Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 15.10.2009
Aktenzeichen: 5 K 152/07
Rechtsgebiete: EigZulG, GenG


Vorschriften:

EigZulG § 17
GenG § 87 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte nach Ergehen des Liquidationsbeschlusses einer Wohnungsbaugenossenschaft die Festsetzung der Eigenheimlage zu Gunsten der Mutter der Kläger - JK - für künftige Förderzeiträume aufheben durfte.

JK verstarb am ... 2008 und wurde laut gemeinschaftlichen Erbscheins des Amtsgerichts Hamburg-1 vom ... 2009 (Geschäfts-Nr.: .../09) zu gleichen Teilen von den vier Klägern als Gesamtrechtsnachfolger beerbt.

JK erwarb im Dezember 2002 einen Geschäftsanteil der E Genossenschaft zur Förderung des Wohnungsbaus e. G. - E -, B, im Wert von 5.113 EUR. E, vormals A Genossenschaft zur Förderung des Wohnungsbaus e. G., war nach Errichtung der Satzung vom 18.11.1996 im Genossenschaftsregister beim Amtsgericht B am ...1997 eingetragen worden. Nach § 2 der Satzung in der Fassung vom 14.02.2003 ist der Zweck der E die wirtschaftliche Förderung und Betreuung der Mitglieder, insbesondere durch die Wohnungsversorgung der Mitglieder der E im Rahmen des genossenschaftlichen Wohnraumes sowie die Möglichkeit des Eigentumserwerbs. Mitglieder der E können sowohl natürliche Personen als auch Personengesellschaften des Handelsrechts und juristische Personen sein. In § 11 Abs. 2 der Satzung heißt es: "Den Genossenschaftsmitgliedern, die Förderung nach § 17 EigZulG erhalten, wird unwiderruflich das vererbliche Recht auf Erwerb von Eigentum an der von ihnen zu Wohnzwecken genutzten Wohnung für den Fall eingeräumt, dass die Mehrheit der in einem Objekt wohnenden Genossenschaftsmitglieder der Begründung von Wohnungseigentum und Veräußerung der Wohnungen schriftlich zugestimmt hat." Die Generalversammlung der E beschloss am 30.06.2004 nach § 30 b der Satzung die Auflösung der E. Ausweislich des gemäß § 31 Abs. 4 der Satzung eingeholten Gutachtens des Verbandes ... Wohnungsgenossenschaften e. V. (Gesetzlicher Prüfungsverband) zur Beschlussfassung über die Auflösung der E vom 17.06.2004 (Anlage K 4) beruhte die Entscheidung auf Streitigkeiten mit der Finanzverwaltung und eingeleitete finanzgerichtliche Verfahren über die Förderung gemäß § 17 EigZulG, die zu zahlreichen Kündigungen und hierdurch entstandenen finanziellen Schwierigkeiten der Genossenschaft geführt hätten. Diese Begründung und die Absicht der Genossenschaft, durch die Liquidation eine selbstbestimmte Verwertung statt einer fremdbestimmten Insolvenzabwicklung zu erreichen, wurde von dem Prüfungsverband nicht beanstandet.

Nach Veräußerung der beiden Vermietungsobjekte der E in C und D (Geschäftssitz) verfügte diese zum 31.12.2006 noch über 113 (zum 31.12.2004: 196) Wohneinheiten und 7 (zum 31.12.2004: 11) sonstige Einheiten in F, G und H. Den gesamten Wohnungsbestand in F (75 Wohnungen) vermietet die E wie zuvor an die Sozialdienste der F GmbH. Diese hatte für jede Wohnung einen Genossenschaftsanteil übernommen und vermietete die Wohnungen im Streitzeitraum zu Zwecken des betreuten Wohnens - teilweise an Genossen der E - weiter.

Der Bestand von Grundstücken der E mit Wohnbauten entwickelte sich bis zum 31.12.2006 danach wie folgt:

 Bilanz zumGrundstücke mit Wohnbauten
31.12.200214.372.772 EUR
31.12.200313.222.368 EUR
30.06.20049.090.385 EUR
31.12.20048.994.992 EUR
31.12.20056.227.299 EUR
31.12.20066.033.936 EUR

Auf den Prüfungsbericht vom 11.10.2007 des gesetzlichen Prüfungsverbandes (Anlagenband zu 5 V 40/08, Anlage K 7) wird Bezug genommen. Danach erfolgte die Aufstellung der Jahresabschlüsse unter dem Aspekt der vorläufigen Weiterführung der Unternehmenstätigkeit (Tz. 4, 19 ff. des Prüfungsberichts). Sämtliche Vermietungsobjekte der Genossenschaft würden bis zur Veräußerung weiterhin durch die Genossenschaft bewirtschaftet (Tz. 19, 23 des Prüfungsberichts).

Am 12.03.2003 stellte JK einen Antrag auf Eigenheimzulage ab dem Jahr 2002. Mit Bescheid vom 06.06.2003 über Eigenheimzulage ab 2002 setzte der Beklagte die Eigenheimzulage für 2002 bis 2005 auf jeweils 1.178 EUR (3% der Bemessungsgrundlage zzgl. vier Kinderzulagen zu je 256 EUR), für 2006 auf 401 EUR und für 2007 bis 2009 auf jeweils 0 EUR fest.

Mit Bescheid vom 14.03.2007 (Mittwoch) wurde die Festsetzung der Eigenheimzulage nach § 11 Abs. 3 S. 1 Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) ab 2005 aufgehoben. Diesen begründete der Beklagte damit, dass die Oberfinanzdirektion J mitgeteilt habe, dass die E am 30.06.2004 die Liquidation beschlossen habe; der Förderzeitraum ende daher mit Ablauf des Jahres des Liquidationsbeschlusses.

Gegen diesen Bescheid legte JK mit Schreiben vom 13.04.2007, eingegangen am 18.04.2007, Einspruch ein. Zur Begründung verwies JK darauf, dass die von dem Beklagten angewandte Rz. 84 S. 3 des BMF-Schreibens vom 21.12.2004 ein neues - ungeschriebenes - negatives Tatbestandsmerkmal der Förderung nach § 17 EigZulG dergestalt manifestiere, dass die Eigenheimzulage für den Fall der Liquidation einer Genossenschaft zum Ablauf des Jahres des Liquidationsbeschlusses zu versagen sei. Gesetzliche Voraussetzungen für die Förderung einer genossenschaftlichen Beteiligung nach § 17 EigZulG könne aber nur der Gesetzgeber selbst normieren, nicht die Verwaltung.

Mit Einspruchsentscheidung vom 31.08.2007 wies der Beklagte den Einspruch der JK gegen den Bescheid über die Aufhebung der Festsetzung der Eigenheimzulage ab 2005 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass er sich an Rdn. 84 des BMF-Schreibens vom 21.12.2004 gebunden sehe. § 17 EigZulG sei danach dahingehend auszulegen, dass eine sich in Liquidation befindende Genossenschaft ihrem Zweck, Wohneigentum zu fördern, nicht länger dienen könne.

Ein die Förderfähigkeit der E betreffendes Musterverfahren (Klage gegen den am 11.12.2002 ergangenen Feststellungsbescheid des Finanzamts K gemäß § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung) wurde durch das der Klage stattgebende Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 19.12.2007 (Anlage K 8) und die bestätigende Entscheidung des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19.03.2008 IX R 3/08 abgeschlossen.

Am 26.09.2007 hat JK Klage gegen den Bescheid vom 14.03.2007 erhoben.

Die Kläger tragen vor:

Der angefochtene Bescheid über die Aufhebung der Festsetzung der Eigenheimzulage ab 2002 sei rechtswidrig. § 17 EigZulG enthalte kein (negatives) Tatbestandsmerkmal dergestalt, dass der Förderzeitraum einer genossenschaftlichen Beteiligung im Falle der Liquidation einer Genossenschaft mit Ablauf des Jahres des Liquidationsbeschlusses ende. Weitere gesetzliche Voraussetzungen bestünden nicht.

Dem widerspreche Rdn. 84 S. 3 des BMF-Schreibens zur Eigenheimzulage in der Fassung vom 21.12.2004. Damit habe man eine vermeintliche Gesetzeslücke schließen und denjenigen Genossen, deren Förderzeitraum im Jahr 2005 und den nachfolgenden Jahren noch nicht abgelaufen sei, die Eigenheimzulage aberkennen wollen. Diese Regelung manifestiere ein ungeschriebenes, negatives Tatbestandsmerkmal einer Förderung nach § 17 EigZulG dergestalt, dass diese für den Fall der Liquidation einer Genossenschaft mit Ablauf des Jahres des Liquidationsbeschlusses zu versagen sei. Es sei nicht richtig, dass eine in Liquidation befindliche Genossenschaft dem Zweck der Eigenheimzulage, nämlich der Förderung von Wohneigentum, nicht länger dienen könne.

Im Jahr 2002 sei von Seiten der Finanzverwaltung gegenüber allen Genossen der E festgestellt worden, dass diese seit ihrer Errichtung in 1996 nicht die Anforderungen an eine begünstigte Genossenschaft im Sinne des § 17 EigZulG erfülle, da die neu angeschafften oder errichteten Wohnungen nicht überwiegend an Genossenschaftsmitglieder überlassen würden. Bedingt hierdurch sei die E von Ende 2002 bis Mitte 2003 mit zahlreichen Kündigungen durch Genossen konfrontiert worden. Die Forderungen der ausgeschiedenen Genossen auf Auszahlung der Auseinandersetzungsguthaben hätten nicht befriedigt werden können; E wäre illiquide geworden und hätte einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen müssen. Zur Verhinderung des Eintritts in das Insolvenzverfahren sei beschlossen worden, E zu liquidieren.

Die Beschlussfassung über die Liquidation habe für die E nicht den Sinn und Zweck gehabt, eine Vollbeendigung der Genossenschaft herbeizuführen. Diese sei auch keineswegs damit befasst, ihre Tätigkeit zu beenden und das gesamte Anlage- und Umlaufvermögen zu veräußern. Vielmehr habe das Musterverfahren über die Förderfähigkeit der Genossenschaft abgewartet und sodann über die Rückkehr zur werbenden Tätigkeit entschieden werden sollen. Eine Beschlussfassung über die Fortsetzung der aufgelösten Genossenschaft sei bis heute zwar nicht erfolgt; entsprechende Überlegungen bestünden aber fort.

Die Abwicklung sollte von Anfang an auch unter der Prämisse erfolgen, denjenigen 371 Genossen, die im Geschäftsjahr 2002 im Vertrauen auf den Bestand des von der E erstrittenen Urteils vor dem BFH (IX R 55/00) als Genossen eingeworben worden waren, die formellen Voraussetzungen für die Förderfähigkeit ihrer Beteiligung gemäß § 17 EigZulG zu erhalten. Eine Beendigung der Liquidation vor Ablauf des Jahres 2009 sei ohnehin nicht angedacht gewesen. Hätte E bereits mit Beschlussfassung über die Liquidation ihre werbende Tätigkeit eingestellt, hätte sie sich latenten Schadensersatzansprüchen im Hinblick auf das damit enttäuschte Vertrauen der eingeworbenen Genossen in Höhe von 1.896.923 EUR (= 371 x 5.113 EUR) ausgesetzt gesehen.

Aufgrund des von der E gewählten Liquidationskonzeptes der langfristigen Einzelverwertung sei es erforderlich und geboten, die Genossenschaft wie eine werbende Gesellschaft zu leiten. Die mehrjährige Abwicklungsdauer sei mit den Sorgfaltspflichten des Liquidators auch ohne weiteres vereinbar, da die Abwicklung in enger Abstimmung mit den Genossen und dem gesetzlichen Prüfungsverband erfolge.

Die E habe niemals am Markt wie ein Bauträger agiert und ausschließlich Wohnungen errichtet und sofort wieder veräußert. Vielmehr habe sie immer entsprechend ihrem Satzungszweck gehandelt und auch - unbeschadet der Beschlussfassung über die Liquidation - mitgliedernützige Zwecke verfolgt. Noch immer würden Wohnimmobilien an Genossen vermietet. Dies habe auch das Sächsische Finanzgericht in seinem Urteil vom 11.09.2007 ausgeführt. Und auch der BFH habe in seiner Entscheidung vom 29.03.2007 keinen Zweifel daran gelassen, der die E die Voraussetzungen erfüllte.

Die Hausbewirtschaftung habe vor der Beschlussfassung über die Liquidation die wesentliche, wenn nicht einzige werbende Tätigkeit der Genossenschaft dargestellt. Auch seit der Beschlussfassung über die Liquidation am 30.06.2004 bis heute stelle die Hausbewirtschaftung die wesentliche werbende Tätigkeit der E dar; lediglich der Umfang der Hausbewirtschaftung habe sich verringert. Die werbende Tätigkeit würde erst mit der Veräußerung des letzten Objekts ihr Ende finden.

Aufgrund des zu Beginn der Liquidation erstellten Liquidationskonzeptes sei von vorneherein avisiert gewesen, die Liquidation auf einen mehrjährigen Zeitraum zu verteilen, um das zu verteilende Restvermögen zu optimieren. Das Liquidationskonzept erfordere, dass die Genossenschaft wie eine werbende Gesellschaft geleitet werde. Dieses geschehe in enger Abstimmung mit dem gesetzlichen Prüfungsverband.

Das Handeln der E erfolge auch heute noch entsprechend ihrem Satzungszweck, unbeschadet der Beschlussfassung von 30.06.2004 über die Liquidation. Der sich aus dem Prüfungsbericht vom 11.10.2007 ergebende Wohnungsbestand bestehe bis heute unverändert fort.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

den Bescheid über die Aufhebung der Festsetzung der Eigenheimzulage ab 2005 vom 14.03.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.08.2007 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der Beklagte trägt unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung vor:

Die Ausführungen der Kläger zu der Wohnungsbewirtschaftung würden nicht bestritten. Im Streitfall seien die Voraussetzungen für die Gewährung der Eigenheimzulage jedoch nicht gegeben. Auf die Entscheidung des Finanzgerichts Köln vom 06.04.2006 (6 K 4038/05) werde verwiesen. Das BMF-Schreiben vom 21.12.2004 sorge für ein einheitliches, gesetzeskonformes Verwaltungshandeln; dies werde durch die Entscheidung des BFH vom 29.03.2007 (IX R 28/06) bestätigt. Es komme nicht darauf an, aus welchen Gründen die Genossenschaft ihre Auflösung beschlossen habe.

Unbeachtlich der ursprünglichen Förderfähigkeit der E nach § 17 EigZulG seien diese Voraussetzungen zumindest nach Ergehen des Auflösungsbeschlusses nicht mehr gegeben. Sinn und Zweck sei danach die ordnungsgemäße Abwicklung der Gesellschaft, so dass die Förderung des Wohneigentums, wie sie das EigZulG sicherstellen soll, nicht mehr gewährleiste. Wie die Liquidation dabei im Einzelfall ablaufe, sei unerheblich.

Am 26.02.2009 hat ein Erörterungstermin stattgefunden. Auf die Niederschrift über diesen Termin wird Bezug genommen.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Dem Gericht liegen die Eigenheimzulageakten Band I und die Rechtsbehelfsakten, jeweils zur Steuernummer .../.../..., vor.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid (§ 90 a Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

I.

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Kläger sind durch den Bescheid über die Aufhebung der Festsetzung der Eigenheimzulage ab 2005 vom 14.03.2007 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.08.2007 in ihren Rechten verletzt, § 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Beschluss der Generalversammlung der E nach § 30 b der Satzung vom 30.06.2004 über ihre Auflösung führt nicht zum Wegfall der Voraussetzungen für die Gewährung der Eigenheimzulage. Zu Unrecht hat der Beklagte deshalb eine Suspendierung des angefochtenen Bescheides vom 14.03.2007 abgelehnt.

E erfüllte auch in den Jahren 2005 von 2006 die Voraussetzungen des § 17 EigZulG, die zur Gewährung der Eigenheimzulage führen können. Danach war für 2005 eine Eigenheimzulage in Höhe von 1.178 EUR (3% der Bemessungsgrundlage im Sinne des § 17 S. 4 EigZulG von 5.113 EUR zuzüglich 4 Kinderzulagen im Sinne des § 17 S. 5 EigZulG zu je 256 EUR) und für 2006 in Höhe von 401 EUR (5.113 EUR abzüglich bisher festgesetzter Eigenheimzulage von 4.712 EUR) festzusetzen.

1. Nach § 17 S. 1 EigZulG kann der Anspruchsberechtigte die Eigenheimzulage einmal für die Anschaffung von Geschäftsanteilen in Höhe von mindestens 5.113 EUR an einer nach dem 1. Januar 1995 in das Genossenschaftsregister eingetragenen Genossenschaft (Genossenschaftsanteile) in Anspruch nehmen.

JK erfüllte als Anspruchsberechtigte i. S. von § 1 EigZulG diese Voraussetzungen; denn sie hatte einen Genossenschaftsanteil in Höhe von 5.113 EUR erworben. Auch entspricht E ab 2005 - jedenfalls für den JK weiter zuzumessenden Förderzeitraum 2005 und 2006 - den Anforderungen, die das Gesetz an die Förderbarkeit ihrer Anteile stellt.

2. Ebenso sind die weiteren Voraussetzungen für die Eigenheimzulage im Sinne des § 17 S. 2 EigZulG im Streitfall erfüllt. E entsprach in 2005 und 2006 noch dem in dieser Vorschrift normierten Zweck; danach ist auch der Anspruch der JK auf Eigenheimzulage nicht entfallen.

Gemäß § 17 S. 2 EigZulG muss im Fall der Anschaffung von Genossenschaftsanteilen die Satzung der Genossenschaft unwiderruflich den Genossenschaftsmitgliedern, die Förderung erhalten, das vererbliche Recht auf Erwerb des Eigentums an der von ihnen zu Wohnzwecken genutzten Wohnung für den Fall einräumen, dass die Mehrheit der in einem Objekt wohnenden Genossenschaftsmitglieder der Begründung von Wohnungseigentum und Veräußerung der Wohnungen schriftlich zugestimmt hat.

a) Nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes sollen "auch im Bereich des genossenschaftlichen Wohnens Anreize für die Bildung und den Erwerb von Wohneigentum" geschaffen werden (so BTDrs. 13/2784, S. 40, zu § 9 Abs. 2). Der Gesetzgeber wollte damit vermeiden, genossenschaftliches Anteilseigentum gegenüber (Allein-)Eigentum an einer Wohnung zu diskriminieren (Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der steuerrechtlichen Wohneigentumsförderung, BTDrs. 13/2476, S. 5, Tz. 13, zu Art. 1). Erforderlich ist dabei, dass die Genossenschaft ihren Mitgliedern Wohnungen überlässt. Nur unter dieser Voraussetzung ist das geförderte Anteilseigentum mit Wohnungseigentum überhaupt vergleichbar. Danach muss es sich um eine Genossenschaft handeln, die - wie die E - von ihr errichtete Wohnungen ihren Mitgliedern unbeschadet eines entsprechenden in der Satzung formulierten Gesellschaftszwecks tatsächlich zum Wohnen überlässt (BFH Urteil vom 29.03.2007 IX R 28/06, BFH/NV 2007, 1635). Nicht erforderlich ist, dass neu angeschaffte und errichtete Wohnungen überwiegend an Genossenschaftsmitglieder überlassen werden (vgl. vgl. BFH Urteil vom 19.08.2008 IX R 3/08, BFHE 223, 563, BStBl II 2009, 447). Vielmehr genügt, dass wie im Streitfall aufgrund der Vermietung von 75 Wohnungen der E in F an die Sozialdienste der F GmbH eine teilweise Vermietung an die Genossenschaftsmitglieder erfolgt.

Andererseits ist die Eigenheimzulage im Streitfall - anders als für diejenigen Genossenschaftsmitglieder, die der Genossenschaft nach dem 31.12.2003 beigetreten sind (§ 17 S. 1 Halbsatz 2 EigZulG in der Fassung des Art. 6 Nr. 8 Haushaltsbegleitgesetz 2004 vom 29.12.2003, BGBl. I 2003, 3076) - nicht davon abhängig, ob der Anspruchsberechtigte irgendwann im Förderzeitraum eine Wohnung der Genossenschaft zu eigenen Wohnzwecken nutzt (BFH Urteil vom 15.01.2002 IX R 55/00, BFHE 197, 507, BStBl II 2002, 274). Auch reine Kapitalanleger werden gefördert, wenn sie - wie JK - dazu beitragen, Wohnraum für diejenigen Genossenschaftsmitglieder zu schaffen, die selbst dazu nicht in der Lage sind. Dabei muss aber auch eine Überlassung von Wohnungen an Genossen beabsichtigt sein und stattgefunden haben; denn die Begünstigung der Genossenschaft i. S. von § 17 EigZulG ist durch den mitgliedernützigen Zweck dieser Vereinigungsform gerechtfertigt (BFH Urteil vom 15.01.2002 IX R 55/00, BFHE 197, 507, BStBl II 2002, 274).

b) Diese Voraussetzungen des § 17 S. 2 EigZulG entfallen nicht ohne weiteres mit dem Ablauf des Jahres des Auflösungsbeschlusses der Genossenschaft (§ 17 S. 8 i.V.m. § 11 Abs. 3 Satz 1 EigZulG), wenn diese nicht auch unmittelbar und ausschließlich in die Abwicklung eintritt. Ist die Genossenschaft - wie im Streitfall jedenfalls in den Jahren 2005 und 2006 - weiterhin auch entsprechend ihrem Gesellschaftszweck tätig und überlässt sie die von ihr errichteten Wohnungen tatsächlich zum Wohnen, erfüllt sie die Voraussetzungen für die Gewährung der Eigenheimzulage.

aa) Nach Wortlaut und Auslegung des § 17 EigZulG ergibt sich - abweichend von Randnummer 84 S. 3 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen vom 21.12.2004, (BStBl I 2005, 305) - nicht, dass im Fall einer Genossenschaft, über die ein Auflösungsbeschlusses ergangen ist, die aber die von ihr errichteten Wohnungen weitervermietet, der Förderzeitraum vorzeitig beendet wird.

Der Regelung des § 17 EigZulG sind keine Typisierungsbefugnisse im Sinne einer Regelungsdelegation auf die Verwaltung zu entnehmen. Die Norm ist nicht in einer Weise unbestimmt, dass sie ohne eine entsprechende Konkretisierung seitens der Verwaltung keinen hinreichend bestimmten, verfassungsgemäßen Regelungsgehalt hätte. Insbesondere bedarf es der von der Verwaltung befürworteten Begrenzung des Anwendungsbereichs von § 17 EigZulG nicht, um Sinn und Zweck der Regelung zu berücksichtigen. Insoweit muss es sich lediglich um eine Genossenschaft handeln, die von ihr errichtete Wohnungen ihren Mitgliedern unbeschadet eines entsprechenden Gesellschaftszwecks tatsächlich zum Wohnen vorhält. Dieses Erfordernis ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 17 EigZulG (vgl. BFH Urteil vom 19.08.2008 IX R 3/08 a.a.O.).

bb) Den Fördervoraussetzungen steht im Streitfall auch die aufgrund des Beginns der Liquidation der Genossenschaft erfolgte Zweckänderung nicht entgegen. Insbesondere stand den Genossenschaftsmitgliedern der E auch nach Beginn der Liquidation weiterhin das unwiderrufliche Eigentumserwerbsrecht i.S.d. § 17 S. 2 EigZulG zu.

(1) Zwar tritt der Förderzweck der Genossenschaft, der darin besteht, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern (§ 1 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften - GenG -), im Abwicklungsstadium hinter den Abwicklungszweck, die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Verpflichtungen der aufgelösten Genossenschaft zu erfüllen, die Forderungen derselben einzuziehen und das Vermögen der Genossenschaft in Geld umzusetzen (§ 88 S. 1 GenG), zurück. Solange die Geschäfte der Genossenschaft indes - wie im Streitfall - fortgeführt werden und eine Förderung somit tatsächlich erfolgt, fallen auch die Voraussetzungen des § 17 S. 2 EigZulG nicht fort.

E hat in den Jahren 2005 und 2006 ihre werbende Tätigkeit, die der Erfüllung des Gesetzeszwecks im Sinne des § 17 EigZulG diente, nicht eingestellt. Zwar hatte sie mit Schwerpunkt in den Jahren 2004 und 2005 einen Teil ihrer Grundstücke verkauft. Zum Schluss des Jahres 2006 indes bewirtschaftete sie noch 66% der im Zeitpunkt des Auflösungsbeschlusses vorhandenen Wohngrundstücke im Wert von mehr als 6 Mio. EUR. Davon, dass die E ihre werbende Tätigkeit im Sinne einer Vermietung der Wohnungen an Dritte und ihre Genossen mit dem Beschluss über ihre Auflösung am 30.06.2004 nicht aufgegeben hat, zeugen auch die Ausführungen im Bericht des Verbandes ... Wohnungsgenossenschaften e. V. - gesetzlicher Prüfungsverband - vom 11.10.2007. In diesem wird unter Tz. 4 und 19 ff. ausgeführt, dass die Aufstellung der Jahresabschlüsse unter dem Aspekt der vorläufigen Weiterführung der Unternehmenstätigkeit erfolgt sei und die Vermietungsobjekte bis zur tatsächlichen Veräußerung weiterhin durch die Genossenschaft bewirtschaftet und entsprechend dieser Nutzung planmäßig abgeschrieben würden. Nach Tz. 23 dieses Berichts sei der Verkauf der Wohnungsbestände im Rahmen der Liquidation über einen am Markt orientierten, längeren Zeitraum vorgesehen. In dieser Phase wird die Hausbewirtschaftung durch die Genossenschaft auch tatsächlich weitergeführt; in den Jahren 2005 und 2006 bewirtschaftete die E drei Mietobjekte in F, G und H mit einem Wohnungsbestand von 113 sowie 7 sonstigen Einheiten. Unter Würdigung der Gesamtumstände kann deshalb im Streitfall nicht davon ausgegangen werden, dass die Tätigkeit der E in den Jahren 2005 von 2006 nicht mehr der tatsächlichen Überlassung von Wohnungen an Dritte und ihre Genossen gedient hätte und die Voraussetzungen für die Gewährung der Eigenheimzulage an JK damit weggefallen wären.

(2) Schließlich gilt das aufgrund des Statuts der E (§ 11 Abs. 2) ihren Genossenschaftsmitgliedern eingeräumte unwiderrufliche Eigentumserwerbsrecht auch nach Auflösung der Genossenschaft unter Berücksichtigung des § 87 Abs. 1 GenG fort. Danach ist bis zur Beendigung der Liquidation ungeachtet der Auflösung der Genossenschaft in Bezug auf die Rechtsverhältnisse der Genossenschaft und ihrer Mitglieder u.a. § 18 weiter anzuwenden, soweit sich aus den Vorschriften dieses Abschnitts und aus dem Wesen der Liquidation nichts anderes ergibt. Das Rechtsverhältnis der Genossenschaft und ihrer Mitglieder richtet sich nach der Satzung (§ 18 S. 1 GenG). Das unwiderrufliche Eigentumserwerbsrecht nach § 11 Abs. 2 der Satzung der E steht auch nicht dem Wesen der Liquidation entgegen. Das Ergebnis der Inanspruchnahme dieses Rechts des Genossenschaftsmitgliedes entspricht sogar dem Zweck der Liquidation; es findet eine Veräußerung durch die Genossenschaft statt, die dem Wesen der Liquidation, die darauf zielt, das Vermögen der Genossenschaft in Geld umzusetzen (§ 88 S. 1 GenG), immanent ist (a. A. Finanzgericht München Urteil vom 05.05.2009 13 K 986/06, [...]).

Dabei spielt es auch keine Rolle, dass der Liquidator nach der Auflösung der Genossenschaft verpflichtet ist, das Genossenschaftsvermögen bestmöglich zu verwerten. Denn selbst außerhalb der Liquidation ist der Genosse, der sein Eigentumserwerbsrecht im Sinne von § 11 Abs. 2 der Satzung der E geltend macht, nicht in der Lage, die Konditionen für den Erwerb selbstständig zu bestimmen. Auch die Genossenschaft, die sich nicht im Liquidationsstadium befindet, wird den Veräußerungspreis bei Erwerb des Eigentums an der von dem erwerbenden Genossenschaftsmitglied zu Wohnzwecken genutzten Wohnung nach dem Verkehrswert bemessen; nichts anderes wird nach Auflösung der Genossenschaft zu gelten haben. Zudem unterliegt der Erwerb einer Genossenschaftswohnung weiteren Kautelen, die nicht einseitig von Seiten des Genossenschaftsmitgliedes bestimmt werden können; so ist gemäß § 11 Abs. 2 der Satzung der E in Übereinstimmung mit § 17 S. 2 EigZulG die schriftliche Zustimmung der Mehrheit der in einem Objekt wohnenden Genossenschaftsmitglieder zur Begründung des Wohnungseigentums und der Veräußerung der Wohnung erforderlich. Dass nach Auflösung der Genossenschaft möglicherweise weitere sich aus dem Zweck der Liquidation ergebende Umstände für das Genossenschaftsmitglied, das seinen Erwerbsanspruch geltend macht, zu berücksichtigen sein werden, ändert nichts an seiner grundsätzlichen Rechtsposition und dem auch nach Eintritt in das Liquidationsstadium möglichen Erwerb der von ihm zu Wohnzwecken genutzten Wohnung.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151 Abs.3, 155 FGO sowie aus §§ 708 Nr.10 und 711 ZPO. Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). So weist das BMF-Schreiben vom 21.12.2004 (IV C 3-EZ 1010-43/04) die Verwaltung an, im Falle der Liquidation einer Genossenschaft vom Ende des Förderzeitraums mit Ablauf des Jahres des Liquidationsbeschlusses auszugehen.



Ende der Entscheidung

Zurück