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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 19.02.2009
Aktenzeichen: 3 K 13/08
Rechtsgebiete: GrEStG, BewG


Vorschriften:

GrEStG § 1 Abs. 1
GrEStG § 2 Abs. 2
GrEStG § 8 Abs. 1
GrEStG § 8 Abs. 2
GrEStG § 9 Abs. 1
BewG § 13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Nach Kauf eines Erbbaurechts wendet sich die Klägerin gegen die Grunderwerbsteuerfestsetzung der Höhe nach; sie begehrt eine Begrenzung der Bemessungsgrundlage auf den tatsächlichen Grundstückswert, den der kapitalisierte Erbbauzins um ein Vielfaches übersteige.

I. Die Grundstückseigentümer bestellten in 2005 ein Erbbaurecht für die Dauer von 50 Jahren zugunsten einer GmbH (der späteren Verkäuferin). Diese GmbH errichtete auf dem Grundstück eine Kfz-Werkstatt und vermietete diese mit Vertrag vom 14./16. März 2005 an ein Auto-Service Unternehmen für jährlich netto 59.880 EUR auf 25 Jahre plus Verlängerungsoption (GrESt-A Bl. 20).

Die Klägerin erwarb von der GmbH mit notariellem Vertrag vom 4. Oktober 2005 und Änderungsvertrag vom 12. Dezember 2005 das bestehende Erbbaurecht für 50 Jahre mit Gebäude (Notar Dr. A UR 1/2005 und UR 2/2005; GrESt-A Bl. 3 ff., 82 ff.). In das bestehende Mietverhältnis trat die Klägerin als Vermieterin ein (GrESt-A Bl. 10). Die Vertragsparteien vereinbarten einen Kaufpreis von 360.000 EUR und die Übernahme der Erbbauzinsbelastung von anfänglich jährlich 27.750 EUR sowie einer durch Grundschuld gesicherten Darlehensverbindlichkeit i. H. v. 250.000 EUR in Anrechnung auf den Kaufpreis (GrESt-A Bl. 6, 7, 11).

II. 1. Mit Bescheid vom 6. April 2006 setzte der Beklagte (das Finanzamt -FA-) nach einer Bemessungsgrundlage von 1.092.766 EUR die Grunderwerbsteuer mit 3,5% auf 38.246 EUR fest. Die zugrunde zu legende Gegenleistung setze sich aus dem Bar-Kaufpreis i. H. v. 360.000 EUR zuzüglich übernommener Belastung i. H. v. 250.000,00 EUR und dem zu kapitalisierenden Erbbauzins von jährlich 27.750 EUR zusammen. Gemäß § 13 Abs. 1 Bewertungsgesetz (BewG) sei der Jahreswert des Erbbauzinses mit dem Vervielfältiger aus Anlage 9 a BewG zu multiplizieren; ausgehend von 50 Jahren und einem Zinssatz von 5,5 v. H. Der kapitalisierte Erbbauzins betrage demnach (Jahreswert 27.750 EUR x Vervielfältiger 17,397 = ) 482.766 EUR (GrESt-A Bl. 94 a f.).

2. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 5. Mai 2006 Einspruch ein.

Da die Belastung in Anrechnung auf den Kaufpreis übernommen worden sei, dürfe sie nicht als Gegenleistung dem Kaufpreis zugeschlagen werden. Außerdem führe die Kapitalisierung des Erbbauzinses zu einer unrealistisch hohen Bemessungsgrundlage, die weit über dem gemeinen Wert des Grundstücks liege (GrESt-A Bl. 95).

3. Mit Schreiben vom 24. Mai 2006 kündigte das FA an, im Wege der Änderungsveranlagung die übernommene Belastung in Anrechnung auf den Kaufpreis zu berücksichtigen. Der Kapitalwert des Erbbauzinses sei jedoch nicht durch den gemeinen Wert des Grundstücks begrenzt (BFH vom 5. Dezember 1979 II R 103/76, BFHE 129, 221, BStBl II 1980, 135), sondern gemäß § 13 Abs. 1 BewG unter Berücksichtigung der Laufzeit des Erbbaurechts zu berechnen. Etwaige Einwendungen sollten innerhalb einer Frist vorgebracht werden (GrESt-A Bl. 100).

4. Mit Änderungsbescheid vom 18. August 2006 setzte das FA die Grunderwerbsteuer nach einer Bemessungsgrundlage von (360.000 EUR Kaufpreis zuzüglich 482.766,00 EUR kapitalisierten Erbbauzins = ) 842.766 EUR mit einem Steuersatz von 3,5% auf 29.496,00 EUR fest. Da Einwendungen innerhalb der gesetzten Frist von der Klägerin nicht erhoben worden sein, erklärte das FA den Einspruch vom 5. Mai 2006 für erledigt (GrESt-A Bl. 111 ff., FG-A Bl. 14).

5. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 20. September 2006 erneut "Einspruch" ein. Der Einspruch vom 5. Mai 2006 sei, entgegen der Mitteilung des FA im Änderungsbescheid, nicht erledigt, sondern werde in Bezug auf die Gegenleistung beim Erwerb des Erbbaurechts weiter verfolgt. Unter Wahrung des Grundsatzes der gleichmäßigen Besteuerung gemäß § 85 Abgabenordnung (AO) bzw. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) dürfe die Grunderwerbsteuer auf ein Erbbaurecht nicht über die Steuer hinausgehen, die bei Erwerb des Eigentums am Grundstück anfallen würde.

Nach dem Willen des Gesetzgebers sei die Kapitalisierung des Erbbauzinses lediglich ein Instrument zur Berechnung des fiktiven Grundstückswertes. Gemäß BFH vom 5. Mai 2004 II R 45/01 (BFHE 2004, 570, BStBl II 2004, 1036) sei eine typisierende Regelung nur solange verfassungsgemäß, wie das Übermaßverbot im Einzelfall nicht verletzt sei. Da von den Vertragsparteien zur Bemessung des Erbbauzinses der geplante unternehmerische Gewinn durch die Vermietung berücksichtigt worden sei, um den Erbbaurechtsbesteller an den Gewinnen partizipieren zu lassen, verletze die typisierende Regelung der Kapitalisierung das Übermaßverbot. Sachgerecht sei als Bemessungsgrundlage der Verkehrswert des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks (GrESt-A Bl. 115, 117 ff. = 120 ff.).

6. Mit Einspruchsentscheidung vom 11. Dezember 2007 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Das von der Klägerin angeführte Urteil des BFH vom 5. Mai 2004 II R 45/01 (BFHE 2004, 570, BStBl II 2004, 1036) könne hier nicht angewandt werden, da es zur Bedarfsbewertung eines erbbaurechtsbelasteten Grundstücks für erbschaftsteuerliche Zwecke ergangen sei. Bemessungsgrundlage bei der Erbschaftsteuer sei der Grundbesitzwert. Maßgebend für die Grunderwerbsteuer sei aber die frei vereinbarte Gegenleistung, unabhängig von dem tatsächlichen Wert des Grundstücks und den wirtschaftlichen oder sonstigen Beweggründen der Vertragsbeteiligten, die die Höhe des Kaufpreises bestimmt hätten (GrESt-A Bl. 130, FG-A Bl. 15).

III. Die Klägerin hat am 14. Januar 2008 Klage erhoben und trägt zur Begründung vor (FG- A Bl. 2 f. = 7 f., 18 ff. = 22 ff.):

Die Regelung des § 9 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG), wonach die Erbbauzinsverpflichtung als zusätzliche Gegenleistung in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer mit einzubeziehen sei, stelle eine Missbrauchsbekämpfungsvorschrift dar. Der Gesetzgeber wolle verhindern, dass durch die Bestellung von Erbbaurechten die eigentlich gewollte Grundstücksübertragung umgangen werde und damit der Wert des Grund und Bodens der Besteuerung entzogen werde. Er (der Gesetzgeber) sei davon ausgegangen, dass die Kapitalisierung des Erbbauzinses auf den Grundstückswert schließen lasse (Bundestagsdrucksache 13/5952, S. 42).

Die Kapitalisierung des Erbbauzinses gemäß § 13 Abs. 1 BewG stelle wie bei der Grundbesitz-Bedarfsbewertung in § 148 BewG in der bis 2006 geltenden Fassung (a.F.) eine Typisierung des Gesetzgebers dar. Sinngemäß sei deswegen die Rechtsprechung des BFH heranzuziehen, wonach eine Korrektur der Grundbesitz-Bedarfsbewertung nach § 148 BewG a.F. auf den gemeinen Wert des Grundstücks zu erfolgen hat, wenn durch die Kapitalisierung das Übermaßverbot verletzt sei (BFH vom 5. Mai 2004 II R 45/01, BFHE 2004, 570; BStBl II 2004, 1036; und diesem folgend BFH vom 17. Mai 2006 II R 58/02, BFH/NV 2006, 1804; Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst -DStRE- 2006, 1135; vgl. nunmehr § 138 Abs. 4 BewG n.F.). Im Lichte dieser neueren Rechtsprechung sei die Entscheidung vom 5. Dezember 1979 II R 103/76 (BFHE 129, 221, BStBl II 1980, 135), wonach eine Begrenzung auf den gemeinen Wert ausdrücklich nicht stattfinde, als überholt anzusehen. Dementsprechend sei in verfassungskonformer Auslegung des § 9 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 GrEStG eine Begrenzung der grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage auf den gemeinen Wert des Grundstücks erforderlich.

Auch nach der für das GrEStG einschlägigen allgemeinen Bewertungsvorschrift des § 13 Abs. 3 BewG sei der gemeine Wert der gesamten Nutzung anzusetzen, wenn dieser vom Kapitalwert gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Anlage 9 a BewG abweiche. Solle mittels § 13 BewG eine Gegenleistung zur Besteuerung eines Grunderwerbs ermittelt werden, könne mit dem abweichenden gemeinen Wert nur der Grundstückswert gemeint sein. Unter Zugrundelegung eines telefonisch von der Geschäftstelle des Gutachterausschusses erteilten Bodenrichtwertes von 105 EUR/qm betrage der Grundstückswert bei 925 qm 97.125 EUR.

Abgesehen davon sei bei der Kapitalisierung des Erbbauzinses zu beachten, dass der Erbbaurechtsvertrag eine Kündigungsmöglichkeit nach 25 Jahren vorsehe und hiervon wahrscheinlich Gebrauch gemacht werde. Denn bei der Berechnung der Rendite aus der Investition sei sie (die Klägerin) von einer Laufzeit von 25 Jahren ausgegangen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß (FG-A Bl. 2 = 7),

den Grunderwerbsteuerbescheid vom 18. August 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Dezember 2007 dahin zu ändern, dass die Grunderwerbsteuer auf einen Betrag i. H. v. 3,5% des noch festzustellenden Grundstücksverkehrswertes herabgesetzt wird, und die Hinzuziehung der Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Das FA beantragt (FG-A Bl. 12),

die Klage abzuweisen.

Das FA nimmt auf die Einspruchsentscheidung Bezug (oben II 6; GrESt-A Bl. 130, FG-A Bl. 15).

IV. Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet (FG-A Bl. 17=21 und 27).

Ergänzend nimmt das Gericht Bezug auf die oben angeführten Vorgänge sowie die damit zusammenhängenden Unterlagen aus der Finanzgerichts-Akte (FG-A) und aus der Grunderwerbsteuer-Akte (GrESt-A).

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

I. Zu Recht hat das FA die Grunderwerbsteuer nach dem Wert der Gegenleistung berechnet.

1. Ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines bestehenden Erbbaurechts begründet, unterliegt der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG. Der Besteuerungsgegenstand und die Bemessungsgrundlage erstrecken sich auch auf das vorhandene Bauwerk (BFH vom 28. November 1967 II R 37/66, BFHE 1991, 191, BStBl II 68, 223; Sack in Boruttau, GrEStG, 16. A., § 9 Rn. 556). Denn das auf Grund des Erbbaurechts errichtete Bauwerk gilt als wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts (§ 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Erbbaurechtsverordnung (ErbbauRVO) bzw. jetzt Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG), § 94 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

2. Die Grunderwerbsteuer bemisst sich auch beim Kauf eines Erbbaurechts mit aufstehendem Gebäude gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG regelmäßig nach dem Wert der Gegenleistung und nicht nach dem gemeinen Wert.

Gemäß § 8 Abs. 2 GrEStG bemisst sich die Grunderwerbsteuer lediglich in drei Ausnahmefällen nach dem Grundbesitzwert i.S.d. § 138 BewG, und zwar für den Fall, dass eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist (Nr. 1), für Umwandlungsvorgänge sowie für Einbringungs- und sonstige Erwerbsvorgänge auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage (Nr. 2) und für die unter § 1 Abs. 2 a und 3 GrEStG fallenden Steuerfälle (Nr. 3). Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor.

3. Der Grundbesitzwert i.S.d. § 138 BewG ist keine Ersatzbemessungsgrundlage bei großer Abweichung der vereinbarten Gegenleistung von ihm oder vom Verkehrswert (Pahlke in Pahlke/Franz, GrEStG, 3. A., § 8 Rd. 7 m.w.N.), selbst bei siebenstelligem Unterschied (Viskorf in Boruttau, GrEStG, 16. A., § 8 Rd. 38 Bsp.), so auch nicht bei einem zu hohen Kaufpreis oder bei zu hoher Gegenleistung (vgl. Sack in Boruttau, GrEStG, 16. A, § 9 Rd. 210 m.w.N.).

Das GrEStG fragt nicht danach, was der Käufer erhält, sondern was für den Erwerb des Erbbaurechts mit aufstehenden Gebäuden hinzugeben ist (vgl. insges. Finanzgericht -FG- Hamburg vom 29. Dezember 2008 3 K 128/08, zur Veröffentlichung vorgesehen, m.w.N.; FG Bremen vom 12. Oktober 2005 2 K 3/05, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2006, 212).

4. Als Gegenleistung bei einem Kauf gilt nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Zur Gegenleistung gehört gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 GrEStG daneben auch der Erbbauzins, denn er gilt kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung in Satz 3 der Vorschrift nicht als dauernde Last, die der Gegenleistung nicht hinzuzuzählen wäre.

Der Regelung des § 9 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG liegt die Erwägung zugrunde, dass die Beteiligten bei der Bemessung des Werts der vereinbarten Gegenleistung den Wert der vom Erwerber zu übernehmenden nichtdauernden Lasten berücksichtigen (Pahlke in Pahlke/Franz, GrEStG, 3. A., § 9 Rd. 213).

5. Der Erbbauzins ist eine wiederkehrende Leistung (BFH vom 26. November 1986 II R 32/83, BStBl II 1987,101; vom 30. September 1998 II R 47/97, BFH/NV 1999, 452; Lindberg in Kreutziger/Lindberg/Schaffner, BewG, 1. A., § 13 Rd. 7), die nach § 13 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Anlage 9a BewG im Wege der Kapitalisierung zu bewerten ist, das heißt nach dem Gegenwartwert der Kapitalforderung (Lindberg in Kreutziger/Lindberg/Schaffner, BewG, 1. A., § 13 Rd. 6). Dazu ist der Jahreswert des Erbbauzinses mit dem Vervielfältiger aus der Anlage 9 a BewG zu multiplizieren. Dieser errechnet sich als Anzahl der Jahre abzüglich Zinsen und Zwischenzinsen für die Laufzeit; ausgehend von mittelschüssiger Zahlung und einem Zinssatz von 5,5 v. H. (Lindberg in Kreutziger/Lindberg/Schaffner, BewG, 1. A., § 13 Rd. 13).

6. Bei der Berechnung des Kapitalwerts ist von der tatsächlich vereinbarten Laufzeit des Erbbauzinsanspruches auszugehen. Maßgebend sind die Verhältnisse am Stichtag. Später eintretende Umstände können nur dann berücksichtigt werden, wenn sie am Bewertungsstichtag bereits voraussehbar waren (BFH vom 9. September 1960 AZ, BStBl III 1961, 18; Lindberg in Kreutziger/Lindberg/Schaffner, BewG, 1. A., § 13 Rd. 13). Eine tatsächliche Abweichung von der gemäß Vertrag im Grundbuch eingetragenen fünfzigjährigen Laufzeit des Erbbaurechts ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich.

Insbesondere hat die Klägerin die behauptete Wahrscheinlichkeit einer vorherigen Aufhebung des Erbbaurechtsvertrags gemäß § 26 i.V.m. § 11 ErbbauRVO bzw. jetzt ErbbauRG - etwa für die Zeit nach Ablauf des Mietvertrags - weder substantiiert noch unter Beweis gestellt.

7. Die Vorschrift des § 13 Abs. 3 BewG, wonach der nachgewiesene gemeine Wert zugrunde zu legen ist, wenn dieser geringer oder höher als der nach § 13 Abs. 1 BewG ermittelte Wert ist, führt im vorliegenden Fall zu keinem anderen Ergebnis. Der mit § 13 BewG verfolgte Zweck ist eine einheitliche Bewertung für alle wiederkehrenden Leistungen unter Zugrundelegung eines Zinssatzes von 5,5 v. H. (BFH vom 26. November 1986, BFHE 148, 483, BStBl II 87, 271). Dass der gemeine Wert der Erbbauzinsen tatsächlich niedriger sein könnte, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich.

Entgegen der Ansicht der Klägerin kann aus § 13 Abs. 3 BewG nicht die Begrenzung des Kapitalwerts des Erbbauzinses auf den gemeinen Wert des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks hergeleitet werden. Denn diese Vorschrift bezieht sich auf den gemeinen Wert "der gesamten Nutzung oder Leistung", stellt aber keine Beziehung zum Wert des belasteten Grundstücks her (BFH-Urteile vom 5. Dezember 1979 II R 103/76, BFHE 179, 221, BStBl II 80, 135; vom 9. August 1978 II R 164/73, BFHE 126, 71, BStBl. II 1978, 678).

8. Eine Begrenzung des Kapitalwerts gemäß § 16 BewG scheitert schon daran, dass Erbbauzinsen wiederkehrende Leistungen, aber keine Nutzungen i. S. dieser Vorschrift sind (BFH vom 26. November 1986 II R 32/83, BFHE 148, 180, BStBl II 1987,101). Im Übrigen findet die Vorschrift des § 16 BewG gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 BewG auf die Grunderwerbsteuer keine Anwendung.

9. An der Zugrundelegung der Gegenleistung ändert sich nichts durch die von der Klägerin angeführte Rechtsprechung des BFH vom 5. Mai 2004 II R 45/01 (BFHE 2004, 570; BStBl II 2004, 1036) und dem folgend vom 17. Mai 2006 II R 58/02 (BFH/NV 2006, 1804; DStRE 2006, 1135).

Nach dieser zur Grundbesitz-Bedarfsbewertung ergangenen Rechtsprechung ist im Wege einer verfassungskonformen Auslegung des § 148 Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 BewG a.F. der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts des jeweiligen Bewertungsgegenstandes - also des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks oder des Erbbaurechts - zuzulassen, wenn die typisierende Bewertung des § 148 Abs. 1 Satz 1 BewG a.F. gegen das Übermaßverbot verstößt.

Dies ist dann der Fall, wenn die dem § 148 Abs. 1 Satz 1 BewG a.F. zugrunde liegende Annahme des Gesetzgebers nicht zutrifft, dass von der Kapitalisierung des Erbbauzinses auf den Wert des belasteten Grundstücks zu schließen sei, weil der Erbbauzins die Rendite des zu Bebauungszwecken überlassenen Grund und Bodens darstelle (BT Drucksache 13/5952, S. 42, Zu § 148 BewG). Diese Schlussfolgerung trifft immer dann nicht zu, wenn die Höhe des Erbbauzinses nicht an der marktüblichen Bodenrendite ausgerichtet ist, sondern auf anderen Erwägungen beruht. Für diese Fälle hat der BFH entschieden, dass im Wege verfassungskonformer Auslegung der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks oder des Erbbaurechts zuzulassen ist, weil § 148 Abs. 1 Satz 1 BewG a.F. keine Korrekturmöglichkeit vorsah (vgl. aber jetzt § 138 Abs. 4 BewG n.F.).

Dieser Grundsatz kann nicht auf § 13 BewG übertragen werden, denn Anknüpfungspunkt ist bei dieser Norm die Bewertung des Erbbauzinses als wiederkehrende Leistung, also als Kapitalforderung (vgl. oben B.I.6.), und nicht wie bei § 148 BewG die Grundbesitz- Bewertung. Dementsprechend liegt § 13 BewG auch nicht die typisierende Bewertung des § 148 Abs. 1 Satz 1 BewG a.F. zugrunde, wonach vom Erbbauzins auf den Wert des belasteten Grundstücks zu schließen sei.

10. Darüber hinaus wäre, selbst wenn gemäß § 8 Abs. 2 GrEStG ausnahmsweise auf den Grundbesitz-Bedarfswert abzustellen wäre, was vorliegend nicht der Fall ist (vgl. oben B.I.2.), entgegen der Ansicht der Klägerin, zur Bewertung des Erbbaurechts auch nicht auf den gemeinen Wert des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks abzustellen, sondern auf den des Erbbaurechts. Das Erbbaurecht bildet neben dem belasteten Grundstück eine selbständige wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens (§ 138 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 68 Abs. 1 Nr. 2 BewG), welche selbst nach den Vorschriften der §§ 138 ff. BewG zu bewerten ist.

Der Bewertung des Erbbaurechts gemäß § 148 Abs. 1 Satz 2 BewG liegt die Systematik zu Grunde, dass die Werte des belasteten Grundstücks und des Erbbaurechts zusammen keinen anderen Wert ergeben als ein unbelastetes Grundstück mit entsprechender Bebauung (BT Drucksache 13/5952, S. 42, Zu § 148 BewG).

Der Wert des bebauten, unbelasteten Grundstücks ist gemäß § 146 BewG nach dem Ertragswertverfahren zu ermitteln, also unter Berücksichtigung der Jahresmiete und stellt die Ausgangsgröße dar (Minuend). Hiervon ist der Wert des belasteten Grundstücks abzuziehen, welcher gemäß § 148 Abs. 1 Satz 1 BewG durch Kapitalisierung des Erbbauzinses ermittelt wird (Subtrahend). Der Differenzbetrag ist der Wert des Erbbaurechts.

Führt der so festgestellte Wert zu einem Verstoß gegen das Übermaßverbot, weil wegen zu niedriger Erbbauzinsen der abzuziehende Wert des belasteten Grundstücks nach § 148 Abs. 1 Satz 1 BewG unrealistisch niedrig ausfällt, ist der Nachweis eines niedrigen gemeinen Werts des Erbbaurechts zuzulassen (BFH vom 17. Mai 2006 II R 58/02, BFH/NV 2006, 1804; DStRE 2006, 1135; vom 8. Juni 2005 II R 58/02, BFH/NV 2005, 2170).

Die Klägerin trägt jedoch umgekehrt vor, dass der Erbbauzins zu hoch ausfalle.

Dementsprechend kann ihr Vortrag sich nicht auf die von ihr angeführte Rechtsprechung stützen.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen nach § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

Der Senat entscheidet gemäß § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung, nachdem die Beteiligten verzichtet haben (vgl. A.IV.).

Ende der Entscheidung

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