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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 17.08.2007
Aktenzeichen: 5 K 160/06
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

5 K 160/06

Tatbestand:

Streitig ist die Berücksichtigung einer doppelten Haushaltsführung.

Die Kläger werden zusammen veranlagt. Sie sind in X geboren und aufgewachsen. 1994 erwarb der Kläger zusammen mit seiner Mutter eine Doppelhaushälfte mit zwei Wohnungen in X. Die Eltern bezogen das Erdgeschoss, während der Kläger die im Obergeschoss gelegene 70 qm große Wohnung nutzte. Ab 1. April 1999 wohnte die Klägerin mit in der Wohnung im Obergeschoss. Seit dem 8.6.2001 sind die Kläger verheiratet. Am 26.1.2003 wurde die Tochter geboren, die Klägerin befand sich danach bis 12.4.2003 im Mutterschutz. Die Tochter wurde im Streitjahr in Hamburg von einer Tagesmutter betreut.

Im Jahre 2000 nahmen beide Kläger eine nichtselbständige Tätigkeit in auf und bezogen hier ab 16.10.2000 eine 54,15 qm große Mietwohnung. Im Dezember 2003 erwarben sie mit Wirkung zum 30.1.2004 in Hamburg eine 95 qm große Eigentumswohnung. Hierfür erhielten sie gem. Bescheid vom 17.6.2004 ab 2004 Eigenheimzulage. Im Streitjahr waren sie mit dem Hauptwohnsitz in Hamburg und dem Nebenwohnsitz im X gemeldet.

In ihrer Einkommensteuer(ESt)erklärung für das Streitjahr machten beide Kläger jeweils Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung - wie bereits in den vorangegangenen Jahren auch - geltend, und zwar der Kläger in Höhe von 8.267 EUR und die Klägerin in Höhe von 2.426,83 EUR. Die Aufwendungen des Klägers entfielen auf 47 Fahrten mit dem PKW (PKW-1, zugelassen auf die Mutter des Klägers) zwischen X und Hamburg, die Mietzahlungen für die Hamburger Wohnung, Zinsaufwendungen für die Wohnung in X, die ab dem 9.2.2004 Nebenwohnung sei, Zweitwohnungssteuer und Verpflegungsmehraufwendungen. Die geltend gemachten Aufwendungen der Klägerin wurden nicht spezifiziert.

Mit ESt-Bescheid vom 17.2.2006 berücksichtigte der Beklagte Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung nur im Zeitraum vom 1.1. bis 8.2.2004 in Höhe von 1.415,45 EUR (6 Familienheimfahrten und Mietzahlungen für die Mietwohnung in Hamburg). Für die Zeit danach befinde sich der Hauptwohnsitz und die Arbeitsstätten in H; die Aufwendungen für die Wohnung in X gehörten zu den nicht abzugsfähigen Lebenshaltungskosten. Hiergegen richtete sich der Einspruch vom 6.3.2006. Der Lebensmittelpunkt bestehe weiterhin in X, die Wohnung in X werde jede Woche aufgesucht.

Im Rechtsbehelfsverfahren erhöhten die Kläger die Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung auf 15.846,84 EUR, weil sie nunmehr die Finanzierungsaufwendungen für die Immobilie in Hamburg statt der Kosten für die X-er Wohnung geltend machten. Ferner erhöhten sie die Anzahl der Heimfahrten auf 48 und verteilten diese nunmehr abweichend von der ursprünglichen Erklärung - 47 Fahrten mit PKW-1 - auf 30 Fahrten mit dem PKW-1 und 18 Fahrten mit PKW-2. Die Kläger reichten eine eidesstattliche Versicherung der Mutter des Klägers ein, wonach die Kläger die auf sie, Frau A, zugelassenen Fahrzeuge (PKW-1 und PKW-2) zur freien Verfügung hätten. Ferner reichten sie Kopien von Fahrtenbüchern für beide Fahrzeuge ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 14.9.2006 wies der Beklagte den Einspruch zurück, weil sich der Lebensmittelpunkt nach Hamburg verlagert habe.

Am 29.9.2006 haben die Kläger Klage erhoben. Sie sind der Ansicht, dass sich ihr Lebensmittelpunkt weiterhin in X befinde und deshalb die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung im Streitjahr erfüllt seien. Der Erwerb der Immobilie ändere an der in der Vergangenheit auch vom Beklagten anerkannten doppelten Haushaltsführung nichts. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Erläuterungen der Kläger im Erörterungstermin gem. Protokoll vom 6.6.2007 Bezug genommen.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

die Einspruchsentscheidung vom 14.9.2006 aufzuheben und den ESt-Bescheid für 2004 vom 17.2.2006 mit der Maßgabe zu ändern, dass weitere Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers von 14.431,39 EUR (15.846,84 EUR abzgl. 1.415,45 EUR) und der Klägerin von 2.426,83 berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

und nimmt auf seine Einspruchsentscheidung Bezug.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die Sitzungsniederschrift über den Erörterungstermin vom 6.6.2007 Bezug genommen. Die Beteiligten haben über einstimmend auf die mündliche Verhandlung verzichtet und einer Entscheidung durch die Berichterstatterin zugestimmt.

Die die Kläger betreffenden Steuerakten haben vorgelegen

Entscheidungsgründe:

Das Gericht entscheidet gem. §§ 79a Abs. 3 und 4, 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung durch die Berichterstatterin.

I. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Beklagte hat zu Recht keine weiteren Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung steuermindernd berücksichtigt.

Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG sind Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, und zwar unabhängig davon, aus welchen Gründen die doppelte Haushaltsführung beibehalten wird. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nach Satz 2 der Vorschrift nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Danach muss der Arbeitnehmer am Beschäftigungsort wohnen, einen eigenen Hausstand jedoch nicht am Beschäftigungsort, sondern an einem anderen Ort unterhalten. Der Ort des eigenen Hausstandes und der Beschäftigungsort müssen auseinanderfallen. Nur dann, wenn ein Arbeitnehmer getrennt von seiner Familie und seinem Hausstand an seinem Beschäftigungsort wohnt, tritt eine Aufsplitterung der üblicherweise einheitlichen Haushaltsführung auf zwei verschiedene Haushalte ein, die die Anerkennung der sich hieraus ergebenden Mehraufwendungen als Werbungskosten rechtfertigt. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nicht vor, wenn ein Arbeitnehmer an seinem Beschäftigungsort in einer für die Unterbringung der Familie geeigneten Wohnung einen eigenen Hausstand unterhält und daneben noch die bisherige Familienwohnung an einem früheren Beschäftigungsort beibehält (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 29.11.1974 - VI R 77/73, BStBl II 1975,459;vom 4.4.2006 - VI R 11/02, BStBl II 2006,714).

Im Streitfall kann dahinstehen, ob die Kläger ursprünglich mit ihrer Arbeitsaufnahme in Hamburg im Jahre 2000 jeweils eine doppelte Haushaltsführung mit Rücksicht auf ihren bisherigen Aufenthaltsort in X begründet hatten, denn jedenfalls war der Haupthausstand im Streitjahr an den Beschäftigungsort beider Kläger verlagert worden. Die erforderliche Aufsplitterung der Haushaltführung bestand nicht, der Ort des Hausstandes und der Beschäftigungsort war allein Hamburg. Damit sind die Voraussetzungen für die Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung entfallen.

Hamburg ist als Ort des Hausstandes und des Lebensmittelpunktes anzusehen, weil die Kläger - jedenfalls -- ab Februar 2004 über eine ihren familiären Bedürfnissen entsprechende eigene Immobilie verfügten. Von hier aus gingen sie ihrer jeweiligen Beschäftigung nach, hier wurde die Tochter von einer Tagesmutter betreut. Zudem wohnten die Kläger im Streitjahr bereits seit mehreren Jahren zusammen in Hamburg, die Klägerin hielt sich hier auch während des Mutterschutzes auf und nahm in Hamburg an Fortbildungsveranstaltungen teil.

Dass die Kläger ihre Wohnung in X beibehalten haben, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Insbesondere hat das Gericht nicht die Überzeugung gewinnen können, dass die Kläger - abweichend vom Normalfall -- ihren Lebensmittelpunkt weiter in X hatten und deshalb ausnahmsweise eine Beibehaltung einer - möglicherweise - ursprünglich beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung in Erwägung zu ziehen wäre. Eine besondere Anbindung an X bestand nach den Darlegungen der Kläger im Erörterungstermin nicht mehr. Eine Vereinstätigkeit wurde dort nicht mehr ausgeübt, die Klägerin war bereits einige Zeit nach dem Wechsel nach Hamburg aus einem Handballverein ausgeschieden. Der Umstand, dass sich der Freundeskreis in X befunden hat und dass die Eltern bzw. Schwiegereltern bei der Gartenarbeit und der Instandhaltung des Hauses unterstützt wurden, spricht nicht für einen Lebensmittelpunkt in X, sondern für typische Freizeitaktivitäten am Wochenende. Derartige Kontakte mit den Eltern und mit dem Freundeskreis begründen keinen Lebensmittelpunkt am Ort der beibehaltenen kleineren Wohnung am Heimatort, sondern belegen lediglich besuchsmäßige Aufenthalte in der X-er Wohnung.

Abgesehen davon, dass allein die Häufigkeit von Wochenendfahrten nicht auf das Fortbestehen des Lebensmittelpunktes am Heimatort schließen lässt ( vgl. dazu FG München vom 6.7.2006 - 5 V 2164/06, n.v., juris), und es nach den vorstehenden Erwägungen auch nicht entscheidungserheblich ist, hat das Gericht auch nicht die Überzeugung gewinnen können, dass die Kläger tatsächlich in dem behaupteten Umfang nach X gefahren sind. Das Originalfahrtenbuch haben sie trotz eines entsprechenden Hinweises des Gerichts nicht vorgelegt. Die in Kopie eingereichten Fahrtenbuchaufzeichnungen sind als Beweis für die Anzahl der Fahrten nicht überzeugend, weil sie kein stimmiges Bild ergeben und Zweifel an der Richtigkeit der Aufzeichnungen bestehen. Nach der im Original vorgelegten Reparaturrechnung der Fa. R in Hamburg wies das KFZ mit dem Kennzeichen PKW-1 per 29.4.2004 einen Kilometerstand von 93.1.. km auf. Demgegenüber nennt das Fahrtenbuch unter dem 2.5.2004 einen Kilometerstand von nur 92.9.. für den Fahrtbeginn in X nach Hamburg. Die vorangehende Eintragung betrifft eine Fahrt am 24.4. von Hamburg nach X (Km-Stand zu Beginn 92.7.., Km-Stand am Ende der Fahrt: 92.9..). Danach stimmt weder der Kilometerstand überein noch kann sich das Fahrzeug lt. Fahrtenbuch in Hamburg zur Reparatur befunden haben. Ein ähnliches Ergebnis stellt sich bei der Rechnung der Fa. S, in X, vom 30.7.2004 ein: Der Kilometerstand von 95.8.. für den PKW-1 lt. Rechnung war nach Fahrtenbuch schon Mitte Juli überschritten. Für den 18.7.2004 wird eine Fahrt von Y nach X angegeben, der Km-Stand bei Fahrtbeginn beträgt bereits 95.9.. km und endet mit 96.1.. km. Zweifel ergeben sich auch daraus, dass in der Einkommensteuererklärung zunächst nur Fahrten mit einem PKW angegeben und während des Rechtsbehelfsverfahrens die Fahrten auf zwei Fahrzeuge verteilt werden. Wenn tatsächlich Fahrtenbücher laufend geführt worden sind, ist ein solches "Versehen" nur schwer nachvollziehbar. Aus den eingereichten Tankquittungen lassen sich ebenfalls keine verlässlichen Erkenntnisse gewinnen.

Die Klage kann danach keinen Erfolg haben.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Nichtzulassung der Revision beruht auf § 112 Abs. 2 FGO.

Ende der Entscheidung

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