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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 30.03.2007
Aktenzeichen: 7 K 248/06
Rechtsgebiete: AO 1977, InsO, KraftStG, StVZO


Vorschriften:

AO 1977 § 365 Abs. 3 S. 1
FGO § 96
InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1
KraftStG § 5 Abs. 1 Nr. 1
KraftStG § 5 Abs. 4 S. 1
KraftStG § 12 Abs. 2 Nr. 3
StVZO § 29d Abs. 2 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

7 K 248/06

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob ein Insolvenzverwalter nach Freigabe eines Kraftfahrzeugs aus der Insolvenzmasse Steuerschuldner der Kraftfahrzeugsteuer bis zur Abmeldung des Fahrzeugs ist.

Die A GmbH war seit dem 14. Februar 2002 Halterin des Personenkraftwagens mit dem amtlichen Kennzeichen .... Das Fahrzeug hatte einen Hubraum von 1.781 ccm, einen Benzinmotor und erfüllte die Schadstoffklasse "Schadstoffarm D3" (Emissionsschlüsselnummer 30). Als Liquidator der Gesellschaft wurde am 24. Juni 2005 Herr B im Handelsregister eingetragen. Am 30. August 2006 erhielt die Zulassungsbehörde eine Anzeige nach § 29c StVZO, wonach das Versicherungsverhältnis für das Fahrzeug seit dem 18. August 2005 nicht mehr bestand. Am 10. Oktober 2005 wurde das Kennzeichen durch die Polizei entstempelt, der Fahrzeugschein konnte nicht eingezogen werden.

Der Kläger wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 13. September 2005 (Az.: 67b IN 276/05) über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A GmbH zum Insolvenzverwalter ernannt. Mit Schreiben vom 8. November 2005 teilte der Kläger dem Landesbetrieb Verkehr Hamburg mit, dass er keinen Zugriff auf das Fahrzeug habe, da der Vermieter sein Vermieterpfandrecht geltend mache. Mit Schreiben vom 23. März 2006 teilte der Kläger dem Liquidator der A GmbH mit, dass er das Fahrzeug aus der Masse freigebe. Dieses Schreiben ging dem Liquidator am 24. März 2006 zu.

Mit Bescheid vom 5. April 2006 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger die Kraftfahrzeugsteuer für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ... für die Zeit ab 14. Februar 2006 auf jährlich 121 EUR fest. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 11. April 2006 Einspruch ein. Das Fahrzeug wurde am 24. Juli 2006 bei der Zulassungsbehörde abgemeldet. Daraufhin erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid am 3. August 2006 gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 3 KraftStG und setzte die Steuer für die Zeit vom 14. Februar 2006 bis 23. Juli 2006 auf 53 EUR fest. Den hiergegen am 4. September 2006 eingelegten Einspruch nahm der Kläger am 24. Januar 2007 zurück. Der Beklagte wies den Einspruch vom 11. April 2006 mit Einspruchsentscheidung vom 14. September 2006 (Donnerstag) zurück.

Am 18. Oktober 2006 erhob der Kläger Klage. Er ist der Auffassung, dass die Fahrzeuge aufgrund der Freigabeerklärung nicht zur Insolvenzmasse gehörten und er deshalb nicht hinsichtlich der Kraftfahrzeugsteuer in Anspruch genommen werden könne. Er habe das Fahrzeug weder unmittelbar noch mittelbar genutzt.

Der Kläger beantragt,

den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 3. August 2006 und die Einspruchsentscheidung vom 14. September 2006 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, der Kläger sei Schuldner der Kraftfahrzeugsteuer. Die Kraftfahrzeugsteuerpflicht ende erst mit dem Ende der verkehrsrechtlichen Zulassung, die hier mit der Abmeldung des Fahrzeugs erfolgt sei. Die bloße Freigabeerklärung gegenüber dem Insolvenzschuldner genüge hierfür nicht.

Die Beteiligten haben am 24. Januar 2007 auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.

Dem Gericht hat die Kraftfahrzeugsteuerakte des Beklagten, Steuernummer ..., vorgelegen.

Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und das Protokoll des Erörterungstermins vom 24. Januar 2007 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Gericht entscheidet gemäß § 90 Abs. 2 FGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.

II.

Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Der Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 3. August 2006 und die Einspruchsentscheidung vom 14. September 2006 sind insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, als der Beklagte gegen den Kläger als Insolvenzverwalter Kraftfahrzeugsteuer für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ... für die Zeit vom 24. März 2006 bis zum 23. Juli 2006 festgesetzt hat. Sie waren daher insoweit aufzuheben (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

Gemäß § 365 Abs. 3 Satz 1 AO wurde der Bescheid vom 3. August 2006 anstelle des Bescheides vom 5. April 2006 Gegenstand des Einspruchsverfahrens. Der Bescheid vom 3. August 2006 war auch, wie mit den Beteiligten am 24. Januar 2007 erörtert, der Bescheid, über den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung entschieden hat. Denn der Änderungsbescheid nahm den Regelungsinhalt des Ursprungsbescheides in sich auf (BFH-Beschluss vom 27. Mai 2002, IV B 39/01, BFH/NV 2002, 1419 m.w.N.). Demgemäß korrigierte der Kläger seinen Klageantrag und nahm den gegen den Bescheid vom 3. August 2006 eingelegten Einspruch vom 4. September 2006 im Erörterungstermin am 24. Januar 2007 zurück.

1. Der Kläger ist ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung Schuldner der Kraftfahrzeugsteuer. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG dauert die Steuerpflicht bei einem inländischen Fahrzeug, vorbehaltlich der Absätze 2 bis 5, solange das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist. Dabei wird der kraftfahrzeugsteuerrechtliche (Grund-)Tatbestand durch das fortdauernde, sich ständig erneuernde Halten des Kraftfahrzeugs verwirklicht, also monats-, unter Umständen tageweise. Im Fall der Konkurseröffnung wird die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit vor und nach der Konkurseröffnung ungeachtet des Laufs des Entrichtungszeitraums aufgeteilt. Für die Zeit von der Konkurseröffnung an bis zum Tage einer etwaigen Abmeldung des Fahrzeuges entstehende Kraftfahrzeugsteuer wird gegen den Konkursverwalter als Steuerschuldner durch Kraftfahrzeugsteuerbescheid festgesetzt und nicht als Konkursforderung angemeldet (BFH-Beschluss vom 8. Juli 1997, VII B 89/97, BFH/NV 1998, 86 m.w.N.). Diese Rechtsprechung ist entsprechend auf das Insolvenzverfahren zu übertragen. Denn der dem Insolvenzrecht zugrunde liegende Rechtsgedanke verlangt, dass der Steuerfiskus aufgrund der steuerrechtlichen Regelungen keinen Vorteil gegenüber anderen Insolvenzgläubigern erlangt, aber auch keinen Nachteil. Steuerschulden, die erst nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens durch die Verwaltung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens begründet werden, wie die Kraftfahrzeugsteuer durch das Halten des Fahrzeugs nach Insolvenzeröffnung, sind deshalb nicht als Insolvenzforderungen anteilig zu befriedigen, sondern stellen grundsätzlich Masseverbindlichkeiten dar (BFH-Urteil vom 16. November 2004, VII R 62/03, BFHE 207, 371, BStBl II 2005, 309).

Zwar hat der Beklagte entgegen der vorgenannten Grundsätze die Steuer gegenüber dem Kläger erst ab Beginn des Entrichtungszeitraums festgesetzt, der ursprünglich für die Insolvenzschuldnerin galt. Denn die Festsetzung erfolgte erst für den ursprünglichen, nach Insolvenzeröffnung jährlich am 14. Februar beginnenden Entrichtungszeitraum. Eine Verböserung durch eine Festsetzung ab Insolvenzeröffnung ist jedoch wegen des für das Gericht geltenden Verböserungsverbotes (vgl. hierzu Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 96 FGO Rz. 101) ausgeschlossen.

2. Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 3 KraftStG war die Steuer vom 14. Februar 2006 bis zum 23. März 2006 neu festzusetzen, da die Steuerpflicht am 24. März 2006 endete. Die Steuerfestsetzung war auf die Zeit vom Beginn des Entrichtungszeitraums, in den das Ende der Steuerpflicht fiel, bis zum Ende der Steuerpflicht des Klägers festzusetzen (§ 12 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 KraftStG).

a) Im vorliegenden Fall endete die Steuerpflicht nicht bereits mit der Entstempelung des Kennzeichens durch die Polizei am 10. Oktober 2005. Zwar endet die Steuerpflicht eines inländischen Fahrzeugs grundsätzlich mit dem Ende der verkehrsrechtlichen Zulassung (§§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG), die schon mit der Entstempelung des Kennzeichens eintritt (vgl. BGH-Beschluss vom 19. Dezember 1957, 4 StR 443/57, BGHSt 11, 165). Dies allein genügt jedoch nicht für das Ende der Kraftfahrzeugsteuerpflicht. Im Streitfall sollte das Fahrzeug gemäß § 29d Abs. 2 Satz 1 StVZO durch Einziehung des Fahrzeugscheins und Entstempelung des Kennzeichens zumindest vorübergehend stillgelegt werden. Ist in einem solchen Fall die Einziehung des Fahrzeugscheines und die Entstempelung des Kennzeichens vorzunehmen, ist für das Ende der Kraftfahrzeugsteuerpflicht gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 KraftStG der letzte Tag maßgebend, wenn dies an verschiedenen Tagen erfolgt. Wird eine der Voraussetzungen wie im vorliegenden Fall nicht erfüllt, endet auch nicht die Kraftfahrzeugsteuerpflicht gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 KraftStG.

b) Die Steuerpflicht endete nicht schon mit dem Schreiben des Klägers an die Zulassungsstelle vom 8. November 2006, in dem er mitteilte, aufgrund eines geltend gemachten Vermieterpfandrechts keinen Zugriff auf das Fahrzeug zu haben. Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es nicht darauf an, ob er das Fahrzeug unmittelbar oder mittelbar nutzte. Denn die Steuerpflicht knüpft an das Halten eines Fahrzeugs im zulassungsrechtlichen Sinn an (s.o.; vgl. auch FG Düsseldorf, Urteil vom 24. August 2006, 8 K 3089/05 Verk, EFG 2006, 1787, Rev.: IX R 59/06; FG Köln, Urteil vom 7. Juni 2005, 6 K 341/03, JURIS, Rev.: IX R 60/06; FG Köln, Urteil vom 7. Juni 2006, 6 K 1430/03, JURIS, Rev.: IX R 61/06).

c) Die Steuerschuldnerschaft und daraus folgend die Steuerpflicht des Klägers endete jedoch mit dem Zugang der Freigabeerklärung gegenüber dem Liquidator am 24. März 2006.

Bis zu diesem Tag handelte es sich bei der Kraftfahrzeugsteuer um eine Masseverbindlichkeit i.S. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Masseverbindlichkeiten sind die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung oder Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Begründet ist die Verbindlichkeit, wenn der Rechtsgrund nach Verfahrenseröffnung gelegt ist (Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Aufl. 2003, § 55 Rz. 37; Eickmann in HK-InsO, 4. Aufl. 2006, § 55 InsO Rz. 6). Eine Masseverbindlichkeit liegt vor, wenn der Insolvenzverwalter den Tatbestand verwirklicht, an den das Gesetz die Steuerpflicht knüpft (Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 6. Aufl. 2005, S. 64). Da der Rechtsgrund für die Kraftfahrzeugsteuerpflicht und die Steuerschuldnerschaft durch das fortdauernde Halten des Fahrzeugs bzw. die Zulassung des Fahrzeugs verwirklicht wird (s.o.; §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 7 Nr. 1 KraftStG), ist die Kraftfahrzeugsteuer ab Insolvenzeröffnung grundsätzlich eine Masseverbindlichkeit.

aa) Die insolvenzrechtliche Freigabe hat jedoch im Zeitpunkt ihres Zugangs beim Insolvenzschuldner zur Folge, dass die Kraftfahrzeugsteuer keine Masseverbindlichkeit mehr ist.

Insolvenzrechtlich kann der Insolvenzverwalter einen Gegenstand aus der Insolvenzmasse freigeben und damit aus dem Haftungsverband entlassen. Die Freigabe führt dazu, dass der Gegenstand in das insolvenzfreie Schuldnervermögen zurückgegeben wird. Sie erfolgt durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber den Organen des Schuldnerunternehmens. Der Schuldner erlangt mit der Freigabe hinsichtlich des Gegenstandes seine freie Verfügungsbefugnis zurück (Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Aufl. 2003, § 35 Rz. 23 m.w.N.). Die Freigabe eines Gegenstandes ist auch in der Insolvenz einer juristischen Person möglich (BGH-Urteil vom 21. April 2005, IX ZR 281/03, BGHZ 163, 32, NJW 2005, 2015; Eickmann in Heidelberger Kommentar zur InsO - HK-InsO -, 4. Aufl. 2006, § 35 Rz. 47 m.w.N.; Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Aufl. 2003, § 35 Rz. 24). Nach diesen Grundsätzen liegt aufgrund des Schreibens des Klägers vom 23. März 2006 an den Liquidator der insolventen Gesellschaft, das am 24. März 2006 zuging, insolvenzrechtlich eine echte Freigabe des Fahrzeugs vor.

Diese Freigabe ist auch im Rahmen des Kraftfahrzeugsteuerrechts zu beachten. Wie sich aus § 7 Nr. 1 KraftStG und § 23 Abs. 1 Satz 1 StVZO ergibt, kommt es für die Frage, wer Steuerschuldner ist, auf die Verfügungsbefugnis an. Da mit der Freigabe die Verfügungsbefugnis wieder auf den Insolvenzschuldner übergeht, ist dieser ab diesem Zeitpunkt Schuldner der Kraftfahrzeugsteuer.

Für diese Auffassung spricht auch die jüngere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Danach ist die Kraftfahrzeugsteuer entweder aus der Masse zu befriedigen, wenn das Fahrzeug für die Masse (bei deren Verwaltung) genutzt wird (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO), oder aus dem insolvenzfreien Vermögen oder Erwerb des Schuldners, wenn das Fahrzeug außerhalb der Masse genutzt wird. Demgemäß seien Steuerschulden, die erst nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens durch die Verwaltung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens begründet werden, Masseverbindlichkeiten, während Verbindlichkeiten, die aufgrund eines dem Schuldner auch während der Dauer des Insolvenzverfahrens außerhalb desselben gestatteten rechtsgeschäftlichen oder steuerpflichtigen Handelns (vgl. § 80 Abs. 1 InsO) entstehen, aus der Masse überhaupt nicht (weder bevorrechtigt als Masseverbindlichkeit noch anteilig als Insolvenzforderung) befriedigt werden dürften. Sofern das Kraftfahrzeug nach Verfahrenseröffnung nicht im Rahmen der Verwaltung der Insolvenzmasse vom Insolvenzverwalter genutzt, sondern dem Schuldner freigegeben werde, sei die Steuer von dem Schuldner aus dem insolvenzfreien Vermögen oder Erwerb zu tragen. Die auf die Tage nach Verfahrenseröffnung entfallende Steuer sei demnach entweder gegen den Verwalter oder gegen den Schuldner festzusetzen (BFH-Urteil vom 16. November 2004, VII R 62/03, BFHE 207, 371, BStBl II 2005, 309).

bb) Entgegen der früheren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist nach Auffassung des Gerichts keine dem § 27 Abs. 3 StVZO entsprechende Anzeige des Insolvenzverwalters an die Zulassungsbehörde gemäß § 5 Abs. 5 KraftStG erforderlich. Soweit in der jüngeren finanzgerichtlichen Rechtsprechung hierauf Bezug genommen wird (vgl. FG München, Urteil vom 12. Juli 2006, 4 K 4336/05, EFG 2007, 64; Niedersächsisches FG, Urteile vom 15. August 2002, 14 K 20/00 bis 14 K 27/00, JURIS; Niedersächsisches FG, Urteil vom 25. Mai 2002, 14 K 170/01, JURIS; zum Konkursrecht: FG München, Urteil vom 10. September 1997, 4 K 692/95, UVR 1998, 28), folgt dem der erkennende Senat nicht, da das Insolvenzrecht in diesem Fall das Kraftfahrzeugsteuerrecht überlagert. § 5 Abs. 5 KraftStG ist auf den Fall der Freigabe im Insolvenzverfahren nicht anwendbar.

Der Bundesfinanzhof vertrat zu § 8 KraftStG 1935, der im Wesentlichen § 5 Abs. 5 KraftStG 1978 entsprach (vgl. zur Entwicklung bis KraftStG 1955 Egly, Kraftfahrzeugsteuer Kommentar, 1. Aufl. 1956, S. 57; Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuer, § 5 KraftStG Rz. 44), im Fall der Veräußerung bzw. des Übergangs des Fahrzeugs die Auffassung, dass diese Vorschrift unwiderlegbar vermute, dass das Fahrzeug von demjenigen, für den es zugelassen sei, bis zur Außerbetriebsetzung oder beim Übergang des Fahrzeugs bis zum Eingang der Anzeige über den Übergang bei der Zulassungsbehörde gehalten werde. Der Konkursverwalter sei daher wegen des Übergangs der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis verpflichtet, die Anzeige über den Übergang des Fahrzeugs bei der Zulassungsbehörde zu erstatten, wenn er das Entstehen einer weiteren Steuerschuld zu Lasten der Konkursmasse vermeiden wolle (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1953, II 190/52 U, BFHE 58, 358, BStBl III 1954, 49; vgl. zum Ende der Steuerschuldnerschaft des Insolvenzverwalters auch FG München, Urteil vom 21. März 2001, 4 K 1954/00, EFG 2002, 53).

Diese Rechtsprechung ist auf das Insolvenzverfahren nicht übertragbar. Unmittelbar ist § 5 Abs. 5 KraftStG auf den Fall der Freigabe im Insolvenzverfahren nicht anwendbar, da nur die Veräußerung eines inländischen Fahrzeugs, d.h. der Wechsel des Eigentümers des Fahrzeugs (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl. 2005, § 27 StVZO Rz. 22), erfasst wird. Gemäß § 5 Abs. 5 KraftStG endet die Steuerpflicht im Fall der Veräußerung eines inländischen Fahrzeugs für den Veräußerer in dem Zeitpunkt, in dem die verkehrsrechtlich vorgeschriebenen Veräußerungsanzeige bei der Zulassungsbehörde eingeht. Verkehrsrechtlich hat der Veräußerer gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 HS 1 StVZO der Zulassungsbehörde unverzüglich Namen und Anschrift des Erwerbers anzuzeigen. Seiner Anzeige hat der Veräußerer nach § 27 Abs. 3 Satz 1 HS 2 StVZO die Empfangsbestätigung des Erwerbers über die Aushändigung des Fahrzeugscheins und -briefs sowie über den Erhalt des Berichts über die letzte Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO und der Prüfbescheinigung nach § 47a Abs. 3 StVZO beizufügen. Eine Veräußerung i.S. § 5 Abs. 5 KraftStG liegt im Fall der Freigabe des Fahrzeugs an den Insolvenzschuldner allerdings nicht vor, da lediglich die Verfügungsbefugnis an den Insolvenzschuldner zurückfällt. Die materiell-rechtliche Situation ändert sich durch die Freigabe nicht, weil der Insolvenzschuldner Eigentümer geblieben ist (Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Aufl. 2003, § 35 Rz. 23).

§ 5 Abs. 5 KraftStG ist für die Freigabe im Insolvenzverfahren auch nicht entsprechend anwendbar. Dem stehen Sinn und Zweck des Insolvenzverfahrens entgegen. Wesentliches Anliegen der Insolvenzordnung ist es, eine höhere Verteilungsgerechtigkeit für die Gläubiger zu erreichen. Dementsprechend wurden fast alle Vorrechte beseitigt (Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Aufl. 2003, § 1 Rz. 12). Auch der Fiskus, der gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 2 KO zu den bevorrechtigten Konkursgläubigern gehörte, sollte im Vergleich mit anderen Gläubigern weder besser noch schlechter gestellt werden (BFH-Urteil vom 16. November 2004, VII R 62/03, BFHE 207, 371, BStBl II 2005, 309). Es läge jedoch eine Besserstellung vor, wenn der Insolvenzverwalter eine zusätzliche Handlung wie die Veräußerungsanzeige gemäß § 27 Abs. 3 StVZO vorzunehmen hätte, die insolvenzrechtlich nicht erforderlich ist. Im Übrigen unterliegt selbst die Freigabe von Grundstücken keinen besonderen Formerfordernissen (§ 32 Abs. 3 InsO; vgl. auch Eickmann in HK-InsO, 4. Aufl. 2006, § 35 Rz. 46; Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Aufl. 2003, § 35 Rz. 23).

cc) Zwar kann der Insolvenzverwalter die Entstehung weiterer Masseverbindlichkeiten grundsätzlich durch die Abmeldung des Fahrzeugs verhindern (vgl. zum Ende der Steuerschuldnerschaft durch Abmeldung: FG Düsseldorf, Urteil vom 24. August 2006, 8 K 3089/05 Verk, EFG 2006, 1787, Rev.: IX R 59/06; FG Münster, Urteil vom 16. Juni 2006, 13 K 3960/04 Kfz, EFG 2006, 1704, Rev.: IX R 58/06; FG Köln, Urteil vom 7. Juni 2006, 6 K 1430/03, JURIS, Rev.: IX R 61/06; FG München, Urteil vom 31. März 2006, 4 K 2665/05, EFG 2006, 1367, Rev.: IX R 4/07; FG Köln, Urteil vom 7. Juni 2005, 6 K 341/03, JURIS, Rev.: IX R 60/06). Angesichts der Überlagerung des Kraftfahrzeugsteuerrechts durch das Insolvenzrecht (s.o.) erfüllt jedoch auch die Freigabe diesen Zweck. Die Abmeldung, sei sie durch den Halter oder von Amts wegen gemäß § 14 KraftStG erfolgt, ist nach dem Vorgenannten nicht die einzige Möglichkeit zur Vermeidung weiterer Masseverbindlichkeiten. Da der Zugang der Freigabeerklärung vor der Abmeldung des Fahrzeugs erfolgte, endete die Steuerpflicht bereits mit dem Zeitpunkt des Zugangs der Freigabeerklärung. Die Abmeldung am 24. Juli 2006 hatte hierauf keinen Einfluss mehr.

d) Ein früheres Ende der Steuerpflicht gemäß § 5 Abs. 4 Satz 2 KraftStG kann schon deshalb nicht angenommen werden, da der Kläger in keiner Weise glaubhaft gemacht hat, eine frühere Abmeldung nicht schuldhaft verzögert zu haben. Der bloße Hinweis, ihm lägen die Fahrzeugpapiere nicht vor, genügt hierfür nicht.

3. Die gegenüber dem Kläger festzusetzende Steuer berechnet sich wie folgt:

 Dauer der Steuerpflicht gemäß §§ 12 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2, 9 Abs. 5 KraftStG:14. Februar 2006 bis 23. März 2006= 38 Tage,
Steuersatz gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a KraftStG:6,75 EUR je angefangene 100 Kubikzentimeter Hubraum 
Steuer (§ 11 Abs. 4 Satz 2, Abs. 5 KraftStG):6,75 EUR x 18 angefangene 100 Kubikzentimeter Hubraum x 38 Tage : 365 Tage= 12 EUR

Soweit der Beklagte die Steuer darüber hinaus festgesetzt hat, waren der Bescheid vom 3. August 2006 und die Einspruchsentscheidung vom 14. September 2006 aufzuheben.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO, die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO (vgl. FG München, Urteil vom 20. Januar 2005, 3 K 4519/01, EFG 2005, 969).

Die Revision ist im Hinblick auf das Urteil des FG München vom 12. Juli 2006, 4 K 4336/05 (EFG 2007, 64) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO zuzulassen.



Ende der Entscheidung

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