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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 10.11.2004
Aktenzeichen: IV 241/03
Rechtsgebiete: VO (EG) Nr. 800/1999, VO (EG) Nr. 1254/1999, VO (EG) Nr. 615/98


Vorschriften:

VO (EG) Nr. 800/1999 Art. 25
VO (EG) Nr. 800/1999 Art. 52
VO (EG) Nr. 1254/1999 Art. 33 Abs. 9
VO (EG) Nr. 615/98 Art. 1
EWG-Richtl-91/628
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Ausfuhrerstattung.

Mit Ausfuhranmeldung vom 27.1.2000 meldete die Klägerin 34 lebende (Schlacht-)Rinder zur Ausfuhr nach Ägypten an. Die Ausfuhr sollte zunächst mit einem LKW zum italienischen Hafen Triest und von dort mit einem Schiff nach Ägypten erfolgen. Der Tiertransportinspektor des Amtes der Kärntner Landesregierung, Dr. A, vermerkte auf dem Kontrollexemplar T 5 unter dem 28.1.2000, dass er am 28.1.2000 zwischen 10:45 Uhr und 11:30 Uhr eine Tiertransportkontrolle auf einem Rastplatz vorgenommen habe und stellte fest: "Transportintervall überschritten, kein Wasservorrat". Am 29.1.2000 vermerkte der Amtsveterinär des Hafens Triest auf dem Kontrollexemplar T 5: "Controllato e risultato conforme alle disposizioni dell'articolo 2 del regolamento615/98".

Nach der Transporterklärung des Zulieferers, der V Viehhandelsgesellschaft mbH., begann die Verladung in B am 27.1.2000 um 13:00 Uhr. Ausweislich des Transportplans wurden die Tiere erstmals am 27.1. 2000 um 21:00 Uhr für eine Stunde in Bad Brückenau getränkt und gefüttert. Die Weiterfahrt erfolgte um 22:00 Uhr. Am 28.1.2000 fand dann in der Zeit von 8:20 Uhr bis 8:40 Uhr eine erste veterinärärztliche Kontrolle durch den Veterinär des Landes Salzburg, Herrn Mag. med. vet. Dr. C, und von 10:45 Uhr und 11:30 Uhr eine zweite veterinärärztliche Kontrolle durch den Veterinär des Amtes des Kärntner Landesregierung, Dr. A, statt. Auf Anordnung von Dr. A wurden die Tiere vor der Weiterfahrt getränkt. Der LKW erreichte seinen Bestimmungsort am 28.1.2000 um 15:00 Uhr.

Mit Bescheid vom 14.3.2000 setzte der Beklagte unter dem Vorbehalt, dass der Anspruch auf die festgesetzte Ausfuhrerstattung entsteht und form- und fristgerecht nachgewiesen wird, antragsgemäß Ausfuhrerstattung in Höhe von 21.802,66 DM fest.

Auf Nachfrage des Beklagten teilte der Tiertransportinspektor des Amtes des Kärntner Landesregierung, Dr. A, mit, dass er fehlenden Wasservorrat, überschrittene Tränkintervalle und nicht plausible Angaben bezüglich des Zeitpunktes des Verladens und der Abfahrt festgestellt und deswegen Strafanzeige bei der Bezirkshauptmannschaft Villach erstattet habe. Ein Strafverfahren wurde gegen die Klägerin jedoch nicht eingeleitet.

Mit Änderungsbescheid vom 16.11.2000 forderte der Beklagte die gezahlte Ausfuhrerstattung zuzüglich eines Zuschlags von 10% zurück. Zur Begründung gab er an, die Tränkintervalle seien überschritten bzw. nicht eingehalten worden, der Wasservorrat sei nicht ausreichend gewesen und der Selbsttränker habe nicht funktioniert. Daher liege ein Verstoß gegen die Verordnung 615/98 vor.

Am 12.12.2000 legte die Klägerin Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren bat der Beklagte den Veterinär des Landes Salzburg, Dr. C, um Stellungnahme zu seiner Überprüfung am 28.1.2001. Dieser teilte daraufhin mit, in den Tanks habe sich im Überprüfungszeitraum kein Wasser befunden. Hintergrund sei, dass die Leitungen in den Tränkern bei Temperaturen um 0 Grad frören und die Fahrer das noch nicht getrunkene Wasser regelmäßig vor dem Überfahren der Hohen Tauern abließen. Diese Vorgehensweise sei zwar ärgerlich, aber nicht ungesetzlich, da in Kapitel VII des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG lediglich ein Anschluss für eine Wasserleitung erforderlich sei.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 16.9.2003 zurück.

Mit ihrer am 22.9.2003 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung trägt sie vor, die Tränkintervalle seien eingehalten worden und es sei auch ausreichend Futter und Wasser vorhanden gewesen. Die Ausführungen des Dr. A seien insoweit zu pauschal, tatsächlich seien noch 200 Liter Trinkwasser vorhanden gewesen. Der Selbsttränker habe zu Beginn der Fahrt funktioniert, sei aber wegen der Witterung zum Zeitpunkt der Kontrolle wahrscheinlich eingefroren gewesen, die Fahrzeuge seien jedoch zusätzlich mit beweglichen Tränkanlagen (6 Notbekken) ausgestattet. Insgesamt seien die Vorwürfe zu unkonkret und damit nicht überprüfbar. Hinsichtlich der Fahrtzeitüberschreitung weist sie darauf hin, dass nach der Richtlinie 91/628/EWG eine Überschreitung um bis zu zwei Stunden im Interesse der Tiere zulässig sei. Die Zeit der Kontrolle zwischen 10:45 Uhr und 11:30 Uhr müsse als Unterbrechung gewertet werden, sodass um 11:30 Uhr eine dritte Transportphase begonnen habe. Dies gelte insbesondere auch, weil die Tiere in dieser Zeit getränkt worden seien. Jedenfalls müsse die Dauer der beiden tierärztlichen Überprüfungen (1 Stunde und 5 Minuten), während der das Fahrzeug gestanden habe, herausgerechnet werden, da es sich nicht um Transportzeiten gehandelt habe und eine Anrechnung der Kontrollzeiten auf die Transportzeiten gesetzlich nicht angeordnet sei. Mit zwei Kontrollen in Österreich hätte sie auch keinesfalls rechnen können, auch die Dauer der Kontrollen sei nicht planbar, ihre Anrechnung auf die Transportzeiten sei zudem unverhältnismäßig. Abgesehen davon wäre es - hätte es die tierärztlichen Kontrollen nicht gegeben - möglich gewesen, den Hafen Triest innerhalb der zulässigen Fahrtzeit zu erreichen. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass es zu zeitlichen Verzögerungen gekommen sei, weil in der Nacht vom 27. zum 28.1. unerwartet Neuschnee gefallen sei, weshalb nur bei geringer Geschwindigkeit habe gefahren werden können.

Die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 16.11.2000 und die Einspruchsentscheidung vom 16.9.2003 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, die zweite Etappe des Transports habe 17 Stunden gedauert. Die Zeiten, während derer die Veterinärkontrollen durchgeführt worden seien, seien keine Ruhepausen gewesen und könnten daher nicht abgezogen werden. Aber selbst wenn man die Dauer der Kontrollen von insgesamt 1 Stunde und 5 Minuten abzöge, sei die maximale Dauer von 14 Stunden mit 15 Stunden 55 Minuten überschritten worden. Nach den Kontrollpausen beginne auch keine dritte Transportphase, da die Pausen jeweils nicht mindestens eine Stunde gedauert hätten. Eine Transportzeitüberschreitung von drei Stunden sei auch in begründeten Ausnahmefällen nicht zulässig. Witterungsbedingte Verzögerungen in Österreich seien im Januar nicht unvorhersehbar. Bei der Transportplanung müssten sowohl die Veterinärkontrollen als auch die Witterungsverhältnisse berücksichtigt werden.

Die Beteiligten haben sich schriftsätzlich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die Beiakten des Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 FGO.

Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet.

I. Der Bescheid vom 16.11.2000 und die Einspruchsentscheidung vom 16.9.2003 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

Der Beklagte kann sein Rückforderungsbegehren nicht auf Art. 25 Abs. 1 Unterabsatz 1 i.V.m. Art. 52 Abs. 1 der Verordnung Nr. 800/1999 der Kommission über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen vom 15.4.1999 (ABl. Nr. 102/11, im Folgenden: VO Nr. 800/1999) stützen. Nach dieser Vorschrift hat der Ausführer dann, wenn Ausfuhrerstattung gem. Art. 24 Abs. 1 Unterabsatz 1 VO Nr. 800/1999 im Voraus gewährt wird, die Vorauszahlung aber über dem für die betreffende Ausfuhr oder für eine entsprechende Ausfuhr geschuldeten Betrag liegt, den Unterschied zwischen diesen Beträgen zuzüglich eines Zuschlags von 10% zurückzuzahlen. Die Voraussetzungen dieser Ermächtigungsgrundlage liegen nicht vor, die Vorauszahlung entsprach dem der Klägerin zustehenden Betrag.

Insbesondere scheidet der Ausfuhrerstattungsanspruch der Klägerin nicht wegen der Verletzung der den Transport betreffenden tierschutzrechtlichen Bestimmungen aus.

Gem. Art. 33 Abs. 9 Unterabsatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 des Rates vom 17.5.1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch (ABl. Nr. 160/21, im Folgenden: VO Nr. 1254/1999) setzt die Gewährung von Erstattungen bei der Ausfuhr von lebenden Tieren die Einhaltung der gemeinschaftsrechtlichen Tierschutzvorschriften und insbesondere der Vorschriften zum Schutz der Tiere beim Transport, voraus. Hierzu gehören die Regelungen der Richtlinie des Rates vom 19.11.1991 über den Schutz von Tieren beim Transport sowie zur Änderung der Richtlinien90/425/EWG und 91/496/EWG (ABl. Nr. 340/17, in der Fassung der Richtlinie 95/29/EG des Rates vom 29.6.1995 zur Änderung der Richtlinie 91/628/EWG über den Schutz von Tieren beim Transport, ABl. Nr. L 148/52, im Folgenden: Richtlinie 91/628/EWG). Dementsprechend macht Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 der Kommission vom 18.3.1998 mit Durchführungsbestimmungen zur Ausfuhrerstattungsregelung in Bezug auf den Schutz lebender Rinder beim Transport (ABl. Nr.82/19, im Folgenden: VO Nr. 615/98) die Zahlung der Ausfuhrerstattung für lebende Rinder des KN-Codes 0102 davon abhängig, dass während des Transports der Tiere bis zu ihrer ersten Entladung im Bestimmungsdrittland die Vorschriften der Richtlinie 91/628/EWG sowie die Regelungen der VO Nr. 615/98 eingehalten werden, wobei der Nachweis der Einhaltung von Art. 1 VO Nr. 615/98 gemäß Art. 5 Abs. 2 Unterabsatz 2 VO Nr. 615/98 durch das ordnungsgemäß ausgefüllte Dokument nach Art. 2 Abs. 3 VO Nr. 615/98 und gegebenenfalls den Bericht nach Art. 3 Abs. 2 VO Nr. 615/98 erbracht wird.

Der Senat geht vorliegend davon aus, dass die Klägerin im Hinblick auf die in Rede stehende Ausfuhrsendung ein ordnungsgemäß ausgefülltes Dokument nach Art. 2 Abs. 3 VO Nr. 615/98 vorgelegt und damit im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Unterabsatz 2 VO Nr. 615/98 den Nachweis der Einhaltung von Art. 1 VO Nr. 615/98 erbracht hat. Das von ihr eingereichte Kontrollexemplar T5 enthält im Feld J den nach Art. 2 Abs. 3 VO Nr. 615/98 erforderlichen Vermerk der Veterinärgrenzkontrollstelle Triest "Controllato e risultato conforme alle disposizioni dell'articolo 2 del regolamento 615/98" sowie den ebenfalls vorgeschriebenen Stempel nebst Unterschrift des amtlichen Tierarztes. Die Echtheit und inhaltliche Richtigkeit dieses Kontrollvermerks der Ausgangsstelle wird vom Beklagten letztlich auch nicht in Abrede gestellt.

Der Senat vermag einen Verstoß gegen die Richtlinie91/628/EWG oder sonstige Tierschutzbestimmungen nicht festzustellen. Dies gilt zunächst hinsichtlich des Einhaltens der Fahrt- und Ruhezeiten (1.), aber auch hinsichtlich der Wasserversorgung (2.).

1. Im Hinblick auf das Einhalten der Fahrt- und Ruhezeiten kann der Beklagte den Ausfuhrerstattungsanspruch nicht gestützt auf die Vorschrift des Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 versagen. In Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 ist geregelt, dass die Ausfuhrerstattung u.a. nicht gezahlt wird für Tiere bei denen die zuständige Behörde aufgrund sonstiger Informationen über die Einhaltung von Art. 1 VO Nr. 615/98 zu dem Schluss gelangt, dass die Richtlinie über den Schutz von Tieren beim Transport nicht eingehalten worden ist.

In Kapitel VII des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG ist unter Ziffer 48.4 lit. d "Zeitabstände für das Tränken und Füttern sowie Fahrt- und Ruhezeiten" bestimmt, dass Tiere der Gattung Rind (vgl. Art. 1 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 91/628/EWG) bei der Verwendung eines - wie hier - unter Ziffer 48.3 genannten Fahrzeuges nach einer Transportdauer von 14 Stunden eine ausreichende, mindestens einstündige Ruhepause erhalten müssen, insbesondere damit sie getränkt und nötigenfalls gefüttert werden können; nach dieser Ruhepause kann der Transport für weitere 14 Stunden fortgesetzt werden. Nach der festgesetzten Transportdauer, so ist es in Ziffer 48.5 des Kapitel VII des Anhangs der Richtlinie91/628/EWG weiter geregelt, müssen die Tiere entladen, gefüttert und getränkt werden und eine Ruhezeit von mindestens 24 Stunden erhalten. Ziffer 48.8 des Kapitels VII des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG sieht schließlich vor, dass die Transportzeiten nach u.a. Ziffer 48.4 insbesondere unter Berücksichtigung der Nähe des Bestimmungsortes im Interesse der Tiere um zwei Stunden verlängert werden dürfen.

Nach dem unstreitigen Sachverhalt hat die Klägerin die nach Ziffer 48.4 lit. d des Kapitels VII des Anhangs der Richtlinie91/628/EWG vorgeschriebene Transportdauer von 14 Stunden nach einer vorangegangenen mindestens einstündige Ruhepause nicht eingehalten. Nach dem Transportplan endete die einstündige Ruhepause am 27.1.2000 um 22:00 Uhr und erst am 28.1.2000 um 15:00 Uhr traf der Transport am Bestimmungsort ein. Dieses Transportintervall, das nicht durch eine mindestens einstündige Ruhepause unterbrochen war, dauerte mithin 17 Stunden.

Inwieweit der Klägerin mit ihrer Argumentation, von diesen 17 Stunden müsse die Dauer der Veterinärkontrollen von insgesamt einer Stunde und fünf Minuten abgezogen werden, die Fahrtdauer sei ab dem Ende der letzten Veterinärkontrolle zu messen bzw. die Fahrtzeitüberschreitung sei ihr nicht zuzurechnen, durchdringt, bedarf keiner Entscheidung. Selbst wenn man mit dem Beklagten davon ausgeht, dass die Klägerin angesichts eines 17-stündigen Transportintervalls gegen die Bestimmung der Ziffer 48.4 lit. d des Kapitels VII des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG verstoßen hat, ist dies in Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erstattungsunschädlich. Angesichts der Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten stellt sich auch die von der Klägerin aufgeworfene Frage der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Tierschutzbestimmungen im Ausfuhrerstattungsrecht nicht.

Der Senat hat mit Urteil vom 21.09.2004 - IV 289/01 - entschieden, dass Art. 1 i.V.m. Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98, wonach die Zahlung der Ausfuhrerstattungen für lebende Rinder der KN-Codes 0102 (u.a.) die Einhaltung der Richtlinie 91/628/EWG voraussetzt, im Lichte des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dahin auszulegen ist, dass jedenfalls ein Verstoß gegen die Transport- und Ruhezeiten der Richtlinie 91/628/EWG nur dann den Verlust des Erstattungsanspruchs zur Folge hat, wenn die Nichteinhaltung der gemeinschaftsrechtlichen Tierschutzvorschrift nachweislich - d.h. feststellbar - zu einer Beeinträchtigung des Wohls der Tiere geführt hat. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts gehört, müssen die von einer gemeinschaftsrechtlichen Bestimmung eingesetzten Mittel zur Erreichung des angestrebten Zieles geeignet sein und dürfen nicht über das dazu Erforderliche hinausgehen (vgl. EuGH, Urteil v. 11.7.2001, C-210/00, Rdnr. 59, juris; Urteil v. 29.1.1998, C-161/97, Rdnr. 31, juris; Urteil v. 24.9.1985, 181/84, Rdnr. 20, juris). Art. 33 Abs. 9 Unterabsatz 2 VO Nr. 1254/1999 bezweckt, wie sich schon aus einem Wortlaut ergibt, die Gewährleistung des Tierschutzes während des Transports. Ausdrücklich fand sich dieser Verordnungszweck in der ersten Begründungserwägung der Verordnung (EG) Nr. 2634/97 des Rates vom 18.12.1997 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 805/68 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch (ABl. Nr. L 356/13, im Folgenden: VO Nr. 2634/97), mit der Art. 13 Abs. 9 der Verordnung Nr. 805/68 des Rates vom 27.6.1968 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch (ABl. Nr. 148/24, im Folgenden: VO Nr. 805/68) eingefügt wurde, und dessen Nachfolgevorschrift Art. 33 Abs. 9 Unterabsatz 2 VO Nr. 1254/1999 ist, ohne dass ersichtlich wäre, dass dieser Verordnungszweck der Nachfolgevorschrift nicht (mehr) zu Grunde läge. Nach der genannten Begründungserwägung bezweckt die Verordnung die Gewährleistung des Wohlbefindens der Tiere während des Transports. Um dieses Ziel umsetzen, hat der Gemeinschaftsverordnungsgeber mit der VO Nr. 615/98 ein Überwachungssystem mit vor allem systematischen Kontrollen bei der Ausfuhr aus der Gemeinschaft, mit aber auch Kontrollen beim Entladen im Bestimmungsdrittland eingeführt. Dieses Überwachungssystem sieht nicht nur die Bestimmung von Ausgangsstellen vor, über die allein die Ausfuhr der Tiere aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft zulässigerweise erfolgen darf (vgl. Art. 2 Abs. 1 VO Nr.615/98). Es beinhaltet vor allem die von einem amtlichen Tierarzt vorzunehmende Überprüfung und Bescheinigung, ob die Tiere im Sinne der Richtlinie 91/628/EWG transportfähig sind (vgl. Art. 2 Abs. 2 Ziffer 1 VO Nr.615/98). Ist wegen des Wechsels des Transportsmittels gem. Art. 3 Abs. 3 Beistrich 1 VO Nr. 615/98 eine weitere Kontrolle bei der Entladung der Tiere im Bestimmungsdrittland vorgeschrieben, ist in dem zu erstellenden Kontrollbericht (u.a.) die Zahl der Tiere anzugeben, deren Zustand und/oder Gesundheit den Schluss rechtfertigt, dass die Gemeinschaftsvorschriften über den Schutz von Tieren beim Transport nicht eingehalten worden sind (vgl. Art. 3 Abs. 2 Beistrich 2 VO Nr. 615/98). Diese Bestimmungen der VO Nr. 615/98 über die durchzuführenden Kontrollen zeigen anschaulich, dass der Gemeinschaftsverordnungsgeber die Gewährung der Ausfuhrerstattung an das Wohlbefinden der Tiere während des Transports knüpfen und demgemäß die Zahlung von Ausfuhrerstattung versagen wollte, wenn das Wohlbefinden der Tiere während des Transports nicht gewährleistet war. Für dieses Verständnis des Senats spricht ferner der 7. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 639/2003 der Kommission vom 9.4.2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) 1254/1999 des Rates hinsichtlich des Schutzes lebender Rinder beim Transport als Voraussetzung für die Gewährung von Ausfuhrerstattungen (ABl. Nr. L 93/10, im Folgenden: VO Nr. 639/2003), durch die die VO Nr. 615/98 "im Interesse der Klarheit ersetzt" worden ist (2. Erwägungsgrund der VO Nr. 639/2003). Nach dem 7. Erwägungsgrund der VO Nr. 639/2003 soll nämlich nur dann die "Erstattung insgesamt verweigert werden", wenn die Nichteinhaltung der Richtlinie91/628/EWG "auf eine völlige Missachtung der Tierschutzvorschriften zurückzuführen" ist. Im Übrigen macht auch der 2. Erwägungsgrund der Richtlinie 95/29/EG des Rates vom 29.6.1995, wonach die Vorschriften der Richtlinie 91/628/EWG über den Schutz von Tieren beim Transport geändert werden mussten, "um technische Hindernisse im Handel mit lebenden Tieren abzubauen und ein reibungslosen Funktionieren der betreffenden Marktordnungen zu gewährleisten, ohne dabei die Belange des Tierschutzes zu vernachlässigen", deutlich, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber die mitunter gegenläufigen Interessen und Belange des Marktordnungsrechts einerseits und des Tierschutzes andererseits in einen zweckentsprechenden, sachgerechten Ausgleich bringen wollte.

Demgegenüber führt nach dem Wortlaut der Art. 1, Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 schon jede objektive Verletzung einer Regelung der Richtlinie 91/628/EWG unabhängig von einer festgestellten Beeinträchtigung des Wohlbefindens der Tiere zum gänzlichen Verlust des Erstattungsanspruchs. Eine Differenzierung danach, ob gegen die Richtlinie über den Schutz von Tieren beim Transport nur geringfügig, wiederholt oder aber in erheblichem Maße verstoßen wurde, lässt der Wortlaut der Art. 1, Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 nicht zu, zumal auch die Ausgestaltung des Art. 5 Abs. 3 VO Nr.615/98 als gebundene Entscheidung der zuständigen Behörde eine Differenzierung nach der Intensität und dem Ausmaß des festgestellten Verstoßes nicht möglich macht. Zwar sieht die Vorschrift des Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98, obgleich als gebundene Entscheidung ausgestaltet, als Rechtsfolge auch eine teilweise Versagung der Erstattung vor. Die Rechtsfolge der teilweisen Versagung der beantragten Ausfuhrerstattung knüpft die Vorschrift des Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 jedoch nicht an das Vorliegen eines nur geringen oder nicht vorwerfbaren Verstoßes gegen die Richtlinie über den Schutz von Tieren beim Transport, sondern an die Feststellung, dass die Richtlinie91/628/EWG lediglich bezogen auf einen Teil der Tiere nicht eingehalten wurde. Bei einer Überschreitung der Transportzeiten bzw. Unterschreitung der Ruhepausen scheidet demzufolge eine nur teilweise Versagung der Erstattung aus.

Ein weiterer Gesichtspunkt kommt hinzu: Hat der Ausführer den Nachweis der Einhaltung von Art. 1 VO Nr. 615/98 durch das ordnungsgemäß ausgefüllte Dokument nach Art. 2 Abs. 3 VO Nr. 615/98 erbracht, können - wie die Vorschrift des Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 zeigt - gleichwohl Umstände vorliegen, die die zuständige Behörde berechtigen, die vom Ausführer beantragte Ausfuhrerstattung zu versagen. Als solche Umstände gelten gem. Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 zum einen und insbesondere die Verendung einzelner Tiere während des Transports. Neben diesen Versagungstatbestand stellt der Verordnungsgeber in Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 zum anderen "sonstige Informationen" der Behörde, die den Schluss rechtfertigen, dass die Richtlinie über den Schutz von Tieren beim Transport nicht eingehalten worden ist. Da anzunehmen ist, dass der Verordnungsgeber in Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 nicht nur gleichberechtigte, sondern auch gleichgewichtige Versagungstatbestände normiert hat, dürfte eine Auslegung dieser Vorschrift, dass jede Information der zuständigen Behörde über eine - gleichwie geartete - Verletzung der Richtlinie 91/628/EWG zum völligen Verlust des Erstattungsanspruchs führen soll, weder dem Willen des Verordnungsgebers noch Sinn und Zweck der Verordnung entsprechen.

Vor dem Hintergrund, dass der wesentliche Zweck der VO Nr. 615/98 darin besteht, das Wohlbefinden der Tiere während des Transports zu gewährleisten, geht es indes über das dazu Erforderliche hinaus, die Gewährung der Ausfuhrerstattung insgesamt schon bei jeder objektiven Verletzung einer Regelung der Richtlinie 91/628/EWG unabhängig von einer festgestellten Beeinträchtigung des Wohlbefindens der Tiere zu versagen. Der erkennende Senat legt deshalb Art. 1 i.V.m. Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 im Lichte des Grundsatzes des Verhältnismäßigkeit dahin aus, dass jedenfalls ein Verstoß gegen die Transport- und Ruhezeiten der Richtlinie 91/628/EWG nur dann den Verlust des Erstattungsanspruchs zur Folge hat, wenn die Nichteinhaltung der gemeinschaftsrechtlichen Tierschutzvorschrift nachweislich zu einer Beeinträchtigung des Wohls der Tiere geführt hat. Letzteres ist vorliegend indes nicht festgestellt worden. Die Überschreitung des ersten Transportintervalls hat das Wohlbefinden der Tiere nicht nachweislich beeinträchtigt. Hierfür spricht insbesondere der Vermerk des Amtsveterinärs des Hafens Triest auf dem Kontrollexemplar T 5: "Controllato e risultato conforme alle disposizioni dell'articolo 2 del regolamento 615/98".

2. Aber auch die hinsichtlich der Wasserversorgung jedenfalls im Ausgangsbescheid vom 16.11.2000 vom Beklagten geäußerten Bedenken, sind nicht geeignet, den Ausfuhrerstattungsanspruch gestützt auf die Vorschrift des Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 zu versagen. Einen Verstoß gegen tiertransportschutzrechtliche Bestimmungen vermag der Senat insoweit nicht festzustellen. Die Feststellungen des Beklagten hierzu sind - unabhängig von der hier letztlich nicht entscheidungserheblichen Frage, welche konkrete Wassermenge zu welchem Zeitpunkt der Fahrt der Beklagte für erforderlich hält - zu unkonkret, um hierauf einen Vorwurf stützen zu können.

Nach dem Transportplan wurden die Tiere am 27.1.2000 zwischen 21:00 Uhr und 22:00 Uhr getränkt. Dass sich bei der veterinärärztlichen Überprüfung am 28.1.2000 um 8:20 Uhr kein Wasser in den Tanks befunden hat, hat der Tiertransportinspektor des Landes Salzburg bei seiner Überprüfung nicht beanstandet. In seiner an den Beklagten gerichteten Stellungnahme vom 25.9.2001 hält er die zeitweilig fehlende Wasserversorgung zwar für "ärgerlich", letztlich aber nicht für zu beanstanden. Insofern kann davon ausgegangen werden, dass das Wohlbefinden der Tiere jedenfalls zum Zeitpunkt der ersten Kontrolle nicht relevant beeinträchtigt war. Der fehlende Wasservorrat wurde erst anlässlich der zweiten Kontrolle um 10:45 Uhr beanstandet, was zur Folge hatte, dass die Tiere auf Anordnung getränkt wurden. Angesichts dessen kann jedoch auch insoweit eine Beeinträchtigung des Wohls der Tiere nicht festgestellt werden. Dies auch vor dem Hintergrund, dass Ziffer 48.4 lit. d des Kapitels VII des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG vorschreibt, dass die mindestens einstündige Ruhepause einzuhalten ist, insbesondere damit die Tiere getränkt und gefüttert werden können, und dass in Ziffer 48.3 Beistrich 6 des Kapitels VII des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG lediglich vorgeschrieben ist, dass das Transportfahrzeug bei Fahrten von mehr als acht Stunden einen Anschluss an die Wasserversorgung aufweisen muss. Dies legt nahe, dass ein Wasservorrat nicht zwingend vorhanden sein muss, wenn das Tränken der Tiere anderweitig sichergestellt ist. Insofern ist das Fehlen eines Wasservorrates für sich genommen nicht erstattungsschädlich.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gem. § 115 Abs. 2 FGO war die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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