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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 25.07.2006
Aktenzeichen: 3 K 66/06
Rechtsgebiete: UStG


Vorschriften:

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1
UStG § 2 Abs. 1 S. 1
UStG § 3 Abs. 9
UStG § 4 Nr. 26
UStG § 19 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

3 K 66/06

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Tätigkeit des Klägers als Aufsichtsrat der B... AG (B-AG) gegenüber der B-AG umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig ist.

I.

1.

Der Kläger erzielte im Streitjahr 2003 als selbständiger Rechtsanwalt Umsätze in Höhe von 175.125 EUR.

2.

Daneben war der Kläger im Streitjahr Aufsichtsratsmitglied der B-AG, an der er auch als Gesellschafter zu 1/3 beteiligt ist. Für seine Aufsichtratstätigkeit erhielt der Kläger im Streitjahr für zehn Monate à 1.000 EUR eine Vergütung von insgesamt 10.000 EUR. In der am 20. Juni 2005 abgegebenen Umsatzsteuererklärung 2003, die zugleich eine Steueranmeldung darstellt, erklärte der Kläger diese Einnahmen nicht (Umsatzsteuer-Akte -USt-A- Bl. 155 f.).

3.

Im Jahr 2003 fanden 4 Aufsichtsratssitzungen statt, an denen der Kläger teilnahm. Die Sitzungen dauerten regelmäßig von ca. 9.00 bis 16.00 Uhr und waren jeweils vor- und nachzubereiten.

II.

1.

Abweichend von der eingereichten Umsatzsteuererklärung bzw. -anmeldung des Klägers unterwarf der Beklagte (das Finanzamt -FA-) mit Umsatzsteueränderungsbescheid vom 2. November 2005 nicht nur die Umsätze aus der anwaltlichen Tätigkeit, sondern auch die Aufsichtsratsvergütung in Höhe des Nettobetrages von 8.620 EUR der Umsatzsteuer. Das FA änderte die mit der Steueranmeldung des Klägers unter dem Vorbehalt der Nachprüfung bestehende Steuerfestsetzung und setzte die Umsatzsteuer 2003 um 1.379,20 EUR (= 16 v.H. von 8.620 EUR) höher auf 9.610,81 EUR (= vom Kläger angemeldeten 8.231,61 EUR + 1.379,20 EUR) fest. Dabei vertrat das FA die Auffassung, die im Zusammenhang mit der Aufsichtsratstätigkeit geflossenen Zahlungen stellten Entgelte für eine selbständig und nachhaltig ausgeübte Tätigkeit dar und unterlägen als solche der Umsatzsteuer. Das Unternehmen des Klägers erfasse seine gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit. Zu seinem umsatzsteuerrechtlichen Unternehmen gehörten daher sowohl die Einnahmen aus seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt als auch die aus seiner Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied (USt-A Bl. 164 f.).

2.

Der Kläger legte mit Schreiben vom 8. November 2005, dem FA zugegangen am 9. November 2005, Einspruch gegen den Bescheid ein und trug vor, dass es sich bei den Aufsichtsratsvergütungen um steuerfreie Umsätze handele (Rechtsbehelfs-Akte -Rb-A- Bl. 2). Im Übrigen verwies er zur Begründung auf sein Schreiben vom 17. Oktober 2005, in welchem er ausführte, dass er die Aufsichtsratstätigkeit aus Kapitalanlageinteresse wahrnehme, da er als wesentlicher Gesellschafter der B-AG zur Kontrolle des Vorstandes rechtlich befugt sein wolle. Die Aufsichtsratstätigkeit übe er unabhängig von seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt aus (USt-A Bl. 161 f.). Ergänzend führte er aus, dass ein anderes Aufsichtsratsmitglied der B-AG Steuerberater in einer Steuerberatungssozietät sei und dessen Aufsichtsratsvergütung nicht der Umsatzsteuer unterworfen werde. Er könne daher, nur weil er für die B-AG auch als Rechtsanwalt tätig sei, umsatzsteuerrechtlich nicht von einer Art "Generalinfektion" betroffen sein (Rb-A Bl. 4).

3.

Durch Einspruchsentscheidung vom 7. März 2006 wurde der Einspruch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte das FA aus, dass es sich bei der Aufsichtsratstätigkeit deshalb um eine unternehmerische Tätigkeit handele, weil sie nachhaltig ausgeübt werde. Sie erfolge in regelmäßigen Abständen und erfordere ein planmäßiges Handeln. Die Beweggründe für die Tätigkeit seien entgegen der Auffassung des Klägers dabei unerheblich (Rb-A Bl. 3). Eine ehrenamtliche Tätigkeit liege nicht vor, da es sich bei der B-AG um ein gewerblich tätiges Unternehmen handele. Der Kläger sei aufgrund seines Gesamtumsatzes von 183.745 EUR (= 175.125 EUR aus anwaltlicher Tätigkeit + 8.620 EUR Aufsichtsratsvergütung) auch nicht als Kleinunternehmer anzusehen. Eine Gleichheit im Unrecht gebe es überdies nicht, so dass sich der Kläger darüber hinaus auch nicht auf die Veranlagung eines anderen Aufsichtsratsmitglieds der B-AG berufen könne (Rb-A Bl. 17 ff.).

III.

Zur Begründung seiner am 10. April 2006 erhobenen Klage trägt der Kläger unter Bezugnahme auf sein Schreiben vom 17. Oktober 2005 im Wesentlichen vor, dass nicht allein deshalb, weil er auch als Rechtsanwalt tätig sei, auch die erhaltene Aufsichtsratsvergütung umsatzsteuerpflichtig sein könne (Finanzgerichts-Akte -FG-A- Bl. 1 ff.).

Der Kläger beantragt (FG-A Bl. 46),

den Umsatzsteueränderungsbescheid 2003 vom 2. November 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. März 2006 aufzuheben.

Das FA beantragt (FG-A Bl. 46),

die Klage abzuweisen.

In Ergänzung zur Einspruchsentscheidung vom 7. März 2006 trägt das FA vor, dass sich die Umsatzsteuerpflicht der Aufsichtsratsvergütung nicht, wie der Kläger meinte, allein daraus ergebe, dass dieser Rechtsanwalt sei, sondern es sich bei der Tätigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds bei einem gewerblich tätigen Unternehmen selbst um eine unternehmerische Tätigkeit handele, die zu umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen führe. Allerdings überschreite der Kläger wegen der für umsatzsteuerrechtliche Zwecke vorzunehmenden Zusammenrechnung der Einnahmen aus seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt und der als Aufsichtsratsmitglied die Kleinunternehmergrenze (FG-A Bl. 19 f.).

IV.

Der Senat hat den Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 FGO mit Beschluss vom 27. April 2006 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Der Einzelrichter nimmt ergänzend Bezug auf die Sitzungsniederschrift (FG-A Bl. 43 ff.) und auf die oben angeführten Unterlagen und die damit zusammenhängenden Schriftstücke aus der Finanzgerichts-Akte (FG-A) sowie aus folgenden Steuerakten des FA:

- Umsatzsteuerakte (USt-A),

- Rechtsbehelfsakte (Rb-A).

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Umsatzsteueränderungsbescheid 2003 vom 2. November 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. März 2006 ist rechtmäßig. Der Beklagte hat zu Recht die Leistungen des Klägers als Aufsichtsratsmitglied der B-AG als umsatzsteuerpflichtig behandelt.

1.

Die Leistungen des Klägers als Aufsichtsratsmitglied der B-AG gegenüber der B-AG sind umsatzsteuerbar.

Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt, § 2 Abs. 1 S. 1 UStG. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht Gewinn zu erzielen, fehlt, § 2 Abs. 1 S. 3 UStG. Das umsatzsteuerrechtliche Unternehmen erfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers, § 2 Abs. 1 S. 2 UStG.

a)

Der Kläger hat durch seine Aufsichtsratstätigkeit sonstige Leistungen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG erbracht. Die Aufsichtsratstätigkeit stellt eine sonstige Leistung i.S.v. § 3 Abs. 9 UStG dar, da es sich nicht um die Lieferung von Gegenständen ("Lieferungen") nach § 3 Abs. 1 UStG, sondern um die Erbringung von Dienstleistungen ("sonstige Leistungen") handelt. Dies ergibt sich mittelbar auch aus der Vorschrift des § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG. Darin werden die Leistungen aus der Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied ausdrücklich zu den sonstigen Leistungen gezählt (vgl. auch BFH vom 9. Oktober 1996, XI R 47/96, BFHE 182, 384, BStBl II 1997, 255; vom 24. August 1994, XI R 74/93, BFHE 176, 75, BStBl II 1995, 150). Die Dienstleistungen des Klägers bestanden in der Mitwirkung an den Sitzungen und Entscheidungsprozessen des Aufsichtsrates. Leistungsempfänger war die B-AG.

b)

Der Kläger hat die Aufsichtsratstätigkeit gegen Entgelt ausgeübt. Zwischen dem Kläger und der B-AG bestand ein Rechtsverhältnis, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht wurden. Die B-AG zahlte die Aufsichtsratsvergütung, um die Dienstleistungen des Klägers zu erhalten.

c)

Die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied stellt sich als selbständige Tätigkeit des Klägers im Rahmen seines Unternehmens dar. Zwischen selbständiger und unselbständiger Tätigkeit wird in ständiger Rechtsprechung im Wesentlichen danach abgegrenzt, ob der Steuerpflichtige in ein Unternehmen bzw. in eine Organisation so eingegliedert ist, dass er den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet ist (z.B. BFH vom 10. März 2005, V R 29/03, BFHE 209, 162, BStBl II 2005, 730; vom 9. Oktober 1996, XI R 47/96, BFHE 182, 384, BStBl II 1997, 255). Aufsichtsratsmitglieder werden gegenüber der Gesellschaft grundsätzlich selbständig tätig (BFH vom 27. Juli 1972, V R 136/71, BFHE 106, 389, BStBl II 1972, 810; vom 2. Oktober 1986, V R 68/78, BFHE 147, 544, BStBl II 1987, 42). Dies ergibt sich bezogen auf den Streitfall schon aus der Regelung des § 111 Aktiengesetz (AktG). Diese Vorschrift überträgt dem Aufsichtsrat einer AG die Überwachung der Geschäftsführung und geht damit eindeutig dahin, die Mitglieder des Aufsichtsrates gerade nicht an Weisungen zu binden, um die Funktionsfähigkeit des Aufsichtsrates zu sichern. Zwischen Aufsichtsratsmitglied und Gesellschaft besteht zwar ebenfalls ein Vertragsverhältnis eigener Art, es fehlt jedoch an einem Auftraggeber oder Dienstherrn, nach dessen Weisung und Willen sich die Aufsichtsratsmitglieder zu richten haben (vgl. BFH vom 27. Juli 1972, V R 136/71, BFHE 106, 389, BStBl II 1972, 810).

d)

Der Kläger hat die Aufsichtsratstätigkeit nachhaltig ausgeübt. Als nachhaltig kann man sowohl eine Tätigkeit verstehen, die auf eine bestimmte Dauer angelegt ist, als auch eine solche, die sich in gleicher oder ähnlicher Weise wiederholt (Heidner in Bunjes/Geist, UStG, 8. A., § 2 Rd. 61). Dies ist hier der Fall. Die Tätigkeit des Klägers als Aufsichtsrat war auf bestimmte Dauer angelegt. Die Aufsichtratstätigkeit erstreckte sich im Jahr 2003 auf einen Zeitraum von 10 Monaten und der Kläger erhielt dafür ein monatliches Entgelt in Höhe von 1.000 EUR. Die Tätigkeit wurde planmäßig ausgeübt und war auf Wiederholung angelegt. Es fanden im Jahr 2003 vier Aufsichtsratssitzungen statt, die entsprechend vor- und nachbereitet werden mussten.

e)

Der Kläger hat auch in der Absicht gehandelt, Einnahmen zu erzielen. Dies ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass die B-AG ein monatliches Entgelt an den Kläger für seine Aufsichtsratstätigkeit zahlte. Dagegen spricht auch nicht, dass der Kläger ausführt, er würde die Aufsichtsratstätigkeit aus Kapitalanlageinteresse wahrnehmen. Es kommt nicht darauf an, ob der Kläger mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt hat oder nicht.

f)

Der Kläger hat die Aufsichtsratstätigkeit im Rahmen seines Unternehmens ausgeübt. Die Einnahmen aus seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt und die aus seiner Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied gehören umsatzsteuerrechtlich zu einem Unternehmen. Jeder Unternehmer hat umsatzsteuerrechtlich nur ein Unternehmen, § 2 Abs. 1 S. 2 UStG. In diesem sind sämtliche unternehmerische Aktivitäten des Unternehmers zusammengefasst. Für umsatzsteuerliche Zwecke werden alle Tätigkeiten, unabhängig davon, wie verschiedenartig sie sind, zusammengerechnet.

2.

Die Tätigkeit des Klägers gegenüber der B-AG ist nicht von der Umsatzsteuer befreit. Die Voraussetzungen einer Umsatzsteuerbefreiungsvorschrift liegen nicht vor. Insbesondere sind die Voraussetzungen des § 4 Nr. 26b UStG nicht gegeben. Der Kläger ist nicht ehrenamtlich für die B-AG tätig.

Gemäß § 4 Nr. 26 UStG sind von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätzen steuerfrei die ehrenamtliche Tätigkeit, a) wenn sie für juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgeübt wird oder b) wenn das Entgelt für diese Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht.

a)

Die B-AG ist keine juristische Person des öffentlichen Rechts, so dass die Voraussetzungen des § 4 Nr. 26a UStG nicht vorliegen.

b)

Die Tätigkeit des Klägers als Aufsichtsratsmitglied ist auch nicht nach § 4 Nr. 26b UStG steuerfrei. Die Tätigkeit des Klägers ist nicht ehrenamtlich i.S. dieser Vorschrift ausgeübt worden.

a.

Das Gesetz selbst definiert den Begriff des Ehrenamts nicht. Ehrenamtliche Tätigkeit ist die Mitwirkung natürlicher Personen bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, die aufgrund behördlicher Bestellung außerhalb eines haupt- oder nebenamtlichen Dienstverhältnisses stattfindet und für die lediglich eine Entschädigung besonderer Art gezahlt wird (vgl. Abschn. 120 Abs. 1 UStR 2005; BFH vom 16. Dezember 1987, X R 7/82, BFHE 152, 182, BStBl II 1988, 384). Zu den ehrenamtlichen Tätigkeiten gehören nach der Rechtsprechung des BFH zunächst alle Tätigkeiten, die in einem Gesetz ausdrücklich als solche bezeichnet werden, und ferner die Tätigkeiten, die der allgemeine Sprachgebrauch als ehrenamtlich versteht (BFH vom 4. Mai 1994, XI R 86/92, BFHE 174, 573, BStBl II 1994, 773; vom 27. Juli 1972, V R 33/72, BFHE 106, 479, BStBl II 1972, 844). Danach kann auch die Tätigkeit eines Mitglieds im Aufsichtsrat oder im Vorstand einer Genossenschaft (BFH vom 27. Juli 1972, V R 33/72, BFHE 106, 479, BStBl II 1972, 844) oder die Tätigkeit eines Ratsmitglieds im Aufsichtsrat einer kommunalen Eigengesellschaft eine ehrenamtliche Tätigkeit sein (BFH vom 4. Mai 1994, XI R 86/92, BFHE 174, 573, BStBl II 1994, 773).

Die Tätigkeit im Aufsichtsrat einer AG gehört weder zur ersten Gruppe noch zu der zweitgenannten, die durch den allgemeinen Sprachgebrauch bestimmt wird. Die Aufsichtsratstätigkeit in einer AG wird nicht herkömmlicherweise als ehrenamtlich bezeichnet.

b.

Der Begriff der "ehrenamtlichen Tätigkeit" ist nicht abschließend. Ergibt sich die Bezeichnung nicht aus dem Gesetz und lässt sich auch ein diesbezüglicher Sprachgebrauch nicht ermitteln, ist ein Rückgriff auf den Kern der Rechtsbegriffe "Ehrenamt" und "ehrenamtliche Tätigkeit" erforderlich, der sich vor allem unter dem Blickwinkel der Beteiligung von Bürgern an dem öffentlichen Gemeinwesen geformt hat, insbesondere im Bereich der kommunalen und sozialversicherungsrechtlichen Selbstverwaltung sowie in der Justiz. Für den nicht öffentlich-rechtlichen Bereich, der mit den Rechtsformen des Privatrechts gestaltet wird, gilt eine entsprechend modifizierte Begriffsbestimmung. Besonderes Kennzeichen der ehrenamtlichen Tätigkeit ist hier neben dem Fehlen eigennützigen Erwerbsstrebens und der fehlenden Hauptberuflichkeit der Einsatz für eine fremdnützig bestimmte Einrichtung. Diese Konstellation ist z.B. bei Tätigkeiten für Selbsthilfeeinrichtungen oder auch im Verbandsbereich anzutreffen, nicht hingegen bei reinen Erwerbsgesellschaften (BFH vom 4. Mai 1994, XI R 86/92, BFHE 174, 573, BStBl II 1994, 77).

Auf den Streitfall angewandt, folgt aus den eben dargelegten Grundsätzen, dass die Tätigkeit des Klägers ihrer Art nach nicht ehrenamtlich ist. Bei der B-AG handelt es sich um ein privatwirtschaftliches Unternehmen, deren Tätigkeit nicht auf die Förderung oder Wahrung der Belange der Allgemeinheit, bestimmter Berufsgruppen, Wirtschaftszweige, politischer Parteien oder auf die Förderung ideeller Zwecke und damit auf Fremdnützigkeit, sondern vielmehr auf Gewinnerzielung gerichtet ist.

c.

Begriffsimmanent ist der ehrenamtlichen Tätigkeit darüber hinaus, dass kein besonderes Leistungsentgelt gezahlt wird. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wird man sagen können, dass ein Ehrenamt um der Ehre willen ausgeübt wird (Kraeusel in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 4 Nr. 26 Rd. 34). Bereits nach dem Wortlaut des § 4 Nr. 26b UStG ist die Höhe des Entgelts relevant; denn danach ist nur der Auslagenersatz und eine angemessene Entschädigung für Zeitversäumnis steuerfrei. Ob eine Entschädigung der Zeitversäumnis angemessen ist, ist unter Berücksichtigung des Einzelfalls zu entscheiden. Dabei kommt es u.a. auf den Beruf, die zeitliche Dauer und die Inanspruchnahme durch die ehrenamtliche Tätigkeit an (Weymüller in Sölch/Ringleb, UStG, § 4 Nr. 26 Rd. 27). Dabei hat sich der X. Senat des BFH in seiner Entscheidung vom 16. Dezember 1987 X R 7/82 (BFHE 152, 182, BStBl II 1988, 384) an gesetzlich geregelten Ehrenämtern, wie z.B. dem eines ehrenamtlichen Richters, orientiert. In seiner Entscheidung vom 29. Juni 2000 V R 28/99 (BFHE 191, 468, BStBl II 2000, 597) hat der V. Senat des BFH dagegen ausdrücklich auf die Höhe des Honorars abgestellt und deshalb eine Ehrenamtlichkeit abgelehnt. Nach diesem Urteil ist bei einer ehrenamtlichen Tätigkeit in einer politischen Kommission entsprechend den Empfehlungen des Bundesrechnungshofs ein Honorar von 1.000 DM pro ganztägiger Sitzung zuzüglich je der Hälfte dieses Betrages für die Vor- und Nachbereitung der Sitzung noch angemessen.

Im Streitfall spricht die Höhe der Aufsichtsratsvergütung ebenfalls gegen eine Qualifizierung der Tätigkeit des Klägers als ehrenamtlich. Die Grenze einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis ist überschritten. Der Kläger hat für seine Aufsichtratstätigkeit in 2003 ein Entgelt in Höhe von insgesamt 10.000 EUR erhalten. Es fanden in 2003 vier ganztägige Aufsichtsratssitzungen statt. Es entfällt damit auf jede Sitzung einschließlich ihrer Vor- und Nachbereitung eine Entschädigung von 2.500 EUR. Es wird in der Literatur zwar teilweise vertreten, dass man bei der Vergütung für Zeitversäumnis nicht kleinlich sein dürfe und auch der Verdienstausfall Berücksichtigung finden könne (vgl. z.B. Kraeusel in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 4 Nr. 26 Rd. 43). Dagegen spricht jedoch das Wesen des Ehrenamts, mit dem die Zahlung einer Vergütung in Höhe des sonst durch Berufstätigkeit in der gleichen Zeit erzielbaren Verdienstes nicht vereinbar ist (Heidner in Bunjes/Geist, UStG, 8. A., § 4 Nr. 26 Rd. 5). Zahlungen in dieser Größenordnung sind nach Auffassung des Gerichts nicht mehr als angemessene Entschädigung für die durch eine ehrenamtliche Tätigkeit entstandene Zeitversäumnis anzusehen. Entschädigung bedeutet gerade weniger als Vergütung.

3.

Die Umsätze des Klägers sind nicht nach § 19 Abs. 1 UStG von der Besteuerung freizustellen. Der Kläger ist nicht Kleinunternehmer i.S. dieser Vorschrift. Mit einem Gesamtumsatz von 183.745 EUR in 2003 hat er die Umsatzgrenzen überschritten.

4.

Es bestand kein Anlass, den Vorsteuerabzug zugunsten des Klägers zu korrigieren.

II.

Die Entscheidung ergeht gem. § 6 Abs. 1 FGO durch den Einzelrichter.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 115 Abs. 2 FGO.



Ende der Entscheidung

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