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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 27.10.2009
Aktenzeichen: 4 K 174/08
Rechtsgebiete: EGV, TierSchTrV


Vorschriften:

EGV Art. 234 Abs. 2
TierSchTrV § 24 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist Ziffer 48.5 des Kapitels VII des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG des Rates vom 19.11.1991 über den Schutz von Tieren beim Transport sowie zur Änderung der Richtlinien 90/425/EWG und 91/496/EWG (ABl. Nr. 1 340/17) in der Fassung der Richtlinie 95/29/EG des Rates vom 29.06.1995 zur Änderung der Richtlinie 91/628/EWG über den Schutz von Tieren beim Transport (ABl. Nr. 1 148/52) auf Bahntransporte anwendbar?

2. Ist das Gericht in Fallgestaltungen, in denen der Verstoß gegen die Richtlinie 91/628/EWG nicht zum Verenden der Tiere geführt hat, generell zur Prüfung verpflichtet, ob die zuständige Behörde des Mitgliedstaates die Bestimmung des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung des Rates (EG) Nr. 615/98 der Kommission vom 18.03.1998 mit Durchführungsbestimmungen zur Ausfuhrerstattungsregelung in Bezug auf den Schutz lebender Rinder beim Transport (ABl. Nr. 1 82/19) im Einklang mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz angewandt hat?

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Ausfuhrerstattung durch das beklagte Hauptzollamt.

Mit Ausfuhranmeldung vom 12.10.2000 meldete die Klägerin beim Hauptzollamt A insgesamt 20 lebende Rinder der Marktordnungs-Warenlistennummer 0102 9071 9000 zur Ausfuhr nach Ägypten an. Die Tiere waren Teil einer Gesamtsendung von insgesamt 156 Tieren, die mit der Bahn von B (Schleswig-Holstein) über C, D, E (Slowenien) und F nach G (Kroatien) transportiert und anschließend verschifft wurden. Die Verladung der Tiere in B erfolgte ausweislich des Transportplans am 12.10.2000 in der Zeit von 11.30 bis 18.00 Uhr; gegen 20.10 Uhr fuhr die Bahn in B ab. Nach einem Halt am 13.10.2000 in E, wo die Tiere in der Zeit von 21.00 bis 22.30 Uhr getränkt und versorgt wurden, erreichte der Bahntransport am 14.10.2000 gegen 5.30 Uhr G.

Den Antrag der Klägerin vom 26.10.2000 auf Gewährung von Ausfuhrerstattung lehnte das beklagte Hauptzollamt in der Folgezeit mit Bescheid vom 09.08.2005 mit der Begründung ab, dass die Klägerin während des Transports der Tiere die gemeinschaftsrechtlichen Tierschutzbestimmungen nicht eingehalten habe. Nach Auswertung des von ihr vorgelegten Transportplanes sei festgestellt worden, dass der Bahntransport 33 Stunden und 20 Minuten betragen und damit die nach Kapitel VII Nr. 48 des Anhangs zur Richtlinie 91/628/EWG zulässige maximale Transportzeit von 28 Stunden überschritten habe.

In ihrem gegen den Bescheid vom 09.08.2005 gerichteten Einspruch wandte die Klägerin u.a. ein, dass die Dauer des in Rede stehenden Eisenbahntransportes der nationalen Regelung des § 24 Abs. 5 der Tierschutztransportverordnung entsprochen habe. Es sei treuwidrig, ihr - der Klägerin - die begehrte Ausfuhrerstattung unter Hinweis darauf zu versagen, dass der Bahntransport zwar den einschlägigen nationalen Vorschriften entsprochen, jedoch nicht im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht gestanden habe.

Mit Einspruchsentscheidung vom 24.05.2006 wies das beklagte Hauptzollamt den Einspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 09.08.2005 zurück. In seiner Einspruchsentscheidung führte das beklagte Hauptzollamt u.a. aus, dass die Europäische Kommission im Rahmen einer Überprüfung der Eisenbahntransporte von B nach G festgestellt habe, dass die durchschnittliche Transportdauer 36 Stunden und 35 Minuten betragen habe (Prüfungsbericht vom 18.06.2001, AGR 01403). Nach den von der Deutschen Bundesbahn Cargo den Veterinärbehörden übermittelten Fahrplänen für Viehtransporte von B nach G ergäbe sich eine Fahrzeit von 34 Stunden und 41 Minuten. Diese Feststellungen zeigten, dass bei allen Eisenbahntransporten von B nach G nicht nur die nach der Richtlinie 91/628/EWG vorgeschriebene maximale Transportdauer überschritten, sondern auch die nach dieser Richtlinie nach der maximalen Transportdauer vorgeschriebene Ruhepause von 24 Stunden nicht eingehalten worden sei.

Mit ihrer am 26.06.2006 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren fort. Sie betont erneut, dass nach der nationalen Tierschutztransportverordnung, die der Umsetzung der Richtlinie 91/628/EWG diene, die Vorschriften über die Ruhepausen und die Transportdauer auf den Schienentransport keine Anwendung fänden. Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten habe zudem mit Schreiben vom 13.10.2000 an den Deutschen Vieh- und Fleischhandelsbund e.V. zugesichert, dass bis zum Ende des Jahres 2000 stillschweigend Übergangsfristen hinsichtlich der Richtlinie eingeräumt würden.

Die Klägerin beantragt,

das beklagte Hauptzollamt unter Aufhebung des Bescheides vom 09.08.2005 und der Einspruchsentscheidung vom 24.05.2006 - soweit diese entgegensteht - zu verpflichten, ihr auf ihren Antrag vom 26.10.2000 Ausfuhrerstattung zu gewähren.

Das beklagte Hauptzollamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es verteidigt die angegriffenen Bescheide und bemerkt, dass die Zahlung von Ausfuhrerstattung eine Ausgabe aus dem Europäischen Garantiefonds für Landwirtschaft (EAGFL) darstelle. Hinsichtlich des Streitfalles komme es daher allein auf das Gemeinschaftsrecht an, die nationalen Vorschriften seien insoweit nicht maßgebend.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Sachakten des beklagten Hauptzollamtes verwiesen.

II.

Der beschließende Senat setzt das Verfahren in analoger Anwendung des § 74 FGO aus und legt dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art. 234 Abs. 2 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften die im Tenor genannten Fragen zur Vorabentscheidung vor.

1. Nach Auffassung des beschließenden Senats sind für die Lösung des Streitfalles die folgenden gemeinschaftsrechtlichen (a) bzw. nationalen (b) Rechtsvorschriften maßgebend:

a) Gemeinschaftsrechtliche Rechtsvorschriften:

aa) Verordnung des Rates (EG) Nr. 615/98 der Kommission vom 18.03.1998 mit Durchführungsbestimmungen zur Ausfuhrerstattungsregelung in Bezug auf den Schutz lebender Rinder beim Transport (ABl. Nr. 1 82/19, im Folgenden: VO Nr. 615/98)

Artikel 1 Geltungsbereich

Für die Anwendung von Artikel 13 Absatz 9 Unterabsatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 805/68 setzt die Zahlung der Ausfuhrerstattungen für lebende Rinder des KN-Codes 0102 (nachstehend "Tiere" genannt) voraus, dass während des Transports der Tiere bis zu ihrer ersten Entladung im Bestimmungsdrittland Folgendes eingehalten wird:

- die Richtlinie 91/628/EWG und

- die vorliegende Verordnung.

Artikel 5 Schlussbestimmungen

...

(3) Die Ausfuhrerstattung wird nicht gezahlt für Tiere, die während des Transports verendet sind, oder bei denen die zuständige Behörde aufgrund der Unterlagen nach Absatz 2, der Berichte über die Kontrolle nach Artikel 4 und/oder sonstiger Informationen über die Einhaltung von Artikel 1 zu dem Schluss gelangt, dass die Richtlinie über den Schutz von Tieren beim Transport nicht eingehalten worden ist.

bb) Richtlinie des Rates vom 19.11.1991 über den Schutz von Tieren beim Transport sowie zur Änderung der Richtlinien 90/425/EWG und 91/496/EWG (ABl. Nr. 1 340/17)

Kapitel 1 Allgemeine Bestimmungen

Artikel 1

(1) Diese Richtlinie findet Anwendung auf den Transport von

a) Einhufern und Tieren der Gattung Rind ...

Artikel 2

...

(2) Ferner gelten folgende Begriffsbestimmungen:

a) ...

b) "Transport": jegliche Beförderung von Tieren mit einem Transportmittel, einschließlich Ver- und Entladen;

c) "Aufenthaltsort": ein Ort, an dem die Verbringung zum Ruhen, Füttern oder Tränken der Tiere unterbrochen wird;

d) ...

e) "Versandort": unbeschadet des Artikels 1 Absatz 2 Buchstabe b) der Ort, an dem ein Tier erstmals auf ein Transportmittel verladen wird, sowie alle Orte, an denen die Tiere entladen und mindestens zehn Stunden lang untergebracht, getränkt, gefüttert und gegebenenfalls behandelt werden, ausgenommen ein Aufenthalts- oder Umladeort ...

f) "Bestimmungsort": der Ort, an dem ein Tier endgültig von einem Transportmittel entladen wird, ausgenommen ein Aufenthalts- oder Umladeort;

g) "Verbringung": der Transport vom Versandort zum Bestimmungsort.

cc) Richtlinie 95/29/EG des Rates vom 29.06.1995 zur Änderung der Richtlinie 91/628/EWG über den Schutz von Tieren beim Transport (ABl. Nr. 1 148/52)

Anhang

Dem Anhang der Richtlinie 91/628/EWG anzufügende Kapitel

...

Kapitel VII

48. Zeitabstände für das Tränken und Füttern sowie Fahrt- und Ruhezeiten

1. Die Anforderungen dieses Kapitels finden Anwendung auf den Transport der in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a) genannten Tierarten ...

2. Tiere der unter 1. genannten Arten dürfen nicht länger als acht Stunden transportiert werden.

3. Die unter Nummer 2 genannte maximale Transportdauer kann verlängert werden, sofern das Transportfahrzeug folgende zusätzliche Anforderungen erfüllt ...

4. Die Zeitabstände für das Tränken und Füttern sowie Fahrt- und Ruhezeiten sind bei Verwendung eines unter Nummer 3 genannten Fahrzeuges die Folgenden:

...

d) Alle anderen unter Nummer 1 genannten Tiere müssen nach einer Transportdauer von 14 Stunden eine ausreichende, mindestens einstündige Ruhepause erhalten, insbesondere damit sie getränkt und nötigenfalls gefüttert werden können. Nach dieser Ruhepause kann der Transport für weitere 14 Stunden fortgesetzt werden.

5. Nach der festgesetzten Transportdauer müssen die Tiere entladen, gefüttert und getränkt werden und eine Ruhezeit von mindestens 24 Stunden erhalten.

6. Übersteigt die maximale Transportzeit die in Nummer 2 vorgesehene maximale Transportdauer, so dürfen die Tiere nicht mit der Bahn transportiert werden. Sind allerdings mit Ausnahme der Ruhezeitanforderungen die Anforderungen der Nummern 3 und 4 erfüllt, so gelten die in Nummer 4 vorgesehenen Transportzeiten.

7. ...

8. Die Transportzeiten gemäß den Nummern 3, 4 und 7 Buchstabe b) dürfen - insbesondere unter Berücksichtigung des Bestimmungsortes - im Interesse der Tiere um zwei Stunden verlängert werden.

b) Nationale Rechtsvorschriften:

Verordnung zum Schutz von Tieren beim Transport (Tierschutztransportverordnung - TierSchTrV)*) vom 25.02.1997 (BGBl. I S. 348):

§ 14 Schienentransport

(1) Tiere dürfen nur in gedeckten Wagen befördert werden. Die Wagen müssen eine hohe Fahrtgeschwindigkeit zulassen.

(2) Der Beförderer und der Transportführer haben sicherzustellen, dass Einhufer angebunden befördert werden, und zwar so, dass sie bei Querverladung zu derselben Seite des Wagens schauen oder bei Längsverladung sich gegenüberstehen. Satz 1 gilt nicht, sofern die Tiere im Transportmittel in Einzelboxen untergebracht werden. Fohlen und halfterungewohnte Tiere müssen nicht angebunden werden.

(3) Die Wirbeltiere oder die Behältnisse, in denen sich Wirbeltiere befinden, müssen so verladen sein, dass sich ein Begleiter zwischen ihnen bewegen kann.

(4) Bei der Zugbildung und Verschubbewegung sind heftige Stöße der Wagen zu vermeiden.

§ 24 Begrenzung von Transporten

(1) Liegen der Versandort und der Bestimmungsort im Inland, dürfen Nutztiere zur Schlachtstätte nicht länger als acht Stunden befördert werden. Dies gilt nicht, wenn die Transportdauer aus unvorhersehbaren Umständen überschritten wird.

(2) Bei anderen als in Absatz 1 genannten Nutztiertransporten haben der Beförderer und der Transportführer nach einer Transportdauer von höchstens acht Stunden sicherzustellen, dass die Nutztiere entladen und im Rahmen einer 24stündigen Ruhepause gefüttert und getränkt werden, und zwar an einem Aufenthaltsort, der von der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 1255/97 in der jeweils geltenden Fassung zugelassen worden ist ...

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht bei Straßentransporten nach Artikel 1 der Verordnung (EG) Nr. 411/98, sofern die Nutztiere nach Maßgabe der Bestimmungen der Anlage 2 befördert werden.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für den Lufttransport.

(5) Auf den Schienen- und Seetransport finden die Vorschriften der Absätze 2 und 3 in Verbindung mit Anlage 2 über das Entladen und die Ruhepausen keine Anwendung.

Anlage 2 (zu § 6 Abs. 3 und § 24 Abs. 3)

Tränk- und Fütterungsintervalle sowie Ruhepausen beim Transport von Nutztieren in Fahrzeugen nach § 24 Abs. 3

...

4. Anderen Nutztieren, ausgenommen Renn- und Turnierpferden, muss nach einer Transportphase von höchstens 14 Stunden eine mindestens einstündige Ruhepause gewährt werden, während der sie zu tränken und, soweit notwendig, zu füttern sind. Hierbei ist jeweils die Einstreu zu ergänzen. Nach einer zweiten Transportphase von höchstens 14 Stunden müssen die Tiere im Rahmen einer Ruhepause von 24 Stunden entladen, gefüttert und getränkt werden, und zwar an einem von der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 1255/97 in der jeweils geltenden Fassung zugelassenen Aufenthaltsort. Anschließend kann der Transport jeweils unter Beachtung der Sätze 1 bis 3 fortgeführt werden.

2. Die rechtliche Würdigung des Falles ist gemeinschaftsrechtlich zweifelhaft:

Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat mit Urteil vom 17.01.2008 (C-37/06 und C-58/06) entschieden, dass Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 der Kommission vom 18.03.1998 mit Durchführungsbestimmungen zur Ausfuhrerstattungsregelung in Bezug auf den Schutz lebender Rinder beim Transport (ABl. Nr. 82/19, im Folgenden: VO Nr. 615/98), wonach die Gewährung der Ausfuhrerstattung für lebende Rinder des KN-Codes 0102 an die Einhaltung der Richtlinie 91/628/EWG geknüpft ist, gültig ist. Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 17.01.2008 ferner erkannt, dass die Normierung des Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98, wonach Ausfuhrerstattung - u.a. - nicht gezahlt wird für Tiere, bei denen die zuständige Behörde aufgrund sonstiger Informationen über die Einhaltung des Art. 1 VO Nr. 615/98 zu dem Schluss gelangt, dass die Richtlinie 91/628/EWG nicht eingehalten worden ist, mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit grundsätzlich vereinbar ist. Vor diesem Hintergrund hängt der Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits davon ab, - erstens - ob und inwieweit die Klägerin bei dem Transport der Tiere gegen die Richtlinie des Rates vom 19.11.1991 über den Schutz von Tieren beim Transport sowie zur Änderung der Richtlinie 90/425/EWG und 91/496/EWG (ABl. Nr. 340/17, in der Fassung der Richtlinie 95/29/EG des Rates vom 29.06.1995 zur Änderung der Richtlinie 91/628/EWG über den Schutz von Tieren beim Transport, ABl. Nr. 1 148/52, im Folgenden: Richtlinie 91/628/EWG) verstoßen hat (hierzu unter a) und - zweitens - ob dieser bzw. diese Verstöße unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten zum Verlust, zur Kürzung oder zur Aufrechterhaltung der Ausfuhrerstattung führen (hierzu unter b).

a) Der beschließende Senat geht in Übereinstimmung mit den Beteiligten davon aus, dass die Klägerin die in Kapitel VII Nr. 48.6 Satz 2 des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG festgeschriebene Transportdauer überschritten hat. Der in Rede stehende Tiertransport mit der Bahn startete nämlich am 12.10.2000 gegen 20.10 Uhr in B und erreichte am Morgen des 14.10.2000 um etwa 5.30 Uhr nach insgesamt 33 Stunden und 20 Minuten den Bestimmungsort G. Die nach Kapitel VII Nr. 48.6 Satz 2 des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG hinsichtlich eines Bahntransports, der die besonderen Anforderungen der Nummern 48.3 und 48.4 des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG erfüllt, zulässige Transportzeit von maximal 28 Stunden hat die Klägerin mithin selbst unter Berücksichtigung des Umstandes nicht eingehalten, dass der Transport am 13.10.2000 in E für eine 1 1/2 -stündige Tränk- und Versorgungspause unterbrochen wurde.

Entgegen der Auffassung der Beteiligten nimmt der beschließende Senat aber des Weiteren an, dass im Streitfall die Gesamttransportdauer nicht lediglich 33 Stunden und 20 Minuten beträgt, sondern sich vielmehr auf 42 Stunden erhöht. Denn die von den Beteiligten errechnete Gesamttransportdauer lässt unberücksichtigt, dass die ersten Tiere am Versandort in B bereits gegen 11.30 Uhr auf die Eisenbahnwaggons verladen wurden. Der Europäische Gerichtshof hat aber mit Urteil vom 23.11.2006 (C-300/05) klargestellt, dass der Begriff "Transport" im Sinne des Kapitels VII Nr. 48.4 des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 lit. b) der Richtlinie 91/628/EWG dahin auszulegen ist, dass er das Ver- und Entladen der Tiere einschließt (in diesem Sinne bereits FG Hamburg, Urteil vom 21.09.2004, IV 239/02). In Art. 2 Abs. 2 lit. b) der Richtlinie 91/628/EWG hat der Gemeinschaftsgesetzgeber nämlich definiert, dass der Begriff Transport "jegliche Beförderung von Tieren mit einem Transportmittel einschließlich Ver- und Entladen" umfasst. Angesichts dieser klaren Begriffsbestimmung - "jegliche" Beförderung - hat der beschließende Senat auch keinen Zweifel, dass diese Definition des Begriffs "Transport" Geltung nicht nur für Transporte mit dem LKW, sondern auch mit der Bahn beansprucht. Ob diese Vorgabe des Gesetzgebers mit Blick darauf zwingend erscheint, dass Tiertransporte mit der Bahn im Hinblick auf das Wohlbefinden der Tiere - ähnlich den Schiffstransporten, für die keine zeitlichen Begrenzungen bestehen - anderen Rahmenbedingungen unterliegen, hat der beschließende Senat nicht zu beurteilen.

Ebenfalls hat der Senat - zumindest im vorliegenden Kontext - nicht zu prüfen, ob der in Rede stehende Eisenbahntransport der nationalen Regelung des § 24 Abs. 5 Tierschutztransportverordnung entsprochen hat. Die von der Klägerin begehrte Ausfuhrerstattung stellt eine gemeinschaftsrechtliche Beihilfe dar. Ihre Gewährung hat der Gemeinschaftsgesetzgeber allein an die Einhaltung der gemeinschaftsrechtlichen Tierschutzbestimmungen geknüpft.

Fraglich erscheint dem beschließenden Senat indes, ob die Klägerin auch gegen die Normierung des Kapitels VII Nr. 48.5 des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG, wonach die Tiere nach der festgesetzten Transportdauer entladen, gefüttert und getränkt werden und eine Ruhezeit von mindestens 24 Stunden erhalten müssen, verstoßen hat. Während die Europäische Kommission (vgl. Bericht vom 18.06.2001 AGR 01430) und ihr folgend das beklagte Hauptzollamt annehmen, auch Eisenbahntransporte müssten entsprechend Nr. 48.5 des Kapitels VII des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG nach einer Transportzeit von längstens 2 x 14 Stunden für eine Ruhepause von mindestens 24 Stunden unterbrochen werden, neigt der beschließende Senat der Auffassung zu, dass diese Normierung des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG auf Eisenbahntransporte keine Anwendung findet. Für dieses Verständnis dürfte insbesondere die systematische Stellung dieser Bestimmung sprechen, die nämlich im Unterschied zur Regelung der Nr. 48.8 des Kapitels VII des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG nicht erst im Anschluss an die für die unterschiedlichen Transportarten - scil. Transport mit dem LKW, der Bahn bzw. auf dem Seeweg - aufgelisteten Anforderungen, sondern bereits nach den für den LKW-Transport geltenden Voraussetzungen aufgeführt wird. Vor diesem Hintergrund dürfte der Regelung des Kapitels VII Nr. 48.5 des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG keine, alle Transportarten umfassende Klammerwirkung zukommen. Auch die für den Bahntransport selbst geltende Vorschrift des Kapitels VII Nr. 48.6 des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG dürfte für das vom beschließenden Senat präferierte Verständnis herangezogen werden können. Diese Vorschrift verweist nämlich (ausdrücklich) lediglich auf die Anforderungen der Nummern 3 und 4 und lässt die nach Nr. 48.5 vorgeschriebene 24-stündige Ruhepause gerade unerwähnt. Ein Blick auf die englische Sprachfassung dieser Regelung bestärkt diese Interpretation. Dort heißt es nämlich: "Animals must not be transported by train i.F. the maximum journey time exceeds that laid down in point 2. However, the journey times laid down in point 4 shall apply where the conditions laid down in points 3 and 4, except for rest periods, are met."

Ein weiterer Gesichtspunkt kommt im vorliegenden Kontext hinzu: Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat in Nr. 48.6. Satz 2 des Kapitels VII des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG ausdrücklich geregelt, dass in Bezug auf Bahntransporte die in Nummer 4 vorgesehenen Transportzeiten gelten, sofern die Anforderungen der Nummern 3 und 4 "mit Ausnahme der Ruhezeitanforderungen" erfüllt sind. Da Ruhezeiten gemäß Art. 1 Abs. 2 lit. h) der Richtlinie 91/628/EWG als ununterbrochener Zeitraum während der Verbringung definiert sind, in dem die Tiere nicht in einem Transportmittel befördert werden, dürfte die Regelung des Kapitels VII Nr. 48.6 Satz 2 des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG deutlich machen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber für Bahntransporte generell keine Ruhezeitanforderungen aufstellen wollte, was sich wiederum vor dem Hintergrund erklären dürfte, dass Bahntransporte - anders als Tiertransporte auf der Straße - für die Tiere spürbar weniger stressanfällig sind. In diese Betrachtung fügt sich systemgerecht ein, dass die Nummer 48.7 lit. a) des Kapitels VII des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG für den Transport der Tiere auf dem Seeweg ebenfalls keine Ruhezeitanforderungen beinhaltet.

b) Fraglich erscheint dem beschließenden Senat fernerhin, ob das Gericht in Fällen wie dem Vorlagefall generell verpflichtet ist zu prüfen, ob die zuständige Behörde des Mitgliedstaates die Bestimmung des Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 im Einklang mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz angewandt hat.

aa) Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 17.01.2008 (C-37/06 und C-58/06) ausgeführt, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber der zuständigen Behörde, sei diese zu dem Schluss gelangt, dass die Richtlinie nicht eingehalten worden sei, ohne dass dieser Verstoß jedoch zum Verenden der Tiere geführt habe, bei der nach Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 zu treffenden Entscheidung, ob der Verstoß gegen eine Bestimmung der Richtlinie 91/628/EWG zum Verlust, zur Kürzung oder zur Aufrechterhaltung der Ausfuhrerstattung führe, ein gewisses Ermessen einräume (Rz. 38). Die zuständige Behörde habe (daher) zu prüfen, ob sich der Verstoß gegen eine Bestimmung der Richtlinie 91/628/EWG auf das Wohlergehen der Tiere ausgewirkt habe, ob dieser Verstoß gegebenenfalls geheilt werden könne und ob er zum Verlust, zur Kürzung oder zur Aufrechterhaltung der Ausfuhrerstattung führen müsse (Rz. 44). Die Behörde habe auch zu entscheiden, ob die Ausfuhrerstattung anteilmäßig im Verhältnis zur Zahl der Tiere zu kürzen sei, die ihrer Meinung nach unter der Nichteinhaltung der Richtlinie 91/628 gelitten haben könnten, oder ob keine Erstattung zu zahlen sei, falls sich die Nichteinhaltung einer Bestimmung dieser Richtlinie auf das Wohlbefinden sämtlicher Tiere ausgewirkt habe (Rz. 44).

Der beschließende Senat hat das Urteil des Gerichtshofs vom 17.01.2008 (C-37/06 und C-58/06) in der Folgezeit in der Weise in die gerichtliche Praxis umgesetzt, dass ein Verstoß gegen die Richtlinie 91/628/EWG, der nicht zum Verenden der Tiere geführt hat, nicht automatisch zum Verlust des Erstattungsanspruchs führt, vielmehr hat die Behörde und somit das beklagte Hauptzollamt in jedem Fall nach pflichtgemäßen Ermessen unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit über die Aufrechterhaltung, eine Kürzung oder Versagung der Erstattung zu entscheiden (vgl. etwa FG Hamburg, Urteil vom 20.06.2008 - 4 K 49/08 -, Gerichtsbescheid vom 02.06.2008 - 4 K 14/08 -, sowie Urteil vom 20.05.2008 - 4 K 15/08 -).

Auch der Unabhängige Finanzsenat Salzburg teilt dieses Verständnis der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 17.01.2008 (C-37/06 und C-58/06). So betont der Unabhängige Finanzsenat etwa in seinen Berufungsentscheidungen vom 23. und 25.06.2008 (GZ. ZRV/0255-Z3K/04 bzw. GZ. ZRV/0243-Z3K/04) unter Hinweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 17.01.2008 in den Rechtssachen C-37/06 und C-58/06, das (nationale) Gericht habe zu prüfen, ob die zuständige Behörde die einschlägigen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 615/98 im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angewandt habe. In den Berufungsentscheidungen des Unabhängigen Finanzsenats vom 25.6.2008 heißt es weiter, im Sinne der Rz. 44 des in Rede stehenden EuGH-Urteils habe die zuständige Behörde zu prüfen, ob sich der Verstoß gegen eine Bestimmung der Richtlinie 91/628/EWG auf das Wohlergehen der Tiere ausgewirkt habe.

Unter Berücksichtigung der vorstehend skizzierten Maßgaben hätte der beschließende Senat im Streitfall zu prüfen, ob das beklagte Hauptzollamt die Vorschrift des Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angewandt hat. In diesem Zusammenhang hätte der Senat u.a. zu würdigen, ob dem Ausführer angelastet werden kann, dass er den Begriff "Transport" im Sinne des VII. Kapitels des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG fehlinterpretiert hat. Wenn sogar die Europäische Kommission viele Jahre von einem falschen Begriffsverständnis ausgegangen ist und es erst einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die Frage bedurfte, ob der Begriff Transport das Ver- und Entladen der Tiere einschließt, dürfte einem Ausführer schwerlich vorgehalten werden können, eine gemeinschaftsrechtliche Tierschutzbestimmung vorwerfbar verletzt zu haben. Vor diesem Hintergrund dürfte als Verstoß gegen die Richtlinie 91/628/EWG eine relativ geringfügige Überschreitung der maximalen Transportdauer nach Nr. 48.6 Satz 2 des Kapitels VII des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG - scil. von etwa 3 Stunden - verbleiben, wobei insoweit weiterhin nicht nur zu berücksichtigen sein dürfte, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber auch im Hinblick auf Bahntransporte eine Verlängerung der Transportzeiten im Interesse der Tiere um 2 Stunden für möglich erachtet (vgl. Kapitel VII Nr. 48.8 des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG), sondern auch zu betrachten wäre, dass der Bahntransport in E für eine etwa 1 1/2- stündige Ruhepause zum Tränken und Füttern der Tiere unterbrochen wurde. Wenn auch der Gemeinschaftsgesetzgeber in Bezug auf Bahntransporte nicht die Einhaltung einer Ruhepause vorschreibt, so sollte eine im Interesse der Tiere gleichwohl eingelegte Ruhepause im Verlauf eines Bahntransportes dem Ausführer jedenfalls nicht nachteilig ausgelegt werden. Auch wird der Senat nicht außer Betracht lassen dürfen, dass die deutschen Veterinärbehörden, die auf dem Standpunkt standen, dass die durch die Tierschutztransportverordnung in nationales Recht umgesetzte Richtlinie 91/628/EWG Bahntransporte, die über mehrere Tage andauerten, zuließ, aus diesem Grunde längere Transportzeiten bewusst in Kauf genommen hatten, zumal aus ihrer veterinärrechtlichen Sicht Bahntransporte unter Tierschutzgesichtspunkten ohnehin die günstigste Beförderung für lebende Tiere darstellten. Da schließlich im streitbetroffenen Zeitraum jeder Tiertransport mit der Bahn von einer sachkundigen Person begleitet wurde, die den Zustand der Tiere zu überwachen hatte, und die Überschreitung der nach Kapitel VII Nr. 48.6 Satz 2 des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG zulässigen Transportdauer in concreto augenscheinlich ohne Auswirkungen auf das Wohlbefinden der Tiere geblieben ist, vermag der Senat nicht zu erkennen, welcher Gesichtspunkt eine Kürzung oder gar Versagung der begehrten Erstattung noch rechtfertigen sollte.

bb) Den Europäischen Gerichtshof darüber zu befragen, ob das Gericht in Fällen wie dem Vorlagefall generell verpflichtet ist zu prüfen, ob die zuständige Behörde des Mitgliedstaats die Bestimmung des Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 im Einklang mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz angewandt hat, veranlasst den beschließenden Senat eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 06.05.2008 (VII R 32/05), in der dieser unter Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofs vom 13.03.2008 (C-96/06, Rz. 47-49) ausgeführt hat, dass ein Verstoß gegen die tierschutzrechtlichen Transportvorschriften den Verlust des Erstattungsanspruchs zur Folge habe, ohne dass dies zusätzlich davon abhängig wäre, dass tatsächliche Feststellungen dazu getroffen würden, ob das Wohlbefinden der Tiere während des Transports beeinträchtigt gewesen sei.

Mit Blick auf diese Entscheidung des Bundesfinanzhofs würde im Streitfall die Überschreitung der nach Kapitel VII Nr. 48.6 Satz 2 des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG zulässigen Transportdauer um insgesamt 14 Stunden (Verladung 8 Stunden 40 Minuten, Fahrtzeit von B bis G 33 Stunden 20 Minuten = 42 Stunden) unweigerlich und unabwendbar zum Verlust des Erstattungsanspruchs führen. Der Umstand, dass selbst die Europäische Kommission von einem falschen Verständnis des Begriffes "Transport" ausgegangen war, wäre der Klägerin nicht behilflich. Auch käme es nicht darauf an, dass der in Rede stehende Verstoß gegen die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über den Schutz von Tieren beim Transport sich auf das Wohlbefinden der Tiere nicht ausgewirkt hat.

Der beschließende Senat ist sich bewusst, dass der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 13.03.2008 (C-96/06) auf das Vorabentscheidungsersuchen des Senats vom 23.01.2006 (IV 73/04, [...]) u.a. geantwortet hat, dass die zuständige Behörde nach Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 die Ausfuhrerstattung wegen der Nichteinhaltung der Bestimmungen der Richtlinie 91/628/EWG betreffend die Gesundheit der Tiere versagen kann, auch wenn es keine Anzeichen dafür gibt, dass das Wohlbefinden der beförderten Tiere konkret beeinträchtigt worden ist (Rz. 52). Diese Antwort des Gerichtshofs hat der beschließende Senats allerdings bislang in der Weise interpretiert, dass die Behörde einen Verstoß gegen eine Bestimmung der Richtlinie 91/628/EWG über den Schutz von Tieren beim Transport nicht zum Anlass nehmen darf, einem Ausführer die beantragte Erstattung ohne weitere Prüfung - gleichsam automatisch und unausweichlich - zu versagen. Der Europäische Gerichtshof hat nämlich zum einen in seinem Urteil vom 13.03.2008 (C-96/06, [...]) unmittelbar vor seiner Antwort auf die Vorlagefrage des Senats daran erinnert, dass die zuständige Behörde zu prüfen hat, ob sich der Verstoß gegen eine Bestimmung der Richtlinie auf das Wohlbefinden der Tiere ausgewirkt hat, ob dieser Verstoß gegebenenfalls geheilt werden kann und ob er zum Verlust, zur Kürzung oder zur Aufrechterhaltung der Ausfuhrerstattung führen muss (Rz. 51). Diese Erinnerung an eine der tragenden Feststellungen des Urteils vom 17.01.2008 (C-37/06, Rz. 44) erhellt nach Auffassung des beschließenden Senats, dass die zuständige nationale Behörde in den Fallgestaltungen, in denen - wie hier - der Verstoß gegen die Bestimmungen der Richtlinie 91/628/EWG nicht zum Verenden der Tiere geführt hat, nach Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 stets eine Ermessensentscheidung zu treffen hat, in die auch die vom Gerichtshof vorgegebenen Ermessenserwägungen einzustellen sind. Auch der Unabhängige Finanzsenat Salzburg dürfte von diesem Verständnis der EuGH-Rechtsprechung ausgehen. In seiner Berufungsentscheidung vom 27.01.2009 (GZ. ZRV/0121-Z3K/05) hat der Unabhängige Finanzsenat nämlich betont, "ist die zuständige Behörde angesichts der gesamten vom Ausführer vorgelegten Unterlagen der Meinung, dass die Anforderungen dieser Richtlinie nicht eingehalten wurden, hat sie laut EuGH in der Rechtssache C-207/06 zu beurteilen, ob sich der Verstoß auf das Wohlbefinden der Tiere ausgewirkt hat, ob dieser Verstoß gegebenenfalls geheilt werden kann und ob er zum Verlust, zur Kürzung oder zur Aufrechterhaltung der Ausfuhrerstattung führen muss."

Dass die vom Gericht zu prüfende Ermessensentscheidung der Behörde angesichts eines konkret in Rede stehenden Verstoßes gegen die Richtlinie 91/628/EWG im Einzelfall auch unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit darauf reduziert sein kann, dem Ausführer die Ausfuhrerstattung vollständig zu versagen, hat der beschließende Senat in seine Überlegungen einbezogen. Die verbleibende Unsicherheit über das richtige Verständnis der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 17.01.2008 (C-37/06 und C-58/06) und 13.03.2008 (C-96/06) erklärt sich freilich vor dem Hintergrund, dass der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 06.05.2008 (VII R 32/05) weder problematisiert, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber der Behörde nach Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 Ermessen eingeräumt hat, noch subsumiert, dass im zu entscheidenden Fall als ermessensfehlerfreie und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrende Entscheidung allein eine Versagung der gesamten Ausfuhrerstattung in Betracht kommt. Hierzu hätte aber nach Ansicht des beschließenden Senats nicht nur vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, sondern auch unter Berücksichtigung des 7. Erwägungsgrundes der Verordnung (EG) Nr. 639/2003 der Kommission vom 09.04.2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) 1254/1999 des Rates hinsichtlich des Schutzes lebender Rinder beim Transport als Voraussetzung für die Gewährung von Ausfuhrerstattungen (ABl. Nr. 1 93/10, im Folgenden: VO Nr. 639/2003), durch die die Verordnung Nr. 615/98 "im Interesse der Klarheit ersetzt" worden ist (2. Erwägungsgrund der VO Nr. 639/2003), Anlass bestanden. Nach dem 7. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 639/2003 soll nämlich nur dann die "Erstattung insgesamt verweigert werden", wenn die Nichteinhaltung der Richtlinie 91/628/EWG "auf eine völlige Missachtung der Tierschutzvorschriften zurückzuführen" ist.

c) Wegen der vorstehend erläuterten Zweifel hat der Senat beschlossen, dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art. 234 Abs. 2 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften die im Tenor dieses Beschlusses gestellten Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.

Ende der Entscheidung

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