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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 02.04.2008
Aktenzeichen: 4 V 308/07
Rechtsgebiete: GKG, FGO


Vorschriften:

GKG § 52 Abs. 1
GKG § 53 Abs. 3 Nr. 3
FGO § 69 Abs. 3
FGO § 69 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

4 V 308/07

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 3 GKG. Danach ist auch in Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Antragstellers für diesen ergebende Bedeutung der Sache nach Ermessen durch das Gericht zu bestimmen.

Der Senat hat mit Beschluss vom 31.10.2007 (IV 169/05) seine Streitwertrechtsprechung dahin geändert, dass der Streitwert im Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung mit 25% des Streitwerts der Hauptsache anzusetzen ist (StE 2008, 91 = EFG 2008, 488). Vor dem Hintergrund, dass gemäß § 40 GKG für die Wertberechnung der Zeitpunkt der den Rechtszug einleitenden Antragstellung maßgebend ist, hält der beschließende Senat dafür, dass auch in Fällen eines unzulässigen Antrags nach § 69 Abs. 3 FGO wegen beispielsweise Fehlens des behördlichen Vorverfahrens nach § 69 Abs. 4 FGO ein Streitwertansatz in Höhe von 25% des Hauptsachestreitwertes regelmäßig ermessensgerecht ist (so auch FG Düsseldorf, Beschluss vom 25.5.2005, 11 V 5884/03 (E), EFG 2005, S. 1285). Denn zu diesem Zeitpunkt ist noch nicht absehbar, ob der Antrag nach § 69 Abs. 3 FGO als zulässig oder unzulässig zu behandeln ist.

Der beschließende Senat hat erwogen, ob der Streitwert eines AdV-Verfahrens auf einen Höchstbetrag zu begrenzen ist (vgl. hierzu etwa FG Düsseldorf, Beschluss vom 5.2.2008, 8 Ko 249/08 GK, [...], das eine Streitwertbegrenzung auf höchstens EUR 500.000,-- für eine Klage wegen eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens für geboten hält). Für eine Streitwertbegrenzung spricht der Gedanke, dass einem Antragsteller, der sich gegen die Festsetzung eines Abgabenbetrages im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes wenden möchte, die Rechtsverfolgung vor dem Hintergrund des Kostenrisikos nicht unzumutbar erschwert bzw. unmöglich gemacht werden soll. Eine unzumutbare Erschwerung des Zugangs zu den Gerichten könnte aber anzunehmen sein, wenn das Kostenrisiko eines AdV-Verfahrens die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Einzelnen angesichts des in Rede stehenden Abgabenbetrages bei weitem übersteigt. Dieser Überlegung steht freilich die gesetzgeberische Grundentscheidung entgegen, dass in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit zwar ein Mindeststreitwert (scil. EUR 1.000,--, vgl. § 52 Abs. 4 GKG), nicht aber auch ein Streitwerthöchstbetrag zu berücksichtigen ist. Im Unterschied zu den Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit hat der Gesetzgeber in § 52 GKG gerade keine Streitwertbegrenzung vorgesehen. Dieser Umstand erhellt, dass der Gesetzgeber dem Gesichtspunkt des Kostenrisikos und der eventuellen wirtschaftlichen Belastung des Rechtsschutzsuchenden - jedenfalls in Bezug auf die Verfahren vor den Finanzgerichten - keine besondere Bedeutung beigemessen hat. Diese Entscheidung des Gesetzgebers haben grundsätzlich auch die Gerichte zu respektieren und nicht durch die Aufstellung von Streitwertobergrenzen zu unterlaufen.

Dessen ungeachtet kann jeder einkommensschwache Antragsteller eines Verfahrens nach § 69 Abs. 3 FGO das finanzielle Risiko eines solchen AdV-Verfahrens durch die Stellung eines Prozesskostenhilfeantrags nicht nur vorklären, sondern auch begrenzen.

Ein weiterer Aspekt kommt in diesem Zusammenhang schließlich hinzu: Der Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 31.10.2007 (IV 169/05) ausgeführt, dass sich die im Sinne des § 52 Abs. 1 GKG "Bedeutung" eines AdV-Verfahrens häufig - wie auch hier - nicht in dem wirtschaftlichen Vorteil der späteren Zahlung des angefochtenen Abgabenbetrages erschöpft. Vielmehr werden Anträge auf Aussetzung der Vollziehung auch und vor allem deshalb anhängig gemacht, um das Prozessrisiko bezüglich des Hauptsacheverfahrens besser abschätzen zu können. Besteht somit die Bedeutung eines AdV-Antrags auch darin, eine "schnelle und kostengünstige Vorabentscheidung für die Hauptsache" zu erlangen (Thüringer FG, Beschluss vom 1.9.2000, 691/00 Ko, [...]), muss ein Antragsteller es auch hinnehmen, dass sich diese Bedeutung eines AdV-Verfahrens in der Höhe des Streitwerts ausdrückt. Dass der Antragsteller im konkreten Verfahren diese Vorabentscheidung für die Hauptsache nicht erhalten hat, weil sein Antrag wegen Fehlens eines Vorverfahrens nach § 69 Abs. 4 FGO als unzulässig abgelehnt wurde, ist für die Streitwertfestsetzung ohne Belang.

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Überlegungen ist der Streitwert für das vorliegende AdV-Verfahren auf EUR 6.146.935,-- festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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