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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 09.03.2007
Aktenzeichen: 6 K 96/05
Rechtsgebiete: EStG, EG


Vorschriften:

EStG § 1 Abs. 3
EStG § 1 Abs. 4
EStG § 2
EStG § 4 Abs. 4
EStG § 10d
EStG § 49
EStG § 50 Abs. 1
EStG
EG Art. 39
EG Art. 49
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

6 K 96/05

Tatbestand:

Streitig ist, ob die im Zusammenhang mit einer im EU-Ausland durchgeführten Ausbildung entstandenen Aufwendungen als vorweggenommene Werbungskosten im Rahmen von Verlustfeststellungen gemäß § 10d EStG zu berücksichtigen sind.

Die Klägerin ist niederländische Staatsbürgerin. In den Streitjahren 1997 bis 1999 absolvierte sie in den Niederlanden bei der KLM ... B.V. (KLS) in einem Ausbildungsverbund mit der ... N.V. (KLM) eine kostenpflichtige Ausbildung zur Verkehrsflugzeugführerin. Gemäß Ausbildungsvertrag vom 12.05.1997 war die KLM berechtigt, die Klägerin nach Abschluss der Ausbildung für die Dauer von zehn Jahren zu übernehmen. In diesem Falle war die Klägerin gemäß Art. XI des Ausbildungsvertrags verpflichtet, der KLM anteilige Ausbildungskosten zu erstatten, sofern sie vor Ablauf der Zehnjahresfrist aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden sollte. Einen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt unterhielt die Klägerin in der Ausbildungszeit ausschließlich in den Niederlanden. Nach Abschluss der Ausbildung und Erwerb der ATPL-Lizenz (Airline Transport Pilot Licence) im Februar 1999 wurde das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und der KLS/KLM ohne Rückzahlungsverpflichtung der Klägerin beendet. Die Klägerin war hiernach Arbeit suchend und erhielt ab Februar 2000 eine Anstellung als Verkehrsflugzeugführerin bei der ... AG (LH) mit Einsatzort Frankfurt/Main. Nach Anstellung bei der LH unterhielt die Klägerin vom 01.07. bis 31.12.2000 einen inländischen Wohnsitz und war in dieser Zeit im Inland unbeschränkt steuerpflichtig. Im Januar 2001 verlegte die Klägerin ihren Wohnsitz zurück in die Niederlande und unterliegt seitdem mit ihren inländischen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit der beschränkten Steuerpflicht i.S.d. §§ 1 Abs. 4, 49 Abs. 1 Nr. 4a EStG.

Mit Erklärungen zur Feststellung des verbleibenden Verlustabzugsabzugs vom 15.03.2004 (Eingang beim Beklagten) beantragte die Klägerin erstmals, die ihr in den Ausbildungsjahren 1997 bis 1999 (vermeintlich) entstandenen Ausbildungskosten als (vorweggenommene) Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 10d EStG festzustellen. Im Einzelnen handelte es sich um folgende Beträge:

 199719981999
 DMDMDM
Arbeitsmittel200,00200,00200,00
Kontoführungsgebühren30,0020,0020,00
Ausbildungskosten KLS84.497,84115.816,610,00
Fahrtkosten7.700,0018.200,009.800,00
Verpflegungsmehraufwand6.708,000,000,00
Schuldzinsen0,004.318,679.407,96
gesamt99.135,84138.565,2819.437,96
davon Inlandsanteil 56%55.516,0777.596,5610.885,26

Der Beklagte, dessen Zuständigkeit aus § 17 Finanzverwaltungsgesetz i.V.m. Art. IV Abs. 1 Nr. 8 der Anordnung über die Zuständigkeit der Finanzämter des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg vom 28.10.1997 (Amtl. Anzeiger 1997, 2609) folgt, lehnte die gesonderten Verlustfeststellungen mit Bescheid vom 25.04.2004 ab. Die Aufwendungen hätten in keinem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit künftigen steuerbaren Einnahmen gestanden. Verlustfeststellungsfähige, vorweggenommene Werbungskosten lägen insofern nicht vor.

Auf den hiergegen erhobenen Einspruch vom 28.05.2004 (Eingang beim Beklagten), mit dem die Klägerin den Antrag auf Verlustfeststellung auf 100% der entstandenen Kosten erweiterte, entschied der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 08.04.2005. Die Feststellung vortragsfähiger Verluste gemäß § 10d EStG setze einkommensteuerpflichtige Einkünfte voraus. Die Klägerin sei in den Streitjahren aber weder unbeschränkt noch beschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen. Sie habe im Inland weder über einen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt verfügt noch habe sie inländische, nichtselbständige Einkünfte i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG erzielt. Das Ausüben einer nichtselbständigen Arbeit i.S.d. § 49 EStG setze ein persönliches Tätigwerden im Inland voraus. Diese Voraussetzung habe die Klägerin nicht erfüllt. Die Flugausbildung und die damit verbundenen arbeitsvertraglichen Beziehungen hätten einen ausschließlichen Auslandsbezug gehabt. Auf die Frage, ob die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit künftigen, im Inland steuerbaren Einnahmen gestanden haben, komme es mangels einer inländischen Steuerpflicht in den Verlustentstehungsjahren nicht an. Denn die Qualifizierung von Aufwendungen als vorweggenommene Werbungskosten könne nicht das für die Begründung der (beschränkten) Steuerpflicht maßgebende Zu- und Abflussprinzip des § 11 EStG durchbrechen. Zudem liege der Nachweis eines solchen Veranlassungszusammenhangs der Ausbildungskosten mit steuerbaren, inländischen Einnahmen nicht vor. Die vage Vermutung, nach Abschluss der Ausbildung nicht bei der KLM, sondern in Deutschland bei der LH eine Anstellung zu finden, sei nicht ausreichend. Darüber hinausgehende Nachweise in Form von Bewerbungsschreiben, Einstellungszusagen pp., die die Erwartung auf eine Anstellung in Deutschland hätten tragen können, habe die Klägerin nicht erbracht. In der Nichtberücksichtigung der Verluste liege auch kein Verstoß gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Insbesondere die Arbeitnehmerfreizügigkeit gemäß Art. 39 EG sei nicht berührt. Zum einen entspreche es dem Territorialitätsprinzip, nur solche Verluste zum Verlustabzug zuzulassen, die aus einer Tätigkeit in dem jeweiligen Staat folgten (EuGH, Rs. C-250/95 Futura/Singer); und zum anderen sei die Klägerin nicht mit einem Inländer vergleichbar, der die Ausbildung im Inland absolviert habe und einen hinreichenden Zusammenhang der Ausbildung mit der Erzielung steuerbarer Einnahmen nachweisen könne.

Die Klägerin hat am 11.05.2005 Klage erhoben und macht im Wesentlichen geltend:

Entscheidend für die Berücksichtigung von Werbungskosten sei, dass diese durch steuerpflichtige Tätigkeiten veranlasst seien. Der erforderliche Veranlassungszusammenhang sei ein wirtschaftlicher; rechtliche, zeitliche oder örtliche Zusammenhänge seien weder erforderlich noch ausreichend. Entsprechend setze auch § 50 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG einen wirtschaftlichen und nicht einen zeitlichen Zusammenhang der Werbungskosten mit den inländischen Einkünften voraus. Das Zu- und Abflussprinzip des § 11 EStG stehe dem wirtschaftlichen Veranlassungsprinzip nicht entgegen. Während das Veranlassungsprinzip die Frage beantworte, ob Werbungskosten durch steuerpflichtige Einnahmen veranlasst seien, beantworte § 11 Abs. 2 EStG die Frage, in welchem Veranlagungszeitraum die Werbungskosten zu erfassen seien. Die Regelungsgegenstände seien somit unterschiedliche und schlössen sich nicht aus.

§ 50 Abs. 1 EStG verlange zudem keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang. Das Fehlen der ausdrücklichen Forderung nach einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang könne nur bedeuten, dass auch ein mittelbarer Zusammenhang ausreiche. Im Gegensatz zu § 3c EStG genüge daher jeder wirtschaftliche Veranlassungszusammenhang. Dieser Zusammenhang sei hier gegeben. Die Aufwendungen für den Erwerb der ATPL-Lizenz stünden in einem unstreitigen objektiven und subjektiven Zusammenhang mit der nichtselbständigen Tätigkeit als Verkehrsflugzeugführer. Sie erfüllten damit die von der BFH-Rechtsprechung an den Begriff der vorweggenommenen Werbungskosten gestellten Anforderungen. Umgekehrt lasse sich dem Merkmal des hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhangs der Aufwendungen mit Erwerbseinkommen nicht entnehmen, dass im Zeitpunkt der Aufwandsentstehung bereits der spätere Arbeitgeber feststehen müsse. Dies gelte gleichermaßen für die Frage, in welchem Land die späteren Einkünfte erzielt würden. Die Arbeitnehmer in der EU seien grundsätzlich frei, ihren Arbeitsplatz in einem beliebigen Mitgliedsland zu wählen. Dieses durch Art. 39 EG garantierte Freiheitsrecht würde durch eine von vornherein zu verlangende Festlegung auf den Ort der späteren Tätigkeit beschränkt. Ebenso wenig könne gefordert werden, dass der Wohnsitz (und damit die unbeschränkte Steuerpflicht) bereits im Ausbildungszeitpunkt im Land der späteren Betätigung liegen oder dass die Ausbildung in diesem Land stattfinden müsse. Dadurch würde nämlich die in Art. 49 EG geregelte Freizügigkeit des Dienstleistungsverkehrs beschränkt werden. Denn hierzu zähle auch das Recht des Dienstleistungsempfängers, Dienstleistungen innerhalb des Gemeinschaftsgebiets frei von Beschränkungen in Anspruch zu nehmen. Die Forderung nach dem Inlandsbezug der Werbungskosten im Zeitpunkt des Abflusses könne zudem nicht aus dem Territorialitätsprinzip abgeleitet werden. Dieses diene nur der Abgrenzung der Steuerhoheit zwischen den Fisken. Es rechtfertige damit keine Durchbrechung des Leistungsfähigkeitsprinzips und Überbesteuerungen durch Versagung des Abzugs von Erwerbsaufwendungen, die mit inländischen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stünden. Hinzu käme, dass vorweggenommene Werbungskosten nach dem Grundsatz der frühestmöglichen Verlustausgleichung im ersten Jahr der Einnahmeerzielung auszugleichen seien. Dies sei hier das Jahr 2000. Da das Besteuerungsrecht für 2000 ausschließlich Deutschland zugestanden habe, könne die Verpflichtung zur Berücksichtigung der Erwerbsaufwendungen auch unter diesem Gesichtspunkt nicht auf die Niederlande übertragen werden.

Die Klägerin beantragt,

die Einspruchsentscheidung vom 08.04.2005 und den Ablehnungsbescheid vom 25.05.2004 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, auf den 31.12.1997 bis 31.12.1999 Feststellungsbescheide über den verbleibenden Verlustabzug bzw. Verlustvortrag gemäß § 10d Abs. 3 und 4 EStG i.d. für die Streitjahre geltenden Fassungen zu erlassen und auf den 31.12.1997 einen Verlust in Höhe von DM 99.136, auf den 31.12.1998 in Höhe von DM 237.701 und auf den 31.12.1999 in Höhe von DM 257.139 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte nimmt im Wesentlichen Bezug auf seine Einspruchsentscheidung vom 08.04.2005 und trägt ergänzend vor:

Voraussetzung für einen wirtschaftlichen Zusammenhang von Werbungskosten mit inländischen Einkünften i.S. des § 50 Abs. 1 EStG sei, dass überhaupt Einnahmen oder Ausgaben im Inland erzielt würden. Beides sei in den Streitjahren nicht der Fall gewesen. Ferner reiche es für die Anerkennung der Ausbildungskosten als vorweggenommene Werbungskosten im Inland nicht aus, dass die Ausbildung der Förderung des Pilotenberufs an sich gedient hätte. Unabdingbare Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen im Inland sei vielmehr, dass diese zur Förderung einer inländischen Tätigkeit erbracht worden seien. Hierzu habe die Klägerin aber trotz wiederholter Anforderungen keine Nachweise erbracht. Schließlich beschränke die Versagung des Werbungskostenabzugs weder die in Art. 39 EG garantierte Arbeitnehmerfreizügigkeit - der Sachverhalt weist in den Streitjahren keinen grenzüberschreitenden Bezug auf - noch die Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 49 EG.

Dem Gericht lag die den Streitfall betreffende Einkommensteuerakte zu der Steuernummer ... vor.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die Ablehnung des Beklagten, die begehrten Verlustfeststellungsbescheide zu erlassen, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 101 Satz 1 FGO. Die geltend gemachten Ausbildungskosten stehen in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang i.S.d. § 50 Abs. 1 EStG mit inländischen Einkünften und können daher nicht auf den Schluss des jeweiligen Veranlagungszeitraums als verbleibender Verlustabzug bzw. Verlustvortrag gemäß § 10d EStG festgestellt werden.

1. Das gesonderte Verfahren der Verlustfeststellung gemäß § 10d EStG betrifft negative Einkünfte i.S.d. § 2 EStG, die aus Gründen der Steuergerechtigkeit abschnittsübergreifend berücksichtigt werden sollen (vgl. Heinicke in Schmidt, EStG, 25. Aufl., § 10d Rz. 1; Lambrecht in Kirchhof, EStG, 5. Aufl., § 10d Rz. 1). Feststellungsfähig sind nur negative Einkünfte, die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht oder als inländische Einkünfte während seiner beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt hat, § 2 Abs. 1 EStG. Da die Klägerin in den Streitjahren im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte und somit nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig i.S.d. § 1 Abs. 1 EStG war, müssen die Ausbildungskosten inländische Einkünfte i.S.d. § 49 EStG darstellen, um in den Verlustabzug des § 10d EStG einbezogen werden zu können, § 1 Abs. 3 und 4 EStG. Das ist jedoch nicht der Fall.

Nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG sind - hier allein in Betracht kommende - Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nur dann inländische Einkünfte, wenn die Arbeit im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist. Diese Formulierung könnte - wie es der BFH in seinem Urteil vom 27. April 2005, I R 112/04 (BFH/NV 2005, 1756; HFR 2005, 1177) formuliert hat - darauf hinweisen, dass die Vorschrift nur Einkünfte erfasst, die mit einer entweder in der Gegenwart oder in der Vergangenheit geleisteten oder verwerteten Arbeit zusammenhängen. Bei einer solchen Lesart könnten vorweggenommene Einkünfte und folglich auch Werbungskosten, die - wie im Streitfall - im Vorgriff auf eine beabsichtigte Arbeitstätigkeit im Inland anfallen, im Rahmen des § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG nicht berücksichtigt werden.

Das Gericht muss diese Frage jedoch nicht entscheiden. Denn auch wenn vorweggenommene Werbungskosten im Zusammenhang mit einer zukünftigen Inlandstätigkeit (negative) inländische Einkünfte i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG sein können (vgl. Heinicke in Schmidt, EStG, 25. Aufl., § 49 Rz. 8; Roth in H/H/R, EStG, § 49 Anm. 53; Hidien in K/S/M, EStG, § 49 Rn. G 209; Lüdicke in Lademann, EStG, § 49 Rz. 128), setzt dies voraus, dass die Verluste mit den inländischen Einkünften in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, § 50 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG. Nach Maßgabe des Veranlassungsprinzips - § 4 Abs. 4 EStG (vgl. Gosch in Kirchhof, EStG, 5. Aufl., § 50 Rz. 5) - ist dieser Zusammenhang aber nicht schon dann gegeben, wenn eine Ausgabe in einem subjektiv-objektiven Förderungszusammenhang mit einer nichtselbständigen Tätigkeit an sich steht; ebenso wenig reicht es aus, dass im Anschluss an die Ausbildung - und der damit verbundenen Erzielung negativer Einkünfte - tatsächlich eine nichtselbständige Tätigkeit im Inland aufgenommen worden ist oder dass allgemein die Absicht bestand, später im Inland tätig zu werden BFH-Urteil vom 27. April 2005, I R 112/04, BFH/NV 2005, 1756, HFR 2005, 1177; Urteil des FG Hamburg vom 28. Februar 2006, VI 351/03, EFG 2006, 1565 rkr.). Der wirtschaftliche Zusammenhang der Verluste mit inländischen Einkünften verlangt vielmehr, dass die Entscheidung des Steuerpflichtigen im Moment der Erwerbshandlung konkret auf die Erzielung steuerbarer Inlandseinkünfte gerichtet und die betreffende Tätigkeit bestimmt ins Auge gefasst ist und die zu beurteilenden Einkünfte sich speziell auf diese Tätigkeit beziehen BFH-Urteil vom 27. April 2005, I R 112/04, BFH/NV 2005, 1756, HFR 2005, 1177; Urteil des FG Hamburg vom 28. Februar 2006, VI 351/03, EFG 2006, 1565 rkr.).

Für einen in diesem Sinne zu verlangenden konkreten Zusammenhang zwischen den hier zu beurteilenden Ausbildungskosten und der späteren Inlandstätigkeit der Klägerin sind keine hinreichenden Anhaltspunkte gegeben. Die Ausbildung zur Verkehrsflugzeugführerin verschafft eine internationale berufliche Qualifikation. Sie ist in Bezug auf den späteren Einsatzort indifferent und weist als solche keine spezifische Nähe zu einer Inlandstätigkeit i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG auf. Dagegen legen es die niederländische Staatsbürgerschaft der Klägerin, deren in der Ausbildungszeit beibehaltener niederländischer Wohnsitz und das in dem Ausbildungsvertrag vom 12.05.1997 der KLM - einer niederländischen Fluggesellschaft - eingeräumte Übernahmerecht nahe, dass die Klägerin eine Anstellung in den Niederlanden beabsichtigt hatte. Dem steht nach Auffassung des Gerichts auch nicht entgegen, dass die wirtschaftliche Situation der KLM - die klägerische Behauptung als wahr unterstellt - in den Streitjahren schwierig und eine Anstellung dort nach Abschluss der Ausbildung ungewiss gewesen sein mag. Doch auch ohne konkreten Bezug der Ausbildung zu einer Tätigkeit in den Niederlanden folgt hieraus nicht eo ipso die erforderliche Anknüpfung an eine Inlandstätigkeit i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Dem steht - wie bereits dargelegt - die Internationalität der Ausbildung entgegen. Der Nachweis für eine schon in der Ausbildungszeit konkret ins Auge gefasste Tätigkeit bei deutschen Fluggesellschaften ist auch nicht durch den allgemeinen Hinweis der Klägerin auf die - wiederum als wahr unterstellte - günstige Einstellungssituation in den Streitjahren und später bei der LH geführt. Ein den Anforderungen der oben ausgeführten Grundsätze genügender Nachweis des inländischen Veranlassungszusammenhangs der Ausbildungskosten wäre vielmehr anhand von entsprechenden Bewerbungsschreiben, Korrespondenzen, Gesprächsnotizen pp. zu führen gewesen. Diesen Nachweis ist die Klägerin indes schuldig geblieben, was nach den Regeln der Feststellungslast (vgl. hierzu Brockmeyer in Klein, AO, 9. Aufl., § 88 Rz. 15ff) zu ihren Lasten geht.

2. Da ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang der Ausbildungskosten mit inländischen Einkünften i.S.d. § 50 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG nicht festzustellen ist, muss das Gericht nicht entscheiden, ob der begehrten Verlustfeststellung andernfalls die Vorschrift des § 50 Abs. 2 EStG entgegenstünde (vgl. hierzu Nieland in Lademann, EStG, § 50 Anm. 62 ff).

3. Die Versagung des Verlustabzugs verstößt nicht gegen die in Art. 39 und 49 EG garantierten Grundfreiheiten. Zum einen entspricht die Vorschrift des § 50 Abs. 1 Satz 1 EStG, die für die Berücksichtigung von Werbungskosten einen wirtschaftlichen Zusammenhang dieser Kosten mit inländischen Einkünften voraussetzt, dem Territorialitätsprinzip und enthält damit weder eine offene noch eine verdeckte Diskriminierung, wie sie der EG-Vertrag verbietet (vgl. EuGH-Urteile vom 15. Mai 1997, Rs. C-250/95 "Futura Participations SA und Singer"; vom 15. Februar 2007, Rs. C-345/04 "Centro Equestre da Lezíria Grande Lda"); zum anderen verstößt der von der Norm vorausgesetzte Veranlassungszusammenhang nicht gegen das Gebot der Inländergleichbehandlung. Denn auch bei einem im Inland unbeschränkt Einkommensteuerpflichtigen können vorbereitende Aufwendungen nur insoweit als Werbungskosten berücksichtigt und ggf. als verbleibender Verlustvortrag gemäß § 10d EStG festgestellt werden, als die zu erzielenden Einkünfte im Inland steuerbar sind (vgl. BFH-Urteile vom 20. September 2006, I R 59/05, DB 2007, 145; vom 20. Juli 1973, VI R 198/69, BFHE 110, 47, BStBl II 1973, 732). Ob ein entsprechender, inländischer Veranlassungszusammenhang gegeben ist, ist auch bei dem Gebietsansässigen / unbeschränkt Steuerpflichtigen - wie im Streitfall - anhand der festgestellten Umstände des Einzelfalls im Wege wertender Betrachtung zu entscheiden.

4. Die Frage, ob es einen - wie von der Klägerin vorgetragen - Grundsatz der frühestmöglichen Verlustausgleichung gibt und ob dieser Grundsatz eine Berücksichtigung der hier streitigen Ausbildungskosten nach niederländischem Recht ausschließt, kann das Gericht dahingestellt sein lassen. Diese Frage ist für die Entscheidung des Streitfalls unbeachtlich. Denn die Zurückweisung des Klagebegehrens beruht auf der Anwendung der - europarechtskonformen - Vorschrift des § 50 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG. Eine Berücksichtigung der Vorschriften der Niederlande käme allenfalls dann in Betracht, wenn die Versagung des begehrten Verlustabzugs zu offenkundig interessewidrigen Ergebnissen führen würde. Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn wenn die streitigen Aufwendungen im Ergebnis weder in Deutschland noch in den Niederlanden in die Bemessungsgrundlage der Ertragsteuer einbezogen werden können, so beruhte dies darauf, dass das niederländische Recht den Abzug vorweggenommener Werbungskosten anders als das deutsche Recht regelt. Dies kann aber nicht dazu führen, dass der Sache nach nicht zu den deutschen Einkünften gehörende Werbungskosten systemwidrig den deutschen Einkünften zugeschlagen werden (vgl. BFH-Urteil vom 20. September 2006, I R 59/05, DB 2007, 145).

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision aus § 115 Abs. 2 FGO.



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