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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 30.08.2004
Aktenzeichen: I 293/01
Rechtsgebiete: EStG, GewStG, FGO


Vorschriften:

GewStG § 7
GewStG § 8
GewStG § 9
EStG § 15
FGO § 45
FGO § 68
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Beteiligungen der Kommanditisten an einer GmbH Sonderbetriebsvermögens II (SBV II) bilden und der Gewinn aus der Veräußerung dieser Beteiligungen gewerbesteuerpflichtig ist.

Die Klägerin ist am 10.04.1991 gegründet worden. An ihr sind 4 Kommanditisten mit jeweils DM 50.000 Stammeinlage beteiligt. Gesellschafter der als Komplementärin eingesetzten Fa. A GmbH sind ebenfalls die Kommanditisten und zwar mit einem Anteil von jeweils DM 25.000. Geschäftszweck der Klägerin ist insbesondere die Übernahme und Verwaltung von Beteiligungen an anderen Gesellschaften sowie die Führung von deren Geschäften und die Übernahme des Managements wesentlicher Geschäftsbereiche.

Mit Kaufvertrag vom 19.04.1991 zwischen der Treuhandanstalt Berlin und den Kommanditisten der Klägerin wurden mit wirtschaftlicher Wirkung zum 01.07.1991 100 % der Anteile an der Bau GmbH zu einem Kaufpreis von 1 DM erworben. Mit schuldrechtlichem Vertrag vom 10.07.1991 wurde zwischen der Bau GmbH und der Klägerin ein Managementvertrag abgeschlossen. Gegenstand dieses Vertrages ist die umfassende Unternehmensberatung der Bau GmbH durch die Klägerin. Schwerpunkt der Leistungen ist die Umstrukturierung und strategische Weiterentwicklung der Bau GmbH.

Am 16.07.1992 bzw. 18.07.1992 wurde ein Managementvertrag mit der Baustoff GmbH abgeschlossen, der im Wesentlichen den gleichen Inhalt hatte, wie der Managementvertrag mit der Bau GmbH. Die Anteile der Baustoff GmbH wurden zu diesem Zeitpunkt noch von der Bau GmbH gehalten. Mit Vertrag vom 15.02.1993 erwarben die Kommanditisten jeweils 16,6% = insgesamt 66,4 % der Anteile an der Baustoff GmbH von der Bau GmbH, die 90 % der Anteile dieser Gesellschaft hielt. Die Klägerin kündigte nach Abschluss der Umstrukturierungen den Managementvertrag mit der Baustoff GmbH rückwirkend zum 31.05.1994.

Durch den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 1994 vom 15.04.1997 wurde ein Gewerbeertrag in Höhe von 280.900 DM festgesetzt.

Auf Grund der Prüfungsanordnung vom 09.06.1998 wurde vom 09.06.1998 bis zum 06.12.2000 eine Betriebsprüfung bei der Klägerin durchgeführt. Gem. des BP-Berichts vom 12.02.2001 gelangte die Betriebsprüfung zu der Ansicht, dass aufgrund der Vertragsgestaltung u.a. die Kapitalanteile an der Baustoff GmbH für die Zeit ab dem 15.02.1993 bis zum Verkauf am 31.05.1994 dem notwendigen Sonderbetriebsvermögen II der Klägerin zuzurechnen seien. Die Veranlagung folgte dieser Ansicht und setzte durch geänderten Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 1994 vom 24.07.2001 unter Einbeziehung des Gewinns aus der Veräußerung dieser Beteiligungen den Gewerbeertrag in Höhe von ... Mio. DM fest.

Durch Schreiben vom 27.08.2001 reichte die Klägerin Sprungklage gegen den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 1994 ein. Durch Schreiben vom 11.09.2001 stimmte der Beklagte der Sprungklage zu.

Parallel wurde ein weiteres Klageverfahren, in dem die Klägerin sowie die Gesellschafter als Beigeladene sich gegen die Berücksichtigung der Veräußerungsgewinne im Rahmen der Gewinnfeststellung 1994 wandten (Az: I 283/01), durchgeführt. In der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2003 erklärte der Vertreter des Beklagten:

Ohne Präjudiz und nur für den Fall, dass die Klägerin und die Beigeladenen das Verfahren in der Hauptsache binnen einer von Gericht zu bestimmenden Frist für erledigt erklären, ist der Beklagte bereit, den angefochtenen Feststellungsbescheid mit der Maßgabe abzuändern, dass 1. der Veräußerungsgewinn (Baustoff GmbH) mit ... Mio. DM angesetzt wird, 2. ein Veräußerungsgewinn bezüglich der Bau GmbH nicht angesetzt wird.

In der mündlichen Verhandlung wurde beschlossen und verkündet, dass eine Entscheidung am 17.10.2003 um 15 Uhr ergehen sollte.

Durch das am 17.10.2003 um 14.39 Uhr eingegangene Fax erklärten die Klägerin und die Beigeladenen die Hauptsache für erledigt. Durch Beschluss vom 17.10.2003 wurden die Kosten des in der Hauptsache für erledigt erklärten Verfahrens dergestalt verteilt, dass der Beklagte die Gerichtskosten zu zahlen hatte und außergerichtliche Kosten nicht erstattet wurden.

Das inzwischen insoweit zuständig gewordene Finanzamt Hamburg-... erließ am 06.11.2003 einen entsprechend geänderten Bescheid für 1994 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, welcher durch den Bescheid vom 22.06.2004 auf Antrag der Klägerin noch einmal gem. § 172 AO dahingehend geändert wurde, dass insbesondere zusätzlich eine Gewerbesteuerrückstellung gebildet wurde. Außerdem wurde der Bescheid ebenfalls gem. § 172 AO dahingehend geändert, dass der Gewinn aus der Veräußerung der Kapitalanteile nicht mehr als Veräußerungsgewinn, sondern als laufender Gewinn qualifiziert wurde. Zusätzlich wurde auf Grund einer Mitteilung über anderweitige Beteiligungserträge der Gewinn gem. § 175 AO geändert. Auf Grund eines Einspruchs vom 08.07.2004 wurde der Bescheid vom 22.06.2004 im Rahmen einer Einspruchsentscheidung durch den Bescheid vom 26.08.2004 dahingehend geändert, dass die im Bescheid vom 22.06.2004 gem. § 172 AO durchgeführten Änderungen wieder aufgehoben wurden. Dadurch wurden im Bescheid vom 26.08.2004, gegen den Rechtsmittelverzicht erklärt wurde, eine Gewerbesteuerrückstellung nicht berücksichtigt und die Gewinne aus der Veräußerung der Beteiligung als Veräußerungsgewinn qualifiziert. Die gem. § 175 AO durchgeführte Änderung blieb bestehen.

Am 06.11.2003 wurde auch der Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 1994 geändert. Dieser Bescheid wurde am 19.12.2003 unter Berufung auf eine offenbare Unrichtigkeit gem. § 129 AO wieder aufgehoben mit der Begründung, dass versehentlich nicht berücksichtigt worden sei, dass es noch ein laufendes finanzgerichtliches Verfahren in dieser Sache gäbe. Am 15.03.2004 wurde der Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 1994 erneut geändert und ein Gewerbeertrag in Höhe von ... Mio. DM festgesetzt. Durch Änderungsbescheid vom 22.06.2004 wurde der Gewerbeertrag auf ... Mio. DM reduziert. Diese Änderung vom 22.06.2004 wurde durch den vor der mündlichen Verhandlung zugegangenen Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 1994 vom 26.08.2004 wieder rückgängig gemacht. Die Änderung wurde auf § 35b Abs. 1 GewStG gestützt. Es wurde wieder ein Gewerbeertrag in Höhe von ... Mio. DM festgesetzt. Damit ist unstreitig die tatsächliche Verständigung aus dem Rechtsstreit I 283/01 umgesetzt.

Die Klägerin ist der Ansicht, aus der tatsächlichen Verständigung in dem Verfahren I 283/01 lasse sich keine Gewerbesteuerpflicht herleiten. Diese Verständigung könne bereits nicht auf dieses Verfahren übertragen werden, soweit man eine Veräußerung von SBV II angenommen habe. Bereits in der mündlichen Verhandlung wäre es den Beteiligten bewusst gewesen, dass das gerichtliche Verfahren bezüglich des Gewerbesteuermessbescheides 1994 noch offen sei. Hierauf habe die Klägerin auch ausdrücklich hingewiesen. Eine Einbeziehung des Verfahrens I 293/01 sei nicht beabsichtigt gewesen. Der Beklagte habe die Verständigung ohne Präjudiz angeboten und die Klägerin habe nur das Kostenrisiko in dem Verfahren I 283/01 vermeiden wollen. Die Frage, ob tatsächlich die Beteiligung an der Baustoff GmbH SBV II darstelle, müsse im Streitfall eigenständig für die Ermittlung des Gewerbeertrages beurteilt werden.

Selbst wenn die Beteiligung SBV II gewesen wäre, sei die Veräußerung von den Beteiligungen nicht gewerbesteuerpflichtig, weil der aus der Veräußerung der Gesellschaftsanteile erzielte Gewinn nicht den Gewerbeertrag gem. § 7 GewStG erhöhe. Maßgeblich sei zwar der Gewinn nach dem EStG. Aus dem Objektcharakter ergäben sich jedoch Einschränkungen, da die Gewerbesteuer an die Ertragskraft des gewerblich tätigen Betriebs anknüpfe. Das SBV II diene lediglich der Rechtsstellung des Mitunternehmers und nicht dem Betrieb selbst. Die Gewerbesteuerbelastung der Gesellschaft sei auch nicht sachgerecht, da der Gesellschaft durch die Veräußerung des Sonderbetriebsvermögens auch keine Mittel zugeflossen seien, aus der die Gewerbesteuer habe bezahlt werden können.

Die Entscheidung des BFH vom 09.04.1981, der die Veräußerung von SBV I im Rahmen der Gewerbesteuerfestsetzung berücksichtigt habe, sei nicht auf den Streitfall übertragbar, da es in dem Fall um den Erwerbspreis eines Gesellschaftsanteils gegangen sei. Es gäbe keine Entscheidung des BFH zu der Frage der Gewerbesteuerpflicht von Veräußerungsgewinnen aus dem SBV II, so dass diese Frage grundsätzliche Bedeutung habe.

Das Argument, § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG stelle für die Bestimmung des Umfangs des Gewerbebetriebs von Personengesellschaften auf die auch dem § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu Grunde liegende Vorstellung der Mitunternehmerschaft aller Gesellschafter einer Personengesellschaft ab, führe nicht zwangsläufig zur Gewerbesteuerpflicht der gesamten Betätigung der Gesellschafter, seitdem der Personengesellschaft partielle Steuersubjektivität zuerkannt worden sei.

Die Klägerin beantragt, die im Anschluss an den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 1994 vom 15.04.1997 erlassenen geänderten Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag 1994 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Klage sei bereits unzulässig, da sich die Einbeziehung des Veräußerungsgewinns bereits nach § 35b GewStG auf den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 1994 auswirke.

Die Klage sei auch unbegründet, denn die im Feststellungsverfahren erzielte Einigung sei spiegelbildlich auch auf das Verfahren bezüglich des Gewerbesteuermessbetrages zu übertragen. Dem Umstand, dass es sich um SBV II handele, komme dabei keinerlei Bedeutung zu, denn es sei für die Gewerbesteuer der für den Feststellungsbescheid ermittelte Gewinn zugrunde zu legen, unabhängig davon, welche Art von Sonderbetriebsvermögen vorliege.

Die Finanzgerichtakte I 283/01 wurde dem Verfahren hinzugezogen.

Dem Senat haben die Gewinnfeststellungsakten und Gewerbesteuerakten Bd. II und III und 7 Bände BP-Arbeitsakten zu der Steuernummer ... bzw. ... vorgelegen. Auf die Sitzungsprotokolle des Erörterungstermins vom 07.06.2004 und der mündlichen Verhandlung vom 30.08.2004 wird verwiesen.

Gründe

I. Die zulässige Klage ist unbegründet.

1. Die Klage ist zulässig.

a) Die Klage ist als Sprungklage gem. § 45 FGO zulässig, da der Beklagte innerhalb eines Monats nach Zustellung der Klage der Sprungklage zugestimmt hat.

b) Die Passivlegitimation des Beklagten hat sich nicht durch die neue Zuständigkeit des Finanzamt Hamburg-... geändert, denn es gilt der Grundsatz der Fortdauer der Gerichtszuständigkeit (siehe Tipke/Kruse-Tipke § 63 FGO Rn. 6).

c) Gem. § 68 FGO ist der Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag vom 15.03.2004 Gegenstand der Klage geworden. Es kann dahingestellt werden, ob der Bescheid vom 06.11.03 offenbar unrichtig gewesen ist und durch Bescheid vom 19.12.03 aufgehoben werden konnte.

d) Ein Rechtsschutzbedürfnis ist vorhanden. Insbesondere ergibt sich keine Beschränkung der Zulässigkeit aus § 182 AO in Verbindung mit § 351 Abs. 2 AO (siehe z.B. Glanegger/Güroff-Peuker § 35b GewStG Rn. 2). Denn der Bescheid über die gesonderte Gewinnfeststellung ist für den Gewerbesteuermessbescheid kein Grundlagenbescheid. Der Gewerbeertrag nach § 7 GewStG wird vielmehr materiell-rechtlich eigenständig ohne verfahrensrechtliche Bindung ermittelt (BFH vom 19.1.1990, III R 31/87 BStBl 1990 II, 383; Lenski/Steinberg-Sarrazin § 35b GewStG Rn. 2). Auch die Möglichkeit, Änderungen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung über § 35b GewStG auf den Bescheid des Gewerbesteuermessbescheides zu übertragen, führt nicht zur Unzulässigkeit, denn es ist nicht ausgeschlossen, dass das Gewerbesteuergesetz insbesondere wegen der §§ 8, 9 GewStG eine eigenständige Wertung vollzieht (so auch Glanegger/Güroff-Peuker § 35b GewStG Rn. 2). Zudem macht hier die Klägerin geltend, dass bei der Veräußerung von SBV II gerade kein Automatismus zwischen Feststellungsbescheid und dem Bescheid über den Gewerbsteuermessbetrag bestehe.

2. Die Klage ist unbegründet. Der Veräußerungsgewinn aus der Veräußerung der Anteile an der Baustoff GmbH ist gewerbesteuerpflichtig.

Rechtsgrundlage für die Einbeziehung des Veräußerungsgewinnes aus dem SBV II ist § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG in Verbindung mit § 7 GewStG.

Dem Gewerbeertrag ist der Steuerbilanzgewinn der Mitunternehmerschaft zugrundezulegen. Grundlage der Gewinnermittlung der Mitunternehmerschaft ist auch für Zwecke der Gewerbesteuer die Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft einschließlich der Sonder- und Ergänzungsbilanzen der Mitunternehmer. Die Einbeziehung der Sonder- und Ergänzungsbilanzen bzw. Sondervergütungen in die Ermittlung des Gewerbeertrags beruht darauf, dass das Gewerbesteuergesetz keine eigene Abgrenzung der Mitunternehmerschaft enthält. Es knüpft vielmehr sowohl bei der Abgrenzung des Steuerobjekts als auch bei der Gewinnermittlung an die Regelung des EStG an. Denn aus § 2 Abs. 1 GewStG ergibt sich, dass Steuergegenstand der Gewerbesteuer das gewerbliche Unternehmen im Sinne des EStG ist. In § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG ist geregelt, was zum gewerblichen Unternehmen der Mitunternehmerschaft zählt. Diese Abgrenzung gilt auch für die Gewerbesteuer. Abgrenzung und Ermittlung des Gewinns der Mitunternehmerschaft stimmen bei der Einkommensteuer und der Gewerbesteuer überein. Die Unterschiede, die sich bei der Gewerbesteuer aus der abweichenden Bemessungsgrundlage - Gewerbeertrag der Mitunternehmerschaft an Stelle des zu versteuernden Einkommens der Mitunternehmer - und auch der abweichenden Regelung über die Steuerschuldnerschaft - bei der Gewerbesteuer die Gesellschaft als Zusammenfassung der Gesellschafter, bei der Einkommensteuer jeder Gesellschafter ohne Anknüpfung an den Zusammenschluss in der Gesellschaft - ergeben, beruhen auf ausdrücklicher gesetzlicher Regelung (§§ 5, 8 und 9 GewStG). Für die Ermittlung des Gewinns als Grundlage des Gewerbeertrags sind solche Abweichungen von der Einkommensteuer nicht vorgesehen. Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers. Für eine einschränkende Auslegung aufgrund des Objektcharakters der Gewerbesteuer bleibt insoweit kein Raum. Ließe man die Sonder- und Ergänzungsbilanzen der Gesellschafter bei der Ermittlung des Gewerbeertrags außer Ansatz, bedeutete das eine gewerbesteuerrechtliche Gleichbehandlung mit Kapitalgesellschaften. Das würde weder den zivilrechtlichen Unterschieden, noch dem Aufbau des Gewerbesteuergesetzes gerecht werden (ständige Rechtsprechung des BFH z.B. BFH vom 19. Februar 1981, IV R 141/77, BFHE 132, 556, BStBl II 1981, 433-434 unter Hinweis auf BFH vom 14. Dezember 1978, IV R 98/74, BFHE 127, 45, BStBl II 1979, 284, mit weiteren Nachweisen; siehe Blümich-von Twickel § 7 GewStG Rn. 87; siehe auch Schmidt-Schmidt § 15 EStG Rn. 203; Glanegger/Güroff-Selder § 7 GewStG Rn. 3; Lenski/Steinberg § 7 GewStG Rn. 125).

Für Gewinne, die aus der Veräußerung von SBV II resultieren, gelten keine Ausnahmen. Die Veräußerung von SBV II ist gewerbesteuerpflichtig. Rechtsgrundlage für die Einbeziehung ist auch hier § 7 GewStG in Verbindung mit § 15 EStG. § 8 und § 9 GewStG sind nicht einschlägig.

Nach der Rechtsprechung des BFH handelt es sich bei dem Sonderbetriebsvermögen um Wirtschaftsgüter, die einem Gesellschafter gehören und entweder in einem Zusammenhang mit dem Betrieb der Gesellschaft stehen (Sonderbetriebsvermögen I) oder zumindest der Beteiligung des Gesellschafters an der Gesellschaft förderlich sind (Sonderbetriebsvermögen II); vgl. BFH-Urteil vom 14. April 1988, IV R 271/84, BFHE 153, 125, BStBl II 1988, 667, m.w.N.; BFH vom 28.08.2003, IV R 46/02, BFHE 203, 162, BFH/NV 2003, 2469; siehe BFH vom 02.10.1997, IV R 84/96, BFHE 184, 425, BStBl II 1998, 104.

Es ist davon auszugehen, dass die Beteiligung an der Baustoff GmbH SBV II darstellte. Das ergibt sich aus der tatsächlichen Verständigung, die die Beteiligten im Verfahren I 283/01 erzielt haben. Zwar haben weder die Beteiligten noch das Gericht ausdrücklich geäußert, dass die Beteiligung an der Baustoff GmbH SBV II sei. Dies ist jedoch eine zwingende Konsequenz aus der stattgefundenen Verständigung. Denn nur wenn die Beteiligung an der Baustoff GmbH als SBV II verstanden wird, kann der Veräußerungsgewinn aus der Veräußerung dieser Beteiligung steuerpflichtig sein. Hiervon sind bisher auch die Beteiligten ausgegangen. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 06.01.2004 S. 3 und S. 7.

Der BFH hat die Zulässigkeit tatsächlicher Verständigungen grundsätzlich anerkannt (BFH vom 11.12.1984, VIII R 131/76, BFHE 142, 549, BStBl II 1985, 354, BFH vom 28.06.2001, IV R 40/00, BFHE 19, 87, BStBl II 2001, 714 mit weiteren Nachweisen). Zweck der tatsächlichen Verständigung ist es, zu jedem Zeitpunkt des Besteuerungsverfahrens hinsichtlich bestimmter Sachverhalte, deren Klärung schwierig, aber zur Festsetzung der Steuer notwendig ist, den möglichst zutreffenden Besteuerungssachverhalt im Sinne des § 88 AO 1977 einvernehmlich festzulegen (BFH vom 28.06.2001, IV R 40/00, BFHE 19, 87, BStBl II 2001, 714). Im Rahmen einer tatsächlichen Verständigung, die auch in der mündlichen Verhandlung beim Finanzgericht stattfinden kann, ist es grundsätzlich nur möglich, dass sich die Beteiligten über Sachverhaltsfragen verständigen, nicht möglich ist die vom Sachverhalt unabhängige Verständigung ausschließlich über Rechtsfragen. Diese ergeben sich aus dem Gesetz.

Allerdings können sich die Beteiligten über solche Rechtsfragen verständigen, die in einem so engen Zusammenhang mit Tatsachen stehen, dass sie sachgerechterweise nicht auseinandergerissen werden können (siehe Tipke/Kruse-Seer § 85 AO Rn. 57 mit weiteren Nachweisen). D.h. in dem Verfahren I 283/01 konnte eine Verständigung nur dergestalt stattfinden, dass die tatsächlichen Grundlagen und Wertungen, die zur Qualifizierung als SBV II geführt haben, zwischen den Beteiligten unstreitig gestellt wurden. Eine solche Verständigung ist für die Beteiligten bindend und wirkt über das Finanzgerichtsverfahren hinaus, in dem die Verständigung erzielt wurde. Ihre tatsächliche Bindungswirkung gilt auch für alle weiteren Verfahren.

Es unterliegt nicht den Aufklärungsmöglichkeiten des Gerichts in diesem Verfahren nachzuprüfen, ob die tatsächlichen Grundlagen für eine Qualifizierung der Beteiligung als SBV II tatsächlich vorgelegen haben. Ausnahmsweise bindet eine Verständigung die Beteiligten dann nicht, wenn die Verständigung zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt oder der Beklagtenvertreter nicht zur Entscheidung befugt gewesen ist. Beide Ausnahmen liegen hier nicht vor, denn die Beteiligten haben ausdrücklich in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie an der Verständigung im Verfahren I 283/01 festhalten wollen und dass der Feststellungsbescheid vom 26.08.2004 dieser Verständigung entspricht.

Diese tatsächliche Verständigung bezog sich nicht auf die Frage der Gewerbesteuerpflicht, denn dies war eine gesonderte Rechtsfrage, die nicht im Rahmen einer tatsächlichen Verständigung abgesprochen werden konnte.

Der Veräußerungsgewinn aus der Veräußerung der Beteiligungen erhöht den Gewerbeertrag. Denn das Sonderbetriebsvermögen ist auch im Hinblick auf die gewerbesteuerrechtliche Betrachtung einzubeziehen. Dies gilt sowohl hinsichtlich von laufenden Einkünften als auch in diesem Fall von Veräußerungsgewinnen.

Die Einbeziehung des Sonderbetriebsvermögens in die Ermittlung des Gewinns und des Gewerbeertrags beruht auf der Wertung der Gesellschafter als Mitunternehmer des Betriebs. Durch die Zurechnungsnorm des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG auch im Rahmen der Gewerbesteuer soll sichergestellt werden, dass eine Personengesellschaft nicht besser gestellt wird als ein Einzelunternehmen.

Das gilt auch unter Berücksichtigung der Entwicklung in der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Das Argument, § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG stelle zwar für die Bestimmung des Umfangs des Gewerbebetriebs von Personengesellschaften auf die auch dem § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu Grunde liegende Vorstellung der Mitunternehmerschaft aller Gesellschafter einer Personengesellschaft ab, müsse aber als überholt angesehen werden, seitdem der Personengesellschaft partielle Steuersubjektivität zuerkannt worden sei, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Zwar hat der BFH in seiner Entscheidung vom 25.02.1991 (GrS 7/89, BFHE 163, 1, BStBl II 1991, 691) eingeräumt, dass der früher vertretene Satz, Zweck der Vorschrift sei es, den Mitunternehmer dem Einzelunternehmer "nach Möglichkeit" gleichzustellen, in dieser Allgemeinheit nicht aufrechtzuerhalten sei. Dieser Satz gelte vielmehr nur noch, soweit das Gesetz eine solche Gleichstellung zulasse. Genau davon ist bei der vorliegenden Vertragsgestaltung aber auszugehen. Denn die gesetzliche Grundlage für die Einbeziehung des SBV ist der § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Das Bundesverfassungsgericht hat am 22.12.1992 (1 BvR 1333/89 DSTR 1993, 508) entschieden, dass die Rechtsprechung des BFH bezüglich des SBV II verfassungsrechtlich keinen Bedenken begegnet. Der BFH hält auch weiterhin an seiner Rechtsprechung bezüglich des SBV fest (z.B. BFH vom 28.08.2003, IV R 46/02, BFHE 203, 162, BFH/NV 2003, 1655).

Es wird im Schrifttum kontrovers diskutiert, ob der BFH bereits ausdrücklich entschieden hat, ob auch die Veräußerung von SBV II gewerbesteuerpflichtig ist. Der BFH hat zunächst in seiner Entscheidung vom 06.11.1980 ausdrücklich offen gelassen, ob auch das Sonderbetriebsvermögen II in den Gewerbeertrag einzubeziehen ist oder ob dies im Hinblick auf den Zweck der Gewerbesteuer nicht geschehen sollte (siehe BFH vom 06.11.1980, IV R 182/77, BStBl II 1981, 220). Mit Urteil vom 09.04.1981 hat der BFH entschieden, dass auch Zinsen, die ein Mitunternehmer aufwendet für ein Darlehen, das er zum Erwerb eines Mitunternehmeranteils aufgenommen hat und das dementsprechend dem SBV II angehört, den Gewerbeertrag gem. § 7 GewStG mindern. Denn gewerbesteuerlich umfasse der Gewerbebetrieb der Personengesellschaft grundsätzlich wie bei der Einkommensbesteuerung die gesamte Betätigung der Gesellschafter (BFH vom 09.04.1981, IV R 178/80, BStBl II 1981, 621).

Auch wenn die Entscheidung des BFH vom 09.04.1981 den Erwerbspreis eines Gesellschaftsanteils betrifft und sich insoweit vom Sachverhalt im Streitfall unterscheidet, steht er einer vergleichbaren Wertung im Streitfall nicht entgegen. Es lässt sich aus den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen nicht herleiten, warum der aus der Veräußerung von SBV II resultierende Gewinn anders behandelt werden solle als der laufende Gewinn aus einer solchen Beteiligung. Das Institut des SBV II wurde von der Rechtsprechung entwickelt, um das notwendige Betriebsvermögen vom gewillkürten Betriebsvermögen und Privatvermögen abzugrenzen. Das SBV II wird genauso behandelt wie das SBV I. Hinsichtlich des SBV I ist es unstreitig, dass es auch im Fall der Veräußerung den Gewerbeertrag beeinflusst. Im Schrifttum wird überwiegend die Ansicht vertreten, dass auch das SBV II den Gewerbeertrag erhöhen kann; siehe z.B. Lenski/Steinberg § 7 GewStG Rn. 162; Blümich-von Twicke § 7 GewStG Rn. 87; kritisch hierzu, allerdings insgesamt zu der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Personengesellschaft: Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9.Aufl. 93, § 11 II 2 und § 21 II 6 b.

Eine Einschränkung ergibt sich auch nicht aus dem Aspekt, dass die Gewerbesteuer eine auf den tätigen Betrieb bezogene Sachsteuer ist. Zwar muss der nach den Vorschriften des EStG oder des KStG ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb nach herrschender Meinung um solche Bestandteile bereinigt werden, die nicht mit dem Wesen der Gewerbesteuer als eine auf den tätigen Betrieb bezogenen Sachsteuer übereinstimmen (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH vom 17.02.1994, VIII R 13/94, BStBl II 94, 809 m.w.N.; BFH vom 22. Januar 2004, III R 19/02, zitiert nach juris; ebenso R 39 Abs. 1 Nr. 1 Gewerbesteuerrichtlinien und das überwiegende Schrifttum; vgl. Lenski-Steinberg § 7 GewStG Rdnr. 26; Glanegger/Güroff § 7 GewStG Rdnr. 13 ff.). Auszuscheiden sind nach ständiger Rechtsprechung bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften die nach dem EStG mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuernden Veräußerungs- und Aufgabegewinne und darüber hinaus solche Gewinnbestandteile, die zwar nicht Veräußerungs- oder Aufgabegewinne sind, aber in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe stehen und deshalb nicht laufenden Gewinne sind (BFH vom 17.02.1994, VIII R 13/94, BStBl II 1994, 809 m.w.N.; siehe hierzu Blümich-von Twickel § 7GewStG Rndr. 125ff, 137).

Der Grund für die Freistellung solcher Gewinne liegt darin, dass die Veräußerung und Aufgabe eines Betriebs Vorgänge sind, die nicht Gegenstand der Besteuerung nach dem Gewerbeertrag sein können. Darauf hat die Rechtsprechung auch in der Vergangenheit schon mehrfach hingewiesen (vgl. z.B. BFH vom 13. November 1963, GrS 1/63 S, BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124, BFH vom 28. August 1968, I 252/65, BFHE 93, 466, BStBl II 1969, 8 m.w.N; BFH vom 15.03.2000, VIII R 51/98, BFHE 191, 385, BStBl II 2000, 316). Der BFH hatte in diesen Urteilen über Vorgänge im Zusammenhang mit der Veräußerung und Aufgabe eines ganzen Betriebs - des Einzelunternehmers bzw. der Gesellschaft - zu entscheiden. Für die Veräußerung und Aufgabe von Mitunternehmeranteilen gilt nichts anderes. Auch sie führen zu keinem gewerbesteuerpflichtigen Ertrag (BFH vom 25. Mai 1962, I 78/61 S, BFHE 75, 467, BStBl III 1962, 438; BFH vom 28. Februar 1990, I R 92/86, BFHE 160, 262, BStBl II 1990, 699; Abschn. 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 der Gewerbesteuer-Richtlinien - GewStR - 1998). Entsprechend unterliegen auch Gewinne, die in unmittelbarem sachlichem Zusammenhang mit der Veräußerung oder Aufgabe von Mitunternehmeranteilen stehen, nicht der Gewerbesteuer.

Die Veräußerung der Beteiligungen an der Baustoff GmbH im Streitfall stellen indes nicht diese von der Rechtsprechung von der Gewerbesteuerpflicht ausgenommenen Vorgänge dar. Insbesondere handelt es sich nicht um einen gem. § 16 EStG privilegierten Vorgang, denn es wird keine Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft, sondern eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft veräußert, so dass nach den Grunderwägungen der Rechtsprechung kein Grund für ein Ausscheiden dieser Gewinne aus dem Gewerbeertrag vorhanden ist.

Was die Kläger begehren, wäre eine Fortentwicklung der Rechtsprechung. Demgegenüber hat der BFH in seiner Entscheidung vom 14.01.2002 ausdrücklich die Ansicht vertreten, dass die Frage, ob die Veräußerung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft gewerbesteuerpflichtig ist, nicht mehr klärungsbedürftig ist, da der BFH dies bereits positiv entschieden hat (BFH vom 14.01.2002, VIII B 95/01, BFH/NV 2002, 811).

Der Umstand, dass durch die Veräußerung von SBV II dem Betrieb keine Mittel zufließen, aus denen die Gewerbesteuer bezahlt werden könnte, bildet kein Argument dafür, das SBV II für die Gewerbesteuer aus der Betrachtung auszunehmen. Es ist letztendlich eine Frage des Innenverhältnisses der Gesellschafter, wie Veräußerungsvorgänge des SBV gewertet werden sollen. Es obliegt den Gesellschaftern, für solche Fälle Vereinbarungen, wie z.B. die Übernahme von Gewerbesteuerverbindlichkeiten zu treffen (konstruktiv hierzu siehe Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9.Aufl. 93, § 21 II 6c). Auch die unstreitig gewerbesteuerpflichtige Veräußerung von SBV I erhöht nicht die Liquidität des Betriebes, sondern nur des Gesellschafters.

Im Streitfall kommt hinzu, dass alle Kommanditisten in gleicher Höhe an der Baustoff GmbH beteiligt gewesen sind. Dieser Fall kann im Ergebnis nicht anders gewertet werden, als wenn die Klägerin selbst die Beteiligung erworben hätte. Denn anderenfalls bestände die Möglichkeit, die Gewerbesteuerverpflichtung zu umgehen, indem die Gesellschafter und nicht die Gesellschaft selbst die Beteiligungen erwerben.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 FGO zugelassen, da es umstritten ist, ob der BFH die Frage der Gewerbesteuerpflicht von Veräußerungsgewinnen aus der Veräußerung von SBV II bereits entschieden hat.

Ende der Entscheidung

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