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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 07.06.2007
Aktenzeichen: 3 K 71/07
Rechtsgebiete: GrEStG


Vorschriften:

GrEStG § 1 Abs. 2
GrEStG § 2 Abs. 2 Nr. 3
GrEStG § 3 Nr. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

3 K 71/07

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Abschluss eines Treuhandvertrages zwischen der Klägerin als Treugeberin und ihrem Bruder als Treuhänder in Bezug auf zwei durch ihn gekaufte Eigentumswohnungen dazu geführt hat, dass die Klägerin dadurch die wirtschaftliche Verwertungsbefugnis erworben hat und dieser Erwerb neben dem Kauf durch den Bruder als Treuhänder der Grunderwerbsteuer unterliegt.

I. 1. Die Klägerin erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 22. April 2004 zwei Eigentumswohnungen im Namen und aufgrund mündlich erteilter Vollmacht ihres Bruders für 666.800 EUR (Grunderwerbsteuer-Akte Treuhänder --GrESt-A TH-- Bl. 1 ff). Am 27. April 2004 wurde diese Vollmacht schriftlich durch den Bruder der Klägerin genehmigt und durch die Deutsche Botschaft in San Salvador beglaubigt (GrESt-A TH Bl. 45).

2. Aufgrund der durch den beurkundenden Notar übersandten Veräußerungsanzeige setzte der Beklagte (das Finanzamt --FA--) durch Bescheid vom 6. Juli 2004 Grunderwerbsteuer gegenüber dem Bruder der Klägerin fest (GrESt-A TH Bl. 51 f).

An weiteren Anschaffungsnebenkosten fielen gemäß Aufstellung des Notars für diesen 3.677,43 EUR und für die Umschreibung durch das Grundbuchamt 531,00 EUR an (Grunderwerbsteuer-Akte Treugeber --GrESt-A TG-- Bl. 11).

3. Am 19. August 2004 schloss die Klägerin mit ihrem Bruder vor dem Notar, der bereits den Kaufvertrag beurkundet hatte, einen Vertrag mit folgendem Inhalt (GrESt-A TG Bl. 2 ff):

"... Im Innenverhältnis sind sich Frau ... (Klägerin) und Herr ... (Bruder der Klägerin) darüber einig, dass der Erwerb dieses Grundbesitzes durch Herrn ... (Bruder der Klägerin) von Anfang an insgesamt treuhänderisch für Frau ... (Klägerin) erfolgt ist. ...

Treuhandvertrag

"... § 1

Herr... (Bruder) - nachstehend "Treuhänder" genannt - besitzt den vorgenannten Grundbesitz nur als Treuhänder für seine Schwester ... - nachstehend "Treugeber" genannt.

§ 2

Der Treuhänder ist verpflichtet, die Nutzung, Verwaltung und Betreuung des von ihm treuhänderisch erworbenen Grundbesitzes nur im Interesse und nach Weisung des Treugebers auszuführen und alle Anweisungen des Treugebers bezüglich des Grundbesitzes zu befolgen.

§ 3

1. Alle Nutzungen hinsichtlich des Grundbesitzes stehen im Innenverhältnis dem Treugeber zu, der auch sämtliche Kosten für diesen Grundbesitz (u.a. Wohngeld der WEG, Steuern, öffentliche Abgaben, Reparaturen und Pflege- und Instandhaltungsaufwand usw.) und die Zins- und Tilgungsleistungen und alle Nebenkosten einer eventuellen Finanzierung des Kaufpreises zu tragen hat.

2. Der Treuhänder ist verpflichtet, etwaige Nutzungserträge hinsichtlich des Grundbesitzes unverzüglich an den Treugeber auszukehren.

1. Der Treugeber verpflichtet sich seinerseits, den Treuhänder hinsichtlich des Grundbesitzes von allen Ansprüchen, Kosten, Gebühren und Steuern einschließlich aller Aufwendungen, die sich aus der treuhänderischen Anschaffung und Verwaltung des Grundbesitzes ergeben, freizustellen. Dies gilt insbesondere auch für die Bezahlung des Kaufpreises und sämtlicher Nebenkosten und Steuern des Kaufvertrages.

2. Der Treuhänder darf den Grundbesitz ohne Zustimmung des Treugebers weder belasten, veräußern, noch darüber verfügen.

§ 5

Der Treugeber ist zu jeder Zeit zur Aufhebung des Treuhandverhältnisses berechtigt. Das Treuhandverhältnis endet mit dem Tod des Treuhänders. Im Falle der Aufhebung ist der Treuhänder - im Falle des Todes seine Erben - verpflichtet, unverzüglich den vorgenannten Grundbesitz auf den Treugeber oder eine von diesem zu benennende dritte Person zu übertragen.

§ 6

Der Treuhänder bevollmächtigt hiermit seinen Treugeber, ihn im vollen Umfang zu vertreten, soweit es sich um die Übertragung, Auflassung und Belastung des treuhänderisch gehaltenen Grundbesitzes handelt, und zwar über den Tod hinaus. ...

§ 9

Beide Vertragsparteien vereinbaren für diesen Treuhandvertrag und die in § 6 erteilte Vollmacht die ausschließliche Anwendung deutschen Rechts. ..."

4. Ebenfalls am 19. August 2004 ließ die Klägerin, zugleich angeblich auch handelnd aufgrund mündlich erteilter Vollmacht für ihre Eltern, einen notariellen Schenkungs- und Darlehensvertrag mit folgendem Inhalt beurkunden (GrESt-A TG Bl. 28 ff):

" ... I.

Schenkungsvertrag

1. Der Vater schenkt hiermit seiner Tochter im Wege vorweggenommener Erbfolge einen Barbetrag in Höhe von 200.000 EUR (in Worten: zweihunderttausend Euro).

2. Die Mutter schenkt hiermit ihrer Tochter im Wege vorweggenommener Erbfolge einen Barbetrag in Höhe von 200.000 EUR (in Worten: zweihunderttausend Euro).

3. Die Tochter nimmt diese Schenkung hiermit an und bestätigt den Erhalt dieser Beträge.

II. Darlehensvertrag, aufschiebend bedingte Schenkung

1. Die Tochter bestätigt weiter, dass sie von dem Vater und der Mutter jeweils ein Darlehn in Höhe von 150.000 EUR (in Worten: einhundertfünfzigtausend Euro) erhalten hat.

2. Das Darlehen ist jeweils ab heute mit 4 % jährlich zu verzinsen. Die Zinsen sind nachträglich insgesamt mit der Fälligkeit des Darlehns zu zahlen.

3. Das Darlehen ist jeweils sechs Monate zum Jahresende - auch teilweise - in Schriftform kündbar und zur Rückzahlung fällig.

4. Nach Kündigung des Darlehens hat die Tochter das Darlehen nebst Zinsen an den jeweiligen Darlehensgläubiger zurückzuzahlen.

5. Die Rückzahlungspflicht gegenüber der Mutter entfällt mit dem Tode der Mutter ersatzlos. In diesem Fall wendet die Mutter bereits hiermit der Tochter den Geldbetrag in Höhe der bei Ihrem Tod noch offenen Darlehensvaluta schenkweise zu.

6. Die Rückzahlungspflicht gegenüber dem Vater entfällt mit dem Tode des Vaters ersatzlos. In diesem Fall wendet der Vater bereits hiermit der Tochter den Geldbetrag in Höhe der bei seinem Tod noch offenen Darlehensvaluta schenkweise zu. ..."

Die Klägerin versprach, eine Genehmigungserklärung der Eltern in öffentlich beglaubigter Form nachzureichen. In den Akten befindet sich diese nicht.

5. Am 11. Juli 2005 wurde der Bruder der Klägerin als Eigentümer in die Wohnungsgrundbücher eingetragen (FG-A Bl. 37a ff).

II. 1. Der den Treuhandvertrag beurkundende Notar übersandte diesen im Rahmen seiner Anzeigepflicht an das FA (GrESt-A TG Bl. 1, 11).

Das FA erließ am 12. Dezember 2005 - neben dem Bescheid gegenüber dem Bruder (oben I 2) - einen weiteren Bescheid über Grunderwerbsteuer gegenüber der Klägerin als Treugeberin (GrESt-A TG Bl. 13):

"... Sie haben durch Treuhandvertrag Datum des Rechtsvorgangs 19.08.04 ... für folgenden Grundbesitz einen grunderwerbsteuerlichen Tatbestand verwirklicht: ...

Grundbuch von ...

Der Vorgang unterliegt gem. § 1 Abs. 2 Grunderwerbsteuergesetz (1983) ..."

Die Bemessungsgrundlage errechnete das FA aus den im Verhältnis zum Treuhänder der Treugeberin zur Last fallenden Kaufpreis von 666.800 EUR und den Anschaffungsnebenkosten von (23.338 + 531 + 3.677,43 =) 27.546, 43 EUR mit zusammen 694.346 EUR.

2. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 9. Januar 2006 Einspruch ein. Durch den Treuhandvertrag zwischen ihr und ihrem Bruder vom 19. August 2004 habe sich die Rechtslage, die bereits vor dem Erwerb der Wohnungen bestanden habe, nicht geändert. Die Vertragsparteien hätten dies in der Vorbemerkung des Treuhandvertrages zum Ausdruck gebracht. Aus den übrigen Bestimmungen des Treuhandvertrages ergebe sich zudem, dass ihr Bruder bei wirtschaftlicher Betrachtung zu keinem Zeitpunkt ein eigenes Eigentumsrecht erworben habe (GrESt-A TG Bl. 15 ff). Bereits vor dem Kauf der Wohnungen am 22. April 2004 hätten ihre Eltern deren Rechte als zukünftige Treugeber ihres Bruders ihr geschenkt und an sie abgetreten (GrESt-A TG Bl. 24 ff).

3. Nach dem Einspruch der Klägerin gelangte das FA zu der Auffassung, dass der Erwerbsvorgang nicht erst mit der schriftlichen Niederlegung des Treuhandverhältnisses, sondern bereits mit dem Erwerb der Immobilien durch den Bruder der Klägerin verwirklicht worden sei (GrESt-A TG Bl. 44). Mit Änderungsbescheid vom 12. Juni 2006 fügte es der Steuerfestsetzung folgende Erläuterung bei (GrESt-A TG Bl. 60 f):

"Mit dem Erwerb der Wohnungen durch den Treuhänder durch Vertrag vom 22.04.2004 hat Frau ... die Verwertungsbefugnis an dem Grundstück erlangt. Dieser Vorgang unterliegt der Grunderwerbsteuer. Durch den Treuhandvertrag ist das bestehende Treuhandverhältnis schriftlich festgelegt worden."

4. a) Die Klägerin hielt mit Schreiben vom 28. Juni 2006 ihren Einspruch gegen den geänderten Bescheid aufrecht (GrESt-A TG Bl. 66 ff, 76 f). Sie habe den Kaufpreis und die Nebenkosten bezahlt. Eine Verwertungsbefugnis habe nur ihr und nicht ihrem Bruder zugestanden. Die Treuhandbeziehung zu ihrem Bruder habe bereits vor Abschluss des Kaufvertrages am 22. April 2004 existiert. Der Treuhandvertrag sei lediglich zu Beweiszwecken zu notariellem Protokoll erklärt worden.

b) Unter dem 5. Februar 2007 (GrESt-A TG Bl. 79 f) änderte die Klägerin ihren ursprünglichen Vortrag nunmehr dahin, dass sie die Eigentumswohnungen von ihren Eltern erhalten habe, nachdem der Bruder die Wohnungen treuhänderisch für die Eltern erworben habe. Der Treuhandauftrag von ihren Eltern mit ihrem Bruder sei erst auf sie (die Klägerin) übergegangen, als ihre Eltern die Kosten entrichtet und dadurch ein Verwertungsrecht erworben hätten. Danach hätten die Eltern ihr die Treugeberstellung geschenkt.

5. Durch Einspruchsentscheidung vom 22. März 2007 wies das FA den Einspruch zurück (GrESt-A TG Bl. 83 f). Ein durch einen Treuhänder im Auftrage eines Treugebers erworbenes Grundstück gebe dem Treugeber zugleich wirtschaftlich die Verwertungsbefugnis im Sinne von § 1 Abs. 2 GrEStG.

III. Zur Begründung ihrer am 18. April 2007 eingereichten Klage trägt die Klägerin vor (FG-A Bl. 1 ff, 23 ff, 28 ff):

Ihre Eltern hätten sich Anfang April 2004 entschlossen, ihr eine Eigentumswohnung in Hamburg zu schenken. Da sie in Scheidung gelebt habe und da die eheliche Auseinandersetzung nicht mit dem Grundstückserwerb habe belastet werden sollen, sei der Erwerb treuhändisch gestaltet worden.

Wegen einer Krebserkrankung sei ihr Vater zum damaligen Zeitpunkt nicht reisefähig gewesen. Deswegen sei ihr Bruder von den Eltern gebeten worden, die Wohnungen für die Eltern als Treuhänder zu erwerben. Sämtliche finanziellen Mittel seien von ihren Eltern zur Verfügung gestellt worden. Ihr Bruder habe die Wohnungen daraufhin zunächst als Treuhänder der Eltern erworben, bevor die Treugeberstellung von ihren Eltern auf sie übertragen worden sei (Beweis: Zeugnis der Eltern, FG-A Bl. 2). Letztere Übertragung sei gemäß § 3 Nr. 6 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen, da es sich um einen Erwerb von in gerader Linie verwandten Personen handele.

Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise dieses Vorgangs führe ebenfalls zu diesem Ergebnis, denn sie (die Klägerin) habe keine finanziellen Verpflichtungen übernehmen wollen. Mit dem in der Präambel des Treuhandvertrags zwischen ihr und ihrem Bruder genannten treuhänderischen Erwerb durch den Bruder für sie sei die Schenkung der Eltern an sie gemeint.

Im Übrigen seien die Vorbemerkungen des Treuhandvertrages nicht Bestandteil des Vertrages und hätten daher nur deklaratorischen Charakter. Nach Auslegung gemäß Treu und Glauben (§§ 157, 242 Bürgerliches Gesetzbuch --BGB--) sei den vertraglichen Vereinbarungen zu entnehmen, dass ihr Bruder ihr keinen Vermögenswert in Höhe von rund 700.000 EUR habe zuwenden wollen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß (FG-A Bl. 1, 34),

den Grunderwerbsteuerbescheid vom 12. Dezember 2005 in Gestalt der Änderung vom 12. Juni 2006 und der Einspruchsentscheidung vom 22. März 2007 aufzuheben.

Das FA beantragt (FG-A Bl. 12, 34),

die Klage abzuweisen.

Das FA trägt in Ergänzung seiner Einspruchsentscheidung vom 22. März 2007 vor (FG-A Bl. 12):

Der Vortrag der Klägerin, ihr Bruder habe die Wohnungen zunächst als Treuhänder der Eltern erworben, widerspreche dem notariell zwischen der Klägerin und ihrem Bruder geschlossenen Treuhandvertrag.

IV. Der Senat hat das Klageverfahren durch Beschluss vom 3. Mai 2007 auf den Einzelrichter übertragen (FG-A Bl. 16).

Das Gericht nimmt ergänzend Bezug auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 7. Juni 2007 (FG-A Bl. 33 ff) sowie auf die oben angeführten Vorgänge und die damit zusammenhängenden Unterlagen aus der Gerichtsakte (FG-A) sowie aus den folgenden Steuerakten:

Grunderwerbsteuerakte notarieller Kaufvertrag bzw. Treuhänder (GrESt-A TH)

Grunderwerbsteuerakte Treuhandvertrag bzw. Treugeberin (GrESt-A TG).

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet; die angefochtene Steuerfestsetzung ist rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung --FGO--).

I. Das beklagte FA hat zu Recht angenommen, dass es der Klägerin durch den Abschluss des Treuhandvertrages mit ihrem Bruder wirtschaftlich ermöglicht wurde, die Eigentumswohnungen i.S.d. § 1 Abs. 2 GrEStG zu verwerten.

1. Nach § 1 Abs. 2 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG steht eine Wohnung i.S.d. Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) einem Grundstück grunderwerbsteuerlich gleich.

2. Die Verwertungsmöglichkeit wird i.S.v. § 1 Abs. 2 GrEStG erworben, wenn der Verwertungsberechtigte an der ganzen Substanz der Immobilie seinem Wert nach teilhat (BFH vom 10. März 1999 II R 35/97, BFHE 188, 444, BStBl II 1999, 491).

Von § 1 Abs. 2 GrEStG werden solche Fälle erfasst, in denen die Einwirkungsmöglichkeiten dem rechtlichen Eigentum nahekommen und über die Befugnisse eines Mieters und Pächters hinausgehen (vgl. BFH vom 29. Juli 1998 II R 71/96, BStBl II 1999, 796, BFH/NV 1999, 517; vom 27. Januar 1965 II 60/60 U, BFHE 82, 51, BStBl III 1965, 265). Das sind Fälle, in denen dem Erwerber Aufwendungen, Verluste und Wertminderungen zur Last fallen und ihm Erträgnisse, Wertsteigerungen und Verwertungserlöse zu gute kommen (BFH vom 18. Januar 1956 II 87/55 U, BFHE 62, 248, BStBl III 1956, 92).

3. Der Besteuerung des Erwerbs der Verwertungsbefugnis eines Treugebers gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG steht es nicht entgegen, dass daneben bereits der Grundstückskauf durch den Treuhänder nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfasst wird (BFH vom 24. November 1970 II 76/65, BFHE 101, 309, BStBl II 1971, 309), so dass die Grunderwerbsteuer doppelt mit unterschiedlichen Steuerschuldnern anfällt (BFH vom 24. November 1970 II 76/65, BFHE 101,309, BStBl II 1971, 309; FG Köln vom 21. April 1988 1 K 637/87, EFG 1988, 647; Pahlke in Pahlke/Franz, GrEStG, 2. A., § 1 Rdn. 116; Fischer in Boruttau, GrEStG, 15. A., § 1 Rdn. 223). Diese "doppelte" Besteuerung verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, sondern entspricht dem System der Grunderwerbsteuer als Rechtsverkehrsteuer beim Wechsel zwischen verschiedenen Rechtsträgern (Bundesverfassungsgericht vom 13. Juni 1983, 1 BvR 801/82, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1983, 532).

Ob bei einem Treuhandverhältnis von einer solchen Verwertungsbefugnis ausgegangen werden kann, hängt entscheidend davon ab, wie der Treuhandvertrag ausgestaltet ist. Dabei spielt vor allem eine Rolle, auf wessen Rechnung eine mögliche Verwertung geht und wem deshalb die daraus entstehenden Erlöse und Gewinne zukommen (BFH vom 15. Juli 1997 VIII R 56/93 U, BFHE 183, 518, BStBl II 1998, 152).

4. Aufgrund des zwischen der Klägerin und ihrem Bruder geschlossenen Vertrages sind die zu 2.-3. beschriebenen Merkmale für den Erwerb der Verwertungsbefugnis erfüllt.

Die Klägerin sollte so gestellt werden, als wäre sie Eigentümerin der Wohnungen. Durch den zwischen der Klägerin und ihrem Bruder geschlossenen Treuhandvertrag (oben A I 3) erhielt die Klägerin insbesondere folgende Rechte und Pflichten, die sie wie eine Wohnungseigentümerin stellten:

Weisungsbefugnis hinsichtlich der Wohnungen (§ 2),

Nutzungsberechtigung (§ 3 Abs. 1),

Kostentragungspflicht laufender Kosten (§ 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1),

Zustimmungsvorbehalt bei Verkauf oder Belastung (§ 4 Abs. 2),

Recht der Klägerin zur Aufhebung des Treuhandvertrages mit anschließender Berechtigung, die Übertragung der Immobilien zu verlangen (§ 5)

5. Der jetzige Vortrag der Klägerin, der Bruder habe die Wohnungen als Treuhänder für die Eltern als Treugeber erworben und diese hätten ihr erst danach ihre Treugeberstellung geschenkt (oben A II 4 b, III), trifft nach Überzeugung des Gerichts nicht zu (§ 96 Abs. 1 FGO); die Klägerin hat die Verwertungsbefugnis nicht gemäß § 3 Nr. 6 GrEStG steuerfrei von Verwandten in gerader Linie erworben.

a) Der neuen Darstellung der Klägerin steht bereits der eindeutige Wortlaut des nur zwischen ihr und ihrem Bruder wirksam notariell geschlossen bzw. bestätigten Treuhandvertrages entgegen, in dem durchgängig (dort § 1; nicht nur in der Präambel) die Klägerin als Treugeberin und der Bruder als Treuhänder definiert wurden (oben A I 3).

b) Dass das Treuhandverhältnis zwischen der Klägerin und ihrem Bruder bestand und durchgeführt wurde, wird zudem dadurch bestätigt, dass die kaufvertraglichen Verpflichtungen des Bruders durch die Klägerin erstattet oder getragen wurden, die zur Bereitstellung der Mittel am 19. August 2004 zu ihren Gunsten Schenkung und Darlehen der Eltern beurkunden ließ (oben A I 4).

c) Im Übrigen widerspricht die neue Darstellung der Klägerin ihrem ursprünglichen - und wie vorstehend belegten - Vortrag der Verabredung der Treuhand ihres Bruders vor dem Kaufvertrag für sie als Treugeberin mit allein ihrer Verwertungsbefugnis (oben A II 4 a).

d) Schließlich kann eine Treuhandverpflichtung des Bruders zum Wohnungserwerb im Auftrag der Eltern auch mangels notarieller Form vor seiner Grundbucheintragung (oben A I 5) nicht wirksam geworden sein. Ein Treuhandvertrag über den Erwerb des Eigentums durch den Treuhänder von einem Dritten für den Treugeber als Auftragsverhältnis mit der Verpflichtung des Auftragsnehmers zum Grundstückskauf (Fischer in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, § 1 Rdn. 198) bedarf gemäß § 311b Abs. 1 BGB notarieller Beurkundung (vgl. Grüneberg in Palandt, BGB, 66. A., § 311b Rdn. 18). Unerheblich ist danach das zum Beweis angebotene Zeugnis der Eltern für einen - nicht beurkundeten - Treuhandauftrag des Bruders für sie.

6. Das FA hat die Grunderwerbsteuer auch der Höhe nach (A II 1) zutreffend festgesetzt. Gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG bemisst sich die Steuer nach dem Wert der Gegenleistung. Im Fall des sog. Auftragserwerbs sind dies alle Aufwendungen, zu deren Erstattung der Treugeber verpflichtet ist. Dazu gehören der Kaufpreis, Notargebühren, Kosten der Eintragung sowie die Grunderwerbsteuer (BFH vom 26. Juli 2000 II R 33/98, BFH/NV 2001, 206;vom 2. Oktober 1985 II R 86/83, BFHE 144, 475, BStBl II 1986, 28; Pahlke in Pahlke/Franz, GrEStG, § 9 Rdn. 195).

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen gemäß § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

Der Einzelrichter entscheidet aufgrund Übertragung der Sache nach § 6 FGO (A V).

Ende der Entscheidung

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