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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 19.05.2005
Aktenzeichen: IV 229/04
Rechtsgebiete: VO (EWG) Nr. 3950/92, MGV


Vorschriften:

VO (EWG) Nr. 3950/92 Art. 9
MGV § 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Milchgarantiemengenabgaben.

Der Kläger bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Betrieb mit dem Schwerpunkt Milcherzeugung. Für den Zeitraum vom 1.4.1999 bis zum 31.3.2003 fand in seinem Betrieb eine Marktordnungsprüfung durch das Hauptzollamt H statt. Hierüber liegt ein Prüfbericht vom 8.6.2004 vor. Darin wird unter anderem festgestellt, dass sich die Referenzmenge des Klägers im Milchwirtschaftsjahr 01/02 im Gegensatz zum Milchwirtschaftsjahr 00/01 durch Rückgabe einer gepachteten Menge am 1.4.2001 um 200.000 kg verringert habe. Die vom ihm angelieferte Menge habe sich jedoch nicht entsprechend reduziert. Zur Kompensation dieser Überkapazität habe er Kuh- und Stallpachtverträge mit anderen Referenzmengeninhabern - den Herren A und B - geschlossen, die über keine eigenen Milcherzeugerkapazitäten verfügten. Diese Vertragspartner seien dadurch jedoch nicht zu Milcherzeugern geworden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht verwiesen.

Mit Abgabenanmeldungen vom 12.7.2004 und 30.7.2004 wurde die vom Kläger zu zahlende Milchgarantiemengenabgabe für das Milchwirtschaftsjahr 01/02 um 31.952,63 EUR und für das Milchwirtschaftsjahr 03/04 um 66.189,58 EUR erhöht. Eine Nacherhebung für das Milchwirtschaftsjahr 02/03 erfolgte nicht, da - wie sich aus dem Prüfbericht ergibt - für dieses Jahr wegen der Bundessaldierung in Höhe von 100 % keine Abgabenschuld entstanden ist. Der Beklagte ging davon aus, dass der Kläger selbst Erzeuger der für seine Pächter erfassten Mengen gewesen sei. Die Berechnung für das Milchwirtschaftsjahr 01/02 folgt dem Prüfbericht. Für das Milchwirtschaftsjahr 03/04 wurde angenommen, dass auch im Zeitraum von Januar bis März 2004 Lieferungen von der Hofstelle des Klägers unter den Kannennummern der Pächter erfasst worden seien.

Den am 9.7.2004 eingegangenen Einspruch des Klägers wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 26.11.2004 zurück.

Am 21.12.2004 beantragte der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung, die der Senat mit Beschluss vom 7.3.2005 (IV 235/04) gewährte.

Ebenfalls am 21.12.2004 erhob er Kläger Klage. Er ist der Auffassung, wirksame Pachtverträge geschlossen zu haben. Daher sei er im Zeitraum der Überlassung nicht in der Lage gewesen, Milchmengen zu erzeugen. Insofern hätten die von den Pächtern erzeugten Mengen auch nicht ihm angelastet werden dürfen. Tatsächlich hätten mehrere Milcherzeuger zeitlich befristet einen Milchviehstall genutzt, um ihre Kontingente auszuschöpfen. Dies sei zulässig. Die Pachtverträge seien vereinbarungsgemäß durchgeführt worden. Sofern der Beklagte Unstimmigkeiten bei der tatsächlichen Durchführung festgestellt zu haben meine, könnten diese auf fehlerhafte Buchungen der Molkerei zurückzuführen sein. Dass die Pächter nicht vor Ort auf dem Hof gewesen seien, ändere nichts, da sie ihn als Verpächter vertraglich mit der Geschäftsbesorgung beauftragt hätten. Die Pächter hätten jedoch sowohl die uneingeschränkte Verfügungsgewalt als auch die volle administrative Kontrolle besessen. Während der Pachtzeit sei er wirtschaftlich von der Einwirkung auf die Pachtsache ausgeschlossen gewesen.

Der Kläger beantragt, die Abgabenanmeldungen vom 12.7.2004 und 30.7.2004 sowie die Einspruchsentscheidung vom 26.11.2004 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, die auf dem Hof des Klägers für die Pächter A und B ermolkene Referenzmenge könne nicht den Pächtern zugerechnet werden, weil diese den gepachteten Betrieb nicht selbstständig bewirtschaftet hätten und daher keine Milcherzeuger seien. Zwar könne auch ein Pächter von landwirtschaftlichen Produktionseinheiten Milcherzeuger sein, dann müsse er die gepachteten Produktionseinheiten jedoch in eigener Verantwortung leiten und selbstständig bewirtschaften. Er müsse also die Verfügungsgewalt bzw. die volle Dispositionsbefugnis haben. Dies sei vorliegend nicht der Fall.

In einer vom Bevollmächtigten des Klägers durch eine Beschwerde veranlassten Stellungnahme vom 6.5.2003 schloss sich die Europäische Kommission der Rechtsauffassung des Beklagten hinsichtlich der selbstständigen Bewirtschaftung durch die Pächter an.

Mit Beschluss vom 7.3.2005 (IV 235/04) hat der Senat die Vollziehung der Abgabenanmeldungen vom 12.7.2004 und 30.7.2004 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 26.11.2004 ausgesetzt. Auf diesen Beschluss wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens, des Verfahrens IV 235/04 sowie die Sachakten des Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet.

I. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

Das Gericht vermag nicht hinreichend sicher zu erkennen, dass der Kläger - wie der Beklagte meint - in den streitgegenständlichen Zeiträumen auch die Milchreferenzmengen seiner Pächter A und B erwirtschaftet hat. Nach § 3 Milch-Garantiemengen-Verordnung (MGV) wird die Milchgarantiemengenabgabe von dem Milcherzeuger für Milch erhoben, die von ihm an einen Käufer geliefert wird und seine festgesetzte Anlieferungsreferenzmenge überschreitet. Wer Milcherzeuger ist, ergibt sich aus Art. 9 lit. c der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28.12.1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor (VO Nr. 3950/92). Danach ist Erzeuger der Betriebsinhaber - eine natürliche oder juristische Person -, der einen Betrieb im geographischen Gebiet der Gemeinschaft bewirtschaftet und der Milch oder Milcherzeugnisse direkt an den Verbraucher verkauft bzw. an Abnehmer liefert.

Der Erzeuger muss nicht zwingend der Eigentümer des Betriebs sein, vielmehr kann auch derjenige Landwirt Erzeuger sein, der Milch in gepachteten Anlagen und durch gepachtete Kühe erzeugt, wenn er die Produktionseinheiten, zu deren Bewirtschaftung er bestimmte Anlagen gepachtet hat, selbstständig betreibt und eine klare Trennung - auch hinsichtlich der Lagerung und Ablieferung - der vom Pächter und vom Verpächter jeweils ermolkenen Milchmengen gewährleistet ist (BFH, Urteil v. 23.1.1996, juris). Dass ein solcher Pachtvertrag für einen bestimmten Mindestzeitraum geschlossen worden sein muss, ist nicht ersichtlich. Das Gericht hält es vielmehr für zulässig, dass - wenn die an die Erzeugerstellung des Pächters zu stellenden Voraussetzungen erfüllt sind - auch eine nur auf einen oder wenige Monate im Jahr angelegte Verpachtung möglich ist, und dass sich an die Verpachtung der Anlagen an einen Pächter die Verpachtung an einen weiteren Pächter anschließen kann (so bereits FG Hamburg, Beschluss vom 7.3.2005, IV 235/04). Auch der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass eine möglicherweise nur kurze Dauer für sich genommen nicht geeignet ist, eine selbständige Nutzung durch einen Pächter auszuschließen (BFH, Urteil v. 23.1.1996, juris). Vor diesem Hintergrund vermögen die ergänzenden Ausführungen des Beklagten auf der Grundlage der hier nicht anwendbaren Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 nicht zu einem anderen Ergebnis zu führen. Die hier vertretene Auffassung entspricht der Rechtsprechung des Senats und ist vor dem Hintergrund der anzuwendenden Gemeinschaftsrechtslage und der hierzu ergangenen Rechtsprechung eindeutig, so dass kein Anlass besteht, die vom Beklagten angeregte Vorabentscheidung durch den Europäischen Gerichtshof einzuholen. Sofern der Beklagte auf die - für das Gericht unverbindliche - Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 6.5.2003 abstellt, kann der dort vertretenen Auffassung aus den darzulegenden Gründen nicht gefolgt werden.

Sofern der Beklagte auf der Grundlage des Prüfberichts des Hauptzollamts H vom 8.6.2004 zu dem Ergebnis gekommen ist, die Landwirte A und B, mit denen der Kläger Pacht- und Nutzungsverträge geschlossen hat, seien tatsächlich nicht Erzeuger der ihnen zugerechneten Milchmengen, vielmehr habe der Kläger selbst diese Milchmengen erzeugt, folgt das Gericht dem nicht, da diesen rechtlichen Schluss überzeugend begründende Tatsachen nicht ersichtlich sind. Der Beklagte trägt hinsichtlich des Sachverhalts, der ihn zu der Annahme veranlasst, bei den Pachtverträgen habe es sich um Scheingeschäfte gehandelt, die volle Beweislast (vgl. FG Hamburg, Urteil v. 24.2.2004, IV 150/01, juris).

Der Kläger kann zunächst darauf verweisen, dass er mit den Landwirten A und B Pacht- bzw. Nutzungsüberlassungsverträge geschlossen hat, die den Anforderungen an die Wirksamkeit genügen. Mit diesen Verträgen überließ er seinen Vertragspartnern die Produktionsmittel zur Milcherzeugung. Die genaue Zuordnung der einzelnen Kühe zu den Pächtern und die genaue Bestimmung des Zeitraums, während dessen die Nutzung überlassen wurde, spricht für die Gewährleistung der notwendigen klaren Trennung zwischen der vom Kläger und den von den Pächtern ermolkenen Milchmengen. Insofern hat der Kläger vorgetragen, während der Pachtdauer seinen kompletten Milchviehbestand in einem einzigen Boxenlaufstall an den jeweiligen Pächter verpachtet und in diesem Zeitraum keine eigenen Milchmengen erzeugt zu haben. Nach den Pachtverträgen wurden jeweils 120 Kühe verpachtet. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass der Kläger während der jeweiligen Pachtzeiten über keine Kühe verfügt hat, deren Nutzung er nicht Dritten überlassen hätte. Gegenteiliges hat der Beklagte nicht vorgetragen, insbesondere ist den Ermittlungsergebnissen nicht zu entnehmen, dass der Kläger mehr als die 120 verpachteten Kühe besessen hätte, oder dass sich die von ihm bzw. vom jeweiligen Pächter gemolkenen Mengen in einem Tank vermischt hätten. Insofern liegen in Bezug auf ein für die Frage der klaren Trennung der Milchmengen und damit der Erzeugerstellung wesentliches Kriterium keine der Darstellung des Klägers widersprechenden Erkenntnisse vor.

Soweit der Beklagten darauf hingewiesen hat, dass am 31.1.2002 von der Hofstelle des Klägers 5.629 l Milch abgeholt worden seien, die, da sich die tatsächlichen Pachtzeiträume an diesem einen Tag überschnitten hätten, teilweise für den Pächter B und teilweise für den Pächter A erfasst worden seien, ist dies jedenfalls beim vorliegenden Streitgegenstand unerheblich. Insoweit mag zwar die Trennung der Milchmengen problematisch sein, dies betrifft jedoch lediglich das Verhältnis der beiden Pächter untereinander, nicht aber den Kläger, für den an diesem Tag keine Milchlieferung erfasst worden ist.

Die Verträge sind auch taugliche Grundlage für einen selbstständigen Betrieb der Milchwirtschaft durch die Pächter. Sie räumen ihnen die nötigen Dispositionsmöglichkeiten grundsätzlich ein. Dafür, dass die Pächter die Milcherzeugung tatsächlich nicht betreiben, weil sie sich letztlich nicht selbstständig um den Betrieb kümmerten, hat der Beklagte keine hinreichenden Anhaltspunkte vorgetragen. Insoweit hat der Kläger erklärt, die Pächter hätten sich durch gelegentliche Vorortkontrollen persönlich um die Bewirtschaftung bemüht und hätten im persönlichen Gespräch oder über die Telekommunikation Anweisungen erteilt. Dass dem nicht so gewesen ist, hat der Beklagte nicht substantiiert dargelegt. Sicherlich erschwert die räumliche Entfernung zwischen dem Wohnsitz der Pächter und der Hofstelle des Klägers ein laufendes Einflussnehmen auf den Betrieb. Allerdings ist die Erzeugereigenschaft nicht davon abhängig, dass der Landwirt die alleinige und volle Verfügungs- und Dispositionsbefugnis über die zur Milcherzeugung erforderlichen Produktionsmittel hat. Denn der Inhalt eines Pachtvertrages besteht gerade darin, dass dem Pächter nur der Gebrauch und die Nutzung des Pachtgegenstandes überlassen wird, der Verpächter aber verpflichtet ist, den Gegenstand in einem zu dem vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und zu erhalten. Wichtig ist allerdings, dass die Milch in Verantwortung der Pächter erzeugt wird, um die administrative Kontrolle der Anwendung der Milchgarantiemengenregelung zu gewährleisten. Die an dieser Voraussetzung anknüpfenden Zweifel des Beklagten sind vor dem Hintergrund, dass die Pächter den Kläger nach dessen Vortrag mit der Geschäftsbesorgung beauftragt haben, durchaus berechtigt. Dieser Umstand lässt jedoch nicht zuverlässig den Schluss zu, dass der Kläger statt der Pächter tatsächlich die Milchwirtschaft selbst betrieben hat. Es ist nämlich grundsätzlich zulässig, dass ein Pächter Hilfspersonen einsetzt und es ist auch rechtlich nicht ausgeschlossen, dass der Verpächter selbst bei der Bewirtschaftung hilft oder diese gar im Wesentlichen übernimmt. Entscheidend ist lediglich, dass die Hilfsperson - auch wenn dies der Verpächter selbst ist - auf Weisung des Pächters und auf dessen wirtschaftliches Risiko handelt (FG Hamburg, Urteil v. 16.10.2000, IV 376/97; Urteil v. 24.2.2004, IV 150/01 - jeweils juris). Dabei können die Weisungen auch genereller Art sein. Es ist nicht zu verlangen, dass sich der Pächter um jedes Detail kümmert. Übernimmt er einen Betrieb und wird dieser Betrieb nach seinen Vorstellungen geführt, kann die generelle Weisung auch lauten, den Betrieb wie bisher weiterlaufen zu lassen. Dann sind steuernde Eingriffe des Pächters nur bei Bedarf erforderlich.

Dafür, dass das wirtschaftliche Risiko den Pächtern oblag, sprechen die vorgelegten Verträge. Zwar hat der Kläger entgegen seiner Ankündigung keinen schriftlichen Geschäftsbesorgungsvertrag vorgelegt, dies schließt aber nicht aus, dass ein solcher gleichwohl besteht oder zumindest mündlich geschlossen worden ist. Soweit der Beklagte dargelegt hat, weshalb das wirtschaftliche Risiko beim Kläger verblieben sei, überzeugt dies nicht. Darauf, dass für den objektiven Betrachter ein eigenes Produktions- bzw. Bewirtschaftungskonzept erkennbar sein muss, kann es nicht ankommen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb der Pächter eines Milchwirtschaftsbetriebes nicht das bestehende Produktions- und Bewirtschaftungskonzept fortführen soll, bzw. den Verpächter anweisen soll, das Konzept nicht zu ändern, wenn er dieses für sinnvoll hält. Auf die tatsächlichen Verhältnisse kommt es nur insoweit an, als diese eine strikte Trennung der Milchmengen ermöglichen. Ansonsten ist auf die rechtlichen Verhältnisse abzustellen. Das Gericht vermag auch nicht zu erkennen, dass die Pächter nur eingeschränkte Verfügungsgewalt über die Produktionseinheiten erhalten hätten, da - worauf der Beklagte abstellt - ihnen die Besamung nicht gestattet sei und ihnen An- und Zuwachs der Herde nicht zustünden. Dabei ist zunächst zu bedenken, dass der Umfang der dem Pächter eingeräumten Rechte und Pflichten in gewissem Umfang disponibel ist. Dass dem Pächter nicht die einem Eigentümer zustehenden Rechte übertragen werden, liegt auf der Hand. Bei allem muss auch der konkrete Zweck der Verpachtung im Blick behalten werden. Dieser liegt ausschließlich in der Erzeugung von Milch. An der Besamung der Kühe muss der Pächter kein Interesse haben und es ist keine gesetzliche Verpflichtung des Verpächters erkennbar, seinem Pächter den möglichen An- und Zuwachs der Herde zukommen zu lassen, zumal eine bestimmte Anzahl von Kühen verpachtet worden ist. Der Schluss, die Pächter trügen nicht das wirtschaftliche Risiko, lässt sich aus den Pachtverträgen und dem sonst erkennbaren Sachverhalt nicht ziehen. Dass verschiedene mit dem Halten der Kühe verbundene und im Vorhinein nicht sämtlich feststehende Kosten im Pachtzins enthalten sind, führt nicht zwangsläufig zum Verbleiben des wirtschaftlichen Risikos beim Verpächter, sondern ist zunächst Kalkulationsgrundlage für die Höhe des Pachtzinses. Soweit Tierverluste zu Lasten des Klägers gehen, ist wiederum darauf zu verweisen, dass eine bestimmte Zahl von Milchkühen gepachtet worden ist, die der Verpächter garantieren soll. Das ist nicht ungewöhnlich. Das wirtschaftliche Risiko für den eigentlichen Pachtzweck, nämlich die Milcherzeugung, trägt der Pächter. In den Verträgen ist nämlich nicht geregelt, dass eine bestimmte Milchmenge garantiert wird. Die Milchmenge unterliegt vielmehr natürlichen Schwankungen, die etwa durch Krankheit einzelner Tiere oder sonstige Faktoren, die im Risikobereich der Pächter liegen, ausgelöst werden können. Das Risiko einer - aus welchen Gründen auch immer - verringerten Milchmenge tragen die Pächter.

Dass der tatsächliche Pachtzeitraum von dem vertraglich vorgesehenen abweicht, hat auf die Erzeugerstellung der Pächter während des tatsächlichen Pachtzeitraums keinen Einfluss. Derartige Abweichungen können nur einvernehmlich zwischen Pächter und Verpächter im Rahmen des bestehenden Pachtvertrages vereinbart werden. In diesem Sinne hat sich der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung eingelassen und auch - unter Hinweis auf das abgelaufene Milchwirtschaftsjahr - einer Erklärung für den verkürzten Pachtzeitraum des Pächters A im Milchwirtschaftsjahr 2001/2002 angeboten.

Zu Recht hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass die seitens der Pächter an den Kläger tatsächlich geleisteten Zahlungen nicht mit den jeweils vertraglich geschuldeten übereinstimmen. Für diese Unstimmigkeit hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung jedoch eine nachvollziehbare und nicht widerlegte Erklärung geliefert. Wie eine überschlägige Nachrechnung in der mündlichen Verhandlung ergeben hat, kommen die auf die verschiedenen Verträge insgesamt geleisteten Zahlungen den vertraglich geschuldeten Beträgen unter Berücksichtigung des wegen des verkürzten Pachtzeitraums vom Kläger zu zahlenden Schadensersatzes nahe. Die festgestellten Ungenauigkeiten, die sich durch Barzahlungen und nachlässige Verbuchungen erklären können, sind nicht geeignet, um mit hinreichender Sicherheit anzunehmen, dass die Verträge tatsächlich nicht durchgeführt worden sind.

Auch der Umstand, dass die Kühe während der Pachtdauer nicht umgemeldet worden sind, lässt einen sicheren Schluss auf die dem Kläger verbliebene Erzeugerstellung nicht zu. Selbst wenn - was hier mangels Erheblichkeit nicht geprüft worden ist - insoweit Vorschriften verletzt worden sein sollten, könnte hier eine aus Vereinfachungsgründen erfolgte Nachlässigkeit vorliegen.

Auch einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten, der bei gem. § 12 Abs. 1 MOG entsprechender Anwendung von § 42 AO den Abgabenanspruch so entstehen ließe, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entstehen würde, ist nicht festzustellen. Dass der Kläger - was er selbst nicht bestreitet - die Pachtverträge vornehmlich deshalb geschlossen hat, um bei gleich bleibendem Kuhbestand seine Überkapazitäten zu kompensieren, liegt nahe, ist aber nicht zu beanstanden. Er ist in der rechtlichen Gestaltung seiner wirtschaftlichen Vorgänge grundsätzlich frei. Er hat sich vorliegend im Rahmen der ihm zustehenden Vertragsfreiheit bewegt. Das Motiv, Milchgarantiemengenabgaben sparen zu wollen, macht eine rechtliche Gestaltung noch nicht unangemessen (BFH, Urteil v. 23.1.1996, juris). Dementsprechend kann auch der Beweggrund eines Pächters, seine Quote mangels Ausnutzung nicht zu verlieren, die Annahme des Missbrauchs nicht begründen. Das Bemühen, durch eine zulässige rechtliche Gestaltung den Verlust der Quote zu verhindern, ist in keiner Weise zu beanstanden.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Gründe des § 115 Abs. 2 FGO nicht gegeben sind.

Ende der Entscheidung

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