Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 04.07.2008
Aktenzeichen: 7 K 175/07
Rechtsgebiete: UStG, UStDV, RL 2006/112/EG


Vorschriften:

UStG § 6a
UStDV § 17a
UStDV § 17b
UStDV § 17c
RL 2006/112/EG Art. 138 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

7 K 175/07

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Lieferung eines Fahrzeuges als innergemeinschaftliche Lieferung umsatzsteuerfrei ist.

Die Klägerin, deren Gegenstand die Vermietung von Kraftfahrzeugen sowie der Handel mit Kraftfahrzeugen ist, kaufte im Februar 2002 von einem inländischen Unternehmer ein neues Fahrzeug, Typ A, und ließ es mit dem amtlichen Kennzeichen X-XX auf sich zu.

Im Februar 2003 wollte die Klägerin dieses Fahrzeug verkaufen. Herr B bekundete der Klägerin gegenüber Interesse, das Fahrzeug für seine Kundin "Fa. C" zu kaufen. Mit Fax vom 16.02.2003, auf dem die eigene Adresse und die eigene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Herrn B verzeichnet waren, bat Herr B "im Namen der Firma C Inh. D, X-Straße, ..., ... E, F, ID N ...", ihm einen Kaufvertrag über das vorgenannte Fahrzeug mit ausweisbarer Umsatzsteuer zuzusenden.

Die Klägerin erhielt eine Kopie des ... (H) Reisepasses des Herrn B, eine Kopie des ... (H) Personalausweises des Herrn D, eine Kopie einer Seite "memorandum and articles of association" der Fa. C, eine Kopie einer Seite "Notice of change of directors" an das "Companies Registration Office" sowie eine Vollmacht der Fa. C zugunsten des Herrn B vom 26.02.2003 und eine Kopie eines Schreibens des Bundesamtes für Finanzen vom 21.10.2002, adressiert an Herrn B, wonach es gemäß § 18e UStG die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der Fa. C bestätigte. Herr D wohnte ausweislich der Kopie des ... (H) Personalausweises an der Adresse Y-Straße, ... G, H. Auf der Kopie der Seite "memorandum and articles of asscociation" war die Angabe "Fa. J" mit der gleichen ... (F) Adresse wie die der Fa. C zu sehen. Auf der Kopie der "notice of change of directors" war zu erkennen, dass Herr D neuer "director" der Fa. C war. Als Heimatadresse des Herrn D war die des ... (H) Personalausweises angegeben. Ausweislich der Vollmacht wurde "Herr B von D Inh. der Firma C, Y-Straße, G (I)" bevollmächtigt, den vorgenannten Wagen für den Export in ein EU. Land zu übernehmen und zu überführen. Der Wagen werde nicht nach Deutschland re-importiert werden. Die Vollmacht war mit dem Firmenstempel der Fa. C versehen und einem nicht lesbaren Kürzel unterschrieben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Unterlagen verwiesen.

Mit Schreiben vom 26.02.2003, bei der Klägerin am 03.03.2003 eingegangen, bestätigte das Bundesamt für Finanzen der Klägerin gemäß § 18e UStG die Gültigkeit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, den Namen und die Anschrift der Fa. C.

Die Rechnung der Klägerin vom 18.02.2003 wies die ... (F) Adresse der Fa. C als Rechnungsadresse aus. Handschriftlich waren die Umsatzsteuer in Höhe von ... EUR und der Bruttopreis durchgestrichen. Auf der Rechnung war ein handschriftlicher Zusatz angefügt, wonach das Fahrzeug ohne Mehrwertsteuer verkauft wurde, da eine Überführung in das Ausland, H, erfolgen sollte. Des Weiteren bestätigte Herr B schriftlich, das vorgenannte Fahrzeug am 27.02.2003 für die Fa. C erhalten zu haben. Das Fahrzeug werde unverzüglich nach H überführt. Die Bestätigung war mit dem Firmenstempel der Fa. C und deren ... (F) Adresse versehen.

Die Klägerin teilte der zuständigen Kfz-Zulassungsstelle mit, dass das Fahrzeug am 27.02.2003 vorübergehend stillgelegt worden sei. Andere Angaben im zentralen Fahrzeugregister über den Verbleib des Fahrzeugs lagen nach Auskunft des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 23.01.2004 nicht vor.

In ihrer Buchführung buchte die Klägerin diesen Umsatz unter Angabe der ... (F) Umsatzsteuer-Identifikationsnummer als umsatzsteuerfreien Umsatz und gab ihn entsprechend in ihrer zusammenfassenden Meldung gemäß § 18a UStG und in ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung für Februar 2003 vom 28.05.2003 an.

Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung war der Beklagte der Auffassung, dass die Lieferung des Fahrzeuges nicht umsatzsteuerfrei sei. Die nachzuerhebende Umsatzsteuer betrage ... EUR. Dementsprechend erließ der Beklagte am 22.04.2004 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für Februar 2003. Hiergegen legte die Klägerin am 30.04.2004 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 11.08.2004 zurückwies.

Am 23.08.2004 erhob die Klägerin Klage. Sie ist der Auffassung, dass sie das Fahrzeug im Rahmen einer innergemeinschaftlichen Lieferung umsatzsteuerfrei verkauft habe. Abnehmerin des Fahrzeugs sei ein Unternehmen gewesen, über das sich die Klägerin im Rahmen des Zumutbaren informiert habe. Die Abnehmerin habe neben ihrer Hauptniederlassung in E über eine Niederlassung in H (G, Y-Straße) verfügt. Unregelmäßigkeiten auf der Abnehmerseite habe die Klägerin nicht zu verantworten. Sie habe auf das Bestätigungsverfahren gemäß § 18e UStG vertrauen dürfen. Zumindest könne sich die Klägerin auf die Gutglaubensvorschrift des § 6a Abs. 4 UStG berufen beziehungsweise genieße sie unter europarechtlichen Aspekten Vertrauensschutz.

Am 23.12.2005 erließ der Beklagte einen Umsatzsteuerjahresbescheid für 2003, in dem der Beklagte den Umsatz weiterhin als steuerpflichtig behandelte.

Die Klägerin beantragt,

den Umsatzsteuerbescheid für 2003 vom 23.12.2005 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer um ... EUR niedriger auf ... EUR festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung lägen nicht vor. Die Klägerin habe nicht den ihr obliegenden Buch- und Belegnachweis erbracht. Es fehle die Angabe über den Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet, da in der Bestätigung des Herrn B nur das Land, jedoch nicht der konkrete Ort erwähnt werde. Wegen bestehender Unklarheiten bei den beteiligten Personen und Firmen sowie der Rechnungsstellung habe die Klägerin nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes gehandelt. Ermittlungen hätten ergeben, dass die Fa. C keine eigenen Geschäftsräume oder einen eigenen Telefonanschluss unterhalten habe und somit nur eine Briefkastenfirma und kein Unternehmer gewesen sei. Auf § 6a Abs. 4 UStG komme es wegen des fehlenden Nachweises nicht an. Im Übrigen sei nicht klar, ob das Fahrzeug tatsächlich in das übrige Gemeinschaftsgebiet geliefert beziehungsweise ausgeführt worden sei.

Die Beteiligten haben auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.

Dem Gericht haben vorgelegen Rechtsbehelfsakte Bd. I, Umsatzsteuerakte Bd. I, Bp-Arbeitsakte "USt-Sonderprüfung" sowie ein Hefter UVV "USt-Vorauszahlung Februar 2003".

Im Übrigen wird auf die eingereichten Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und das Protokoll des Erörterungstermins vom 16.04.2008 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Gericht entscheidet gemäß § 90 Abs. 2 FGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.

II.

Die zulässige Klage, deren Gegenstand gemäß § 68 FGO der Umsatzsteuerjahresbescheid geworden ist, da dieser den Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid ersetzt (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 26.07.2006 V B 198/05, BFH/NV 2006, 2112 m.w.N.; hierzu kritisch Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 68 FGO Rz. 15 m.w.N.), ist unbegründet. Der Umsatzsteuerbescheid 2003 vom 23.12.2005 ist rechtmäßig. Zu Recht hat der Beklagte die Lieferung des Fahrzeugs Typ A nicht als umsatzsteuerfrei behandelt.

1. Gemäß § 4 Nr. 1 Buchstabe b UStG in der im Streitjahr geltenden Fassung sind innergemeinschaftliche Lieferungen im Sinne von § 6a UStG steuerfrei. Eine innergemeinschaftliche Lieferung liegt vor, wenn der Unternehmer oder Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet, der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat und der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt (§ 6a Abs. 1 Satz 1 UStG). Diese Vorschrift steht im Einklang mit der gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe des Art. 138 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG (Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie - MwStSystRL -, Abl. EU 2006 Nr. 1 347 S. 1, früher Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG - Richtlinie 77/388/EWG). Danach befreien die Mitgliedstaaten u.a. die Lieferungen, die durch den Erwerber nach Orten außerhalb des Inlandes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen bewirkt werden, der als solcher in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns des Versandes oder der Beförderung des Gegenstandes handelt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) setzt die innergemeinschaftliche Lieferung - in Übereinstimmung mit den nationalen Grundsätzen - neben den Voraussetzungen in Bezug auf die Eigenschaft der Steuerpflichtigen voraus, dass die Befugnis, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übergegangen ist und der gelieferte Gegenstand vom Lieferstaat in einen anderen Mitgliedstaat physisch verbracht worden ist (EuGH-Urteile vom 27.09.2007 Rs. C-409/04, Teleos u.a., BFH/NV Beilage 2008, 25; vom 27.09.2007 Rs. C-184/05, Twoh, BFH/NV Beilage 2008, 39). Hingegen ist nicht erforderlich, dass der innergemeinschaftliche Erwerb tatsächlich besteuert worden ist (EuGH-Urteil Teleos u.a., BFH/NV Beilage 2008, 25; BFH-Urteile vom 06.12.2007 V R 59/03, BFH/NV 2008, 515 m.w.N.; vom 08.11.2007 V R 72/05, BFH/NV 2008, 905).

Wie der Nachweis der Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG zu führen ist, bestimmt sich nach §§ 17a bis 17c UStDV. Diese Vorschriften sind mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar (vergleiche BFH-Urteil vom 08.11.2007 V R 26/05, DStR 2008, 819 m.w.N.). Kommt der Unternehmer den Nachweispflichten nicht nach, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht erfüllt sind. Die Steuerbefreiung ist jedoch zu gewähren, wenn trotz der Nichterfüllung der formellen Nachweispflichten aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorliegen (BFH-Urteile vom 06.12.2007 V R 59/03, BFH/NV 2008, 515 m.w.N.; vom 08.11.2007 V R 72/05, BFH/NV 2008, 905).

2. Nach Aktenlage kann nicht festgestellt werden, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG tatsächlich erfüllt sind und der Umsatz schon deshalb umsatzsteuerfrei ist. Es ist zwischen den Beteiligten streitig, ob der Abnehmer das Fahrzeug tatsächlich in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat. Objektiv liegt lediglich eine Bescheinigung über die vorübergehende Stilllegung des Fahrzeugs vor, die keine Aussage darüber enthält, ob das Fahrzeug in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt ist. Andere Anhaltspunkte, aus denen sich die tatsächliche Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet ergeben könnte, wie etwa der Nachweis der Einfuhrbesteuerung im übrigen Gemeinschaftsgebiet oder möglicherweise auch die Zuteilung eines Ausfuhrkennzeichens beziehungsweise die Erteilung eines Internationalen Zulassungsscheines, liegen nicht vor.

3. Die Klägerin hat die Nachweispflichten nach §§ 17a bis 17c UStDV nicht erfüllt.

a) Gemäß § 17a Abs. 1 Satz 1 UStDV muss der Unternehmer durch Belege nachweisen, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat. Dies muss sich aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben (§ 17a Abs. 1 Satz 2 UStDV). Wie der Nachweis zu führen ist, bestimmt sich danach, ob ein Versendungs- oder ein Beförderungsfall vorliegt.

Im Streitfall kann dahin gestellt bleiben, ob der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung versendet oder befördert hat. Zwar spricht einiges dafür, dass Herr B wegen der Verwendung seiner eigenen Adresse und eigenen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer in der Anfrage sowie des ausdrücklichen Hinweises auf ein Handeln für die Fa. C nicht derart in das Unternehmen des Abnehmers eingegliedert war, dass er den Weisungen des Abnehmers zu folgen verpflichtet war und er damit als selbstständig Beauftragter handelte, was zu einem Versendungsfall führen würde (vergleiche hierzu auch Nieskens in Rau/Dürrwächter, UStG, § 3 Rz. 3110 m.w.N.). Die Klägerin hat jedoch weder die Nachweispflichten für eine Versendungslieferung (§ 17a Abs. 4 UStDV) noch die einer Beförderungslieferung (§ 17a Abs. 2 und 3 UStDV) erfüllt.

b) Gemäß § 17a Abs. 4 Satz 1 UStDV soll der Unternehmer in den Fällen, in denen der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet versendet, den Nachweis hierüber durch das Doppel der Rechnung (§§ 14, 14a UStG) und durch einen Beleg entsprechend § 10 Abs. 1 UStDV führen. Einen solchen Nachweis hat die Klägerin nicht geführt.

Es liegt kein Versendungsbeleg im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 1 UStDV vor. Zwar beurkundet ein Versendungsbeleg nur die Übernahme des Versandgutes durch den mit der Versendung Beauftragten (Schwarz in Plückebaum/Malitzky/Widmann, UStG, § 6a Rz. 200a). Aus einem Versendungsbeleg muss sich jedoch hinreichend sicher ergeben, dass die durch ihn nachgewiesene grenzüberschreitende Warenbewegung tatsächlich stattgefunden hat. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn es dem Auftraggeber der jeweiligen Beförderungsperson unmöglich ist, nach Übergabe der Gegenstände und Bestätigung der Übernahme über die Gegenstände anderweitig zu verfügen und damit den Inhalt des im Beleg dokumentierten Beförderungsvorgangs zu verändern (Schwarz in Plückebaum/Malitzky/Widmann, UStG, § 6 Rz. 69 m.w.N.). Diesen strengen Anforderungen genügen die vorliegenden Belege nicht. Zwar hat Herr B bestätigt, das Fahrzeug übernommen zu haben und nach H überführen zu wollen. Allerdings ergibt sich aus der bloßen Bestätigung nicht, dass die Fa. C, deren ... (F) Geschäftsadresse auf der Bestätigung verzeichnet war, diesen Auftrag nicht mehr hätte verändern können.

Es liegt auch kein sonstiger handelsüblicher Beleg im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 2 UStDV mit den dort vorgesehenen Angaben vor. Es fehlt an konkreten und eindeutigen, leicht nachprüfbaren Angaben über den Ort und den Tag der Versendung (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe d UStDV entsprechend) sowie über den Bestimmungsort im Gemeinschaftsgebiet (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe e UStDV entsprechend). Die bloße Angabe des Landes H in der Übernahmebestätigung des Herrn B genügte für die Angabe des Bestimmungsortes nicht. Mit der zusätzlichen Angabe der ... (F) Geschäftsadresse der Fa. C auf der Übernahmebestätigung und auf der Rechnung ergibt sich der Bestimmungsort aus den Belegen nicht mehr eindeutig und leicht nachprüfbar. Auch aus der Vollmacht der Fa. C für Herrn B ergibt sich nicht eindeutig der Bestimmungsort. Zwar ist dort die ... (H) Adresse des Inhabers der Firma C erwähnt. Allerdings berechtigt die Vollmacht Herrn B ausdrücklich, das Fahrzeug für den Export in ein "E.U. Land" zu übernehmen und zu überführen. Ein konkreter Bestimmungsort der Lieferung ergibt sich daraus nicht.

c) Gemäß § 17a Abs. 4 Satz 2 UStDV kann der Unternehmer den Versendungsnachweis auch nach § 17a Abs. 2 UStDV oder § 17a Abs. 3 UStDV wie in einem Beförderungsfall führen. Auch diese Nachweispflicht hat die Klägerin nicht erfüllt.

Gemäß § 17a Abs. 2 UStDV soll der Unternehmer in den Fällen, in denen er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert, den Nachweis hierüber u.a. durch einen handelsüblichen Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort ergibt, führen (§ 17a Abs. 2 Nr. 2 UStDV). Die Voraussetzungen des § 17a Abs. 2 UStDV müssen, wie sich aus dem Wortlaut ergibt, kumulativ vorliegen (vergleiche BFH-Urteile vom 01.02.2007 V R 41/04, BFHE 217, 40, BFH/NV 2007, 1059; vom 08.11.2007 V R 71/05, BFH/NV 2008, 902). Dabei ist die Frage des Nachweises des Bestimmungsortes Gegenstand der Tatsachenwürdigung durch das Finanzgericht (BFH-Urteil vom 01.02.2007 V R 41/04, BFHE 217, 40, BFH/NV 2007, 1059).

Die Klägerin hat den Nachweis nach § 17a Abs. 2 Nr. 2 UStDV nicht erbracht. Aus den vorliegenden Belegen ergibt sich der Bestimmungsort nicht eindeutig und leicht nachprüfbar. Auf der Rechnung ist die ... (F) Geschäftsadresse der Fa. C aufgeführt. Die Rechnung enthält jedoch auch den handschriftlichen Zusatz, dass das Fahrzeug in das Ausland nach H überführt werde. Auch die Übernahmebestätigung des Herrn B, wonach das Fahrzeug unverzüglich nach H überführt werde, ist im Hinblick auf den ebenfalls dort angebrachten Firmenstempel der Fa. C mit der ... (F) Geschäftsadresse nicht geeignet, den Bestimmungsort der Lieferung eindeutig nachzuweisen. Soweit die Klägerin meint, aus der Vollmacht für Herrn B ergebe sich eine ... (H) Zweigniederlassung der Firma C, kann der Vollmacht ein Bestimmungsort für die Lieferung nicht entnommen werden. Denn die Vollmacht ermächtigte Herrn B ausdrücklich, das Fahrzeug für den Export in ein "E.U. Land" zu übernehmen und zu überführen. Ein konkreter Ort für die streitige Lieferung ergibt sich daraus nicht.

Zwar bestehen Zweifel, ob angesichts der Vorschriften über die Erwerbsbesteuerung, die unter Verwendung der nach § 18e UStG bestätigten Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers erfolgen kann (vgl. Art. 41 MwStSystRL), die Ablehnung der Steuerfreiheit aufgrund des alleinigen Fehlens der Angabe des Bestimmungsortes gemäß § 17a Abs. 2 Nr. 2 UStDV verhältnismäßig ist. Denn die von den Mitgliedstaaten begründeten Pflichten dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung der genannten Ziele (Sicherstellung genauer Steuererhebung und Verhinderung von Steuerhinterziehungen) erforderlich ist. Sie dürfen insbesondere nicht so eingesetzt werden, dass sie die Neutralität der Umsatzsteuer in Frage stellen. Bei der Umsetzung der MwStSystRL hat der nationale Gesetzgeber die Grundsätze der Rechtssicherheit, der Verhältnismäßigkeit und der steuerlichen Neutralität zu beachten (EuGH-Urteile vom 27.09.2007 Rs. C-146/05, Collée, UR 2007, 813, BFH/NV Beilage 2008, 34; vom 27.09.2007 Rs. C-184/05, Twoh, UR 2007, 782, BFH/NV Beilage 2008, 39; vom 27.09.2007 Rs. C-409/04, Teleos, UR 2007, 774, BFH/NV Beilage 2008, 25; FG Köln, Urteil vom 17.04.2008, 10 K 4864/07, [...] unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH; vgl. auch für § 17a Abs. 2 Nr. 2 UStDV im Abholfall Handzik in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 6a Rz. 69a; Schwarz in Plückebaum/Malitzky/Widmann, UStG, § 6a Rz. 203a). Es erscheint fraglich, ob bei Anwendung des Verfahrens nach § 18a UStG (Zusammenfassende Meldung) die konkrete Angabe des Bestimmungsortes, im Streitfall etwa "K", zur Sicherstellung der genauen Steuererhebung oder zur Verhinderung einer Steuerhinterziehung beitragen könnte. Der Senat hält jedoch im Hinblick auf den Wortlaut der Vorschriften (Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL "Orte"; 17a Abs. 2 Nr. 2 UStDV "Bestimmungsort") mit dem BFH eine konkretere Angabe als die des möglichen Bestimmungslandes zur Erfüllung der Voraussetzung des § 17a Abs. 2 Nr. 2 UStDV für erforderlich.

Im Hinblick darauf, dass sich der Bestimmungsort nicht eindeutig und leicht nachprüfbar aus den Belegen gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStDV ergibt, ist der Fall auch nicht mit dem beim BFH anhängigen Verfahren V R 65/06 vergleichbar. Dort geht es um die Voraussetzung des § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV und um die Frage, ob andere als die in § 17a UStDV genannten Umstände belegmäßig nachgewiesen werden müssen.

Dass die Voraussetzungen des § 17a Abs. 3 UStDV vorliegen, ist weder vorgetragen noch nach Aktenlage erkennbar.

4. Da die Klägerin schon ihren Nachweispflichten nicht nachgekommen ist, stellt sich die Frage des Gutglaubensschutzes nach § 6a Abs. 4 UStG im Hinblick auf die von der Klägerin eingereichten übrigen Unterlagen (u.a. Kopien der Ausweise, Vollmacht, Bestätigung nach § 18e UStG) nicht mehr (vergleiche auch BFH-Urteil vom 08.11.2007 V R 71/05, BFH/NV 2008, 902 m.w.N.). Im vorliegenden Fall ist auch nicht auf die Auffassung von Küffner/Langer (DB 2008, 1116) einzugehen, wonach der Gutglaubensschutz inhaltsleer sei, wenn die qualifizierte Prüfung und Aufzeichnung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nicht ausreiche, weil sich aus ihr nicht ergebe, wer der Leistungsempfänger sei. Denn die Frage, ob die Fa. C als Abnehmer beziehungsweise Leistungsempfänger die Unternehmereigenschaft besitzt, ist im Streitfall nicht entscheidend. Gleiches gilt für die von Küffner/Langer (DB 2008, 1116) aufgeworfene Frage, ob die Vollmacht des Vertreters des Abnehmers aus Gründen des Vertrauensschutzes des gutgläubigen Unternehmers überhaupt nachgewiesen werden muss. Es kommt für die Entscheidung des Falles ferner nicht darauf an, ob die Klägerin als gutgläubige Unternehmerin unter europarechtlichen Gesichtspunkten auch dann geschützt werden muss, wenn sich herausstellt, dass der vermeintliche Abnehmer nicht der tatsächliche Abnehmer des Liefergegenstandes war (so Küffner/Langer, DB 2008, 1116). Denn im vorliegenden Fall scheitert die Steuerbefreiung bereits an der Nichterfüllung der Nachweispflichten.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision ist zur Fortbildung des Rechts gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 FGO im Hinblick auf die Frage zuzulassen, ob die Nachweispflichten des § 17a Abs. 2 UStDV, insbesondere die Angabe eines Bestimmungsortes, kumulativ auch im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu erfüllen sind.



Ende der Entscheidung

Zurück