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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 15.02.2007
Aktenzeichen: 4 K 132/05
Rechtsgebiete: VO Nr. 3665/87/EWG


Vorschriften:

VO Nr. 3665/87/EWG Art. 11 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

4 K 132/05

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob der Beklagte gegen die Klägerin zu Recht eine Sanktion festgesetzt hat.

Mit der Ausfuhranmeldung Nr. ...897 meldete die Klägerin beim Hauptzollamt H - Zollamt Z - insgesamt 21.026,8 kg Emmentaler Käse zur Ausfuhr nach Russland an. Bei einer im Rahmen der Ausfuhrabfertigung durchgeführten Beschau stellte das Zollamt fest, dass von den 20 beschauten Käseblöcken 16 mit Oberschimmel bzw. Schimmel befallen waren. Die Klägerin zog daraufhin die Ausfuhranmeldung zurück, eine Ausfuhr fand nicht statt.

Mit Bescheid vom 04.02.1998 forderte der Beklagte von der Klägerin einen Sanktionsbetrag in Höhe von DM 10.517,98 an. Dagegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 18.02.1998 Einspruch. Diesen begründete sie unter anderem damit, dass die Ausfuhranmeldung durch das Zollamt für ungültig erklärt worden sei, weil die Ausfuhr nicht stattgefunden habe. Insoweit sei die Ausfuhrerstattung beim Hauptzollamt nie beantragt worden. Außerdem sei der Käse als gesund und handelsüblich anzusehen, da er nur leicht verschimmelt gewesen sei.

Den Einspruch wies der Beklagte mit seiner Einspruchsentscheidung vom 12.07.2000 als unbegründet zurück. Hiergegen richtet sich die fristgerecht erhobene Klage vom 14.08.2000, zu deren Begründung die Klägerin unter anderem folgendes vorträgt:

Sie habe die gesunde und handelsübliche Qualität in der Ausfuhranmeldung nicht erklärt. Außerdem gehöre nach der Rechtsprechung des EuGH zur Rechtssache C 309/04 (Fleischwinter GmbH) eine solche Erklärung nicht zu den sanktionsbewehrten Angaben gemäß Art. 11 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3665/87.

Die Festsetzung der Sanktion sei auch deshalb zu Unrecht erfolgt, weil es an einem wirksamen Antrag auf Gewährung von Ausfuhrerstattung fehle, da die Anmeldung für ungültig erklärt worden sei. Schließlich verstoße die Erhebung einer Sanktion im Streitfall auch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit da die Ausfuhranmeldung noch während der Ausfuhrabfertigung zurück gezogen worden sei.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 09.02.2000 betreffend die Erhebung eines Sanktionsbetrages in Höhe von DM 10.517,98 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.07.2000 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung, worauf Bezug genommen wird. Ergänzend trägt er unter anderem folgendes vor:

Für die Sanktionsregelung des Art. 11 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3665/87 sei auf die Ausfuhranmeldung der Klägerin vom 26.08.1997 abzustellen (EuGH vom 14.04.2005, C-385/03). Nach der EuGH Rechtsprechung (EuGH, Urteil vom 01.12.2005, C-309/04 Rz. 41f) gehöre die in der Ausfuhranmeldung abgegebene Versicherung der gesunden und handelsüblichen Qualität zu den sanktionsbewehrten Angaben. Da der Käse mit Schimmel befallen gewesen sei, sei er nicht von gesunder und handelsüblicher Qualität gewesen.

Das Zurückziehen der Ausfuhranmeldung seitens der Klägerin könne nicht der Ungültigkeitserklärung einer Zollanmeldung nach Art. 66 Abs. 1 ZK gleichgesetzt werden mit der Folge, dass es an der für die Erhebung einer Sanktion erforderlichen verfahrensmäßigen Voraussetzung fehle (BFH, Urteil vom 21.11.2006, VII R 51/02). Die Sanktionserhebung in Fällen wie dem vorliegenden sei auch geeignet und erforderlich. Die Sanktionserhebung soll präventive Abschreckungswirkung haben. Dieses Ziel würde unterlaufen, wenn der Beteiligte seine unrichtige Ausfuhranmeldung nach Entdeckung durch eine Beschaumaßnahme sanktionslos zurückziehen könnte.

Die Sachvorgänge des Beklagten haben vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht eine Sanktion gegen die Klägerin festgesetzt.

1. Rechtsgrundlage für die Sanktion ist Art. 11 Abs. 1 der VO (EWG) Nr. 3665/87. Nach dieser Bestimmung wird eine Sanktion festgesetzt, wenn festgestellt wird, dass der Ausführer eine höhere als die ihm zustehende Erstattung beantragt hat. Nach Art. 11 Abs. 1 Unterabsatz 2 der genannten Verordnung gilt als beantragte Erstattung der Betrag, der anhand der Angaben gem. Art. 3 berechnet wird.

2. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 01.12.2005, Rechtssache C- 309/04 - Fleischwinter - Rn. 35 der Entscheidungsgründe, Urteil vom 27.04.2006 Rechtssache C 27/05 - Elfering -, Rn. 29, 30 der Entscheidungsgründe) gehört die Versicherung der gesunden und handelsüblichen Qualität in der Ausfuhranmeldung zu den sanktionsbewehrten Angaben des Art. 11 Abs. 1 Unterabsatz 1 VO (EWG) Nr. 3665/87.

Anders als die Klägerin meint, hat der EuGH in der Rs. C-309/04 - Fleischwinter - Rn. 43 der Entscheidungsgründe nur festgestellt, dass die im nationalen Zahlungsantrag abgegebene Versicherung der gesunden und handelsüblichen Qualität nicht zu den sanktionsbewehrten Angaben gehört, nicht aber eine solche - mit der Einreichung des Erstattungsantrags immer ausdrücklich oder stillschweigend verbundene - Versicherung. Für den Senat nicht vorhandene Zweifel an diesem Verständnis sind jedenfalls durch den EuGH in der Rs. C-27/05 - Elfering -, Rn. 29, 30 der Entscheidungsgründe ausgeräumt worden.

3. Die Rücknahme der Ausfuhranmeldung bzw. die Ungültigerklärung dieser Anmeldung kann die Anwendung der Sanktion nicht verhindern (BFH, Urteil vom 21.11.2006, Az. VII R 51/02). Abgesehen davon, dass die Sanktionsregelung nur darauf abstellt, dass eine auf unrichtigen Angaben beruhende Ausfuhranmeldung abgegeben worden ist, kann diese erstattungsrechtliche Ausfuhranmeldung auch nicht mit der Folge zurückgezogen oder nach Art. 66 Abs. 1 ZK für ungültig erklärt werden, dass die in Art. 11 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3665/87 angeordnete Sanktion entfällt. Denn einmal sind die Gründe, die ein Absehen von der Sanktion rechtfertigen, abschließend in Art. 11 Abs. 1 Unterabsatz 3 VO (EWG) Nr. 36665/87 festgelegt und zum anderen ist der Regelung des Art. 66 Abs. 1 Unterabsatz 2 ZK zu entnehmen, dass Folgen einer im Rahmen einer Beschau festgestellten Falschanmeldung, soweit sie sich nicht auf die Abwicklung des beantragten Ausfuhrerstattungsverfahrens beziehen, von der Ungültigerklärung gerade nicht betroffen sind.

4. Die Klägerin hat mit ihrer Versicherung der gesunden und handelsüblichen Qualität in der Ausfuhranmeldung vom 27.08.2007 eine unrichtige Angabe gemacht und somit eine höhere als die ihr zustehende Erstattung beantragt, weil der Käse mit Schimmel befallen war.

5. Die deshalb vom Beklagten zu Recht festgesetzte Sanktion verstößt auch nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Mit der präventiven Abschreckungsfunktion der Sanktion wäre es unvereinbar, wenn der Ausführer seine unrichtige Ausfuhranmeldung nach einer Beschaumaßnahme sanktionslos zurückziehen könnte. Wenn ein Ausführer falsche Angaben nach Aufdeckung risikolos stornieren könnte, könnte das geradezu ein Anreiz sein, falsche Angaben zur Erlangung unrechtmäßiger Ausfuhrerstattung zu machen.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die übrigen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gem. § 34 Abs. 1 Satz 4 MOG findet § 139 Abs. 2 FGO in marktordnungsrechtlichen Streitigkeiten keine Anwendung.

Gründe die Revision zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO), sind nicht gegeben. Die Entscheidung beruht auf den Umständen des Einzelfalles.



Ende der Entscheidung

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