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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 20.10.2006
Aktenzeichen: 7 K 151/04
Rechtsgebiete: EStG, HGB


Vorschriften:

EStG § 15a
HGB § 171
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

7 K 151/04

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Ermittlung des Kapitalkontos im Sinne des § 15a EStG und der sich daraus ergebenden ausgleichsfähigen bzw. verrechenbaren Verluste.

Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft, die vorrangig eine Reederei sowie die damit verbundenen oder verwandten Geschäfte betreibt und an diversen Schiffen im Rahmen von Partenreedereien beteiligt ist. Das eingetragene Kapital der Klägerin betrug zum 31.12.1993 25.000.000 DM und war in voller Höhe eingezahlt. Die Komplementärin, seit dem 1.1.1987 die ... (Schifffahrtsgesellschaft mbH), ist nicht am Kapital der Klägerin beteiligt. Am 1.1.1994 waren als Kommanditisten beteiligt Herr A mit einer Einlage von 11.875.000 DM, Frau D mit einer Einlage von 5.375.000 DM, Herr B mit einer Einlage von 3.000.000 DM, Herr R mit einer Einlage von 2.500.000 DM, Herr K mit einer Einlage von 2.000.000 DM und Herr O mit einer Einlage von 250.000 DM. Herr K und Frau D sind inzwischen aus der Gesellschaft ausgeschieden.

In dem Gesellschaftsvertrag vom 22.12.1986 ist unter anderem geregelt:

"§ 12

Entnahmen

1)

Entnahmen sind nach folgenden Bestimmungen zulässig:

a)

...

b)

der Bilanzgewinn gemäß § 11 Ziffer 3 wird grundsätzlich ausgeschüttet, es sei denn, die Gesellschafter beschließen mit 75% Mehrheit etwas anderes.

2)

Die mit der Beteiligung verbundenen persönlichen Steuern (Einkommensteuer, Vermögensteuer) sind spätestens nach Bilanzfeststellung auszuzahlen. Für die Steuerberechnung ist vom höchsten Steuersatz, allerdings unter Berücksichtigung von Tarifermäßigungen, auszugehen.

§ 13

Gesellschafterkonten

1)

Die Gesellschaft hat feste Kapitalkonten in Höhe der eingezahlten Kommanditeinlagen.

2)

Als unverzinsliche gesamthänderisch gebundene Rücklage wird der nicht für Kapitaleinzahlung und -erhöhung aus dem Anteilsverkauf T... GmbH resultierende Betrag des laufenden Gesellschaftskontos geführt. Über die Rücklage kann nur zusammen mit dem Kommanditanteil oder durch Gesellschafterbeschluss mit einer Mehrheit von 75% des Kommanditkapitals verfügt werden.

3)

Etwaige Verluste werden den Kommanditisten auf Verlust-Sonderkonten belastet und entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen aus zukünftigen Gewinnen aufgefüllt. Eine Nachschusspflicht besteht dementsprechend nicht."

Am ...1994 wurde eine Kapitalerhöhung um 18.000.000 DM auf 43.000.000 DM beschlossen und am ...1994 in das Handelsregister eingetragen. Die Kapitalerhöhung war zum 31.12.1994 nicht eingezahlt, in 1995 ist hierauf ein Teilbetrag von 7.250.000 DM eingezahlt worden.

Zuvor hatten die Gesellschafter mit Gesellschafterbeschluss vom 15.6.1994 beschlossen, das Kommanditkapital der Gesellschaft um 5.000.000 DM auf 30.000.000 DM zu erhöhen und diese Kapitalerhöhung nicht in das Handelsregister einzutragen. Die übernommenen Einlagen waren von den Kommanditisten zum 30.6.1994 einzuzahlen. Diese Kapitalerhöhung wurde in der Bilanz der Klägerin in der "Kapitalrücklage 2" ausgewiesen.

In der "Kapitalrücklage 1" war die nach § 13 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages gebundene Rücklage aus dem Verkauf der Anteile an der T GmbH in Höhe von 14.474.000 DM erfasst.

Auf der Aktivseite im Umlaufvermögen wies die Klägerin als eigenständige Bilanzpositionen die "Verlustsonderkonten der Kommanditisten" mit einem Saldo von insgesamt 47.476.854,44 DM aus. Ebenfalls erfasste sie an dieser Stelle "Gesellschafterkonten der Kommanditisten (aus Entnahmen)" mit einem Saldo von insgesamt 15.849.623,51 DM. Dieser Saldo beruhte auf den als Entnahmen behandelten Personensteuern der Gesellschafter sowie einer Liquiditätsausschüttung (Liquiditätsüberschuss aus dem Schiffsverkauf einer Beteiligungsgesellschaft) in 1993 in Höhe von insgesamt 15.336.750 DM. Dem lag laut Protokollen der "Beirat- und Gesellschafterversammlung der T...-Gesellschaften" vom 21.12.1992 und 1.7.1993 der Beschluss der Gesellschafter zugrunde, dass "aus dem Überschuß des Verkaufs der P... von 30.3 Mio. DM 15,3 Mio. DM an die Gesellschafter der T... ausgeschüttet werden" sollten.

In 2000 fand eine bei der Klägerin für die Jahre 1992 bis 1995 durchgeführte Betriebsprüfung ihren Abschluss. Der Betriebsprüfer kam u.a. zu dem Ergebnis, dass die Vorschrift des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG nicht beachtet worden sei. Die steuerlichen Kapitalkonten der Gesellschafter seien abweichend von der Darstellung der Klägerin zu entwickeln. Bei der Ermittlung des Kapitalkontos im Sinne des § 15a Abs. 1 EStG seien neben dem gezeichneten Kapital, den Kapitalrücklagen und dem Verlustvortragskonto auch die Gesellschafterkonten der Kommanditisten (aus Entnahmen) in das Kapitalkonto mit einzubeziehen. Für die Gesellschaft insgesamt sei zum 31.12.1994 von einem ausgleichsfähigen Verlust nach § 15a EStG von 22.783.109 DM und einem verrechenbaren Verlust von 368.681 DM auszugehen. Auf die Anlagen 1 und 2 zum Betriebsprüfungsbericht vom 27.6.2000 und dem Prüfungsvermerk Nr. 1 wird Bezug genommen.

Mit zuletzt am 13.5.2004 geändertem Bescheid für 1994 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen stellte der Beklagte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb insgesamt mit -23.457.631,38 DM fest und teilte diese nach der Verteilungsquote auf die Gesellschafter auf. Hierbei ging er von ausgleichsfähigen Verlusten nach § 15a EStG in Höhe von insgesamt 17.972.931,02 DM und verrechenbaren Verlusten in Höhe von insgesamt 5.999.722,11 DM aus.

Bereits mit Schreiben vom 22.11.2000 hatte die Klägerin gegen einen zuvor ergangenen Änderungsbescheid für 1994 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vom 20.10.2000 Einspruch eingelegt. Mit Einspruchsentscheidung vom 14.5.2004 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Als Anlage fügte er der Einspruchsentscheidung eine Berechnung des ausgleichsfähigen und verrechenbaren Verlustes nach § 15a EStG sowie dessen Verteilung auf die Gesellschafter bei.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin mit Schreiben vom 11.6.2004, eingegangen am 14.6.2004, Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, dass sämtliche Verluste des Jahres 1994 ausgleichsfähig seien, weil die Verluste nicht zu einem negativen Kapital führten. Die Gesellschafterkonten der Kommanditisten aus Entnahmen seien nicht in die Berechnung des Kapitalkontos im Sinne des § 15a EStG einzubeziehen. Selbst wenn sie einzubeziehen seien, so würde aufgrund der vorgenommenen Entnahmen die Außenhaftung gemäß § 171 HGB wieder aufleben, weil insoweit eine Kapitalrückzahlung erfolgt sei.

Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin sehe neben den festen Kapitalkonten und einer Kapitalrücklage gesonderte Verlustverrechnungskonten vor. Neben den festen Kapitalkonten bestehe daher für den jeweiligen Kommanditisten ein weiteres Kapitalkonto, ein sogenanntes Verlust-Sonderkonto. Werden - wie bei der Klägerin - die Verluste auf einem separat geführten Kapitalkonto erfasst, so sei dies ein wichtiges Indiz für die Zuordnung der Gesellschafterkonten aus Entnahmen zum Sonderbetriebsvermögen, das bei der Berechnung des Kapitals gemäß § 15a EStG nach gefestigter Rechtsprechung nicht mit einzubeziehen sei. Da es sich bei der Zahlung der 15.336.750 DM nicht um die Ausschüttung von Gewinnen der Klägerin gehandelt habe, müsse es sich zwangsläufig um eine darlehensweise Auszahlung an die Gesellschafter handeln. Es sei deshalb unerheblich, dass keine Vereinbarungen über Rückzahlung oder Verzinsung getroffen worden seien, zumal eine Verzinsung nicht als Indiz für Fremdkapital herangezogen werden könne, weil eine Verzinsung von Kapitalanteilen gleichermaßen üblich und typisch sei. Insbesondere fehle es auch an einer Dauerhaftigkeit der Mittelüberlassung. Erstmals seien in 2001 auch Teilbeträge in Höhe von 5.000.000 DM von den Gesellschaftern zurückgezahlt worden, was in den Folgejahren fortgesetzt worden sei. Schließlich handle es sich auch nach dem Verständnis der Gesellschafter bei den Gesellschafterkonten der Kommanditisten aus Entnahmen um Darlehenskonten, was sich in den Verträgen über die Veräußerung von Kommanditanteilen an der Gesellschaft aus Juli 1995 widerspiegle.

Weiterhin sei fraglich, ob die von der Klägerin 1993 vorgenommene Ausschüttung in Höhe von 15.336.750 DM vorrangig als Rückzahlung von Einlagen behandelt werden könne. Nur durch Gesellschafterbeschluss könne die Bildung einer Rücklage rückgängig gemacht werden. Da ein entsprechender Gesellschafterbeschluss nicht vorliege, seien die vorgenommenen Auszahlungen der Klägerin an die Kommanditisten nicht vorrangig mit der Rücklage zu verrechnen. Der von dem Beklagten vorgetragene Fall der Rückzahlung eines Aufgeldes sei mit der vorgenommenen Ausschüttung nicht vergleichbar.

Die als Pflichteinlage im Juni 1994 beschlossene Kapitalerhöhung in Höhe von 5.000.000 DM stärke - wenn auch möglicherweise nur vorübergehend - das steuerliche Eigenkapital und verbessere die Haftung im Außenverhältnis. Die Einzahlung dieses Betrages in die Kapitalrücklage 2 sei deshalb in die Ermittlung des Kapitalkontos gemäß § 15a EStG einzubeziehen und nicht als Zahlung auf die Haftungseinlage zu werten. Unstreitig seien bei der Ermittlung des Kapitalkontos gemäß § 15a EStG unter anderem in der Bilanz ausgewiesene Kapitalrücklagen einzubeziehen. Wenn schon hinsichtlich des "Stehenlassens" von Gewinnanteilen ein Wahlrecht des Gesellschafters bestehe, ob er es zur Erhöhung seiner Einlage verwende, so müsse dies erst recht für gesondert vereinbarte Einlageleistungen des Gesellschafters gelten. Der Klägerin stehe es nach dem Handelsrecht frei, gesamthänderisch gebundene Rücklagen unabhängig von dem Einzahlungsstatus des jeweiligen Haftkapitals zu bilden. Die Kommanditisten hätten durch Leistung der Pflichteinlage und Buchung dieses Betrages in eine gesonderte Kapitalrücklage zum Ausdruck gebracht, dass ausdrücklich nicht Zahlungen auf die Hafteinlage erfolgen sollten. Schließlich habe die Klägerin sich im Streitjahr und in den Folgejahren nicht in einer außergewöhnlich günstigen Liquiditätslage befunden, so dass mit der Eintragung der Haftsumme ein echtes Risiko des Verlustes der Hafteinlage verbunden gewesen sei.

Gegen die Auffassung des Beklagten spreche auch, dass nach herrschender Auffassung die Einlage ebenso durch Einbuchung oder Umbuchung von Werten auf das Kapitalkonto erbracht werden könne. Eine haftungsbefreiende Einlageleistung werde nach der gesellschaftsrechtlich zutreffenden Vertragstheorie nur anerkannt, wenn die Leistung auch als "Einlage" auf das haftende Kommanditkapital geleistet und der Gesellschaft wertmäßig zugeführt werde. Ein Insolvenzverwalter würde eine Anrechnung auf die ausstehende Kommanditeinlage nicht akzeptieren, sondern im Falle der Insolvenz die Kommanditisten zur Einzahlung der ausstehenden Kommanditeinlage auffordern. Die Erhöhung des eingetragenen Haftkapital 1994 und die darauf in den Folgejahren geleisteten Einlagen sowie der Aufbau einer Kapitalrücklage 2 erfolgten aus rein betriebswirtschaftlichen Gründen.

Die Klägerin beantragt,

den geänderten Feststellungsbescheid über verrechenbare Verluste zum 31.12.1994 nach § 15a Abs. 4 EStG vom 13.5.2004 und die Einspruchsentscheidung vom 14.5.2004 in der Weise zu ändern, dass die verrechenbaren Verluste für jeden Gesellschafter mit jeweils 0 DM festgestellt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass es sich bei den Gesellschafterkonten der Kommanditisten aus Entnahme nicht um Darlehenskonten handle. Auch wenn die fehlende Verzinsung nicht der allein maßgebende Umstand sei, so komme ihr doch entscheidende Indizwirkung zu. Denn bei wirtschaftlich vernünftiger Betrachtung wäre eine Zinsvereinbarung getroffen worden, denn kein Gesellschafter habe ein Interesse daran, dass andere Gesellschafter "Kapital" der Gesellschaft ohne Gegenleistung nutzten. Der Auszahlung an die Gesellschafter habe auch nicht ein individuell unterschiedlicher Kreditbedarf einzelner Gesellschafter zu Grunde gelegen, sondern Liquiditätsüberschüsse aus dem Verkauf der "P...". Folgerichtig sei auch der Ausdruck "Ausschüttung" benutzt worden. Auch wenn es sich nicht um eine Ausschüttung im steuerrechtlichen Sinne handle, könne nicht der Schluss gezogen werden, dass dann ein Darlehen vorliege. Ebenso spreche für ein Kapitalkonto, dass Entnahmen der Gesellschafter zur Zahlung persönlicher Steuern ebenfalls über dieses Konto abgewickelt worden seien.

Die Vorschrift des § 15a EStG habe den Zweck, die steuerliche Berücksichtigung von Verlusten bei beschränkt haftenden Gesellschaftern auf den Betrag zu beschränken, bei dem eine endgültige wirtschaftliche Belastung bereits erfolgt sei oder aufgrund des § 171 Abs. 1 HGB potentiell bestehe. Dass es der Klägerin handelsrechtlich frei stehe, gesamthänderisch gebundene Kapitalrücklagen zu beschließen und auch ihre Geldleistung in der Weise zu bestimmen, dass sie als Zahlung auf die Rücklage und nicht auf die Hafteinlage erfolge, habe keinen Einfluss auf die Auslegung des § 15a Abs. 1 EStG. Denn darin werde nicht zwischen Hafteinlage und Pflichteinlage unterschieden. Insbesondere träfe § 15a Abs. 1 S. 2 EStG keine Regelung für Abweichungen von Pflicht- und Hafteinlagen, sondern regele den Fall der überschießenden Außenhaftung, also der Haftung, die aufgrund der Differenz der geleisteten Einlage (aufgrund gesellschaftsvertraglicher Verpflichtung oder nicht) zur im Handelsregister eingetragenen Haftsumme bestehe. Der Beklagte rechne nicht die Zahlung "auf die Hafteinlage an", sondern bestimme steuerlich die Höhe der so genannten überschießenden Außenhaftung, indem er geleistete Einlagen mit dem im Handelsregister eingetragenen Hafteinlagen ins Verhältnis setze.

Mit Beschluss vom 25.9.2006 sind die Kommanditisten der Klägerin notwendig beigeladen worden.

Dem Gericht haben vorgelegen Band IV, V, VI a, VI b der Gewinnfeststellungsakten und Gewerbesteuerakten, Band I und II der Betriebsprüfungsarbeitsakten, die Betriebsprüfungsakte, die Bilanz- und Bilanzberichtsakte sowie die Rechtsbehelfsakte zu der Steuernummer .... Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten, die im gerichtlichen Verfahren eingereichten Schriftsätze und Unterlagen sowie die Protokolle über den Erörterungstermin und die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat teilweise Erfolg. Der angefochtene Bescheid für 1994 über die im Zusammenhang mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen getroffenen Feststellungen nach § 15a EStG sind teilweise rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Der Beklagte ist bei seinen Feststellungen zu § 15a EStG zwar zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei den "Gesellschafterkonten der Kommanditisten (aus Entnahmen)" um Kapitalkonten handelt, jedoch sind die Zahlungen der Kommanditisten in die Kapitalrücklage 2 nicht als auf die Hafteinlage geleistete Beträge zu werten. Der angefochtene Bescheid ist insoweit zu ändern.

Nach § 15a Abs. 4 EStG ist der nach Absatz 1 nicht ausgleichs- oder abzugsfähige Verlust eines Kommanditisten, vermindert um die nach Absatz 2 abzuziehenden und vermehrt um die nach Absatz 3 hinzuzurechnenden Beträge (verrechenbarer Verlust), jährlich gesondert festzustellen. Dabei ist von dem verrechenbaren Verlust der vorangegangenen Wirtschaftsjahre auszugehen. Der Beklagte hat den nicht ausgleichs- oder abzugsfähigen Verlust nach § 15a Abs. 1 EStG rechtsfehlerhaft ermittelt.

1.

Nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG darf der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust der Kommanditgesellschaft weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht. Bei der Ermittlung des Kapitalkontos nach § 15a Abs. 1 S. 1 EStG sind die Gesellschafterkonten der Kommanditisten aus Entnahmen mit zu berücksichtigen.

Den Begriff des Kapitalkontos definiert das Gesetz nicht. Nach der Rechtsprechung ist Kapitalkonto im Sinne dieser Vorschrift der Anteil der Gesellschafter am Vermögen der Gesellschaft, wie er sich aus dem nach steuerrechtlichen Grundsätzen ermittelten Kapitalkonto der Kommanditisten in der Gesamthandsbilanz der Gesellschaft zuzüglich gegebenenfalls bestehender Ergänzungsbilanzen der Kommanditisten und ohne Berücksichtigung von Sonderbilanzen ergibt. Ist - wie im vorliegenden Fall - durch Gesellschaftsvertrag die Führung von mehreren Gesellschafterkonten vorgesehen, so ist durch Auslegung des Gesellschaftsvertrags unter Berücksichtigung der beabsichtigten zivilrechtlichen Folgen sowie an Hand der gesamten Umstände des Einzelfalls zu entscheiden, inwieweit es sich bei diesen Konten um ein Kapitalkonto oder um ein Darlehenskonto (Forderung oder Verbindlichkeit) handelt (vgl. BFH, Urteil vom 17.5.1995, II R 46/92, BFH/NV 1996, 14; Urteil vom 5.6.2002, I R 81/00, BStBl II 2004, 344). Die Abgrenzung der Kapitalkonten der Gesellschafter gegenüber Konten, auf denen Forderungen oder Schulden der Gesellschafter gegen die Gesellschaft und umgekehrt ausgewiesen werden, richtet sich nicht nach der Kontenbezeichnung, sondern im Grundsatz danach, ob Zu- und Abgänge gesellschafts- oder schuldrechtlicher Natur sind. Danach ist vor allem dann von einem Kapitalkonto auszugehen, wenn auf diesem Verlustanteile des Gesellschafters verbucht werden. Um ein Kapitalkonto handelt es sich auch dann, wenn das Konto im Fall des Ausscheidens des Gesellschafters oder der Liquidation der Gesellschaft in die Ermittlung des Abfindungsguthabens des Gesellschafters eingeht. Bei einem Darlehenskonto käme allenfalls eine Verrechnung mit dem Abfindungsguthaben in Betracht. Für die Qualifizierung als Kapitalkonto spricht außerdem, wenn auf dem Konto Entnahmen und Einlagen zu verbuchen sind. Von Bedeutung kann schließlich sein, ob für die Kapitalüberlassung Höchstbeträge festgelegt, Sicherheiten gestellt und Tilgungsvereinbarungen getroffen worden sind (BFH, Urteil vom 5.6.2002, I R 81/00, BStBl II 2004, 344 m.w.N.). Von einer "echten" Forderung der Gesellschaft gegenüber den Kommanditisten wäre u.a. dann auszugehen, wenn die Beteiligten eine entsprechende Vereinbarung getroffen hätten (vgl. BFH, Urteil vom 17.5.1995, II R 46/92, a.a.O.). Aus dem Ausweis des Kontos auf der Aktivseite der Bilanz unter dem "Umlaufvermögen" können keine Rückschlüsse auf den Charakter des Kontos gezogen werden, denn sowohl Darlehens- als auch Kapitalkonten können einen Sollsaldo aufweisen und als Aktivposten zu bilanzieren sein (BFH, Urteil vom 4.5.2000, IV R 16/99, BStBl II 2001, 171, 173).

Bei Zugrundelegung dieser Kriterien handelt es sich bei den "Gesellschafterkonten der Kommanditisten (aus Entnahmen)" um Kapitalkonten und nicht um Darlehenskonten der Gesellschafter. Auf diesen Konten werden - wie sich auch aus der Kontenbezeichnung ergibt - Entnahmen der Kommanditisten verbucht, die typischerweise das Kapital einer Gesellschaft beeinflussen. Zwar weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass Verluste auf diesem Konto nicht erfasst werden. Dennoch folgt aus diesem Umstand sowie aus der Tatsache, dass die Gesellschafter Ende 1992 die Ausschüttung eines Liquiditätsüberschusses in bestimmter Höhe beschlossen haben, noch nicht, dass es sich nur um ein Darlehenskonto handeln kann. Denn es gibt darüber hinaus keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass insoweit den Kommanditisten ein "Darlehen" gewährt werden sollte. Hierzu fehlt es an einer verbindlichen Vereinbarung über die Bedingungen, zu denen ein Darlehen gewährt worden sein soll. Denn unabhängig davon, dass eine schriftliche Darlehensvereinbarung nicht vorliegt, ist aus anderen Umständen nicht ersichtlich, dass eine Rückzahlung dieses Betrages innerhalb eines bestimmten Zeitraumes sowie eine Verzinsung erfolgen sollte oder dass Sicherheiten gestellt werden sollten. Der Umstand, dass ab 2001 der Betrag von 15,3 Mio. DM in Teilbeträgen von den Gesellschaftern zurückgezahlt wird, kann ebenfalls nicht als Indiz dafür gewertet werden, dass ein Darlehen gewährt werden sollte. Denn diese Rückzahlung war bei der Auszahlung des Betrages bzw. in dem streitigen Veranlagungszeitraum weder vereinbart noch an Hand anderer objektiver Umstände zu erkennen.

Auch kann den Regelungen des Gesellschaftsvertrages nicht entnommen werden, dass es sich bei diesem Konto der Gesellschafter um ein Darlehenskonto handeln soll. Denn allein aus dem Umstand, dass dieses Konto bei den in § 13 des Gesellschaftsvertrages aufgeführten Gesellschafterkonten nicht genannt ist, folgt noch nicht, dass es kein Kapitalkonto sein kann. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Aufzählung abschließend sein sollte. Beispielsweise haben die Gesellschafter 1994 neben dem in § 13 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages genannten Rücklagekonto ein weiteres Rücklagekonto 2 gebildet. Ebenso wenig führt die Bezeichnung der auf diesen Gesellschafterkonten verbuchten Beträge als "Verbindlichkeit" in den beiden vorgelegten Kaufverträgen über Anteilsveräußerungen an der Klägerin in 1995 (Anlage 1 und 2 zu dem Schriftsatz der Klägerin vom 13.4.2006) dazu, dass dieses Konto als Darlehenskonto zu betrachten ist. Der Klägerin ist insoweit zuzugestehen, dass die Bezeichnung als "Verbindlichkeit" ein Indiz dafür sein kann, dass nach dem Verständnis der Gesellschafter ein Darlehen vorgelegen haben kann. Jedoch ist auch diese Bezeichnung als Verbindlichkeit in den Veräußerungsverträgen nicht eindeutig in der Weise, dass es sich bei den Gesellschafterkonten der Kommanditisten aus Entnahmen um ein Darlehen gehandelt hat. Demgegenüber sprechen eine Anzahl anderer Umstände dafür, dass es sich bei diesem Konto um ein Kapitalkonto handelt.

So weist die Bezeichnung als "Auszahlung eines Liquiditätsüberschusses" daraufhin, dass ursächlich für die Auszahlung nicht ein Finanzmittelbedarf eines Darlehensnehmers gewesen ist, sondern den Gesellschaftern nicht benötigte Liquidität des Unternehmens zugewendet wurde und somit der typische Hintergrund für eine Darlehensgewährung einer Personengesellschaft an ihre Gesellschafter gerade nicht vorlag. In diesem Zusammenhang ist auch die Entscheidung über die Auszahlung des Liquiditätsüberschusses durch Gesellschafterbeschluss ein Indiz dafür, dass es sich um Minderungen des gesamthänderischen Vermögens der Gesellschaft handelt und nicht individuell begründete Leistungen an die Gesellschafter vorliegen (vgl. Nds. FG, Urteil vom 5.10.2004, 11 V 335/03, juris). Alle Gesellschafter erhalten nach ihrer Beteiligungsquote einen Anteil des Liquiditätsüberschusses.

Ferner sind auf den Gesellschafterkonten aus Entnahmen die Auszahlungen nach § 12 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages zur Begleichung der persönlichen Steuern der Gesellschafter aus der Beteiligung gebucht worden. Dass es sich hierbei um das Kapital mindernde Entnahmen und keine Darlehen handelt, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Eine unterschiedliche Behandlung dieser Entnahmen gegenüber den weiteren Auszahlungen an die Gesellschafter aus dem Überschuss des Schiffsverkaufs der "P..." in Höhe von 15.336.750 DM ist nicht erkennbar. Die Verwendung dieses Kontos für die Verbuchung weiterer Entnahmen der Kommanditisten ist deshalb Indiz für das Vorliegen eines Kapitalkontos der Gesellschafter.

Handelt es sich nach Würdigung der gesamten Umstände bei dem Gesellschafterkonto der Kommanditisten aus Entnahmen um ein Kapitalkonto, ist es in die Ermittlung des Kapitalkontos nach § 15a EStG einzubeziehen. Zum 31.12.1994 hatten die Gesellschafterkonten der Kommanditisten aus Entnahmen insgesamt einen Stand von 15.849.623 DM. Dieser Kontostand setzte sich zusammen aus dem Vortrag aus 1993 in Höhe von 15.602.743 DM und weiteren Entnahmen (für Steuern) in 1994 in Höhe von 246.880 DM.

2.

Nach § 15a Abs. 1 S. 2 EStG können abweichend von Satz 1 Verluste des Kommanditisten bis zur Höhe des Betrags, um den die im Handelsregister eingetragene Einlage des Kommanditisten seine geleistete Einlage übersteigt, auch ausgeglichen oder abgezogen werden, soweit durch den Verlust ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht, wenn der Kommanditist am Bilanzstichtag den Gläubigern der Gesellschaft aufgrund des § 171 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs haftet. Satz 2 ist nur anzuwenden, wenn derjenige, dem der Anteil zuzurechnen ist, im Handelsregister eingetragen ist, die bestehende Haftung nachgewiesen wird und eine Vermögensminderung aufgrund der Haftung nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder nach Art und Weise des Geschäftsbetriebs unwahrscheinlich ist.

Nach § 171 Abs. 1 HGB haftet der Kommanditist den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage, d.h. bis zu seiner Haftsumme (vgl. § 172 Abs. 1 HGB), unmittelbar. Die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist. Soweit die Einlage des Kommanditisten zurückgezahlt wird, gilt sie jedoch den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet. Das gleiche gilt, soweit durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird (§ 172 Abs. 4 HGB).

Nach § 15a Abs. 1 S. 2 EStG ist für das Verlustausgleichsvolumen die in das Handelsregister eingetragene Haftsumme maßgeblich, wenn sie die geleistete Pflichteinlage übersteigt. Der Gesetzgeber stellt damit auf den Umfang ab, in dem der Gesellschafter im Außenverhältnis Gläubigern der Gesellschaft für Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet (vgl. Lüdemann in Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zum Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Stand Juli 2004, § 15a EStG Rn. 87).

Die Gesellschafter der Klägerin haben 1994 eine Kapitalerhöhung um 18.000.000 DM auf 43.000.000 DM beschlossen, die am ...1994 in das Handelsregister eingetragen worden ist. Des Weiteren haben die Gesellschafter der Klägerin im Juni 1994 beschlossen, das Kommanditkapital der Gesellschaft um 5.000.000 DM zu erhöhen, diese Kapitalerhöhung jedoch nicht in das Handelsregister eintragen zu lassen. Letztgenannter Betrag wurde entsprechend dem Gesellschafterbeschluss bis zum 30.6.1994 von den Kommanditisten eingezahlt. Darüber hinaus haben die Kommanditisten in 1994 keine weiteren Kapitaleinzahlungen geleistet. Entgegen der Auffassung des Beklagten besteht eine Außenhaftung der Kommanditisten auf Grund einer noch nicht erbrachten Hafteinlage in Höhe von 18.000.000 DM.

Die Beurteilung, ob die Einlage geleistet ist, bestimmt sich allein nach Handelsrecht (Wacker in Schmidt, EStG, 25. Auflage 2006, § 15a Rn. 125). Die Voraussetzungen der haftungsbefreienden Einlageleistung sind in § 171 Abs. 1 HGB allerdings nicht beschrieben. Erforderlich ist jedoch eine tatsächliche Leistung des Kommanditisten "auf die Einlage", das heißt aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Einlageverbindlichkeit, und eine objektive Vermögensdeckung, d.h. eine tatsächliche Wertzuführung. Das bedeutet, dass eine Einlageleistung nur gegeben ist, wenn auf das haftende Kapital geleistet wird, der Kommanditist also die Leistung an die Gesellschaft als Einlage gewollt hat und die Gesellschaft sie als Einlage angenommen hat (vgl. Lüdemann, a.a.O., §§ 15a EStG Rn. 107; Schmidt in Münchener Kommentar zum HGB, 2002, § 171 Rn. 48 Schilling in Staub, HGB Kommentar, 4. Auflage, §§ 171, 172 Rn. 5, 6). Dabei kann die haftungsbefreiende Einlageleistung durch Mittelzuführung oder durch Einbuchung, d.h durch Umbuchung von freien im Gesellschaftsvermögen befindlichen Mitteln ohne neue Kapitalzuführung, erbracht werden (vgl. Schmidt in Münchener Kommentar, §§ 171, 172 Rn. 41 ff.).

Nach diesen Grundsätzen bestand am Bilanzstichtag 31.12.1994 auch nach Leistung der nicht in das Handelsregister eingetragenen freien Einlage von 5.000.000 DM eine Außenhaftung von 18.000.000 DM. Die von dem Beklagten angenommene Verminderung der ausgleichsfähigen Verluste ist nicht eingetreten.

Nach dem objektiv nachvollziehbaren Willen der Gesellschafter sollte die Einlageleistung in Höhe von 5.000.000 DM nicht als Einzahlung auf die Hafteinlage erfolgen. Nach dem Gesellschafterbeschluss vom 15.6.1994 hatten die Gesellschafter eine Kapitalerhöhung um 5.000.000 DM beschlossen. Darüber hinaus hatten sie bestimmt, dass diese von den Kommanditisten im Einzelnen übernommenen Einlagen bis zum 30.6.1994 einzuzahlen waren. Unstreitig haben die Kommanditisten der Gesellschaft Kapital in dieser Höhe zugeführt. Tatsächlich wurde die Erhöhung der Hafteinlage erst am ...1994 beschlossen. Aus dem Protokoll der Beirats- und Gesellschafterversammlung vom ...1994 ergibt sich zudem, dass das Kommanditkapital um weitere 18.000.000 DM erhöht werden sollte. Die im Juni 1994 beschlossene freie Einlage sollte daneben bestehen bleiben. Dem entsprechend weist der Jahresabschluss zum 31.12.1994 ein Haftkapital von 43.000.000 DM aus, auf das 25.000.000 DM eingezahlt war, eine Kapitalrücklage 1 von 14.474.000 DM und eine Kapitalrücklage 2 von 5.000.000 DM.

Entgegen der Auffassung des Beklagten vermag der Senat keine Grundlage dafür zu erkennen, dass die Leistung der freien Einlage entgegen dem ausdrücklich erklärten Willen der Kommanditisten bei noch nicht voll erbrachter Hafteinlage bis zur Höhe der im Handelsregister eingetragenen Hafteinlage als auf diese geleistet zu betrachten ist und sich in diesem Umfang die Außenhaftung nach § 15a Abs. 1 S. 2 EStG mindert. Es ist dem Beklagten zuzugestehen, dass der Wortlaut des § 15a Abs. 1 S. 2 EStG in dieser Hinsicht offen ist, weil nicht unterschieden wird zwischen einer Hafteinlage oder einer freien Einlage der Kommanditisten. Danach umfasst die Außenhaftung den Betrag, um den die im Handelsregister eingetragene Einlage des Kommanditisten seine "geleistete Einlage" übersteigt. Jedoch ergibt sich aus der Systematik und dem Sinn und Zweck der Vorschrift, dass bei einer noch nicht voll erbrachten Hafteinlage es nicht ausgeschlossen ist, das Verlustausgleichsvolumen durch weitere Kapitaleinzahlungen zu erhöhen.

§ 15a Abs. 1 S. 2 EStG nimmt ausdrücklich Bezug auf die Hafteinlage im Sinne des § 171 Abs. 1 HGB. Der Gesetzgeber hat danach ausdrücklich für die Bestimmung des ausgleichsfähigen Verlustes die handelsrechtliche Vorschrift in Bezug genommen. Ob eine handelsrechtliche Haftung besteht, kann nur nach handelsrechtlichen, nicht nach steuerrechtlichen Regeln beurteilt werden. Ob eine haftungsbefreiende Einlage im Sinne von § 171 Abs. 1 HGB geleistet worden ist, ist folglich allein nach handelsrechtlichen Regeln zu beantworten (vgl. von Beckerath in Kirchhof/Söhn, § 15a Rn. C 64 ff.). Diese Systematik weist daraufhin, dass der Gesetzgeber mit dem Begriff der "geleisteten Einlage" die Leistung verstanden wissen wollte, die auf die im Handelsregister eingetragene Einlage nach handelsrechtlichen Grundsätzen erbracht wird. Jedenfalls ergibt sich daraus kein Argument, dass der Gesetzgeber diesen Begriff umfassend auf jede Einlageleistung beziehen wollte.

Diesem Verständnis der Regelung steht auch nicht der Sinn und Zweck der Vorschrift entgegen. Denn Zweck des § 15a EStG ist es, dem Kommanditisten einen steuerlichen Verlustausgleich nur insoweit zu gewähren, als er wirtschaftlich durch die Verluste belastet wird. Eine wirtschaftliche Belastung trifft die Kommanditisten der Klägerin soweit, wie sie eine Kapitaleinlage geleistet haben und soweit, wie sie aufgrund des eingetragenen und noch nicht eingelegten Haftkapitals für Verluste der Gesellschaft in Anspruch genommen werden können. In diesem Umfang tragen sie das Risiko des wirtschaftlichen Verlustes, dem durch die Zuweisung eines ausgleichsfähigen Verlustes nach den Regelungen des § 15a Abs. 1 S. 1 und S. 2 EStG Rechnung getragen wird. Es kommt dabei für die Zuweisung eines ausgleichsfähigen Verlustes nicht darauf an, ob sich das Verlustrisiko im Veranlagungszeitraum realisiert hat oder nicht. Vor diesem Hintergrund ist kein überzeugender Grund erkennbar, weshalb dem Kommanditisten ein Verlustausgleich nicht zugestanden werden sollte, soweit er durch Zuführung von Kapital ein echtes wirtschaftliches Risiko des Verlustes trägt. Das von dem Beklagten unter Bezugnahme auf Stuhrmann (Blümich, EStG, § 15a Rn. 58) vertretene Argument, dass bei dieser steuerrechtlichen Beurteilung durch gesellschaftsrechtliche Vereinbarung erreicht werden könne, dass durch freie Einlagen dauerndes Verlustausgleichspotenzial geschaffen werden kann und daneben das Haftungsausgleichvolumen im vollem Umfang erhalten bleibt, überzeugt nicht. Denn hierbei verkennt der Beklagte, dass der Steuerpflichtige mit der geleisteten Kapitaleinlage - auch soweit sie höher ist als die Haftsumme - ebenso wie mit dem im Handelsregister eingetragenen Haftkapital - auch wenn es noch nicht eingezahlt worden ist - ein echtes wirtschaftliches Risiko trägt (vgl. FG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 20.5.2005, VI 30/03, EFG 2005, 1431; Lüdemann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 15a Rn. 107). Dies ist nur ausnahmsweise dann nicht der Fall, wenn die finanzielle Ausstattung der Gesellschaft und deren gegenwärtige sowie zu erwartende Liquidität im Verhältnis zum nach dem Gesellschaftsvertrag festgelegten Gesellschaftszweck und dessen Umfang so außergewöhnlich günstig sind, dass die finanzielle Inanspruchnahme des einzelnen Kommanditisten nicht zu erwarten ist (BFH, Urteil vom 14.5.1991, VIII R 111/86, BStBl II 1992, 164) oder eine Haftung durch Vertrag ausgeschlossen worden ist. Beides ist nicht der Fall. Insbesondere bestehen auch keine Anhaltspunkte für eine derart günstige Situation der Klägerin und dafür, dass eine Inanspruchnahme der Kommanditisten unwahrscheinlich war. Vielmehr sind die Kapitalerhöhungen u.a. vorgenommen worden, um Schiffsneubauten zu finanzieren. Derartig große Investitionen und eine Umstrukturierung und Ausweitung des Geschäftsbetriebes, wie von der Klägerin in den neunziger Jahren vorgenommen, bergen regelmäßig das Risiko einer Fehleinschätzung. Auch bestehen keine Anhaltspunkte, dass durch die freie Einlage in Höhe von 5.000.000 DM das Risiko der Inhaftungnahme entscheidend verringert worden wäre. Von einer missbräuchlichen Gestaltung durch Erbringung einer Einlage in die Kapitalrücklage 2 kann deshalb nicht ausgegangen werden.

Der nach § 15a Abs. 1 EStG ausgleichsfähige bzw. verrechenbare Verlust berechnet sich danach für die Gesellschaft insgesamt wie folgt:

 Stand des Kapitalkontos zum 31.12.1993 
Eingezahltes Kapital auf die Haftsumme25.000.000 DM
Kapitalrücklagen14.474.000 DM
Ges.-Konten aus Entnahmen./. 15.602.743 DM
Eingezahltes Haftkapital23.871.257 DM

Da die Entnahmen die Kapitalrücklagen übersteigen, ist in Höhe von 1.128.743 DM eingezahltes Kapital entnommen worden mit der Folge, dass die Außenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB in dieser Höhe wieder aufgelebt ist. Bis einschließlich 1993 sind von der Klägerin keine Berechnungen zu § 15a EStG vorgenommen worden. Zwischen den Beteiligten besteht jedoch Einvernehmen darüber, dass für die Berechnung des ausgleichsfähigen und des verrechenbaren Verlustes zum 31.12.1994 von einem negativen Kapitalkonto zum 1.1.1994 in Höhe von -1.155.811 DM für die Gesellschafter insgesamt und von einer nicht verbrauchten überschießenden Außenhaftung von 0 DM auszugehen ist. Danach berechnet sich der ausgleichsfähige bzw. verrechenbare Verlust zum 31.12.1994 für die Gesellschaft insgesamt:

 Verlust insges. lt. Anlage zur EE v. 14.5.2004 23.972.653 DM
Berechnung des ausgleichsfähigen Verlustes nach § 15a Abs. 1 S. 1 EStG  
Kapitalkonten 1.1.1994./.1.155.811 DM
Veränderung der Kapitalkonten:  
Entnahmen 1994./.246.880 DM
Entnahmen Pkw (nach Bp)./.11.418 DM
Einlage in Kapitalrücklage 2 5.000.000 DM
Verlust nach Bp insgesamt./.23.972.653 DM
Erhöhung d. negativen Kapitalkonten in 1994 19.230.951 DM
ausgleichsfähig auf Grund von Kapital nach § 15a Abs. 1 S. 1 EStG  
(Verlust 1994 ./. Erhöhung neg. Kap.kto.) 4.741.702 DM
Berechnung des ausgleichsfähigen Verlustes nach § 15a Abs. 1 S. 2 EStG  
Haftkapital 31.12.1994 43.000.000 DM
eingezahltes Haftkapital 1.1.1994 23.871.257 DM
Erhöht um verbrauchten ausgleichsf. Verlust 1.128.743 DM
Außenhaftung nach §§ 171, 172 HGB 18.000.000 DM
insgesamt ausgleichsfähiger Verlust  
nach § 15a Abs. 1 EStG 22.741.702 DM
verrechenb. Verlust nach § 15a Abs. 4 EStG 1.230.951 DM

Die Berechnung für die einzelnen Gesellschafterkonten der Beigeladenen ergibt sich aus der Anlage.

Da in 1994 der Verlust der Klägerin das Kapital insgesamt übersteigt, bedarf es keiner Klärung, ob die Entnahmen zunächst die Kapitalrücklagen mindern und erst, wenn diese verbraucht sind, als Entnahmen des eingezahlten Haftkapitals zu behandeln sind mit der Folge, dass ausgleichsfähiger Verlust im Sinne von § 15a Abs. 1 S. 2 EStG besteht.

Die Kosten des Verfahrens sind nach § 136 Abs. 1 FGO im Verhältnis des teilweise Obsiegens bzw. Unterliegens auf die Klägerin und den Beklagten aufzuteilen. Nach § 135 Abs. 3 FGO sind den Beigeladenen keine Kosten aufzuerlegen, ihre außergerichtlichen Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis folgt aus den §§ 151, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 FGO zugelassen.



Ende der Entscheidung

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