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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 09.03.2007
Aktenzeichen: 6 K 183/05
Rechtsgebiete: KStG, EStG


Vorschriften:

KStG § 8a Abs. 1 S. 1 Nr. 1
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 43 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

6 K 181/05 6 K 183/05

Tatbestand:

Streitig ist, ob es sich bei Gewinnanteilen aus stillen Beteiligungen um Fremdkapitalvergütungen i.S.d. § 8a KStG handelt und ob diese kapitalertragsteuerpflichtig sind.

Die Klägerin ist eine ... in der Rechtsform einer (nicht börsennotierten) Aktiengesellschaft betriebene Geschäftsbank. Anteilseignerin der Klägerin ist u.a. die Gebietskörperschaft H mit einer Beteiligung (vinkulierte Namensaktien) von mehr als 25%.

In 1992 und 1997 wurden zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin ... und der ... Beteiligungsgesellschaft B - eine 100%ige Tochtergesellschaft der H - Verträge über die Errichtung stiller Gesellschaften (Verträge I und II) geschlossen. Mit Vertrag I leistete die B 300 Millionen DM und mit Vertrag II 200 Millionen DM als stille Einlagen in das Vermögen der Klägerin.

Es wurden gemäß § 2 Vertrag I und II folgende Gewinnbeteiligungen der B vereinbart:

§ 2 Vertrag I

"(1) Die B erhält für jedes Geschäftsjahr eine Gewinnbeteiligung auf die in § 1 Abs. 1 genannte Einlage in Höhe von sieben vom Hundert zuzüglich 0,5 Prozentpunkte für jedes Prozent, das die Bank aus dem Bilanzgewinn auf das Stammkapital an die H ausschüttet.

..."

§ 2 Vertrag II

"(1) Die B erhält für jedes Geschäftsjahr eine Gewinnbeteiligung auf die in § 1 Abs. 1 Satz 2 genannte Einlage in Höhe des Zinssatzes, zu dem die B die Einlage auf dem Kapitalmarkt refinanziert, zzgl. eines Aufschlages von 1 von Hundert. ..."

Nach beiden Verträgen entfällt der Anspruch auf die Gewinnbeteiligung, wenn und soweit durch sie ein Bilanzverlust entstehen oder erhöht würde - § 2 Abs. 5 Vertrag I und II. Die danach ausfallenden Zahlungen sind aber in jedem Folgejahr während der Laufzeit der stillen Gesellschaften nachzuholen, wenn und soweit dadurch kein neuer Bilanzverlust entsteht - § 3 Abs. 2 Vertrag I und II. Im Falle der Beendigung der stillen Gesellschaften erhält die B eine Barabfindung in Höhe des Buchwertes der ausgewiesenen Einlage, höchstens jedoch die mit der Errichtung der stillen Gesellschaften geleisteten Einlagen - § 4 Abs. 2 Vertrag I und II.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verträge verwiesen.

Die Klägerin leistete am ... und ...2005 vertragsgemäße Abschlagszahlungen auf die Gewinnbeteiligungen der B für das Jahr 2005 in Höhe von 3.834.689,11 EUR (Beteiligung gemäß Vertrag I) und 7.260.344,71 EUR (Beteiligung gemäß Vertrag II). Dies zeigte sie dem Beklagten mit Schriftsatz vom ...2005 an und erklärte, für beide Leistungen keine Kapitalertragsteuer einbehalten, angemeldet und abgeführt zu haben. Die H sei sowohl an der Klägerin als auch an der B zu mehr als 25% beteiligt. Die Abschlagszahlungen unterlägen damit den Regelungen des § 8a KStG. Nach Verwaltungsauffassung lägen nicht (nur) in einem Bruchteil des Kapitals bemessene Vergütungen im Sinne des § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG vor, die als verdeckte Gewinnausschüttungen der Klägerin zu qualifizieren seien und gemäß §§ 43ff EStG zu einem kapitalertragsteuerpflichtigen Zufluss - verdeckte Gewinnausschüttung - bei der H führten. Dementsprechend lägen auf der Ebene der B keine Einnahmen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG vor, sondern nicht steuerbare Vermögenszuführungen in Gestalt verdeckter Einlagen der Anteilseignerin H. Ein Kapitalertragsteuerabzug im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 43a Abs. 1 Nr. 2 EStG sei deshalb nicht vorzunehmen. Entgegen der Verwaltungsauffassung würden die Vergütungen gemäß Vertrag II indes nicht unter die Vorschrift des § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG fallen, da es sich um ergebnisunabhängige Vergütungen handele. Die Gewinnbeteiligung der B sei in einem bestimmten Bruchteil des überlassenen Kapitals bemessen worden. Zwar würde der Gewinnanspruch entfallen, wenn und soweit hierdurch ein Bilanzverlust entstehe; zugleich sei aber vereinbart worden, dass ausgefallene Zahlungen in den Folgejahren nachzuholen seien. Der in einem Bruchteil des überlassenen Kapitals bemessene Vergütungsanspruch für das Verlustjahr werde damit in späteren Jahren nachgeholt. Im Ergebnis läge lediglich eine Verschiebung der Fälligkeit der betreffenden Vergütungen vor. Insgesamt ergäbe sich deshalb keine Abhängigkeit der Höhe der Gewinnbeteiligung der B von ihrem - der Klägerin - Geschäftsergebnis. Doch auch wenn die Vergütungen gemäß Vertrag II ebenso wie die Vergütungen gemäß Vertrag I - für die das unstreitig ist - unter § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG fallen sollten, führte das nicht zu einem kapitalertragsteuerpflichtigen Zufluss einer verdeckten Gewinnausschüttung bei der Anteilseignerin H. Voraussetzung für die Besteuerung einer verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG sei ein Zufluss entsprechender Kapitalerträge beim Gesellschafter. Die H habe aber weder über die an die B gezahlten Vergütungen wirtschaftlich verfügen können noch seien ihr diese (mittelbar) zugeflossen. Die Gewinnbeteiligung der B führe daher nicht zu Einnahmen/Kapitalerträgen der H im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 43a Abs. 1 Nr. 1, § 44 Abs. 1 Satz 2 EStG. Zudem sei es auch grundsätzlich umstritten, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne des § 8a KStG überhaupt zu Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG führen könne (vgl. Wassermeyer, DStR 2004, 749; FG Düsseldorf, FR 2001, 79). Eine Anmeldungs- und Abführungspflicht von Kapitalertragsteuer bestünde vor diesem Hintergrund nicht.

Mit Festsetzungsbescheiden vom ...2005 setzte der Beklagte gegen die Klägerin Kapitalertragsteuer für die am ... und ...2005 geleisteten Abschlagszahlungen fest. Die Zahlungen stellten verdeckte Gewinnausschüttungen gegenüber der H dar. Es handele sich gemäß BMF - Schreiben vom 15.07.2004 (BStBl I 2004, 593 Tz. 5 und 12) um Kapitalerträge im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Die Höhe der Kapitalertragsteuer richte sich nach § 43a Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 EStG (Übernahme der Kapitalertragsteuer durch den Schuldner der Erträge). Gemäß § 44a Abs. 8 EStG sei der Steuerabzug nur hälftig vorzunehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Bescheide verwiesen.

Die hiergegen erhobenen Einsprüche vom 08.08.2005 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidungen vom 17.08.2005 zurück.

Die Klägerin hat - getrennt nach Festsetzungsbescheiden - am ... und ...2005 Klage erhoben.

Die Klägerin trägt vor:

Die Vergütungen für die stille Beteiligung gemäß Vertragstyp Vertrag II fielen nicht unter die Regelung des § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG. Es handele sich um Vergütungen, die in einem Bruchteil des Kapitals bemessen seien und nicht von den Erwerbschancen und -risiken der Vergütungsschuldnerin - der Klägerin - abhingen. Entgegen der in dem BMF - Schreiben vom 15.12.1994 (BStBl I 1995 Tz. 55) niedergelegten Rechtsauffassung des Beklagten führe die Stundung der in einem Bruchteil des Kapitals bemessenen Vergütung in Verlustjahren nicht zur Anwendbarkeit des § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG. Die Stundung betreffe lediglich die Fälligkeit des erfolgsunabhängig entstandenen Anspruchs (vgl. Holzaepfel/Köplin in Erle/Sauter, KStG, § 8a Rz. 114; Gosch in Gosch, KStG, § 8a Rz. 121; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, § 8a Rz. 49). Durch die Verlustklausel des § 2 Abs. 5 Vertrag II sei die gemäß § 2 Abs. 1 Vertrag II in einem Bruchteil des Kapitals bemessene Vergütung daher nicht umzuqualifizieren. Denn in Verlustjahren nicht ausgezahlte Vergütungen würden nicht verfallen, sondern gemäß § 3 Abs. 2 Vertrag II nur bis zur Nachholung in den Folgejahren gestundet. Darüber hinaus hätten die Vertragsparteien des Vertrag II keine ergebnisabhängige Vergütung vereinbaren wollen. Die Höhe der Gewinnbeteiligung der B sei ausschließlich an deren Refinanzierungskosten für das hingegebene Kapital gekoppelt worden. Die B hätte einen höheren Aufschlag auf die eigenen Refinanzierungskosten als 1% verlangt, wenn die Möglichkeit eines Bilanzverlustes der Bank1 nicht nur theoretischer Natur gewesen wäre. Die B habe auch keinen endgültigen Zahlungsausfall infolge einer Vertragsbeendigung durch sie - die Klägerin - befürchten müssen. Zwar wären im Falle einer Vertragsbeendigung ausgefallene Zahlungen nicht nachzuholen gewesen - vgl. § 4 Abs. 2 Vertrag II; doch sei eine Kündigung durch die Bank1 sowohl aus aufsichtsrechtlichen Gründen als auch aus Gründen der Eigentümerstruktur faktisch ausgeschlossen gewesen. Dieser nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse zum Ausdruck kommende Wille der Vertragsparteien müsse bei der Anwendung der Regelung des § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG berücksichtigt werden.

Auch wenn man diese Frage anders beurteilen wollte und die Gewinnbeteiligungen der B nach beiden Vertragsverhältnissen als verdeckte Gewinnausschüttungen im Sinne des § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG qualifizierte, führten die Zahlungen gleichwohl nicht zu kapitalertragsteuerpflichtigen Einnahmen bei der H.

Die Besteuerung einer verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG setze voraus, dass eine Einnahme (Vermögensvorteil; § 8 EStG) auf Ebene des Gesellschafters vorliegt. Mit der Zahlung der Gewinnanteile aus den stillen Beteiligungen an die B sei aber der H weder ein tatsächlicher Vermögensvorteil zugeflossen noch fingiere das Gesetz einen entsprechenden Zufluss. Folglich seien die Tatbestandsvoraussetzungen für die Festsetzung von Kapitalertragsteuer gemäß §§ 43 ff EStG nicht erfüllt. Es entspreche der ständigen Rechtsprechung des BFH, dass nicht jede verdeckte Gewinnausschüttung auf Ebene der Kapitalgesellschaft zwingend zu einer verdeckten Gewinnausschüttung auf Ebene des Anteilseigners führt. Zwischen den Vorschriften der §§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG bestehe keine unmittelbare Wechselbeziehung. Denn während § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG eine Unterschiedsbetragsminderung (=Eigenkapitalminderung) voraussetze, müsse § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG an den Voraussetzungen des § 8 EStG gemessen werden. Danach setze das Erzielen von Beteiligungserträgen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG einen geldwerten Vermögensvorteil voraus, der dem Gesellschafter oder einer ihm nahe stehenden Person aufgrund der Beteiligung des Gesellschafters an der Kapitalgesellschaft im Sinne des § 11 Abs. 1 EStG zufließt (vgl. Wassermeyer, DStR 2004, 749). In Fällen wie dem vorliegenden, in denen der Anteilseigner tatsächlich keinen Vermögensvorteil erhalte, müsse für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung auf Anteilseignerebene der Zufluss einer Einnahme gesetzlich fingiert werden. An einer insoweit erforderlichen Regelung zur Ausstrahlung des § 8a KStG auf die Anteilseignerebene fehle es; eine entsprechende Änderung/Erweiterung des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG habe der Gesetzgeber nicht geschaffen. Weder aus dem Wortlaut des § 8a KStG noch aus der Gesetzesbegründung folge ein Hinweis darauf, dass sich die Rechtsfolge der Vorschrift auch auf § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auswirken solle. Folglich fehle der Nachweis, aufgrund welcher (einkommensteuer-)rechtlichen Vorschrift ein gesellschaftsrechtlich veranlasster Vermögenszufluss beim Anteilseigner anzunehmen sei. Ein entsprechender Zufluss könne auch nicht nach den allgemeinen Grundsätzen zur Abwicklung von verdeckten Gewinnausschüttungen zwischen nahe stehenden Kapitalgesellschaften (Schwesterkapitalgesellschaften) fingiert werden. Insofern fehle es an einer gesellschaftlich veranlassten Gewährung von Vermögensvorteilen an die B. Deren Gewinnbeteiligungen seien angemessen und fremdüblich. Der H könne daher ihrerseits durch die Zahlungen im Zusammenhang mit den stillen Beteiligungen kein mittelbarer gesellschaftlicher Vermögensvorteil als verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zugerechnet werden. Doch auch wenn man diese Frage anders beurteilen und eine Ausstrahlungswirkung des § 8a KStG auf § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG annehmen wollte, sei Kapitalertragsteuer mangels zugeflossener Kapitalerträge nicht festzusetzen. Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 entstehe die Kapitalertragsteuer in dem Zeitpunkt des Zuflusses der Kapitalerträge. Dabei entspreche der Begriff des Zuflusses dem des § 11 Abs. 1 EStG. Entgegen der Annahme des Beklagten sei der H aber mit der Auszahlung der Gewinnanteile an die B kein eigener Vermögensvorteil zugeflossen; dieser könne auch nicht über § 44 Abs. 2 und 3 EStG fingiert werden. Darüber hinaus verstoße die Erhebung von Kapitalertragsteuer auf die hier zugrunde liegenden Leistungen gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und der maßvollen Anwendung der Regelungen zur Erhebung von Kapitalertragsteuer. Zivilrechtlich schulde sie - die Klägerin - der B den vollen Gewinnanteil, wie er sich aus den Vertragsverhältnissen Vertrag I und II ergebe. Für eine Kürzung der Vergütungsansprüche der B um etwaige Kapitalertragsteuern auf verdeckte Gewinnausschüttungen an die H fehle die zivilrechtliche Grundlage. Da die Zahlungsverpflichtungen gegenüber der B demgemäß ungekürzt erfüllt worden seien, fehlten ihr - der Klägerin - die Mittel für die Einbehaltung und Abführung von Kapitalertragsteuer. Eine Steuerfestsetzung müsse damit - in Widerspruch zu den genannten Grundsätzen - aus der eigenen Vermögenssubstanz bestritten werden. Eine derart Substanz entziehende Steuerfestsetzung verstoße zudem gegen die Regelung des § 44 Abs. 1 Sätze 7-9 EStG. Da die Einnahme der H nach Auffassung des Beklagten in einem mittelbaren Vermögensvorteil bestehe, mithin in einem nicht in Geld geleisteten Kapitalertrag, habe die H ihr - der Klägerin - die zur Deckung der Kapitalertragsteuer erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen. Da die H diesen Deckungsbeitrag nicht geleistet habe, müsse der Beklagte die Kapitalertragsteuer gemäß § 44 Abs. 1 Satz 9 EStG von der H nachfordern und scheide eine Steuerfestsetzung gegen sie - die Klägerin - als Schuldnerin der Kapitalerträge aus. Da sie darüber hinaus auch nicht Schuldnerin der Kapitalertragsteuer sei, komme ihre Inanspruchnahme ohnehin nur mittels eines Haftungsbescheids nach § 191 AO und nicht im Wege der Steuerfestsetzung in Betracht. Ihrer Inhaftungnahme stehe indes die Verschuldensregelung des § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG entgegen. Denn eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung in Bezug auf Einbehaltungs- und Abführungspflichten von Kapitalertragsteuer liege hier nicht vor. Schlussendlich sei die festgesetzte Kapitalertragsteuer auch der Höhe nach zu beanstanden. Die Steuer könne nicht nach § 43a Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 EStG bemessen werden, da sie - die Klägerin - die von der Regelung vorausgesetzte Übernahme der Steuer nicht mit der H vereinbart habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom ... sowie ...2005 verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

die Einspruchsentscheidung vom ...2005 und die Festsetzungsbescheide über Kapitalertragsteuer vom ...2005 für die verdeckten Gewinnausschüttungen vom ... und ...2005 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor:

Auch bei den gemäß Vertragstyp Vertrag II geleisteten Vergütungen handele es sich um Fremdkapitalvergütungen im Sinne von § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG. Durch § 2 Abs. 5 des Vertrages sei eine Verknüpfung zwischen der Fremdkapitalvergütung und der Ertragssituation der Klägerin geschaffen worden. Zwar könnten gemäß § 3 Abs. 2 des Vertrages ausgefallene Vergütungen nachgeholt werden; doch würde die B im Falle dauerhafter Bilanzverluste oder einer Liquidation der Klägerin mit ihrer Forderung endgültig ausfallen. Unerheblich sei insofern, dass die Vertragsparteien tatsächlich keine erfolgsabhängige Vergütung gewollt hätten bzw. bei Abschluss des Vertrages von einer nur theoretischen Möglichkeit des ausbedungenen Ausfalls der Gewinnbeteiligung ausgegangen seien.

Die Leistungen vom ... und ...2005 stellten damit insgesamt verdeckte Gewinnausschüttungen im Sinne von § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG dar. Hiervon habe die Klägerin gemäß §§ 43 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, 44 Abs. 1 Satz 5 EStG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 5 SolZG Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag einbehalten und abführen müssen. "Auslöser" der Verpflichtung sei die als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizierende Vergütungsleistung an die B. Die Kapitalertragsteuer sei gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 EStG in dem Zeitpunkt entstanden, in dem die Kapitalerträge der B zugeflossen seien. Eine ausdrückliche Zuflussregelung für die wesentlich beteiligte Muttergesellschaft - H - sei nach dem Regelungszusammenhang der genannten Vorschriften entbehrlich. Im Verhältnis zur B als Gläubigerin der Kapitalerträge sei die Kürzung der Vergütungsansprüche auch zivilrechtlich unproblematisch, insofern es sich bei der Pflicht zur Einbehaltung der Kapitalertragsteuer um eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung der Klägerin handele. Die Klägerin sei auch zulässigerweise durch Festsetzungsbescheide in Anspruch genommen worden; der Finanzverwaltung stehe für die Nacherhebung von Kapitalertragsteuer ein Wahlrecht zwischen Steuer- und Haftungsbescheid zu.

Das Verfahren betreffend die verdeckte Gewinnausschüttung vom ...2005 (6 K 183/05) ist mit Beschluss vom ...2006 mit dem Verfahren 6 K 181/05 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem Aktenzeichen 6 K 181/05 fortgeführt worden.

Das Gericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 20.10.2006 - der Klägerin am 30.10.2006 zugestellt - im Wesentlichen abgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin am 30.11.2006 Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt und zudem unter dem 05.02.2007 die Beiladung der H gemäß § 60 Abs. 1 FGO beantragt. Zu dem Inhalt des Gerichtsbescheids hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 27.02.2007 ergänzend zu dem bisherigen Klagvortrag Stellung genommen und zusätzlich auf eine gutachterliche Stellungnahme der Kanzlei D vom 26.02.2007 (Rechtsgutachten) verwiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Inhalt der vorgenannten Schriftstücke verwiesen.

Dem Gericht lag die die Klägerin betreffende Kapitalertragsteuerakte - Sonderband 2 / stille Gesellschaft verdeckte Gewinnausschüttung nach § 8a KStG - zu der Steuernummer ... vor.

Entscheidungsgründe:

1. Das Gericht hat von einer Beiladung der H abgesehen.

Es liegen weder die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung i.S.d. § 60 Abs. 3 FGO vor - vgl. hierzu nur das BFH-Urteil vom 18. Dezember 1970 (VI R 248/69, BFHE 101, 478, BStBl II 1971, 426) - noch sprechen nach Auffassung des Gerichts Gesichtspunkte der Prozessökonomie für eine einfache Beiladung i.S.d. § 60 Abs. 1 FGO. Eine der Entscheidung in diesem Verfahren widersprechende Entscheidung betreffend die H kann ausgeschlossen werden (vgl. hierzu Stapperfend in Gräber, FGO, 6. Aufl., § 60 Rz. 13 ff, 30).

2. Die Klage hat insoweit Erfolg, als der Beklagte die Kapitalertragsteuer nach § 43a Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 EStG bemessen hat; im Übrigen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die der B ausgezahlten Gewinnbeteiligungen stellen nach beiden Vertragsverhältnissen Fremdkapitalvergütungen i.S.d. § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Satz 2 KStG dar und führen auf der Ebene der H zu Kapitalerträgen i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Die Klägerin war deshalb zur Einbehaltung und Abführung von Kapitalertragsteuer i.S.d. § 43 EStG verpflichtet.

3. a. Nach § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG sind Vergütungen für Fremdkapital, das eine Kapitalgesellschaft nicht nur kurzfristig von einem Anteilseigner erhalten hat, der zu einem Zeitpunkt im Wirtschaftsjahr wesentlich am Grund- oder Stammkapital beteiligt war, verdeckte Gewinnausschüttungen, wenn die Vergütungen insgesamt mehr als 250.000 EUR betragen und wenn eine nicht in einem Bruchteil des Kapitals bemessene Vergütung vereinbart ist. Dies gilt auch bei Vergütungen für Fremdkapital, das die Kapitalgesellschaft von einer dem Anteilseigner nahe stehenden Person im Sinne des § 1 Abs. 2 des Außensteuergesetzes erhalten hat, § 8a Abs. 1 Satz 2 KStG. Nicht in einem Bruchteil des Kapitals bemessene Vergütungen sind Vergütungen, die von den Erwerbschancen und -risiken der Kapitalgesellschaft abhängen und keinen - ausschließlichen - rechnerischen (fixen) Bezug zu dem hingegebenen Fremdkapital aufweisen (vgl. Gosch KStG § 8a Rz. 121; BMF-Schreiben vom 17. November 1994, BStBl I 1995, 25 Tz. 52 ff).

b. Diese Voraussetzungen treffen auf die im Streitfall geleisteten Vergütungen zu.

Insbesondere handelt es sich bei den von der Klägerin gemäß Vertrag II geschuldeten Gewinnbeteiligungen um erfolgsabhängige, nicht - ausschließlich - in einem Bruchteil des Kapitals bemessene Vergütungen. Zwar ist die Gewinnbeteiligung der B gemäß § 2 Abs. 1 Vertrag II in einem festen Bruchteil der geleisteten Einlage bestimmt worden; doch entfällt der Gewinnanspruch, wenn und soweit durch ihn ein Bilanzverlust entstehen oder erhöht würde, § 2 Abs. 5 Vertrag II. Mit dieser Verlustklausel ist ein ertragsabhängiger Bestandteil i.S.d. § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG in die Vergütungsabrede einbezogen und der Gewinnanspruch der B mit dem Unternehmenserfolg der Klägerin verknüpft worden. Diese Verknüpfung entfällt auch nicht durch die Regelung des § 3 Abs. 2 Vertrag II, wonach ausgefallene Zahlungen in Folgejahren nachzuholen sind, wenn und soweit dadurch kein neuer Bilanzverlust entsteht. Das Gericht kann dabei offen lassen, ob Stundungsvereinbarungen die Erfolgsabhängigkeit einer Vergütung berühren oder nicht (vgl. zum Meinungsstand Gosch KStG § 8a Rz. 121 m.w.N.); denn die Regelungen des Vertrag II enthalten keine Stundungsabrede. Stundungen betreffen die Fälligkeit einer Leistung, den Leistungszeitpunkt, nicht hingegen die Wirksamkeit des Forderungsrechts. Gemäß § 2 Abs. 5 Vertrag II entfällt aber in Verlustjahren der Anspruch auf Gewinnbeteiligung. Damit ist das Forderungsrecht selbst betroffen - dieses entfällt - und nicht der Leistungszeitpunkt. Die Nachholungsklausel in § 3 Abs. 2 Vertrag II entspricht daher einer Wiederauflebensklausel hinsichtlich des Leistungsgegenstands "Gewinnanspruch". Derartige Vereinbarungen eines Vergütungsausfalls in Verlustjahren gegen Wiederauflebensklausel erfüllen aber durch ihren Erfolgsbezug den Auffangtatbestand (vgl. BMF-Schreiben vom 17. November 1994, BStBl I 1995, 25 Tz. 55) des § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG (vgl. Gosch KStG § 8a Rz. 121). Die Richtigkeit dieses Vertragsverständnisses wird auch durch die Auseinandersetzungsregelungen gemäß § 4 Vertrag II bestätigt. Denn handelte es sich - entgegen der vom Gericht vertretenen Auffassung - bei den Bestimmungen der §§ 2 Abs. 5, 3 Abs. 2 Vertrag II um eine Stundungsvereinbarung, so ist nicht nachvollziehbar, warum die wirksamen Vergütungsansprüche der B aus Verlustjahren nicht auch - über die Regelung des § 3 Abs. 2 Vertrag II hinaus - in den Auseinandersetzungsanspruch bei Beendigung der stillen Gesellschaft einbezogen worden sind; eine Fälligstellung der Ansprüche zu diesem Zeitpunkt hätte zumindest nahe gelegen. Andererseits spricht deren Nichtberücksichtigung dafür, dass Gewinnansprüche aus Verlustjahren tatsächlich nicht bestehen - entfallen sind - und also auch nicht im Wege der Auseinandersetzung der stillen Gesellschaft zu begleichen sind.

Der Erfolgsbezogenheit der Vergütung kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die Vertragsparteien des Vertrag II davon ausgegangen seien, dass die Klägerin keine Verluste erwirtschaften würde. Zwar ist nach § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG auf das Vereinbarte abzustellen und gilt nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung - §§ 133, 157 BGB - der übereinstimmende Parteiwille auch dann, wenn er im Inhalt der Erklärungen keinen Ausdruck gefunden hat (vgl. Palandt/Heinrichs BGB § 133 Rz. 8 m.w.N.); doch steht hier die o.a. - und als wahr unterstellte - Vorstellung der Vertragsparteien den Regelungen der §§ 2 Abs. 5, 3 Abs. 2 und 4 Vertrag II nicht entgegen. Denn dass die Parteien für einen wider Erwarten eintretenden Verlust einen anderen Regelungswillen als den dort niedergelegten gehabt hätten, ist nicht ersichtlich. Damit aber sind diese Bestimmungen Teil der Vergütungsabrede und ist die darin geregelte Erfolgsbezogenheit der Vergütung i.S.d. § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG vereinbart.

Da die an die B geleisteten Gewinnbeteiligungen vom ... und ...2005 auch die weiteren in § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Satz 2 KStG genannten Voraussetzungen unstreitig erfüllen, sind diese insgesamt als verdeckte Gewinnausschüttungen nach § 8a KStG zu behandeln.

c. Gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 1 EStG werden unter anderem bei inländischen Kapitalerträgen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG Kapitalertragsteuern erhoben. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG gehören zu den sonstigen Bezügen aus Aktien auch verdeckte Gewinnausschüttungen. Eine verdeckte Gewinnausschüttung i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG liegt vor, wenn eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet, diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat und der Vermögensvorteil dem Gesellschafter zugeflossen ist (vgl. BFH-Urteil vom 14. Juli 1998, VIII B 38/98 , BFHE 186, 379, DStR 1998, 1547).

d. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die verdeckte Gewinnausschüttung gemäß § 8a KStG eine verdeckte Gewinnausschüttung i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG - und damit einen kapitalertragsteuerpflichtigen Ertrag - auf Gesellschafterebene auslöst. Diese Frage ist in der Literatur umstritten.

aa. Die Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 15. Dezember 1994, BStBl I 1995, 25; vom 15. Juli 2004, BStBl I 2004, 593) und die h.M. im Schrifttum (Gosch, KStG § 8a Rz. 152 f, 162 f; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/UmwStG, § 8a KStG Rz. 7, 101 ff; ders. in DStR 2004, 377, 754; Pung/Dötsch in D/J/P/W, KStG nF, § 8a Rz. 264 ff; Prinz in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Jahresband 2004, § 8a Anm. J 03-18, 20; Rödder/Schumacher, DStR 2003, 1725, 2057; 2004, 758; jeweils m.w.N.) bejahen dies. Es treffe zwar grundsätzlich zu, dass zwischen verdeckten Gewinnausschüttungen i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und solchen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG rechtssystematische Unterschiede bestünden und die verdeckte Gewinnausschüttung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG einem eigenständigen Regelungsverständnis unterliege. Im Regelfall bestünde aber zwischen der verdeckten Gewinnausschüttung bei der Kapitalgesellschaft und beim Anteilseigner ein Korrespondenzprinzip. Das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG sei unbeschadet der Eigenständigkeit der hier wie dort verwendeten Begriffe im Ergebnis stets an den rechtlichen Vorgaben des KStG zu messen; darin komme der Gedanke der prinzipiellen Kohärenz zwischen § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zum Ausdruck (vgl. Gosch KStG § 8a Rz. 152). Für den Regelungsbereich des § 8a KStG habe der Gesetzgeber einen entsprechenden korrespondierenden Ansatz verdeckter Gewinnausschüttungen auf Gesellschafts- und Anteilseignerebene vorausgesetzt. Die der Vorschrift zugrunde liegende Intention der steuerlichen Belastungsgleichheit von Gewinnausschüttungen und Fremdkapitalvergütungen könne nur über eine einheitliche Behandlung auf Gesellschafts- und Anteilseignerebene erreicht werden. Andernfalls wären zudem katastrophale Steuerwirkungen zu erwarten, wenn im Inlandsfall die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung nach § 8a KStG nicht von einer gegenläufigen Korrektur über § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG begleitet würde (vgl. Rödder/Schumacher, DStR 2004, 758; 2003, 2057 mit Berechnungsbeispielen). Für ein Übergreifen des § 8a KStG auf den Anteilseigner spreche auch die Entstehungsgeschichte des § 8a KStG n.F. (Fassung des sog. Korb II-Gesetzes vom 22.12.2003, BStBl I 2004, 14; vgl. Rödder/Schumacher, DStR 2004, 758). Nach bisherigem Recht hätten die von § 8a KStG erfassten Fremdkapitalvergütungen als verdeckte Gewinnausschüttungen "gegolten". Nun heiße es: "sind auch verdeckte Gewinnausschüttungen." Diese Änderung sei erkennbar Reaktion auf die Entscheidung des FG Düsseldorf (Urteil vom 05. September 2000, 6 K 2821/97 KE, DStRE 2000, 1318) zu § 8a KStG a.F. gewesen. Das FG habe die Rechtsfolgen der Norm auf die Kapitalgesellschaftsebene beschränkt und eine Verpflichtung der die Fremdkapital-Vergütungen schuldenden Kapitalgesellschaft zur Einbehaltung und Abführung von Kapitalertragsteuern mangels Zuflusses einer verdeckten Gewinnausschüttung beim Anteilseigner verneint. Deshalb heiße es in der Regierungsbegründung: "Die Rechtsfolgen des § 8a KStG werden deutlich als verdeckte Gewinnausschüttung deklariert, indem auf die Technik der Fiktion verzichtet wird." Der Änderung des Gesetzestextes sei dem Vernehmen nach auch eine intensive finanzverwaltungsinterne Diskussion hinsichtlich der Frage vorausgegangen, ob § 8a KStG n.F. als nichtabzugsfähige Betriebsausgabe oder als spezielle verdeckte Gewinnausschüttung mit Effekt auf Anteilseignerebene konzipiert werden solle; sie sei ausdrücklich im letztgenannten Sinne entschieden worden (vgl. Rödder/Schumacher, DStR 2004, 758). Wäre es anders, hätte sich der Gesetzgeber damit begnügen können, unter Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip die steuerliche Nichtabzugsfähigkeit der Fremdkapitalvergütungen bei der Kapitalgesellschaft zu bestimmen; die Behandlung als verdeckte Gewinnausschüttung wäre überflüssig und sinnentleert (Gosch KStG § 8a Rz. 152). Die nach § 8a KStG auf Gesellschaftsebene vorgegebene Qualifikation der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung der geleisteten Fremdkapitalvergütungen könne auf Gesellschafterebene auch ohne eine Erweiterung des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz EStG um die Fiktion eines § 8a KStG - Beteiligungsertrags nachvollzogen werden. Ein Beteiligungsertrag i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG liege vor, wenn aufgrund der Beteiligung des Gesellschafters an der Kapitalgesellschaft diesem oder einer nahe stehenden Person ein Vermögensvorteil zufließe. Diese Voraussetzungen seien auch im Fall der von § 8a KStG betroffenen Fremdkapitalvergütungen erfüllt. Das Gesetz stelle insofern die (widerlegbare) Vermutung der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung der Fremdkapitalvergütungen auf und bestimme damit konstitutiv deren Eigenschaft, einen Vermögensvorteil beim Gesellschafter darzustellen (vgl. Frotscher, DStR 2004, 754). Und eine verdeckte Gewinnausschüttung, die trotz gesellschaftsrechtlicher Veranlassung die Gesellschafterebene nicht berühre, wenn es zum Zufluss komme, gebe es nicht (vgl. Rödder/Schumacher, DStR 2004, 758). Ein Beteiligungsertrag i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG liege somit im Moment der Zahlung der Fremdkapitalvergütungen i.S.d. § 8a KStG vor. Dass die nahe stehende Person bzw. der rückgriffsberechtigte Dritte nach wie vor Zinsen pp. und keine verdeckten Gewinnausschüttungen vereinnahmten, sei unbeachtlich. Die Situation unterscheide sich insofern in nichts von jener der "normalen" verdeckten Gewinnausschüttung. Auch bei einer solchen komme der Vermögensvorteil unter vergleichbaren Umständen tatsächlich der nahe stehenden Person und nicht dem Anteilseigner zugute. Der direkte Vermögensvorteil beim Anteilseigner fehle dann und müsse "konstruktiv" unterstellt werden (vgl. Gosch KStG § 8a Rz. 153). § 8a KStG - eine dem § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG dogmatisch vergleichbare und mit § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG systematisch zusammenhängende Norm - veranlasse nicht, von diesen Grundsätzen abzuweichen (vgl. Rödder/Schumacher, DStR 2004, 758). Die gesetzliche Anordnung des § 8a KStG werde damit über § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG (ggf. analog; vgl. Gosch KStG § 8a Rz. 152 f) auf Gesellschafterebene umgesetzt.

bb. Hiergegen streitet Wassermeyer (DStR 2004, 749). Er ist der Ansicht, dass § 8a KStG keine Auswirkungen auf die Gesellschafterebene hat. Die Vorschrift sei Gewinnermittlungsvorschrift nur für Kapitalgesellschaften. Aus diesem Grund könne sie nur die Umqualifizierung der Vergütung bei der Kapitalgesellschaft zum Gegenstand haben. Weder aus dem Wortlaut des § 8a KStG noch aus der Gesetzesbegründung folge ein Hinweis darauf, dass die Rechtsfolge der Vorschrift sich auch auf § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auswirken solle. Dies wäre aber erforderlich gewesen, wenn man § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG aus der Sicht des § 8 EStG auslege und als Tatbestandsvoraussetzung einen zuzurechnenden Vermögensvorteil verlange. Der Denkfehler des Gesetzgebers bestehe darin, dass er zwischen einer verdeckten Gewinnausschüttung i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und einer solchen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht unterschieden habe. Da es sich hierbei aber nach der Aufgabe der sog. Einheitstheorie anerkanntermaßen um verschiedene Sachverhalte handele, hätte der Gesetzgeber den Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG im Wege der Fiktion erweitern müssen, um das von ihm angestrebte Ziel eines Übergreifens der Rechtsfolge des § 8a KStG auf den Anteilseigner zu erreichen. Folge des gesetzgeberischen Unterlassens sei, dass § 8a KStG im Ergebnis wie eine Norm wirke, die eine nicht abzugsfähige Betriebsausgabe regele.

cc. Das Gericht ist mit der Finanzverwaltung und der h.M. im Schrifttum der Auffassung, dass verdeckte Gewinnausschüttungen i.S.d. § 8a KStG auf die Gesellschafterebene durchschlagen und beim Anteilseigner zu Beteiligungserträgen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG führen. Dies gilt jedenfalls für Fremdkapitalvergütungen i.S.d. § 8a KStG, die an den Anteilseigner selbst bzw. - wie im Streitfall - an eine diesem nahe stehende Person i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG geleistet werden. Ein Beteiligungsertrag i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG setzt voraus, dass dem Gesellschafter aufgrund seiner Beteiligung an der Kapitalgesellschaft ein Vermögensvorteil zufließt. Diese Voraussetzungen sind im Fall der von § 8a KStG erfassten Fremdkapitalvergütungen erfüllt. Bei dem Tatbestand des § 8a Abs. 1 KStG handelt es sich um die (widerlegbare) Vermutung der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung der betroffenen Vergütungen ("sind auch verdeckte Gewinnausschüttungen"). Die Vorschrift bestimmt zugleich konstitutiv, dass die Leistungen der Kapitalgesellschaft die Eigenschaft haben, einen Vermögensvorteil i.S. einer verdeckten Gewinnausschüttung bei dem Gesellschafter darzustellen (vgl. Frotscher, DStR 2004, 754). Ein anderes Verständnis kann dem von § 8a KStG verwendeten Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung nicht beigemessen werden. Die Vorschriften der §§ 8a und 8 Abs. 3 Satz 2 KStG sind dogmatisch vergleichbar und systematisch zusammenhängend (vgl. Rödder/Schumacher, DStR 2004, 758). Deshalb gibt § 8a KStG keinen Anlass, den dort verwendeten Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung anders als bei § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu definieren. Im Umkehrschluss folgt hieraus, dass der Gesetzgeber mit der in § 8a KStG getroffenen Anordnung einer verdeckten Gewinnausschüttung den davon betroffenen Fremdkapitalvergütungen zugleich alle Merkmale des Begriffes der verdeckten Gewinnausschüttung i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG beigemessen hat (vgl. Frotscher, DStR 2004, 754; Gesetzesbegründung zu § 8a KStG n.F., BT-Drs. 15/1518, S. 15: "Die Rechtsfolgen des § 8a KStG werden deutlich als verdeckte Gewinnausschüttung deklariert, indem auf die Technik der Fiktion verzichtet wird."). Damit fließt dem Gesellschafter aber im Zeitpunkt der Auszahlung der Fremdkapitalvergütungen durch die Kapitalgesellschaft (an die nahe stehende Person) gleichzeitig ein Beteiligungsertrag i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zu. Denn, so zutreffend Frotscher (DStR 2004, 754) und Rödder/Schumacher (DStR 2004, 758), eine verdeckte Gewinnausschüttung, die die Gesellschafterebene nicht berührt, wenn es zum Zufluss kommt, gibt es nicht. Die Situation unterscheidet sich insofern nicht von jener der verdeckten Gewinnausschüttung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Auch dort fehlt in Fällen der unmittelbaren Vorteilsgewährung an eine nahe stehende Person der direkte Vermögensvorteil beim Anteilseigner; dieser muss "konstruktiv" unterstellt werden und ist im Falle des § 8a KStG gesetzlich angeordnet worden (vgl. Gosch KStG § 8a Rz. 153). Diese gesetzliche Anordnung wird auch unmittelbar von der Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG einbezogen; einer ausdrücklichen Ergänzung der Vorschrift um die Tatbestände des § 8a KStG hat es nicht bedurft. Denn in § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ist nur von verdeckten Gewinnausschüttungen die Rede. Erfasst werden also verdeckte Gewinnausschüttungen jeder Art und damit auch solche des § 8a KStG. Dieses Gesetzesverständnis des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG entspricht auch dem ausdrücklichen Regelungswillen des Gesetzgebers; dieser ist erkennbar von einem unmittelbaren Übergreifen des § 8a KStG auf § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ausgegangen (vgl. BT-Drs. 15/1518, S. 15). Da die Einbeziehung der verdeckten Gewinnausschüttungen in den Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zudem systemnotwendig ist, um die Steuerwirkungen der verdeckten Gewinnausschüttung nach § 8a KStG auf Gesellschafterebene gegenläufig zu korrigieren (vgl. Rödder/Schumacher, DStR 2004, 758), wäre § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG andernfalls zumindest analog anzuwenden (vgl. Gosch KStG § 8a Rz. 152). Auch insoweit bedürfte es keiner - ausdrücklichen - Ergänzung der Vorschrift, um einen Beteiligungsertrag des Anteilseigners i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG anzunehmen.

e. Das bedeutet für den Streitfall, dass anlässlich der Abschlagszahlungen vom ... und ...2005 gemäß §§ 43 Abs. 1 Nr. 1, 44 Abs. 1 EStG Kapitalertragsteuer einzubehalten und abzuführen war (vgl. BMF-Schreiben vom 15. Dezember 1994, BStBl I 1995, 25; vom 15. Juli 2004, BStBl I 2004, 593; Gosch KStG § 8a Rz. 152 f, 162 f; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/UmwStG, § 8a KStG Rz. 7, 101 ff; ders. in DStR 2004, 377, 754; Pung/Dötsch in D/J/P/W, KStG nF, § 8a Rz. 264 ff; Prinz in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Jahresband 2004, § 8a Anm. J 03-18, 20; Rödder/Schumacher, DStR 2003, 1725, 2057; 2004, 758; jeweils m.w.N.). Entstehungszeitpunkt der Steuer i.S.d. § 44 Abs. 1 Satz 2 EStG war der jeweilige Auszahlungszeitpunkt an die B. Mit dem Vermögenszufluss bei der (nahe stehenden Person) B ist nach den vorangestellten Grundsätzen zugleich der H ein Beteiligungsertrag i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zugeflossen. Da Kapitalertrag der Anteilseignerin und Vermögenszufluss der nahe stehenden Person identisch sind, ist die Kapitalertragsteuer nach Auffassung des Gerichts von der Abschlagszahlung als dem Kapitalertrag i.S.d. § 43 Abs. 1 Nr. 1 EStG einzubehalten (so auch Rödder/Schumacher, DStR 2004, 758, 763).

f. Der Klägerin entstehen durch den Steuereinbehalt bzw. durch die Nachentrichtung der Kapitalertragsteuer auch keine finanziellen Nachteile. Die Einbehaltung und Abführung der Kapitalertragsteuer ist Erfüllungsleistung i.S.d. § 362 BGB auf die der Fremdkapitalgeberin - der B - vertraglich geschuldete Vergütung. Insofern gelten nach Auffassung des Gerichts die von der Zivilrechtsprechung für das lohn- und umsatzsteuerliche Abzugsverfahren sowie für das Verfahren nach der Bauabzugssteuer entwickelten Grundsätze (vgl. BGH-Urteil vom 17. Juli 2001, X ZR 13/99, HFR 2002, 551, BFH/NV 2002, Beilage 33, 121; BGH-Beschluss vom 21. April 1966, VII ZB 3/66, WM 1966, 758; OLG München, Beschluss vom 19. Januar 2005, 13 W 3007/04, BauR 2005, 1188) entsprechend. Durch das kapitalertragsteuerliche Abzugsverfahren wird die Pflicht der Klägerin zur Zahlung der gemäß § 2 Vertrag I und II geschuldeten Gewinnbeteiligungen demnach öffentlich-rechtlich (abgaben-rechtlich) überlagert. Die öffentlich-rechtliche Pflicht der Einbehaltung und Abführung von Kapitalertragsteuern greift in das privatrechtliche Schuldverhältnis ein. Die Regel, dass der Schuldner den geschuldeten Betrag unmittelbar an den Gläubiger zu zahlen hat, wird zugunsten des Steuergläubigers mit der Folge durchbrochen, dass der Leistung an den durch das Abzugsverfahren gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 44 Abs. 1 EStG gesetzlich ermächtigten Steuergläubiger im Verhältnis zwischen Fremdkapitalnehmer und -geber Erfüllungswirkung gemäß § 362 Abs. 1 BGB zukommt. Dem Umstand, dass der Steuereinbehalt vorliegend nicht für die Vergütungsgläubigerin "B", sondern für Rechnung einer Dritten - der gemeinsamen Gesellschafterin "H" - vorgenommen wird, ist entgegen den Ausführungen des Rechtsgutachtens kein anderes Ergebnis geschuldet. Denn hier wie dort ist eine gesetzliche Überleitung des Vergütungsanspruchs angeordnet und trifft die Klägerin als Fremdkapitalnehmerin - mit der Haftungsfolge des § 44 Abs. 5 EStG - die gesetzliche Pflicht zur Einbehaltung und Abführung der Kapitalertragsteuer. Wirkt das öffentlich-rechtliche Gesetz aber in beiden Fällen gleichermaßen auf die Fremdkapitalnehmerin/Vergütungsschuldnerin ein, so muss dies auch in beiden Fällen die gleiche Zivilrechtsfolge auslösen. Zahlt die Fremdkapitalnehmerin - wie im Streitfall - die Vergütung hingegen ungeachtet der kapitalertragsteuerlichen Vorschriften ungekürzt aus und wird sie für die nicht einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer nachträglich in Haftung genommen, so kann sie nach den vorstehenden Grundsätzen zivilrechtlichen Ausgleich jedenfalls von dem durch die Nachentrichtung abgaben-rechtlich Begünstigten verlangen. Dies ist der Steuerschuldner, für dessen Rechnung die Abzugssteuer zu entrichten ist.

g. Die Klägerin ist ihrer danach bestehenden Steuerabzugspflicht nicht nachgekommen. Sie konnte deswegen für die nicht einbehaltene und nicht abgeführte Kapitalertragsteuer in Anspruch genommen werden, und zwar - wie sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 AO sowie im Umkehrschluss aus § 44 Abs. 5 Satz 3 EStG ergibt - auf zweierlei Weise: zum einen durch Erlass eines Haftungsbescheides gemäß § 191 AO, zum anderen mittels eines Nachforderungsbescheides gemäß § 155 i.V.m. § 167 Abs. 1 Satz 1 AO (vgl. nur BFH-Urteil vom 13. September 2000, I R 61/99, BFHE 193, 286, BStBl II 2001, 67 m.w.N.). Der Beklagte hat sich im Streitfall für den letzteren Weg entschieden. Das ist nicht zu beanstanden. Das Vorgehen über den Erlass eines Nachforderungsbescheids ändert jedoch nichts daran, dass es sich materiell-rechtlich um die Geltendmachung eines Haftungsanspruchs handelt; die Steuerfestsetzung nach § 167 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 155 AO erfasst denjenigen, der die Steueranmeldung als Entrichtungssteuerschuldner nicht abgibt, gerade auch in seiner Funktion als Haftungsschuldner. Das aber hat zur Folge, dass die tatbestandlichen Erfordernisse des § 44 Abs. 5 EStG zu beachten sind (vgl. BFH-Urteil vom 13. September 2000, I R 61/99, BFHE 193, 286, BStBl II 2001, 67 m.w.N.). Dazu gehört zwar - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht das Entschließungs- und das Auswahlermessen (vgl. BFH, a.a.O.), jedoch die Exkulpationsmöglichkeit des Steuerpflichtigen gemäß § 44 Abs. 5 Satz 1 letzter Halbsatz. Hiernach entfällt die Haftung des Schuldners der Kapitalerträge, wenn dieser nachweist, dass er die ihm auferlegten Pflichten weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. Von dieser Exkulpationsmöglichkeit kann die Klägerin indes keinen Gebrauch machen; ihre Inanspruchnahme für die Kapitalertragsteuer scheitert nicht an fehlendem Verschulden. Zwar bestehen im Schrifttum (erhebliche) Ungewissheiten über die Frage, ob die verdeckte Gewinnausschüttung nach § 8a KStG zu einer verdeckten Gewinnausschüttung auf Anteilseignerebene führt (vgl. oben) und diese Frage ist höchstrichterlich noch nicht entschieden; doch vertritt die Finanzverwaltung hierzu seit langem eine dezidierte - und der Klägerin bekannte - Auffassung (vgl. BMF-Schreiben vom 15. Dezember 1994, BStBl I 1995, 25; vom 15. Juli 2004, BStBl I 2004, 593). Die Klägerin hat die Kapitalertragsteuer somit nicht aus Unwissenheit (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 13. September 2000, I R 61/99, BFHE 193, 286, BStBl II 2001, 67) nicht einbehalten und abgeführt, sondern in der Annahme, dass die von der Finanzverwaltung vertretene Rechtsauffassung falsch sei. Das Eintreten für ein abweichendes Rechtsverständnis führt indes nicht zu einer Exkulpation des Steuerpflichtigen i.S.d. § 44 Abs. 5 EStG. Denn dann liefe die Haftungsnorm auch in all den Fällen ins Leere, in denen die Steuerpflichtigen letztendlich höchstrichterlich nicht bestätigt werden. Das kann ersichtlich nicht richtig sein.

4. Bei der Bemessung der Kapitalertragsteuer ist der Beklagte indessen zu Unrecht von einer Übernahme der Steuer durch die Klägerin ausgegangen. Die von § 43a Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 EStG vorausgesetzte Übernahme der Kapitalertragsteuer durch den Schuldner setzt eine entsprechende ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung, die mit einer Nettolohnvereinbarung im Lohnsteuer-Abzugsverfahren verglichen werden könnte, zwischen Schuldner und Gläubiger der Kapitalerträge voraus (vgl. von Beckerath in Kirchhof, EStG, 5. Aufl., § 43a Rz. 2; Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 25. Aufl., § 43a Rz. 1; BFH-Urteil vom 25. September 1970, VI R 122/67, BFHE 100, 301, BStBl II 1971, 53). Eine ausdrückliche Vereinbarung liegt im Streitfall - soweit ersichtlich - nicht vor. Das Gericht hat aber auch keine Anhaltspunkte für die Annahme einer entsprechenden stillschweigenden Vereinbarung. Auch diese setzt voraus, dass zwischen den Vertragspartnern Einigkeit über das zu Vereinbarende besteht. Die Übernahme der Kapitalertragsteuer kann hiernach nicht schon aus dem Wesen der verdeckten Gewinnausschüttung gefolgert werden (vgl. BFH-Urteil vom 25. September 1970, VI R 122/67, BFHE 100, 301, BStBl II 1971, 53). Denn wenn sich die Beteiligten schon nicht der Verwirklichung einer verdeckten Gewinnausschüttung bewusst sind, dann können sie auch keinen auf die Übernahme der Kapitalertragsteuer gerichteten Willen haben (vgl. BFH-Urteil vom 25. September 1970, VI R 122/67, BFHE 100, 301, BStBl II 1971, 53, m.w.N.). Auch aus den übrigen Umständen kann nicht auf eine Übernahme der Kapitalertragsteuer durch die Klägerin und einen entsprechenden Regressverzicht gegenüber der H geschlossen werden. Zwar hat die Klägerin die H - soweit ersichtlich - noch nicht in Höhe der festgesetzten Kapitalertragsteuern belastet; doch macht sie mit ihrer Klage geltend, zur Einbehaltung und Abführung von Kapitalertragsteuer nicht verpflichtet zu sein. Nach der Rechtsauffassung der Klägerin ist für einen Rückgriff auf die H kein Raum. Damit bringt die Klägerin aber nicht zum Ausdruck, dass sie für den Unterliegensfall etwa auf Regressansprüche verzichtet. Liegen danach die Voraussetzungen des § 43a Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 EStG nicht vor, so bemisst sich die Steuer gemäß § 43a Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 i.V.m. § 44a Abs. 8 EStG, § 3 Abs. 1 Nr. 5, § 4 SolZG wie folgt:

TABELLE_1

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO.

Der Klägerin waren die Kosten nicht auch insoweit aufzuerlegen, als sie obsiegt hat. Entgegen den Ausführungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung hält das Gericht § 137 FGO für nicht einschlägig. Die teilweise stattgebende Entscheidung beruht nicht auf Tatsachen, die die Klägerin früher hätte geltend machen oder beweisen können und sollen.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

Ende der Entscheidung

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