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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 14.01.2005
Aktenzeichen: I 280/04
Rechtsgebiete: FGO, UStG


Vorschriften:

FGO § 69 Abs. 2 S. 2
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1
UStG § 10 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

I 280/04

Gründe:

I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob von der Antragstellerin (-Ast-) vereinnahmte Restbeträge einzelner, durch Telefonate an einem Fernsprecher durch die jeweiligen Benutzer gebührenmäßig nicht verbrauchter Münzen, der Umsatzsteuer zu unterwerfen sind.

Die Ast betreibt Telefonautomaten, die unter anderem auch Telefongespräche gegen Münzeinwurf ermöglichen. In den Fällen, in denen der eingeworfene Betrag nicht vollständig durch Gesprächseinheiten verbraucht wird, entstehen Restbeträge. Nicht vertelefonierte Restbeträge werden von den Telefonautomaten nur entsprechend der Höhe und Stückelung der eingeworfenen Münzen erstattet. "Angebrochene" Münzen werden nur erstattet, wenn der verbrauchte Betrag vom Benutzer nachträglich passend eingeworfen wird. Sofern der verbrauchte Betrag der angebrochenen Münze nicht innerhalb von zwei Minuten passend eingeworfen wird, verfällt das Guthaben.

Bei Einwurf z.B. eines Zweieurostücks und dem Anfall von EUR 1,50 tariflicher Telefongebühren verfallen EUR 0,50, sofern nicht Münzen im Wert von EUR 1,50 nachgeworfen werden. Werden dagegen eingangs vier Fünfzigcentstücke eingeworfen, werden bei dem vorstehenden Gespräch EUR 0,50 in Form eines der eingeworfenen Fünfzigcentstücke erstattet.

Alternativ dazu kann in beiden Varianten das verbleibende Guthaben in Höhe von EUR 0,50 auch für ein weiteres Gespräch, beginnend innerhalb der Zwei-Minuten-Frist, genutzt werden.

In den Monaten Mai und Juni 2004 vereinnahmte die Ast auf diese Weise neben dem regulären Umsatz von ... Tsd. EUR einen auf die Münzrestwerte entfallenden Betrag in Höhe von ... Tsd. EUR (Mai) bzw. neben einem Umsatz von ... Tsd. EUR einen Betrag von ... Tsd. EUR (Juni), die sie im Rahmen ihrer Umsatzsteuervoranmeldungen nicht in der Bemessungsgrundlage der getätigten Umsätze zu 16 v.H. Umsatzsteuer angab.

Der Antragsgegner (-Ag-) erließ am 06. Juli 2004 für den Monat Mai und am 27. Juli 2004 für den Monat Juni von den Umsatzsteuervoranmeldungen abweichende Bescheide über die jeweiligen Umsatzsteuer-Vorauszahlungen, mit denen er auch die nicht erstatteten Restbeträge nicht vollständig verbrauchter Münzen der Umsatzsteuer unterwarf, was zur Erhöhung der Umsatzsteuer von ... Tsd. EUR für Mai und ... Tsd. EUR für Juni führte.

Die Ast legte gegen diese Bescheide unter dem 02. August 2004 Einspruch ein, über den der Ag noch nicht entschieden hat. Zugleich beantragte sie die Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuer in Höhe der auf die nicht erstatteten Restbeträge entfallenden, o.g. Teilbeträge. Der Ag lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung durch Bescheid vom 13. August 2004 ab. Mit dem am 14. September 2004 eingegangenem Schreiben begehrt die Ast nunmehr die Aussetzung der Vollziehung durch das Gericht.

Die Ast trägt vor, die Zahlung der nicht erstatteten Beträge durch die Benutzer erfolge nicht für eine Leistung. Die Benutzer wollten nicht eine zusätzliche Vergütung für die erhaltene Leistung erbringen. Die Vergütung erfolge aus einem anderen Rechtsgrund, da in den Geschäftsbedingungen der Ast zwischen dem Entgelt für die Telekommunikationsleistungen einerseits und der Verwendung von Restbeträgen andererseits unterschieden werde. Der Restbetrag werde lediglich aus technischen Gründen gezahlt, da einerseits der tariflich angefallene Betrag nicht aus dem Kleingeldbestand des Benutzers nachentrichtet werden könne und andererseits in den Telefonautomaten kein Kleingeldbestand zum Zwecke der Geldrückgabe vorgehalten werde. Die einbehaltenen Restbeträge stünden damit in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Erbringung der Telekommunikationsdienstleistung und stellten daher kein zusätzliches Entgelt für diese dar. Dies folge schon daraus, dass die einbehaltenen Restbeträge in erster Linie von dem Kleingeldvorrat des Benutzers und nicht von der tatsächlich erbrachten Telekommunikationsleistung abhingen. Die Ast und die Benutzer würden der Leistung nur den anhand des Tarifs vorgegebenen Wert beimessen. Anders als z.B. Trinkgelder stellten die nicht erstatteten Restbeträge aus beider Sicht somit auch subjektiv keine Gegenleistung für die bereits hergestellte und beendete Telefonverbindung dar. Mit dem Einwurf einer Münze erbringe der Benutzer eine Anzahlung und kaufe nicht etwa vorab die Berechtigung zur Nutzung von Gesprächseinheiten, da die eingeworfene Münze erstattet werde, falls keine Telefonverbindung zustande komme.

Die Ast beantragt,

die Vollziehung der Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung für den Monat Mai 2004 vom 06. Juli 2004 in Höhe von ... Tsd. EUR und für den Monat Juni 2004 vom 27. Juli 2004 in Höhe von ... Tsd. EUR aufzuheben und ab Fälligkeit bis zu einem Monat nach Zustellung der Einspruchsentscheidung auszusetzen.

Der Ag beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Der Ag trägt vor, der Benutzer kaufe mit dem Einwurf einer bestimmten Münze die Berechtigung ein, den Telefonautomaten der Ast zu nutzen. Die Leistung bestehe in der Zurverfügungstellung der Telefonleitungen auf Zeit. Diese sei begrenzt im Umfang der Gesprächseinheiten, die dem Wert der eingeworfenen Münze entsprächen. Schöpfe der Benutzer diese Möglichkeit nicht voll aus, ändere sich an dem in diesem Sinne zuvor umrissenen Leistungsgegenstand nichts.

Auch finde sich der Benutzer von vorneherein damit ab, dass ein nicht vertelefonierter Restbetrag verloren sei und das für die Leistung bereits entrichtete Entgelt unabhängig von der tatsächlich in Anspruch genommenen Telefonzeit in dieser Höhe bestehen bleibe. Er nehme somit in Kauf, dass er bei entsprechend kurzer Telefondauer mehr für das Gespräch zahle, als rein nach dem Tarif geschuldet sei. Das Leistungsaustauschverhältnis betreffe daher von vorneherein den Betrag, der nach den technischen Möglichkeiten der Ast als Entgelt bestehen bleibe. Diesen Betrag schulde der Benutzer auch zivilrechtlich. Diesen Betrag sei dem Benutzer - unabhängig von der Gesprächsdauer - die Möglichkeit der Gesprächsführung wert.

Die Bereitstellung der Leitung für die tatsächlich in Anspruch genommene Telefonzeit und die verfallene Zeit stelle einen umsatzsteuerlich nicht aufteilbaren, einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang dar.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Anlagen verwiesen.

Dem Gericht hat die Umsatzsteuernebenakte betreffend die streitigen Voranmeldungszeiträume zur Steuernummer ... vorgelegen.

II. Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist durch die Ablehnung des Antrages mit Bescheid des Ag vom 13. August 2004 die Zugangsvoraussetzung des § 69 Abs. 4 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (-FGO-) erfüllt.

Der Antrag bleibt gleichwohl ohne Erfolg, denn er ist unbegründet.

Die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes soll auf Antrag ganz oder teilweise ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 1 FGO).

Eine unbillige Härte im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegt vor, wenn durch die sofortige Vollziehung dem Steuerpflichtigen Nachteile drohen würden, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und nicht oder nur schwer wieder gutzumachen sind, oder wenn gar die wirtschaftliche Existenz des Steuerpflichtigen gefährdet wäre ( BFH-Urteile vom 31. Januar 1967 - VI S 9/66 - BStBl. III 1967, 225; vom 19. April 1968 - IV B 3/66 - BStBl. II 1968, 538; vom 8. Mai 1968 - I S 1/68 - BStBl. II 1968, 485; vom 31. August 1987 - V B 57/86 - BFH/NV 1988, 175; vom 21. Februar 1990 - II B 98/89 - BStBl. II 1990, 510). Dazu hat die Antragstellerin weder inhaltlich vorgetragen noch ergeben sich im Übrigen hierfür Anhaltspunkte für das Gericht.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Steuerbescheides bestehen dann, wenn eine summarische Prüfung ergibt, dass neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfrage oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Dabei brauchen die für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes sprechenden Bedenken nicht zu überwiegen, das heißt, ein Erfolg des Steuerpflichtigen braucht nicht wahrscheinlicher zu sein als sein Misserfolg (vgl. BFH-Beschlüsse vom 30. Juni 1967 - III B 21/66 - BStBl. III 1967, 533 und vom 28. November 1974 - V B 52/73 - BStBl. II 1975, 239).

Im Streitfall bestehen in diesem Sinne keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage hat der Ag nach Auffassung des erkennenden Senats in den Bescheiden über die Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlungen für den Monat Mai 2004 vom 06. Juli 2004 und den Monat Juni 2004 vom 27. Juli 2004 zu Recht auch die von der Ast für nicht vollständig verbrauchte, "angebrochene" Münzen vereinnahmten Beträge der Umsatzsteuer unterworfen.

Bei den nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (-UStG-) als sonstige Leistung der Umsatzsteuer unterliegenden Telekommunikationsleistungen der Ast wird der Umsatz nach § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer, § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG. Ist zwischen den Parteien für eine Leistung grundsätzlich ein fester Preis vereinbart, können gleichwohl auch darüber hinausgehende Aufwendungen des Leistungsempfängers zusätzliches Entgelt für die Leistung sein, wenn ein anderer Zuwendungsgrund nicht ersichtlich ist. Zusätzliche Aufwendungen sind schon dann Entgelt, wenn der Leistungsempfänger sie für die Leistung hingibt, selbst wenn er sie nach Maßgabe einer Entgeltvereinbarung nicht schuldet, denn schon damit liegt die erforderliche, aber auch ausreichende, Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung vor (vgl. BFH-Urteil vom 31. August 1992 - V R 47/88 - BStBl II 1992, 1046).

Im Streitfall handelt es sich bei dem nach Berechnung nur der tariflich geschuldeten Telefongebühren nicht verbrauchten Restbetrag der - im Einzelfall jeweils nur einen - angebrochenen Münze um Entgelt. Der Benutzer der Telefonautomaten als Leistungsempfänger wendet sämtliche nach Abschluss des Abrechnungsvorgangs von dem Automaten nicht wieder ausgeworfenen und damit endgültig von der Ast vereinnahmten Münzen als Gegenleistung für die erhaltene Telekommunikationsleistung auf. Dies gilt ungeachtet des Umstandes, dass die Ast für ihre Telekommunikationsleistungen ein nach Zeiteinheiten bemessenes Tarifentgelt fest vorgegeben hat, auch für die im konkreten Einzelfall jeweils angebrochene Münze. Die Benutzer der Telefonautomaten der Ast schulden dieser vertragsgemäß auch den nicht vertelefonierten Münzbruchteil für die empfangene Leistung.

Ohne näheres Eingehen auf die konkreten Nutzungsbedingungen der Ast gilt generell, dass Fernsprecher im öffentlichen Raum - zumal bei der in heutiger Zeit weiten Verbreitung von Mobiltelefon - typischerweise der Befriedigung situativen Telekommunikationsbedarfs und damit regelmäßig eher kurzen Telefonaten dienen. Häufig geht dies mit einer gewissen Zeitknappheit der Benutzer einher. Infolgedessen sind bei diesen wirtschaftliche Erwägungen bei der Entscheidung zur Nutzung eines solchen Telefonautomaten von nachrangigem Gewicht. Der Idealtypus eines konsequent kaufmännisch vorgehenden Benutzers würde und wird sich nach aufmerksamer Lektüre aushängender Nutzungsbedingungen - sofern diese eine eindeutige Aussage über die Nichterstattung unverbrauchter Münzrestbeträge enthalten, was zumindest bei den im Nahverkehrsbereich aufgestellten Automaten der Ast wie festgestellt nicht der Fall ist - vor der Nutzung mit einem ausreichendem und sinnvoll gestückelten Münzvorrat versehen. Tut ein Benutzer dies in der Praxis nicht und wirft er ein größeres Geldstück ein, geschieht dies u.a. zum Beispiel deshalb, weil ihm nach kurzer Abwägung aus Gründen persönlicher Bequemlichkeit die Möglichkeit, ein Telefonat in diesem Moment und an diesem Ort führen zu können, unabhängig von dessen konkreter Dauer situativ den eingeworfenen Betrag wert ist. Besteht örtlich oder zeitlich für den Benutzer keine Möglichkeit zur vorherigen Verschaffung eines Münzvorrats, erfolgt die gleichwohl von ihm vorgenommene Nutzung des Telefonautomaten ebenfalls in dem Bewusstsein, dass er jedenfalls auch die angebrochenen Münzen einsetzen wird. Vor dem Hintergrund der typisiert unterstellten Benutzungssituation der Telefonautomaten dürfte für eine erhebliche Anzahl der Benutzer der Verbrauch des - zudem im Vorwege noch gar nicht betragsmäßig feststehenden - Gegenwerts nicht verbrauchter Münzreste durch das Führen eines weiteren, situativ nicht notwendigen Telefonats nicht von Interesse sein. Auch hier liegt daher bei typisierter Betrachtung schon im Einwurf der Münzen das generelle Einverständnis mit einem am Ende möglicherweise über den tariflich geschuldeten Betrag hinausgehendem Leistungsentgelt vor.

Unter Berücksichtigung der - jedenfalls zum Teil in eindeutig formulierter Form aushängenden - Geschäftsbedingungen der Ast und unter Würdigung ihres Vortrages im anhängigen Verfahren gilt für den konkreten Streitfall folgendes:

Die von der Ast angebotene Leistung, für die das Entgelt abstrakt in ihren Geschäftsbedingungen im Vorhinein definiert ist, besteht in der Herstellung und Andauer einer Telefonverbindung mit einem von dem Benutzer gewünschten Telefonanschluss.

Kommt die Verbindung nicht zustande, schuldet der Benutzer kein Entgelt. Der Verbindungsversuch wird ihm von der Ast nicht in Rechnung gestellt. Kommt die Verbindung zustande, ist damit zunächst der primäre Leistungsbestandteil seitens der Ast erbracht und der Vergütungsanspruch ist dem Grunde nach entstanden.

Der Höhe nach ist die letztlich geschuldete Vergütung grundsätzlich von dem sekundären Leistungsbestandteil abhängig. Dieser besteht in der Aufrechterhaltung der zustande gekommenen Telefonverbindung über die vom Benutzer gewünschte Zeitdauer. Die Ast fordert von dem Benutzer hierbei pro Zeiteinheit - bei einem Ortsgespräch z.B. 60 Sekunden - 10 Cent.

Hat der Benutzer einen höheren Geldbetrag eingeworfen, als von ihm der Ast nach dem Ende des Gesprächs tariflich geschuldet, behält der Telefonautomat im Idealfall eines wechselseitigen Forderungsausgleichs aus dem eingeworfenen Münzvorrat lediglich die zur Vergütung erforderliche Menge an Münzen in der dafür exakt passend vorliegenden Stückelung ein und kehrt die überzähligen Geldstücke an den Benutzer wieder aus.

Bleibt allerdings ein durch Münzrückgabe nicht kompensierbares Guthaben übrig, kann der Benutzer dieses in einem vorgegebenen Zeitfenster durch nochmaligen Münzeinwurf in exakt der tariflich verbrauchten Höhe zurückerlangen oder durch Vertelefonieren im Rahmen eines weiteren Gesprächs verbrauchen. Macht er - aus welchem Grund auch immer - von diesen beiden Möglichkeiten keinen Gebrauch, hat er nach den Geschäftsbedingungen der Ast keinen Anspruch auf Erstattung des Guthabens in Höhe der (maximal einen) angebrochenen Münze.

Für diesen speziellen Fall werden die wechselseitigen Rechte und Pflichten aus dem Nutzungsvertrag vereinbarungsgemäß durch die Erbringung der Telefonverbindung einerseits und die Überlassung der zuvor eingeworfenen Münzen im Umfang des tariflich geschuldeten Entgelts zuzüglich des Restbetrages der angebrochenen Münze andererseits erfüllt. Die Geschäftsbedingungen der Ast sehen für diesen Fall somit von vorneherein eine über das zeitabhängige Entgelt nach Tarifeinheiten hinausgehende Gegenleistung des Benutzers vor. Ob dies auf technischen oder auch kaufmännischen Erwägungen beruht - immerhin belaufen sich die Münzrestbetragseinnahmen in den Streitmonaten jeweils auf etwa 12 v.H. der Gesamtumsätze und erspart die mangelnde Geldwechselfunktion zudem kostenträchtige Mehrtechnik der Automaten - kann dahinstehen. Der Beweggrund der Ast für die Mehrforderung in solchen Fällen ist ohne Belang. Die Rechtsgrundlage für die Entstehung des Vergütungsanspruchs der Ast ist der zwischen ihr und dem Benutzer geschlossene Vertrag über die Erbringung einer Telekommunikationsleistung. Die Einzelheiten des Vertrags sind durch die Geschäftsbedingungen der Ast vordefiniert. Diese können von dem Benutzer nur als einheitliches Werk akzeptiert werden. Mit der Inbetriebnahme des Telefonautomaten erklärt der Benutzer sein Einverständnis mit den Geschäftsbedingungen und macht diese vollumfänglich zum Inhalt des Vertrages. Danach geht die vom Benutzer für die erbrachte Telekommunikationsleistung der Ast geschuldete Gegenleistung in den geschilderten Münzrestbetragsfällen gegebenenfalls einvernehmlich über die Summe der geschuldeten Tarifeinheiten à 10 Cent hinaus. Dies gilt nach der getroffenen Vereinbarung definitiv ab dem Moment, in dem der Benutzer sich gegen den Verbrauch des Restwertes durch Vornahme eines weiteren Telefongesprächs oder gegen den Einwurf des verbrauchten Tarifentgelts entscheidet, spätestens jedoch nach Ablauf von zwei Minuten nach Beendigung der letzten Telefonverbindung. Die hierdurch erhöhte Aufwendung des Benutzers beruht auf dem mit der Ast geschlossenen Vertrag und damit auf dem auch der rein tariflichen Entgeltabrechnung zugrunde liegenden Rechtsgrund.

Ob es sich bei dem Einwurf der Münzen in den Automaten um eine Anzahlung auf die gegebenenfalls anfallenden Telekommunikationskosten handelt oder eine solche erst nach Zustandekommen der Verbindung und dann auch nur jeweils in Höhe der konkret angebrochenen Münze anzunehmen ist, kann dahinstehen. Nach den vorstehenden Ausführungen trifft es für die Einnahmen der Ast aus den Münzrestbeträgen jedenfalls nicht zu, dass für eine bereits vereinbarte sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet wurde, diese jedoch nicht ausgeführt wurde. Eine Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG kommt daher entgegen der Auffassung der Ast vorliegend ebenfalls nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Beschwerde war nach Auffassung des Senats gemäß § 128 Abs. 3 in Verbindung mit § 115 Abs. 2 Nr. 1 u. Nr. 2 Alt. 1 FGO zuzulassen. Eine Entscheidung des BFH über die umsatzsteuerliche Behandlung von seitens des Unternehmers tariflich grundsätzlich nicht als Gegenleistung vom Leistungsempfänger geforderten, gleichwohl im Zusammenhang mit der erbrachten Leistung zu seinen Gunsten verfallenden, zuvor in seinen Herrschaftsbereich gelangten Geldbeträgen liegt bislang nicht ersichtlich vor. Angesichts der evidenten Vielzahl von Leistungserbringungen durch Waren- oder Dienstleistungsautomaten und damit der begründeten Annahme einer größeren Anzahl solcher oder ähnlicher Fallgestaltungen ist das Interesse eines größeren Kreises von Steuerpflichtigen an einer einheitlichen Handhabung und Entwicklung des Rechts berührt. Es besteht daher ein abstraktes Interesse an einer höchstrichterlichen Entscheidung und der Fortbildung des Rechts.

Ende der Entscheidung

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