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag beendet, in dem für die Ausübung der Optionen noch eine Frist gewährt wird, so stellen geldwerte Vorteile aus den Optionen weiterhin Anreizlohn dar und nicht etwa eine Entschädigung für entgangene oder entgehende Einnahmen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer ohne eine derartige Frist die Möglichkeit gehabt hätte, die Optionen noch vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses auszuüben.
Finanzgericht Hamburg

3 K 108/07

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob im Jahr 1999 Einnahmen des Klägers aus der Veräußerung von Aktienoptionsrechten, die er von seinem Arbeitgeber erhalten hatte, nach § 34 Abs. 1 Einkommensteuergesetz im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) ermäßigt zu besteuern sind.

Dabei ist streitig, ob die Optionsrechte Teil einer Entschädigungsleistung sind, die bei dem Kläger in verschiedenen Veranlagungszeiträumen zu Einnahmen geführt hat, und deswegen eine Voraussetzung für die Begünstigung nach § 34 Abs. 1 EStG fehlt.

I.

1. Der Kläger ist ... geboren. Bis 1998 war er bei der Fa. A GmbH (im Folgenden: Arbeitgeber), die zu dem Konzern der Fa. B (im Folgenden: Muttergesellschaft) gehört, beschäftigt gewesen und zwar zuletzt als Geschäftsführer, zuständig für den Bereich Finanzen und Controlling. An dem Arbeitgeber war bis ... auch die Fa. C als Gesellschafter beteiligt, bei der der Kläger im Jahr ... seine Berufstätigkeit begonnen hatte (Arbeitsvertrag Bl. 98 ff der Gerichtsakte -GA-).

2. Der Kläger erhielt 1993, 1995 und 1997 im Rahmen eines Leistungsanreizplanes ("Performance Incentive Plan" - PIP -) für leitende Mitarbeiter des Konzerns mehrfach nicht handelbare Aktienoptionen.

a) Für die Gewährung der Aktienoptionen gab es zum einen so genannte "Cover Documents" (im Folgenden: Rahmenzusagen) und "Option Certificates" (im Folgenden: Optionsvereinbarung).

Streitgegenständlich sind die Regelungen in Ziffer 9 der Rahmenzusage (Bl. 36, 39 der Rechtsbehelfsakte - RbA - ESt 1999 und ESt 1998 - 99/98 -).

Ziffer 9 lautet im Original:

"Except as herein provided, the Option shall terminate on the date on which the Grantee ceases to be employed by the Corporation or a Subsidiary Company.

(a) i.F. the Grantee's cessation of employment with the Corporation or a Subsidiary Company i.S. due to his disability or retirement, he may ... exercise the Option ...

(b) i.F. the Grantee dies while in the employment of the Corporation (or within three years after having ceased to be employed by the Corporation or a Subsidiary owing to his or her Disability or having retired with the consent of the Corporation or a Subsidiary Company) ..., the executors or ... shall have the right ... to exercise the Option ..."

Die vom Kläger im Rechsbehelfsverfahren hierfür vorgelegte Übersetzung (Bl. 36 RbA 99/98) lautet:

"Sofern hierin nicht anders vereinbart, erlischt die Option, sobald das Arbeitsverhältnis des Empfängers beim Unternehmen oder einer seiner Tochterfirmen endet.

(a) Endet das Arbeitsverhältnis des Empfängers beim Unternehmen oder einer seiner Tochterfirmen, weil er arbeitsunfähig wird oder in Rente geht, kann er die Option ... wahrnehmen...

(b) Wenn der Empfänger verstirbt, während er noch beim Unternehmen ... arbeitet - oder wenn er innerhalb der ersten drei Jahre verstirbt, nachdem das Arbeitsverhältnis auf Grund von Arbeitsunfähigkeit oder Erreichen des Rentenalters in Einvernehmen mit dem Unternehmen ... beendet wurde - ..., sind seine Nachlassverwalter ... berechtigt, ... die Option ... wahrzunehmen ..."

b) Der Kläger erhielt:

für die "1993 - 1994 Performance Period" (PIP 93-94) im April 1993 die Anzahl von 800 Optionen und im Juli 1993 weitere 200 Optionen, die jeweils ab 1. Januar 1995 ausgeübt werden konnten (Bl. 24 RbA "99/98);

für die "1995-1996 Performance Period" (PIP 95-96) im Januar 1995 die Anzahl von 1.000 Optionen, die ab 1. Januar 1997 ausgeübt werden konnten (Bl. 25 RbA 99/98);

für die "1997-1998 Performance Period" (PIP 97-98) im Mai 1997 die Anzahl 1.000 Optionen, die ab 1. Januar 1999 ausgeübt werden konnten (Bl. 27 RbA 99/98).

Die Anzahl der Optionen veränderte sich durch Aufteilung. Im Juli 1997 erfolgte ein "3 für 2 - Split" der Optionsrechte und im Juli 1999 ein "2 für 1 - Split", so dass sich die Entwicklung für die Rechte des Klägers wie folgt darstellt (Bl. 29, 30 RbA 99/98):

 OptionenAusgabe-DatumAnzahlSplit 1997Split 1999
PIP 93-9421.04.938001.2002.400
PIP 93-9414.07.93200300600
PIP 95-9603.01.951.0001.5003.000
PIP 97-9819.05.971.0001.5003.000

3. Auf Veranlassung des Arbeitgebers wurde das mit dem zu diesem Zeitpunkt ...jährigen Kläger bestehende Arbeitsverhältnis mit Aufhebungsvertrag vom ... 1998 (Bl. 42 RbA 99/98) zum 30. September 1998 beendet (Bl. 16 GA).

a) Der Kläger erhielt am 8. Juli 1998 ein Schreiben der Muttergesellschaft (Bl. 56 GA, in englischer Sprache), in dem ihm mitgeteilt wurde, dass sein Arbeitsverhältnis zum 30. September 1998 enden werde. In diesem Schreiben wurde dem Kläger eine Einmalzahlung von DM 400.000 in Aussicht gestellt zuzüglich DM 26.000 und DM 34.000 für Krankenversicherung und Kraftfahrzeug. Weiter waren monatliche Zahlungen für die Zeit ab seinem 60. Lebensjahr vorgesehen. Für die Ausübung von bereits erhaltenen Aktienoptionen sollte eine Frist von drei Jahren ab dem 30. September 1998 gelten.

b) Aufgrund der entsprechenden Regelung in Ziffer 2 des sodann am ... 2008 geschlossenen Aufhebungsvertrages (Bl. 42f RbA 99/98) erhielt der Kläger im Jahr 1998 "als Entschädigung für die mit der Auflösung des Arbeitsvertrages verbundenen Nachteile" einen Betrag von 621.000 DM.

Unter Ziffer 6 des Vertrages heißt es:

"Im Rahmen des PIP-Incentive-Planes für die Periode 1993-1998 besteht die Möglichkeit, die Stock-Options innerhalb der nächsten 3 Jahre nach dem 30.09.1998 auszuüben."

c) Im Jahr 1999 übte der Kläger hinsichtlich eines Teils seiner Rechte (3.000 Stück) die Option aus und erzielte bei der Veräußerung der entsprechenden Aktien Einnahmen in der - aufgrund der Einspruchsentscheidung vom 14. Mai 2007 nunmehr unstreitigen - Höhe von 265.682 DM. Die übrigen Optionsrechte übte der Kläger erst in den Jahren 2000 und 2001 aus.

II.

1. In dem - nicht verfahrensgegenständlichen - Einkommensteuerbescheid 1998 vom 29. November 1999 (Bl. 195 der Einkommensteuerakte - EStA - Bd, III) wurde die in 1998 gezahlte Abfindung nach Abzug des Freibetrags von 36.000 DM (§ 3 Nr. 9 EStG) antragsgemäß gemäß § 34 EStG als außerordentliche Einkunft begünstigt mit dem halben Steuersatz besteuert.

Nachdem das Finanzamt Kenntnis von dem Sachverhalt die Optionen betreffend erhalten hatte, änderte es diesen Bescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO durch Änderungsbescheid vom 5. Mai 2003 dahingehend, dass die begünstigte Besteuerung der Abfindung in Höhe von 585.000 DM (= 621.000 DM ./. 36.000 DM) versagt wurde.

2. In dem verfahrensgegenständlichen Einkommensteuerbescheid 1999 vom 20. März 2002 gewährte der Beklagte für die Einnahmen aus der Optionsausübung die vom Kläger begehrte Besteuerung nach § 34 EStG nicht.

III.

1. Der Kläger legte gegen den Einkommensteuerbescheid 1999 und den Änderungsbescheid 1998 jeweils fristgerecht Einspruch ein (am 16. April 2002 - Bl. 12 RbA 99/98 bzw. am 5. Juni 2003 - Bl. 146 RbA 99/98).

a) Seinen Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 1999 begründete der seinerzeit noch nicht vertretene Kläger unter anderem damit, dass die Optionserträge deswegen nach § 34 EStG zu begünstigen seien, weil die Aktienoptionen eine ergänzende Entschädigung der in 1998 gewährten Abfindung seien. Denn die Optionsrechte wären mit Aufhebung seines Arbeitsvertrages erloschen, wenn es ihm nicht durch intensive Verhandlung über die Bedingungen der Aufhebung seines Arbeitsvertrages gelungen wäre, die Möglichkeit der Optionsausübung wieder zu eröffnen. Zum Beleg legte er ein Schreiben seines Arbeitgebers vom 29. April 2002 (RbA Bl. 44) vor, in dem bestätigt wird, dass im Rahmen der Verhandlungen über die Bedingungen des Ausscheidens vereinbart worden sei,

"... dass - entgegen den normalen Bedingungen - die Ausübung der Optionen noch für die nächsten drei Jahre ermöglicht wurde; normalerweise wären die Optionen bei Ausscheiden verfallen. Damit könne der Erlös aus der Ausübung der Optionen als Abfindung betrachtet werden. Sie seien eine ergänzende Entschädigung, die auf die Höhe der Abfindung einen wesentlichen Einfluss gehabt habe, der lediglich zum Zeitpunkt des Ausscheidens - d.h. vor Ausübung der Option - noch nicht abschließend habe quantifiziert werden können."

b) Die seit Herbst 2002 für den Kläger tätigen Prozessbevollmächtigten argumentierten sodann im Einspruchsverfahren indes, die Optionsrechte seien nicht Teil der vereinbarten Abfindung gewesen. Bei den ausgeübten Optionen handele es sich noch immer um die dem Kläger bereits während seiner Beschäftigungszeit gewährten Optionen, die nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BGH) als Vergütungen für mehrjährige Tätigkeit nach § 34 EStG begünstigt seien.

Würden die Optionsrechte hingegen als Teil der Abfindung qualifiziert, so wären sie dem Kläger bereits 1998 zugeflossen; die späteren Wertsteigerungen wären dem Privatbereich zuzuordnen und gegebenenfalls nur als Spekulationsgewinne steuerpflichtig.

2. Der Beklagte wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 14. Mai 2007 - mit Ausnahme der nicht mehr streitigen Höhe der Optionserträge - als unbegründet ab (Bl. 25 GA).

Die Optionsrechte hätten der Verfallklausel der Rahmenzusage unterlegen. Sie seien in dem Aufhebungsvertrag neu begründet worden und damit Teil der Gesamtabfindung, die dem Kläger in den Jahren 1998 (Barabfindung) und 1999 bis 2001 (Optionsausübung) und damit nicht - wie von der Tarifbegünstigungsnorm § 34 EStG vorausgesetzt - zusammengeballt zugeflossen sei. Wegen der Einzelhalten ihres Inhalts wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

IV.

Der Kläger erhob am 15. Juni 2007 Klage.

1. Soweit die Klage den Einkommensteuerbescheid 1998 betraf, hat das Gericht das Verfahren abgetrennt (Az.: 3 K 84/08). Bei Verkündung dieses Urteils war das andere Verfahren noch nicht entschieden.

2. Der Kläger ist der Meinung, dass seine Optionsrechte von der Aufhebung des Arbeitsverhältnisses unberührt geblieben seien, weil er gemäß Ziffer 9 Buchst. a der Rahmenzusage in den Ruhestand gegangen sei. Die Regelung im Aufhebungsvertrag sei daher nur klarstellender Natur.

Die Rahmenzusage sei so auszulegen, dass eine Option grundsätzlich nicht verfällt, wenn ein Arbeitnehmer aus einem nicht von ihm zu vertretenen Grund seine Tätigkeit im Konzern beendet. So lege es die Formulierung in Ziffer 9 Buchst. b der Rahmenzusage - nach der die Aktienoptionen eines Arbeitnehmers, der das Unternehmen im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber ("retired with consent") verlasse, vererbbar seien - nahe, dass in Ziffer 9 Buchst. a der Zusage auch die Fälle erfasst werden sollten, in denen das Arbeitsverhältnis ohne Verschulden des Arbeitnehmers endet. Bei anderer Auslegung würde man ansonsten zu dem widersprüchlichen Ergebnis gelangen, dass die Aktienoptionen in einem Fall wie dem vorliegenden bei Ausscheiden verfielen, die Vererbbarkeit der (verfallenen) Aktienoptionen jedoch ausdrücklich ermöglicht werde. Auch deswegen fände im Fall des Klägers die Verfallklausel keine Anwendung.

Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass der Kläger die Optionsrechte von der Muttergesellschaft erhalten, den Aufhebungsvertrag hingegen mit dem Arbeitgeber abgeschlossen habe, der keine Verpflichtung zur Einräumung von Optionsrechten eingegangen sei. Da der Arbeitgeber nicht selbst Vertragspartner der Optionsvereinbarung gewesen ist, könne sie insoweit für die Aufhebung des Arbeitsvertrages zwischen dem Kläger und dem Arbeitgeber auch keine Rechtswirkungen entfalten.

Infolgedessen seien die Erträge aus der Ausübung der Aktienoptionen einerseits gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG begünstigt und die in 1998 gezahlte (Bar-) Abfindung andererseits gemäß § 34 Abs. 1, 2 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 EStG begünstigt.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 20. März 2002 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Mai 2007 dahingehend abzuändern, dass auf die Einkünfte des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit (Erträge aus der Ausübung von Aktienoptionen) ermäßigt besteuert werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte nimmt auf seine Einspruchsentscheidung Bezug.

Für die Bewertung des Optionsbezugs sei nicht zwischen dem Arbeitgeber und der Muttergesellschaft zu trennen, sondern seien die Erklärungen jeweils zuzurechnen.

Der Beklagte meint, soweit der Kläger durch den Aufhebungsvertrag aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei, seien die ihm bis dato eingeräumten Optionsrechte wegen der Vergaberegelungen ohne weiteres verfallen.

Die Aufhebung des Arbeitsvertrages sei auch nicht unter das Tatbestandsmerkmal "retirement" der Rahmenzusage zu subsumieren. Damit seien vielmehr die Fälle gemeint, in denen das Arbeitsverhältnis wegen altersbedingter Aufgabe der Berufstätigkeit beendet werde, entweder - wie in Deutschland grundsätzlich - fristgemäß durch das Erreichen des Rentenalters oder bei Fehlen derartiger rechtlicher Regelungen durch eine entsprechende Übung.

Vor diesem Hintergrund müsse die Regelung im Aufhebungsvertrag juristisch so gewertet werden, dass dem Kläger durch sie die Optionsrechte eingeräumt worden seien und diese somit ebenfalls eine Entschädigung im Sinne der § 34 Abs. 1, 2 Nr. 2, § 24 Nr. 1 EStG darstellten.

Der Beklagte hat vier Einkommensteuerakten (Band III, IV, IVa und V) und fünf Rechtsbehelfsakten (die Akten ESt 1998, ESt 2000, ESt 2001, ESt 2002 und die Akte ESt 1999 und 1998) vorgelegt, jeweils zur Steuernummer .../.../...

Ergänzend wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie auf das Protokoll des Erörterungstermins vor dem Berichterstatter vom 18. Dezember 2007 und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 30. April 2008.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig.

Die Klage ist auch begründet, denn der angefochtene Einkommensteuerbescheid 1999 vom 20. März 2002 sowie die insoweit ergangene Einspruchsentscheidung vom 14. Mai 2007 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Für die von dem Kläger infolge der Ausübung seiner Aktienoptionen erzielten Einkünfte steht dem Kläger die Begünstigung des § 34 Abs. 1, 2 Nr. 4 Einkommensteuergesetz in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) zu (I).

Anders als der Beklagte meint, sind diese Einkünfte nicht Teil der dem Kläger im Zusammenhang mit der Aufhebung seines Arbeitsverhältnisses gewährten Entschädigung (II) - was ansonsten zur Folge hätte, dass eine nur nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG in Betracht zu ziehende Begünstigung mangels Zusammenballung ausgeschlossen wäre wegen Zuflusses in verschiedenen Jahren.

I.

Aktienoptionen wurden dem Kläger - was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist - bereits während seiner aktiven Tätigkeitszeit im Rahmen des Leistungsanreizplans "PIP" des Leistungsanreizplan übertragen.

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sind geldwerte Vorteile aus Aktienoptionsprogrammen im Regelfall Anreizlohn für die Laufzeit und stellen deshalb eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG dar, wenn zwischen Einräumung und Erfüllung der Option eine Beschäftigung von mehr als zwölf Monaten liegt; die Tarifermäßigung entfällt nicht, wenn wiederholt Aktienoptionen eingeräumt werden oder wenn die jeweilige Option nicht auf einmal ausgeübt wird (für das Streitjahr 1998: BFH, Urteil vom 19. Dezember 2006 VI R 159/01, BFH/NV 2007, 696-698; für das insoweit vergleichbare Streitjahr 1997: BFH, Urteil vom 19. Dezember 2006 VI R 136/01, BFHE 216, 251, BStBl II 2007, 456).

Geldwerte Vorteile aus einer Aktienoption können auch dann eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit darstellen, wenn die Bezugsberechtigung von einer Leistungsbeurteilung des jeweiligen Vorgesetzten abhängt, durch die das Bezugsrecht auf einen Teil der Belegschaft begrenzt wird (für das Streitjahr 1998: BFH, Urteil vom 19. Dezember 2006 VI R 24/01, BFH/NV 2007, 881).

Dass diese Grundsätze auf die Optionsrechte des Klägers Anwendung finden und die Begünstigung des § 34 Abs. 1, 2 Nr. 4 EStG zu gewähren ist, soweit die Optionsrechte nicht als Entschädigung für die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zu bewerten sind, ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig und bedarf daher über die Bezugnahme auf die genannten Entscheidungen des BFH hinaus keiner näheren Darlegung.

II.

Die zwischen den Beteiligten allein streitige Frage, ob es sich - wie der Kläger meint - bei den von dem Kläger im Streitjahr und danach ausgeübten Aktienoptionen um diejenigen handelt, die ihm von Seiten seines Arbeitgebers bereits während seiner aktiven Tätigkeitszeit in den Jahren bis 1997 vor Aufhebung des Arbeitsverhältnisses im Jahr 1998 eingeräumt wurden oder ob es sich - wie der Beklagte meint - um Optionen handelt, die ihm mit bzw. aufgrund der Regelungen im Aufhebungsvertrag übertragen worden sind, ist im Sinne des Klägers zu beantworten.

Die streitgegenständlichen Einkünfte des Jahres 1999, die der Kläger im Zusammenhang mit der Ausübung von Optionsrechten erzielt hat, stellen keine Entschädigungszahlungen im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG dar, denn der Kläger hat weder die Optionsrechte als Entschädigung erhalten (1) noch ist die Regelung in Ziffer 6 des Aufhebungsvertrages selbst wie eine Entschädigung zu behandeln (2).

1. Bei den ausgeübten Aktienoptionen, die zu der streitgegenständlichen Einnahme des Klägers geführt haben, handelt es sich um eben jene, die er bereits während seiner Tätigkeitszeit erhalten hat.

Dass sie ihm noch ein weiteres Mal übertragen worden sind, nämlich im Zusammenhang mit der Beendigung seiner Tätigkeit, kann hingegen nicht festgestellt werden.

a) Dem Wortlaut der Regelung unter Ziffer 6 des Aufhebungsvertrages kann nicht entnommen werden, dass dem Kläger mit der Aufhebung des Arbeitsvertrages Aktienoptionen eingeräumt werden sollten.

Der Vertrag geht vielmehr ohne weiteres davon aus, dass es sich bei den genannten Optionen um diejenigen handelt, die der Kläger bereits erhalten hatte. Denn die Regelung spricht ausdrücklich davon, dass "im Rahmen des PIP-Incentive-Planes für die Periode 1993-1998 die Möglichkeit besteht, die Optionen innerhalb der nächsten drei Jahre nach dem 30. September 1998 auszuüben". Diese Optionen wurden aber bereits vorher, nämlich im Rahmen der genannten Pläne vergeben. Der Geltungszeitraum dieser Pläne war zum Zeitpunkt der Vertragsaufhebung auch schon ganz bzw. weitgehend abgelaufen.

Außerdem befasst sich die Regelung ausdrücklich nur mit der Ausübung von Optionen, nicht jedoch mit ihrer Einräumung, Übertragung oder dergleichen, so dass es insoweit keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass noch eine Einräumung oder Übertragung erfolgen sollte.

b) Eine solche Übertragung würde weiterhin sachlogisch voraussetzen, dass der Kläger seine - zuvor unstreitig erworbenen - Rechte zuvor bereits wieder verloren hätte, denn Rechte, die jemand bereits inne hat, können ihm grundsätzlich nicht noch einmal übertragen werden.

Ein Verlust der Rechte war jedoch zwischenzeitlich nicht eingetreten. Dabei kann an dieser Stelle dahinstehen, wie die Verfallklausel der Rahmenzusage auszulegen ist und ob sie im Fall eines Ausscheidens wie beim Kläger zur Anwendung käme oder nicht.

Selbst wenn es so sein sollte, dass die Optionen des Klägers bei Fehlen der Vereinbarung unter Ziffer 6 des Aufhebungsvertrages infolge der Vertragsaufhebung aufgrund einer Verfallsklausel der Rahmenzusage erlöschen sollten, so wäre doch hier durch die individuelle Vereinbarung eine andere Regelung an ihre Stelle gesetzt worden, nämlich die Möglichkeit der Optionsausübung für weitere drei Jahre. Damit wäre die etwaige Anwendung der Verfallsklausel allenfalls abbedungen worden, nicht jedoch wären neue Optionsrechte geschaffen worden bzw. Optionsrechte (erneut) auf den Kläger übertragen worden.

c) Für ein solches Verständnis spricht - neben dem Wortlaut der Vereinbarung, dem eine Übertragung von Rechten unter keinem Gesichtspunkt entnommen werden kann - auch folgende - hypothetische - Kontrollüberlegung:

Falls die in den Tätigkeitsjahren erfolgte Einräumung der Optionsrechte an einem (zunächst unerkannt gebliebenen) Rechtsmangel gelitten hätte, so würde dieser Mangel auch nach der Aufhebung des Arbeitsvertrages noch bestehen. Denn es kann nicht erkannt werden, dass dem Kläger durch den Aufhebungsvertrag im Hinblick auf die Optionsrechte eine stärkere Rechtsposition eingeräumt werden sollte, als er vorher hatte. Etwas anderes müsste jedoch gelten, wenn erst mit dem Aufhebungsvertrag eine Einräumung von Optionsrechten erfolgt wäre. Da ein entsprechender Wille der Vertragsparteien nicht erkannt werden kann, spricht auch dieser Gesichtspunkt dagegen, dass eine Übertragung von Optionsrechten durch den Aufhebungsvertrag vereinbart werden sollte.

d) Vor diesem Hintergrund kommt der zudem erst nachträglich und offenbar auf Anforderung des Klägers abgegebenen Erklärung des Arbeitgebers vom 29. April 2002 (oben A III 1 a) keine besondere Bedeutung zu.

2. Eine Regelung, die dem Kläger die Möglichkeit einräumen würde, die Optionen innerhalb von drei Jahren ab dem 30. August 1998 auszuüben, wäre auch selbst nicht wie eine Entschädigung im Sinne von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG zu behandeln.

a) Zunächst einmal stellt sie schon begrifflich keinen Ersatz für einen Schaden des Klägers dar, denn der Eintritt eines Schadens - Verfall der Optionen - würde durch sie gerade vermieden.

b) Aber auch ansonsten käme ihr kein bedeutsamer Wert zu. Die Regelung wäre auch im Falle eines andernfalls eintretenden Verfalls bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht der Einräumung der Option gleichzusetzen. Eine solche Gleichsetzung könnte allenfalls erwogen werden, wenn der Kläger nur infolge der streitgegenständlichen Regelung die Optionen bzw. deren Wert hätte für sich sichern können, was hier jedoch nicht der Fall war. Vielmehr war dem Kläger bereits durch Schreiben vom 8. Juli 1998 mitgeteilt worden, dass sein Arbeitsverhältnis (erst) zum 30. September 1998 beendet werden sollte. Für den Fall, dass es ohne eine entsprechende Regelung bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages - aufgrund der Verfallsklausel der Rahmenzusage - zum Verfall der Optionen im Zeitpunkt seines Ausscheidens gekommen wäre, hätte der Kläger also die Möglichkeit gehabt, noch vor Abschluss des Aufhebungsvertrages jedenfalls den überwiegenden Teil seiner Optionsrechte auszuüben. Vor diesem Hintergrund hätte im Fall eines drohenden Verfalls der Optionen durch Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Verlängerung der Frist Optionsausübungsfrist insoweit für den Kläger keine besondere Bedeutung gehabt, als er den entsprechenden Teil der Optionen auch ohne die Verlängerung hätte realisieren können, indem er sie noch vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausübt. Der wirtschaftliche Wert der streitgegenständlichen Regelung - selbst im Fall einer Anwendbarkeit der Verfallsklausel der Rahmenzusage - wäre insoweit gleich Null gewesen, zumal - worauf der Kläger zu Recht hinweist - etwaige Wertsteigerungen, die nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingetreten sind, nicht mehr dem noch bestehenden Arbeitsverhältnis zugerechnet werden könnten.

III.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis beruht auf § 151 Abs. 3, § 155 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO und ist gemäß § 107 FGO in den Tenor aufgenommen worden.

Gründe für die Zulassung der Revision, § 115 Abs. 2 FGO, liegen nicht vor.



Ende der Entscheidung

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