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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 24.06.2009
Aktenzeichen: 5 K 217/08
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1
EStG § 12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger ( -Kl- ) die im Zuge einer Feier aus Anlass seiner Verabschiedung in den Ruhestand entstandenen Bewirtungs- und Druckkosten als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit anzuerkennen sind.

Der am ... geborene Kl war als Oberarzt in einem Krankenhaus als Arbeitnehmer mit festen Bezügen beschäftigt. Seine Tätigkeit dort endete nach ... Jahren im Mai 2006 mit Erreichen der Altersgrenze und dem Eintritt in den gesetzlichen Ruhestand. Seit Juni 2006 bezieht der Kl Versorgungsbezüge.

Zur Verabschiedung in den Ruhestand lud der Kl am 11. Mai 2006 zu einer Feier ein. Der Kreis der Gäste beschränkte sich auf aktuelle Mitarbeiter, Kollegen und Vorgesetzte des Kl im Zeitpunkt des Ausscheidens. Private Bekannte oder Angehörige des Kl waren nicht anwesend. Bei allen Chef- und Oberärzten und einigen weiteren, ihm aus langjähriger beruflicher Zusammenarbeit bekannten, älteren Ärzten erfolgte die Einladung durch persönliche Einladungskarten, die der Kl in die krankenhausinternen Postfächer der Betreffenden einlegte oder vom Sekretariat in andere Abteilungen des Krankenhauses versenden ließ. Darüber hinaus hängte der Kl an den Informationsbrettern der OP-Unfallambulanz, des Sekretariats der chirurgischen Abteilung und ausgewählter Stationen des Krankenhauses eine allgemeine Einladung aus, die sich im Wesentlichen an die übrigen Ärzte sowie die Schwestern und Pflegekräfte der vom Kl ärztlich betreuten Stationen richtete. Eine Möglichkeit, sich von seinen Mitarbeitern und Vorgesetzten im Rahmen einer offiziellen Veranstaltung des Krankenhauses zu verabschieden, bestand für den Kl nicht. Eine förmliche Übergabe der Dienstgeschäfte des Kl als Oberarzt an seinen Nachfolger in dieser Funktion erfolgte nicht. Die Feier fand in extra hierfür vorgesehenen Räumen des Krankenhauses in der Zeit von etwa 14:00 bis 19:00 Uhr statt. Der Zahl der Eingeladenen und Anwesenden belief sich nach der Erinnerung des Kl auf mehr als 107 Personen. Für deren Bewirtung und den Druck der Einladungen entstanden dem Kl in 2006 Kosten von EUR 2.753,96 bzw. EUR 75,00, die durch entsprechende Rechnungen nachgewiesen sind. Der Arbeitgeber nahm keinen Einfluss auf die Gästeliste und beteiligte sich an den genannten Kosten für die Feier nicht. Mit seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kl die Aufwendungen in Höhe von zusammen EUR 2.829,00 als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit geltend. Der Beklagte ( -Bekl- ) sah die Ausgaben als Kosten der privaten Lebensführung des Kl an und ließ den Abzug unter Hinweis auf § 12 EStG mit Einkommensteuerbescheid 2006 vom 20.03.2008 nicht zu. Der hiergegen gerichtete Einspruch vom 03.04.2008 (Eingang) blieb ohne Erfolg. Die Einspruchsentscheidung wurde am 26.11.2008 zur Post gegeben. Mit der am 19.12.2008 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt der Kl sein Begehren weiter.

Er trägt vor, bei den Kosten der Veranstaltung handele es sich um Werbungskosten. Zwischen den diesbezüglichen Aufwendungen und den Einkünften des Kl aus nichtselbständiger Tätigkeit bestehe ein objektiver Veranlasssungszusammenhang. Anlass für die Veranstaltung sei seine, des Kl, Verabschiedung in den Ruhestand gewesen. Auch wenn die Verabschiedung ein persönliches Ereignis in seinem Leben sei, stelle sie in erster Linie den letzten Akt in seinem aktiven Dienst als Oberarzt des betreffenden Krankenhauses dar. Damit habe sie überwiegend beruflichen Charakter und sei Teil der Berufstätigkeit. Unschädlich sei, dass er, und nicht der Arbeitgeber, Gastgeber gewesen sei. Die Einladungen seien wie bei Betriebsveranstaltungen üblich erfolgt. Angesichts der großen Anzahl der Mitarbeiter von über 100 Personen sei die Einladung zu einer derartigen Massenfeier nicht als Ausfluss seiner wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung zu werten. Für die berufliche Veranlassung spreche auch, dass keine privaten Bekannten und Angehörige anwesend waren, die Eingeladenen ihm mithin nicht persönlich, sondern nur beruflich nahestanden. Der Veranstaltung habe es am Charakter einer privaten Feier gemangelt, weil sie in Räumen des Krankenhauses und während der regulären Dienstzeit stattgefunden habe. Die Mitarbeiter hätten dadurch in Abstimmung mit ihren jeweiligen Dienstplänen und ohne Beeinträchtigung des Klinikalltags teilnehmen können. Die Aufwendungen hätten subjektiv der Förderung seiner, des Kl, beruflicher Tätigkeit gedient. Seine leitende Tätigkeit habe von ihm eine strukturierte Arbeitsweise erfordert, durch welche seine Entscheidungen über die Mitarbeiter auf der Station jeweils fortwirkten. Die Feier habe dem Erhalt der Teamfähigkeit, der Vernetzung der Stationen und der engen Kooperation der Mitarbeiter gedient und sei daher eine Maßnahme gewesen, um zu gewährleisten, dass die Zielstellungen seiner Arbeit durch den Abschied aus dem Berufsleben nicht gefährdet würden.

Der Kl beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 20.03.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.11.2008 zu ändern und dabei die Einkünfte gemäß § 19 EStG um EUR 2.829,00 zu verringern und die Einkommensteuer entsprechend neu festzusetzen.

Der Bekl beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zwar sei ein objektiver Zusammenhang der getätigten Aufwendungen mit der beruflichen Tätigkeit des Kl erkennbar. Die private Verlassung stehe jedoch im Vordergrund, da Anlass der Veranstaltung unstreitig das Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze und Eintritt des Kl in den Ruhestand sei. Hierbei handele es sich um einen in der privaten Sphäre liegenden Umstand. Der Anlass sei indiziell für die Zuordnung von Aufwendungen entweder zu den Werbungskosten oder - wie hier - zu den nichtabzugsfähigen Kosten der privaten Lebensführung. Der Arbeitgeber des Kl habe weder die Veranstaltung ausgerichtet noch einen Anteil an deren Kosten getragen. Beides habe allein der Kl getan. Spezifische betriebliche Interessen, der die Feier des Kl gedient haben könnten, seien nicht ersichtlich. Dem Abzug als Werbungskosten stehe grundlegend entgegen, dass die streitigen Aufwendungen in keiner Weise durch eine Einkunftserzielungsabsicht des Kl geprägt gewesen seien. Bei Ausrichtung der Feier habe er seine Absicht, Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit zu erzielen, schon endgültig aufgegeben gehabt und sei nur etwa zwei Wochen danach auch tatsächlich in den Ruhestand gegangen.

Wegen weiterer Einzelheiten zum Vortrag der Beteiligten wird auf den Inhalt der im Klageverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, der Einkommensteuerakte des Streitjahres und das Protokoll des durch den Berichterstatter mit den Beteiligten am 29.05.2009 durchgeführten Erörterungstermins verwiesen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter erklärt und auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Dem Gericht hat die bei dem Bekl für den Kl zur Steuernummer .../.../... geführte Einkommensteuerakte für das Streitjahr vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

I. Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten durch das zum Berichterstatter bestellte Mitglied des Senats als konsentierter Einzelrichter gemäß § 79 a Abs. 3 u. 4 Finanzgerichtsordnung ( -FGO- ) und ohne die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 90 Abs. 2 FGO

II. Die zulässige Klage ist begründet.

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 20.03.2008 und die Einspruchsentscheidung vom 26.11.2008 sind rechtswidrig und verletzen den Kl in seinen Rechten. Die Einspruchsentscheidung war daher aufzuheben und der Einkommensteuerbescheid wie aus dem Tenor ersichtlich zu ändern, § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 FGO.

Zu Unrecht hat der Bekl die dem Kl im Streitjahr entstandenen Druckkosten und Bewirtungsaufwendungen für die Feier aus Anlass seines Eintritts in den Ruhestand nicht als Werbungskosten bei dessen Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit anerkannt. Die genannten Aufwendungen von zusammen EUR 2.829,00 waren beruflich veranlasst und in voller Höhe von den entsprechenden Einnahmen des Kl abzuziehen, § 9 Abs. 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz ( -EStG- ).

1. Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ( -BFH- ) liegen Werbungskosten vor, wenn zwischen den Aufwendungen und der jeweiligen Einkunftsart ein Veranlassungszusammenhang besteht. Das ist bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit der Fall, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Beruf zusammenhängen und subjektiv zu dessen Förderung getätigt werden. Dabei ist der objektive Zusammenhang stets zwingend erforderlich, während die subjektive Absicht kein notwendiges Merkmal des Werbungskostenbegriffs ist. Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, dürfen dagegen nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch dann nicht als Werbungskosten abgezogen werden, wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Ob der Steuerpflichtige Aufwendungen aus beruflichem Anlass tätigt oder ob es sich um Aufwendungen für die Lebensführung i. S. von § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG handelt, muss anhand einer Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalls entschieden werden, die gemäß § 96 Abs. 1 FGO vornehmlich der tatrichterlichen Würdigung des Finanzgerichts unterliegt. Für die Beurteilung der beruflichen oder privaten Veranlassung von Aufwendungen für die Ausrichtung von Veranstaltungen ist in erster Linie auf den Anlass der betreffenden Veranstaltung als erhebliches Indiz abzustellen. Aufwendungen für die Bewirtung von Gästen aus Anlass eines in der privaten Sphäre des Einladenden liegenden persönlichen Ereignisses werden regelmäßig als nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht abzugsfähige Kosten der Lebensführung beurteilt. Indes kann sich auch bei Vorliegen eines herausgehobenen persönlichen Ereignisses ergeben, dass die Aufwendungen gleichwohl beruflich veranlasst sind. Der Anlass einer Feier ist nicht das allein entscheidende Kriterium. Für die Beurteilung der beruflichen oder privaten Veranlassung von Bewirtungskosten ist vielmehr eine Gesamtschau und -abwägung aller übrigen Umstände des konkreten Einzelfalls geboten. Hierbei kann auch auf solche Gesichtspunkte zurückgegriffen werden, die für die Abgrenzung einer Feier des Arbeitgebers von einem privaten Fest des Arbeitnehmers heranzuziehen sind. Von Bedeutung ist damit auch, wer als Gastgeber auftritt, wer die Gästeliste bestimmt, ob es sich bei den Gästen um Kollegen, Geschäftsfreunde oder Mitarbeiter des Steuerpflichtigen bzw. des Arbeitgebers, um Angehörige des öffentlichen Lebens, der Presse, um Verbandsvertreter oder um private Bekannte oder Angehörige des Steuerpflichtigen handelt. Zudem ist zu berücksichtigen, in wessen Räumlichkeiten bzw. an welchem Ort die Veranstaltung stattfindet und ob das Fest den Charakter einer privaten Feier aufweist oder ob dies nicht der Fall ist (vgl. ausführlich zur Abgrenzung BFH-Urteile vom 11.01.2007 - VI R 52/03 - BStBl II 2007, 317 und vom 01.02.2007 - VI R 25/03 - BStBl II 2007, 459 jeweils mit umfangreichen Nachweisen aus Rspr. und Lit. zu sämtlichen vorgenannten Aspekten; vgl. A. Drenseck in Schmidt EStG § 9 Rd. 7, § 12 Rd. 15; ders. u. Bergkemper in Der Betrieb 2009, Beil. 3, S. 23; kritisch Thomas in DStR 2007, 342).

Die Anwendung der vorstehenden Rechtsgrundsätze führt nach Abwägung aller Umstände des Streitfalls zu der Überzeugung des erkennenden Gerichts, dass die vom Kl geltend gemachten Bewirtungs- und Druckkosten beruflich veranlasst sind.

Besondere Bedeutung kommt hierbei zunächst dem Anlass der Veranstaltung zu. Wie zwischen den Beteiligten unstreitig und aus den bei Gericht eingereichten Kopien der persönlichen Einladungskarten und der krankenhausintern ausgehängten generellen Einladung ersichtlich ist, war Anlass für die in Rede stehende Feier der Eintritt und Abschied des Kl in den Ruhestand. Hierbei handelt es sich nach der Rechtsprechung des BFH (VI R 52/03 a.a.O. unter II. 4., Rz. 14), der sich das Gericht anschließt, - ungeachtet des Umstandes, dass es sich hierbei auch um ein persönliches Ereignis im Leben des Kl handelt - in erster Linie um den letzten Akt der Berufstätigkeit des Kl als Arzt. Der Abschied ist folglich noch Teil der Berufstätigkeit. Der - zwingend erforderliche - objektive Zusammenhang der Feier und damit der zu ihrer Ausrichtung angefallenen Aufwendungen mit dem Beruf des Kl liegen somit vor. Der Umstand, dass der Kl nur drei Tage später sein 65. Lebensjahr vollendete, führt nicht dazu, von einer privaten Veranlassung der Feier auszugehen. Das Erreichen der genannten Altersgrenze ist im Fall des Kl als gesetzliche Voraussetzung vielmehr untrennbar mit der daran anknüpfenden beruflichen Folge seines Eintritts in den Ruhestand verknüpft. Anhaltspunkte dafür, dass die Veranstaltung (auch) den Charakter einer Geburtstagsfeier hatte, sind nicht gegeben. Gesellschaftlich ist es eher unüblich, Geburtstage zeitlich vorzufeiern. Da der Kl nach dem Vortrag der Beteiligten noch über zwei Wochen nach dem Tag der Feier weiter arbeitete, bestand auch keine tatsächliche Notwendigkeit diese am fraglichen Tag auszurichten. Insbesondere aber enthalten die Einladungstexte keinerlei Hinweis auf den Geburtstag des Kl. Da ein Eintritt in den Ruhestand vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze möglich ist, liegt ein zwingender Zusammenhang von Geburtstag und Abschied in den Ruhestand schließlich nicht dergestalt vor, dass jeder Gast sich zugleich als zu einem Geburtstag eingeladen ansehen musste oder konnte.

Es kann dahinstehen, ob die Aufwendungen auch in subjektiver Hinsicht vom Kl zur Förderung seines Berufs getätigt wurden. Der Wortlaut des Gesetzes in § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG, wonach diese "zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen" hätten erfolgen müssen, lässt dies zweifelhaft erscheinen. Die Begriffe lassen auf das Erfordernis in die Zukunft gerichteter Beweggründe schließen. Der vom Kl im weitesten Sinne vorgetragenen Absicht einer - jedenfalls temporären - Bewahrung seines beruflichen Vermächtnisses ließe sich zwar ein subjektiv perspektivischer Charakter zubilligen. Ein Zusammenhang mit den von ihm nachfolgend bezogenen Ruhestandsbezügen besteht aber offenkundig nicht. Der mit einer solchen Veranstaltung in der Regel auch zum Ausdruck gebrachte Dank an die Kollegen und Mitarbeiter für geleistete Arbeit (vgl. Drenseck/Bergkemper DB 2009 a.a.O.) ist zwar nicht in die Zukunft gerichtet, gleichwohl aber subjektiv beruflich veranlasst. Einer abschließenden Entscheidung bedarf es insoweit indessen nicht, da die subjektive Absicht kein notwendiges Merkmal des Werbungskostenbegriffs ist (vgl. BFH VI R 52/03 a.a.O. unter I. 1., Rz.19; Drenseck in Schmidt EStG § 9 Rd. 7 m.w.N.).

Für die berufliche und nicht private Veranlassung der Aufwendungen spricht des Weiteren, dass als Gäste ausschließlich aktuelle Mitarbeiter, Kollegen und Vorgesetzte des Kl im Zeitpunkt des Ausscheidens anwesend waren. Unstreitig hat der Kl keine privaten Bekannten und/oder Angehörige zu der Feier eingeladen und haben solche auch nicht teilgenommen. Damit spielten persönliche, also vom Beruf losgelöste, Beziehungen des Kl zu den Gästen in diesem Zusammenhang keine entscheidende Rolle. Auch die übrigen tatsächlichen Umstände der Veranstaltung führen dazu, dass das Fest zur Überzeugung des Gerichts nicht den Charakter einer privaten Feier aufwies. Zwar hat nicht der Arbeitgeber, also die Leitung des Krankenhauses, zu der Feier eingeladen und die Gästeliste bestimmt, sondern der Kl. Die Feier fand indessen in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers, nämlich in dafür vorgesehenen Räumen des Krankenhauses statt, was deren beruflichen Anlass und Charakter unterstreicht. Der Arbeitgeber hat sich durch die Zurverfügungstellung des örtlichen Rahmens der Veranstaltung nicht nur faktisch (Strom, Heizung, ggf. Reinigung und sonstige Gemeinkosten) an den Kosten beteiligt; er hat damit zugleich auch zum Ausdruck gebracht, dass die Veranstaltung auch aus seiner Sicht einen betrieblichen Bezug hat. Es darf unterstellt werden, dass der Arbeitgeber die Räume Mitarbeitern nicht für im Wesentlichen private Feiern ohne hinreichend konkreten Bezug zu dienstlichen Belangen zugänglich macht. Wie aus den vom Kl in dem Erörterungstermin dem Gericht und dem Bekl vorgelegten Fotoaufnahmen der Feier erkennbar war, ist die Ausstattung der betreffenden Räume eher als nüchtern zu bezeichnen und nicht dazu angetan, einer Veranstaltung einen privaten Charakter zu verleihen. Die Räume waren zudem, soweit ersichtlich, nicht wie für eine private Feier üblich dekoriert. Nach Auffassung des Gerichts kommt im Streitfall weiter auch dem zeitlichen Rahmen der Veranstaltung Bedeutung zu. Der Kl hat vorgetragen, dass durch die Ausrichtung der Feier in der Zeit von 14:00 bis 19:00 Uhr eine flexible Teilnahme der Vielzahl der in verschiedenen Abteilungen und Stationen des Krankenhauses tätigen ärztlichen Kollegen und Mitarbeiter ermöglicht wurde. Sie wurden so in die Lage versetzt, die Feier in Abstimmung mit ihren jeweiligen Dienstplänen während oder im Zusammenhang mit der normalen Arbeitszeit zu besuchen. Die vom Kl vorgelegten Fotos zeigten, dass eine Vielzahl der Gäste die Veranstaltung entsprechend auch tatsächlich in ihrer typischen Berufskleidung, also Arztkittel, Schwesterntracht usw., besuchten. Neben den örtlichen und zeitlichen Umständen lässt auch die Form der Einladung zu dem Fest - die, wie der Kl vorträgt, wie bei Betriebsveranstaltungen des Krankenhauses üblich erfolgte - eine berufliche Veranlassung erkennen. Sie richtete sich an eine Vielzahl von Personen und erfolgte überwiegend nicht individuell, sondern im Wege des (krankenhausintern) öffentlichen Aushangs. Die Feier konnte mithin schon der Form nach von den Gästen nicht als private Einladung des Kl in dem Sinne verstanden werden, dass diese Ausfluss seiner wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung sei. Der für die Eingeladenen erkennbar ausschließlich beruflich definierte Teilnehmerkreis musste aus deren Sicht ebenfalls gegen eine private Veranlassung sprechen. Naheliegend erscheint weiter, dass der Arbeitgeber die Nutzung der krankenhausinternen Kommunikationsinfrastruktur (Postfächer, Infobretter, Sekretariat usw.) - wie schon die Raumnutzung (s. o.) - nur duldet, wenn der vorrangig betriebliche Bezug gewahrt ist. Überdies überschreiten die Form und der Umfang der Bewirtung mit kaltem Buffet, Getränken und hierdurch verursachten Gesamtkosten von nicht mehr als EUR 25 pro Person den für eine vergleichbare betriebliche Veranstaltung üblichen Rahmen nicht.

Der festgestellten beruflichen Veranlassung steht nach den konkreten Umständen des Streitfalls bei der vorgenommenen Gesamtwürdigung schließlich nicht entgegen, dass der Kl selbst, und nicht der Arbeitgeber, als Gastgeber aufgetreten ist, die Gästeliste bestimmt und die streitigen Rechnungen allein bezahlt hat; ebenfalls nicht, dass der Kl keine erfolgsabhängigen Bezüge hatte. Dies folgt schon generell daraus, dass die genannten Aspekte, wie auch die im Übrigen angeführten, von der Rechtsprechung lediglich als Indizien für die gebotene Gesamtschau der Verhältnisse im Einzelfall entwickelt wurden. Nur in diesem Rahmen kommt dem Nicht-/Vorhandensein einzelner Teilaspekte Bedeutung zu. Konkret kommt im Streitfall hinzu, dass - abgesehen von den auch bei einer vom Arbeitgeber gestalteten Feier in gewissem Rahmen zugestandenen persönlichen Einladungsschreiben - der Kreis der geladenen Gäste bei Gestaltung durch den Arbeitgeber nicht evident anders ausgefallen sein dürfte. Geladen waren nach dem unbestrittenen Vortrag des Kl von der tatsächlich um ein Vielfaches höheren Anzahl der in dem als groß einzustufenden Krankenhauses Beschäftigten im Wesentlichen nur die Führungskräfte auf vorgesetzter oder gleichrangiger Ebene, sowie die unmittelbar mit dem Kl kollegial zusammenwirkenden Arztkollegen, Schwestern und das Pflegepersonal der von ihm betreuten Stationen. Die hierarchische und funktionelle Stellung eines Oberarztes, von denen in entsprechenden Krankenhäusern grundsätzlich mehrere beschäftigt sind, macht bei deren Eintritt in den Ruhestand aus Sicht des Arbeitgebers regelmäßig darüber hinaus nicht die Ladung der Lokalpresse, von Repräsentanten der pharmazeutischen oder medizintechnischen Zulieferer oder sonstigen Öffentlichkeit erforderlich. Der Kl hat zwar die hier streitigen Rechnungen allein bezahlt. Gleichwohl hat sich der Arbeitgeber - wie bereits ausgeführt - durch die Zurverfügungstellung der krankenhausinternen Infrastruktur und der Räumlichkeiten wirtschaftlich an den Kosten der Veranstaltung beteiligt. Dem Mangel variabler Bezüge des Kl kann im Streitfall schon deswegen keine Bedeutung beikommen, weil er auf solche mit einer Feier anlässlich seines Abschieds aus dem Berufsleben ohnehin keine steigernde Wirkung mehr hervorrufen könnte. Ungeachtet dessen hängt die berufliche Veranlassung einer Aufwendung grundsätzlich nicht davon ab, ob sie sich konkret auf die Höhe des Arbeitslohns auswirkt. Auch dieses hat lediglich indiziellen Charakter (vgl. BFH-Urteile VI R 52/03 a.a.O. , vom 24.05.2007 - VI R 78/04 - BStBl II 2007, 721 und vom 06.03.2008 - VI R 68/06 - BFH/NV 2008, 1316).

2. Die Bewirtungskosten waren in voller Höhe zum Abzug zuzulassen.

Zwar ist der Kl selbst als Bewirtender aufgetreten und damit der persönliche Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG im Streitfall eröffnet (vgl. BFH-Urteil vom 19.06.2008 - VI R 48/07 - BStBl II 2008, 870).

Die Abzugsbeschränkung gemäß Nr. 2 Satz 1 auf 70 v. H. (nach der im Streitjahr geltenden Gesetzesfassung) der angemessenen Aufwendungen (dazu s. o.) greift indes nicht, wenn ein Arbeitnehmer - wie der Kl - aus beruflichem Anlass die Aufwendungen für die Bewirtung von Arbeitskollegen trägt. Der Begriff des "geschäftlichen Anlasses" (in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG) ist nicht identisch mit dem für die Definition der Werbungskosten (gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) von der Rechtsprechung verwendeten Begriff der "beruflichen Veranlassung" (BFH-Urteile vom 19.06.2008 - VI R 33/07 - BStBl II 2009, 11 und vom 10.07.2008 - VI R 26/07 - BFH/NV 2008, 1831).

Den nach Nr. 2 Sätze 2 und 3 erforderlichen Nachweisanforderungen (vgl. BFH VI R 33/07 a.a.O. Rd. 17, a. A. wohl FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.02.2009 - 5 K 1666/08 - [...], unter Hinweis auf BFH VI R 26/07 a.a.O.) hat der Kl genügt. Zum einen durch Vorlage der an ihn adressierten Rechnung des mit der Lieferung von Buffet, Getränken, Personal und Geschirr, Gläsern pp. beauftragten Gastronomieunternehmens, die alle angefallenen Kostenpositionen detailliert aufführt und im Text den Hinweis "für Ihre Verabschiedung am 11.05.2006" trägt. Die Teilnehmer der Abschiedsfeier hat der Kl durch die im gerichtlichen Erörterungstermin vorgelegte Gästeliste hinreichend genau benannt. Nach der Art der Einladung konnte in Ermangelung eines von vornherein feststehenden Teilnehmerkreises eine solche ohnehin erst nach der Veranstaltung erstellt werden. Im Hinblick darauf, dass Teilnehmerangaben vom Bekl auch im gerichtlichen Verfahren nicht verlangt oder bestritten wurden, erscheint die Erstellung der Gästeliste aus der Erinnerung und Vorlage durch den Kl auf die gerichtliche Aufforderung als hinreichend zeitnah. Besondere Aufzeichnungsanforderungen gelten im Übrigen nicht, da § 9 Abs. 5 Satz 1 nicht auf § 4 Abs. 7 EStG verweist.

III. Das Gericht überträgt die Neuberechnung der nach Maßgabe des Tenors geändert festzusetzenden Einkommensteuer gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Bekl.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen hierfür nach § 115 Abs. 2 FGO im Streitfall nicht gegeben sind.

Ende der Entscheidung

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