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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 10.12.2001
Aktenzeichen: IV 1/99
Rechtsgebiete: MOG, VwVfG, EGV 3665/87


Vorschriften:

MOG § 10
VwVfG § 48 Abs. 4
EGV 3665/87 Art. 18 Abs. 3
EGV 3665/87 Art. 47 Abs. 2
EGV 3445/89
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Ausfuhrerstattung durch den Beklagten.

Die Klägerin meldete im Januar 1990 Gouda mit einem Fettgehalt von 40 GHT oder weniger unter der Marktordnungs-Warenlistennummer 0406 9077 3000 zur Ausfuhr nach Jugoslawien an und beantragte zugleich die Gewährung von Ausfuhrerstattung im Wege des Vorschusses, was ihr der Beklagte mit Bescheid vom 1.2.1990 (...) antragsgemäß gewährte.

Nach Freigabe der Sicherheiten stellte die Betriebsprüfungsstelle Zoll für den Oberfinanzbezirk Hamburg anlässlich einer bei der Klägerin durchgeführten Marktordnungsprüfung fest, dass es sich bei der Anfang des Jahres 1990 nach Jugoslawien ausgeführten Warenlieferung nicht um handelsüblichen Gouda, sondern um "Schmelzrohware Typ Gouda" gehandelt hatte (vgl. Prüfungsbericht vom 12.11.1991, Bl. 15 ff der Sachakte, Heft I a). Daraufhin teilte der Beklagte der Oberfinanzdirektion Hamburg mit Schreiben vom 27.4.1992 mit, dass er dennoch nicht beabsichtige, die gewährte Ausfuhrerstattung zurückzufordern, da seiner Auffassung nach die ausgeführte Schmelzrohware Typ Gouda unter die Warenlistennummer 0406 9089 9790 einzureihen gewesen wäre, für die ein gleich hoher Erstattungssatz gegolten hätte (Bl. 60 ff der Sachakte, Heft I a).

Im Mai 1992 leitete die Europäische Kommission eine Untersuchung gemäß Art. 9 der Verordnung (EWG) Nr. 729/70 vom 21. April 1970 über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik (ABlEG Nr. L 94) im Hinblick auf die Ausfuhr von Milchprodukten durch die Klägerin ein, die Anfang des Jahres 1995 abgeschlossen wurde. Die Europäische Kommission kam in dieser Untersuchung u.a. zu dem Ergebnis, dass hinsichtlich der streitgegenständlichen Ausfuhrlieferung die Zahlung einer Erstattung nicht anerkannt werde.

Aufgrund dieser Feststellungen forderte der Beklagte mit Rückforderungsbescheid vom 14.8.1995 Ausfuhrerstattung in Höhe von insgesamt DM 62.719,27 mit der Begründung zurück, bei dem zur Ausfuhr abgefertigten Käse habe es sich nicht um handelsüblichen Gouda, sondern um eine sog. "Schmelzrohware Typ Gouda", die zum Herstellen von Schmelzkäse verwendet werde, gehandelt. Für Käse, der für die Verarbeitung bestimmt sei, sei nach der Verordnung (EWG) Nr. 3445/89 vom 15.11.1989 zur Festlegung der vollständigen Fassung der ab dem 1.1.1990 geltenden Nomenklatur der Ausfuhrerstattung für landwirtschaftliche Erzeugnisse (ABl. Nr. L 336) eine Erstattung nicht vorgesehen. Auf den weiteren Inhalt des Rückforderungsbescheides wird Bezug genommen.

Den hiergegen von der Klägerin erhobenen Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 7.12.1998 zurück. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung verwiesen (Bl. 19 ff der Sachakte, Heft II).

Die Klägerin hat am 6.1.1999 Klage erhoben. Sie führt zur Begründung im Wesentlichen aus: Der Rückforderungsbescheid finde im Gemeinschaftsrecht keine Rechtsgrundlage. Art. 11 Abs. 3 der VO (EWG) Nr. 3665/87 sei erst durch die VO (EG) Nr.1945/94 vom 2.12.1994 (ABl. Nr. L 310/57) eingefügt worden, die in diesem Verfahren streitgegenständlichen Ausfuhren seien indes bereits im Jahre 1990 getätigt worden. Auch auf Art. 23 VO (EWG) Nr. 3665/87 könne der Rückforderungsbescheid nicht gestützt werden. Denn diese Vorschrift regele lediglich die Rechtsbeziehungen der Gemeinschaft zu den Mitgliedsstaaten, nicht aber auch das Verhältnis der Mitgliedsstaaten zum Marktbürger. Jedenfalls aber stehe der Rückforderung die Vertrauensschutzvorschrift des § 48 Abs. 4 VwVfG entgegen. Bei ihr - der Klägerin - sei im Jahre 1991 eine Marktordnungsprüfung durchgeführt worden. Der daraufhin ergangene Bericht der Betriebsprüfungsstelle Zoll für den Oberfinanzbezirk Hamburg habe dem Beklagten Ende des Jahres 1991 vorgelegen. Damit habe der Beklagte schon im Jahre 1991 alle Tatsachen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigten, gekannt. Seine Rücknahmebefugnis sei daher mit Ablauf des 31.12.1992 erloschen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß

1. den Rückforderungsbescheid vom 14.8.1995 sowie die Einspruchsentscheidung vom 7.12.1998 aufzuheben;

2. den zurückgezahlten Betrag in Höhe vom DM 62.719,27 zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verteidigt die angefochtenen Bescheide mit den Gründen der Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus: Die Rücknahmebefugnis sei im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Rückforderungsbescheides noch nicht erloschen gewesen. Die Frist des § 48 Abs. 4 VwVfG beginne erst mit der vollständigen Kenntnis der zuständigen Behörde von allen rücknahmerelevanten Tatsachen, was im Streitfall erst im Sommer des Jahres 1995 der Fall gewesen sei. Insoweit müsse nämlich berücksichtigt werden, dass er - der Beklagte - die Rechtsauffassung der Betriebsprüfungsstelle Zoll für den Oberfinanzbezirk Hamburg zunächst nicht geteilt habe. Erst nach Abschluss eines langwierigen Abstimmungsprozesses zwischen dem Bundesministerium der Finanzen und der Europäischen Kommission, von dessen Ergebnis er im Mai 1995 unterrichtet worden sei, habe er Kenntnis von allen im Sinne des § 48 Abs. 4 VwVfG rücknahmerelevanten Tatsachen gehabt. Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG sei deshalb im August 1995 noch nicht abgelaufen gewesen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Sachakten des Beklagten (Heft I, I a und II) Bezug genommen.

Gründe

Das Gericht entscheidet gemäß § 90 Abs. 2 FGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.

Die zulässige Anfechtungsklage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat die gewährte Ausfuhrerstattung zu Recht zurückgefordert.

1. Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Rückforderung der Ausfuhrerstattung ist § 10 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Markorganisationen vom 27.8.1986 (MOG), der nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats auf Erstattungsbescheide anwendbar ist, die Ausfuhren vor dem 1.4.1995 betreffen (vgl. zuletzt FG Hamburg, Urteil vom 1.11.2001 - 20/99 -). Art. 11 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen vom 27.11.1987 (ABl. Nr. L 351/1) ist dagegen - darauf weist der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zutreffend hin - erst durch die Verordnung (EG) Nr. 1954/94 vom 2.12.1994 (ABl. Nr. L 310/57) eingeführt worden und erfasst deshalb lediglich Ausfuhren ab dem 1.4.1995 (vgl. hierzu auch BFH, Beschluss vom 23.8.2000 - VII B 145/00 -, in: juris). Die Vorschrift des Art. 23 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 kommt im Streitfall vor dem Hintergrund nicht zur Anwendung, weil der Beklagte die Sicherheiten freigegeben hat, die die Klägerin für die im Wege des Vorschusses erhaltene Erstattung geleistet hatte. Nach Freigabe der Sicherheiten gilt nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. nur FG Hamburg, Beschluss vom 28.5.2001 - IV 86/01 -) eine als Vorschuss gezahlte Erstattung als endgültig gewährt mit der Folge, dass sich die Rückforderung zu Unrecht gewährter Erstattungen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 MOG richtet.

Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 MOG sind rechtswidrige begünstigende Bescheide über - u.a. - Ausfuhrerstattungen (§ 6 Abs. 1 Ziffer 1 MOG), auch nachdem sie unanfechtbar geworden sind, zurückzunehmen; § 48 Abs. 2 bis 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) ist anzuwenden. Zu erstattende Beträge werden nach § 10 Abs. 3 MOG durch Bescheid festgesetzt. Diese Voraussetzungen für eine Rückforderung gewährter Ausfuhrerstattung sind vorliegend erfüllt. Der Bescheid vom 1.2.1990 war rechtswidrig, weil er der Klägerin Ausfuhrerstattung für vorgeblich Waren der Marktordnungs-Warenlistennummer 0406 9077 3000 gewährte. Da es sich bei den tatsächlich ausgeführten Waren jedoch entgegen den Angaben in den Kontrollexemplaren um keinen "Gouda mit einem Fettgehalt von 40 GHT oder weniger" handelte, war der Bescheid vom 1.2.1990 gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 MOG zurückzunehmen, ohne dass dem beklagten Hauptzollamt bei seiner Entscheidung darüber ein Ermessen eingeräumt war. Im Einzelnen ist insoweit Folgendes auszuführen:

a) Der erkennende Senat geht davon aus, dass die Klägerin entgegen den Angaben im Kontrollexemplar keinen handelsüblichen Gouda ausgeführt hat. Diese Annahme stützt der Senat zunächst auf die Liefer-Aufstellung der Milch eG vom 1.2.1990, in der die streitbefangene Warenlieferung als "Pasta 48 % Schmelzware" und "Kasseri-Rohware 48 %" bezeichnet wird (Bl. 4 der Sachakte, Heft I a). Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang ferner ein Telefax der Molkerei GmbH & Co. KG vom 9.1.1990 an die Milch eG, das die Anweisung enthält, die Schmelzrohware als "Gouda Cheese" zu deklarieren (Bl. 7 der Sachakte, Heft I a). Dass die Klägerin schließlich die streitbefangene Warenlieferung in ihren Geschäftsunterlagen selbst als "Schmelzrohware" benennt, bestärkt den Senat in seiner Auffassung. Verwiesen sei insoweit insbesondere auf die Einkaufsbestätigung vom 2.1.1990 gegenüber der Molkerei ("Schmelzrohware Typ Gouda", Bl. 47 der Sachakte, Heft I a) sowie auf den Transportauftrag vom 9.1.1990 an die Spedition S ("Gouda (Schmelzrohware)", Bl. 6 der Sachakte, Heft I a). Diese Unterlagen sprechen eine deutliche Sprache.

Ungeachtet der vorstehenden Darlegungen dürfte mittlerweile auch die Klägerin nicht mehr in Abrede stellen, dass es sich bei der im Januar 1990 nach Jugoslawien ausgeführten Ware um keinen handelsüblichen Gouda gehandelt hat. Den diesbezüglichen Ausführungen des Beklagten in der Einspruchsentscheidung ist die Klägerin nämlich im Verlauf des Klageverfahrens nicht mehr entgegengetreten.

b) Der vom Beklagten zurückgenommene Erstattungsbescheid vom 1.2.1990 ist rechtswidrig, weil für die tatsächlich ausgeführte Ware "Schmelzrohware Typ Gouda" nach der im Zeitpunkt der Anmeldung geltenden Nomenklatur der Ausfuhrerstattung für landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung (EWG) Nr.3445/89 vom 15.11.1989 zur Festlegung der vollständigen ab 1. Januar 1990 geltenden Nomenklatur der Ausfuhrerstattungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse - ABl. Nr. L 336/1, im Folgenden: VO Nr. 3445/89 -) eine Erstattung nicht vorgesehen war.

Zwar werden in der VO Nr. 3445/89 sowohl Schmelzkäse (KN-Code 0406 30) als auch Gouda (KN-Code 0406 90 77) als ausfuhrerstattungsfähige Erzeugnisse genannt. Im Unterschied zu der Kombinierten Nomenklatur (vgl. Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 vom 23.7.1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie über den Gemeinsamen Zolltarif, ABl. Nr. 256, sowie Verordnung (EWG) Nr. 3174/88 vom 21.9.1988 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87, ABl. Nr. L 298) umfasst indes die Erstattungsnomenklatur "Käse für die Verarbeitung" nicht.

Ob die der Klägerin gewährte Ausfuhrerstattung - so wie der Beklagte meint - auch vor dem Hintergrund als rechtswidrig anzusehen ist, dass die Klägerin nicht innerhalb der Frist des Art. 47 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27.11.1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen - ABl. Nr. L 351/1, im Folgenden: VO Nr. 3665/87 -) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Beförderungspapier (Art. 18 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) - BGBl. II 1961, S. 1119, 1120 -) vorgelegt hat, bedarf angesichts der vorstehenden Erörterungen keiner näheren Prüfung.

c) Die nach § 48 Abs. 4 VwVfG zu beachtende Jahresfrist zur Rücknahme des Erstattungsbescheides war bei Ergehen des angefochtenen Rückforderungsbescheides vom 14.8.1995 noch nicht abgelaufen.

In § 48 Abs. 4 VwVfG ist bestimmt, dass die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt zulässig ist, in dem die Behörde von den Tatsachen Kenntnis erhalten hat, welche die Rücknahme des Verwaltungsaktes rechtfertigen. Im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 19.12.1984 - GrS 1 und 2/84 -, in: BVerwGE 70, 356, 362; Urteil vom 24.1.2001 - 8 C 8/00 -, in: NJW 2001, S. 1440) hat der erkennende Senat bereits wiederholt entschieden, dass die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG erst zu laufen beginnt, wenn der entscheidungsbefugten Behörde alle für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen bekannt sind und sie aus diesen Tatsachen die volle Kenntnis der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes gewonnen hat (vgl. zuletzt Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 21.6.2001 - IV 435/98 -). Diese Rechtsprechung ist vom Bundesfinanzhof bestätigt worden (vgl. BFH, Urteil vom 28.9.1993 - VII R 107/92 -, in: ZfZ 1994, S. 82 ff).

Unter Beachtung dieser Rechtsgrundsätze hatte das beklagte Hauptzollamt jedenfalls die die Frist des § 48 Abs. 4 VwVfG in Lauf setzende Kenntnis nicht bereits mit Eingang des Prüfungsberichtes der Betriebsprüfungsstelle Zoll für den Oberfinanzbezirk Hamburg vom 12.11.1991 erlangt. Entgegen der Ansicht der Klägerin war die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG aber auch nicht zu dem Zeitpunkt in Lauf gesetzt worden, als der Beklagte der Oberfinanzdirektion Hamburg mit Schreiben vom 27.4.1992 mitgeteilt hatte, dass er nicht beabsichtige, die gewährte Ausfuhrerstattung zurückzufordern, da seiner Auffassung nach die ausgeführte Schmelzrohware Typ Gouda unter die Warenlistennummer 0406 9089 9790 einzureihen gewesen wäre, für die ein gleich hoher Erstattungssatz gegolten hätte. Es ist bereits ausgeführt worden, dass im Rahmen des § 48 Abs. 4 VwVfG allein die Kenntnis der Tatsachen, die die Rücknahme der Entscheidung rechtfertigen, den Lauf der Jahresfrist nicht in Gang setzt. Vielmehr kommt es entscheidend darauf an, ob der zuständige Sachbearbeiter aus der Kenntnis dieser Tatsachen auch positiv den Schluss auf die Rechtswidrigkeit des Erstattungsbescheides gezogen hat. Die erforderliche positive Kenntnis der Rechtswidrigkeit des Erstattungsbescheides lag beim zuständigen Sachbearbeiter des beklagten Hauptzollamtes bei Verfassung des an die Oberfinanzdirektion gerichteten Schreibens vom 27.4.1992 gerade nicht vor. Dieser ging vielmehr davon aus, die Ausfuhrerstattung sei der Klägerin deshalb nicht zu Unrecht gewährt worden, weil sie diese auch für die "Schmelzrohware Typ Gouda" hätte beanspruchen können. Kenntnis im Sinne des § 48 Abs. 4 VwVfG von der Rechtswidrigkeit des Erstattungsbescheides vom 1.2.1990 hatte das beklagte Hauptzollamt erst zu dem Zeitpunkt, als ihm das Ergebnis der im Januar des Jahres 1995 abgeschlossenen Untersuchung der Europäischen Kommission mitgeteilt wurde. Da der angefochtene Rückforderungsbescheid noch im Jahre 1995 erging, war die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG vorliegend ersichtlich noch nicht abgelaufen.

2. Angesichts der vorstehenden Erörterungen kann dem weiteren Antrag der Klägerin, ihr den zurückgezahlten Betrag in Höhe vom DM 62.719,27 zu erstatten (§ 100 Abs. 1 Satz 2 FGO), von vornherein kein Erfolg beschieden sein.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die übrigen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Nach § 34 Abs. 1 S. 4 MOG findet § 139 Abs. 2 FGO in marktordnungsrechtlichen Streitigkeiten keine Anwendung. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO), sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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