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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 24.02.2004
Aktenzeichen: IV 303/02
Rechtsgebiete: FGO, Protokoll Nr. 3, AO 1977


Vorschriften:

FGO § 100 Abs. 1 S. 4
Protokoll Nr. 3 Art. 21 Abs. 3
Protokoll Nr. 3 Art. 32 Abs. 1
AO 1977 § 196
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

IV 303/02

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen eine Prüfungsanordnung.

Die Klägerin führt im Zollgebiet der Gemeinschaft gesammelte Altschuhe in Drittländer, u.a. nach Litauen aus. Auf den für die Abnehmer der Waren bestimmten Rechnungen befindet sich jeweils eine von der Klägerin ausgefertigte Ursprungserklärung folgenden Wortlauts: "Der Ausführer der Waren, auf die sich dieses Handelspapier bezieht, erklärt, dass diese Waren, soweit nichts anderes angegeben, präferenzbegünstigte EU-Ursprungswaren sind."

Mit Schreiben vom 14.11.2001 wandte sich die litauische Zollverwaltung an die Zentralstelle Ursprungsnachprüfung in Münster und bat unter Hinweis auf Art. 32 des Protokolls Nr. 3 über die Bestimmung des Begriffs "Erzeugnisse mit Ursprung in" oder "Ursprungserzeugnisses" und über die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen zum Beschluss Nr. 1/97 des Gemischten Ausschusses zwischen den Europäischen Gemeinschaften einerseits und der Republik Litauen andererseits vom 25.2.1997 zur Änderung des Protokolls Nr. 3 zum Abkommen über Freihandel und Handelsfragen zwischen der Europäischen Gemeinschaft, der Europäischen Atomgemeinschaft und der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl einerseits und der Republik Litauen andererseits - ABl. Nr. 1 136/1, im Folgenden: Protokoll Nr. 3 - u.a. um Prüfung einer von der Klägerin abgegebenen Ursprungserklärung (Rechnung Nr. 10840).

Daraufhin ordnete das beklagte Hauptzollamt mit Bescheid vom 7.3.2002 bei der Klägerin eine Prüfung nach "Art. 32 des Protokolls Nr. 4 EG/Litauen" an. Hinsichtlich des Prüfungsumfangs heißt es in der Prüfungsanordnung unter Ziffer 3: "Prüfung der UE auf der Rechnung Nr. ...2 vom 22.8.2001. Soweit festgestellt wird, dass der Präferenznachweis nach den Ergebnissen der Ursprungsprüfung ganz oder teilweise unrichtig ist, kann sich die Prüfung darüber hinaus auf alle Warenausfuhren zu Präferenzbedingungen seit dem 1.8.1999 erstrecken."

Den gegen die Prüfungsanordnung vom 7.3.2002 erhobenen Einspruch der Klägerin wies das beklagte Hauptzollamt mit Einspruchsentscheidung vom 8.5.2003 unter Hinweis darauf zurück, dass Rechtsgrundlage für die Ursprungsprüfung Art. 32 des Protokolls Nr. 3 sei; hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung, die der Klägerin am 16.5.2002 zugestellt worden ist, Bezug genommen.

Mit ihrer am 12.6.2002 erhobenen Klage wendet die Klägerin im Wesentlichen ein, dass die streitgegenständliche Prüfungsanordnung zu unbestimmt und deshalb rechtswidrig sei. Dem angefochtenen Bescheid lasse sich zum einen nicht entnehmen, wann die Bedingung für die Erweiterung der Prüfungsanordnung, nämlich die Feststellung der Unrichtigkeit der Erklärung über die Ursprungseigenschaft auf der Rechnung vom 22.8.2001, eingetreten sei. Ob es insoweit auf die Einschätzung des mit der Prüfung betrauten Prüfers oder aber auf eine gerichtliche Überprüfung einer solchen Feststellung ankomme, sei nicht eindeutig geregelt. Zum anderen lasse die streitgegenständliche Erweiterung der Prüfungsanordnung auch eine klare Regelung im Hinblick auf den sachlichen Prüfungsumfang vermissen. Ob der Zusatz "alle Warenausfuhren zu Präferenzbedingungen" sich lediglich auf Ausfuhren nach Litauen oder auch in andere Drittländer beziehe, gehe aus der Prüfungsanordnung ebenfalls nicht zweifelsfrei hervor.

Die Klägerin hat ursprünglich beantragt,

die Prüfungsanordnung vom 7.3.2002 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8.5.2002 aufzuheben.

Im Juni 2003 hat das beklagte Hauptzollamt die mit Bescheid vom 7.3.2002 angeordnete Prüfung durchgeführt. In dem über diese Prüfung erstellten Bericht vom 4.7.2003 heißt es u.a.: Die Klägerin habe im Prüfungszeitraum gebrauchte Schuhe zu Präferenzbedingungen nach Litauen im Wert von 4.057,87 EUR ausgeführt. Neben der im Ersuchen der Zollverwaltung Litauens genannten Lieferung sei eine weitere Sendung gebrauchter Schuhe zu Präferenzbedingungen nach Litauen (Rechnung Nr. ...1 vom 18.6.2001) festgestellt worden. Die Ursprungserklärungen auf den Handelsrechnungen seien zu Unrecht abgegeben worden.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

festzustellen, dass die Prüfungsanordnung vom 7.3.2002 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8.5.2002 rechtswidrig war.

Das beklagte Hauptzollamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es führt im Wesentlichen aus: Rechtsgrundlage für die Ausdehnung der Prüfungsanordnung sei Art. 21 Abs. 3 des Protokolls Nr. 3. Der Zusatz "auf alle Warenausfuhren zu Präferenzbedingungen" genüge dem Bestimmtheitsgebot des § 119 AO. Denn mit der Angabe "Protokoll Nr. 3 EG/Litauen" in der Prüfungsanordnung komme klar zum Ausdruck, dass es vorliegend allein um den Präferenzverkehr mit Litauen gehe.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Sachakten des beklagten Hauptzollamtes verweisen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).

Die als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO zulässige Klage (hierzu unter 1.) bleibt in der Sache ohne Erfolg (hierzu unter 2.).

1. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO zulässig.

Der von der Klägerin ursprünglich gestellte Antrag, die Prüfungsanordnung vom 7.3.2002 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8.5.2002 aufzuheben, hat sich im Verlauf des Klageverfahrens insofern erledigt, als die Prüfung zwischenzeitlich durchgeführt worden ist. Dadurch hat sich der Regelungsinhalt der Prüfungsanordnung erschöpft.

Die Klägerin hat indes in zulässigerweise mit Schriftsatz vom 8.10.2003 den Anfechtungsantrag gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO in einen Feststellungsantrag umgestellt. Insbesondere steht der Klägerin auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung der Rechtswidrigkeit der (erledigten) Prüfungsanordnung zur Seite. Ein solches Interesse ergibt sich zwar nicht unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr. Denn konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sich der dem Streitfall zugrunde liegende Sachverhalt mit großer Wahrscheinlichkeit im Wesentlichen unverändert in absehbarer Zeit wiederholen wird, bestehen nicht. Weder die Klägerin noch das beklagte Hauptzollamt haben Umstände vorgetragen, aus denen geschlossen werden könnte, dass innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes mit einer weiteren Prüfung von Ursprungsnachweisen gemäß Art. 32 Abs. 1 des Protokolls Nr. 3 zu rechnen ist. Die lediglich abstrakte Möglichkeit, dass die litauische Zollverwaltung die deutschen Behörden unter Hinweis auf Art. 32 des Protokolls Nr. 3 um Prüfung einer oder mehrerer von der Klägerin abgegebener Ursprungserklärungen ersuchen könnte, genügt für die Annahme einer ein Feststellungsinteresse begründenden Wiederholungsgefahr nicht.

Allerdings ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass einem Kläger an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer erledigten Prüfungsanordnung ein berechtigtes Interesse zuzugestehen ist, wenn er damit die Auswertung der durch die Prüfung erlangten Kenntnisse durch die beklagte Behörde verhindern kann (vgl. nur BFH, Urteil vom 12.1.1995 - IV R 83/92 -, juris; FG Köln, Urteil vom 12.1.1994 - 6 K 1910/87 -, juris; jeweils m.w.N.). So liegt der Fall auch hier: Sollte die Prüfungsanordnung vom 7.3.2002 rechtswidrig gewesen sein und dies vom Senat festgestellt werden, wäre es dem beklagten Hauptzollamt verwehrt, das Prüfungsergebnis an die litauischen Behörden weiterzuleiten.

2. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist jedoch nicht begründet. Insoweit ist im Einzelnen Folgendes auszuführen:

a) Soweit sich die Prüfungsanordnung vom 7.3.2002 auf die Prüfung der Ursprungserklärung auf der Rechung vom 22.8.2001 bezieht, ist Rechtsgrundlage die Regelung des Art. 32 Abs. 1 des Protokolls Nr. 3 i.V.m. § 196 AO. In Art. 32 Abs. 1 des Protokolls Nr. 3 ist bestimmt, dass eine nachträgliche Überprüfung der Ursprungsnachweise stichprobenweise oder immer dann erfolgt, wenn die Zollbehörden des Einfuhrlandes begründete Zweifel an der Echtheit des Papiers, der Ursprungseigenschaft der betreffenden Erzeugnisse oder der Erfüllung der übrigen Voraussetzungen dieses Protokolls haben. In Art. 32 Abs. 2 des Protokolls Nr. 3 ist sodann weiter geregelt, dass in Fällen nach Absatz 1 die Zollbehörden des Einfuhrlandes die Warenverkehrsbescheinigung EUR. 1 und die Rechnung, wenn sie vorgelegt worden ist, die Erklärung auf der Rechnung oder eine Abschrift dieser Papiere an die Zollbehörden des Ausfuhrlandes zurücksenden, gegebenenfalls unter Angabe der Gründe, die eine Untersuchung rechtfertigen (Satz 1). Zur Begründung des Antrags auf nachträgliche Prüfung - so heißt es Art. 32 Abs. 2 Satz 2 des Protokolls Nr. 3 weiter - übermitteln die Zollbehörden des Einfuhrlandes alle Unterlagen und teilen alle bekannten Umstände mit, die auf die Unrichtigkeit der Angaben in dem Ursprungsnachweis schließen lassen. Im Streitfall waren die Voraussetzungen für eine Prüfungsanordnung gestützt auf die Vorschrift des Art. 32 Abs. 1 des Protokolls Nr. 3 i.V.m. § 196 AO erfüllt:

Der erkennende Senat geht im vorliegenden Zusammenhang davon aus, dass die Regelung des Art. 32 Abs. 1 des Protokolls Nr. 3 zwei verschiedene Rechtsgrundlagen mit unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen für eine nachträgliche Überprüfung von Ursprungsnachweisen enthält (vgl. bereits FG Hamburg, Urteil vom 11.9.2002 - IV 147/00 -, zu dem inhaltlich gleichlautenden Art. 32 des Protokolls Nr. 4 über die Bestimmung des Begriffs "Erzeugnisse mit Ursprung in" oder "Ursprungserzeugnisses" und über die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen zum Beschluss Nr. 1/97 des Assoziationsrates, Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedsstaaten einerseits und der Republik Polen andererseits vom 30.6.1997 - ABl. Nr. 1 221/1 -, im Folgenden: Protokoll Nr. 4). So normiert Art. 32 Abs. 1 des Protokolls Nr. 3 zum einen die Befugnis der Zollbehörden, eine nachträgliche Überprüfung der Ursprungsnachweise dann anzuordnen, wenn die Zollbehörden des Einfuhrlandes begründete Zweifel - u.a. - an der Ursprungseigenschaft der betreffenden Erzeugnisse haben. Zum anderen beinhaltet Art. 32 Abs. 1 des Protokolls Nr. 3 das Recht der Zollbehörden, eine stichprobenweise Prüfung der Ursprungsnachweise vorzunehmen. Einer Prüfung, die als Stichprobe erfolgt, ist es indes geradezu immanent, dass sie gegenüber dem Betroffenen ohne Angabe von Gründen erfolgt. Vor diesem Hintergrund hält der erkennende Senat dafür, dass weder die Zollbehörden des Einfuhrlandes noch die des Ausfuhrlandes begründete Zweifel an der Echtheit des Papiers, der Ursprungseigenschaft der betreffenden Erzeugnisse oder der Erfüllung der übrigen Voraussetzungen des Protokolls darzulegen haben, wenn die nachträgliche Überprüfung des Ursprungsnachweises stichprobenweise erfolgt (in diesem Sinne bereits FG Hamburg, Urteil vom 11.9.2002 - IV 147/00 -, zu Art. 32 Abs. 1 des Protokolls Nr. 4). Diese Rechtsprechung hat der erkennende Senat mit Urteil vom 20.1.2004 (IV 31/03 betreffend Art. 32 Abs. 1 des Protokolls Nr. 4) in der Weise fortgeführt, dass die Zollbehörden des Ausfuhrlandes auch im Falle einer Prüfungsanordnung wegen begründeter Zweifel an der Echtheit oder Richtigkeit der Ursprungsnachweise (Art. 32 Abs. 1 2. Alt. des Protokolls Nr. 4 bzw. vorliegend Art. 32 Abs. 1 2. Alt. des Protokolls Nr. 3) nicht verpflichtet sind, gegenüber dem Ausführer die Gründe für die nachträgliche Prüfung der Ursprungsnachweise anzugeben. Die in Art. 32 Abs. 1 und 2 des Protokolls Nr. 3 in Bezug genommene Darlegung begründeter Zweifel an der Echtheit oder Richtigkeit der Ursprungsnachweise betrifft nämlich allein das Verhältnis der Zollbehörden der Vertragsstaaten untereinander und soll den Zollbehörden des Ausfuhrlandes die Durchführung der Prüfungen erleichtern. Überdies erlangt die Darlegung begründeter Zweifel an der Echtheit oder Richtigkeit der Ursprungsnachweise Bedeutung lediglich im Hinblick auf die Vorschrift des Art. 32 Abs. 6 des Protokolls Nr. 3. Danach sind die Zollbehörden des Einfuhrlandes nämlich berechtigt, die Gewährung einer Präferenzbehandlung abzulehnen, wenn bei Nachprüfungsersuchen wegen begründeter Zweifel nach Ablauf von zehn Monaten nach dem Zeitpunkt des Ersuchens keine oder keine ausreichende Antwort der ersuchten Zollbehörden eingegangen ist. Dass in der Prüfungsanordnung die Gründe für die nachträgliche Prüfung der Ursprungsnachweise nicht angegeben werden müssen, lässt sich im Übrigen auch aus der Vorschrift des Art. 21 Abs. 3 des Protokolls Nr. 3 ableiten, wonach der Ausführer auf Verlangen der Zollbehörden des Ausfuhrlandes jederzeit alle zweckdienlichen Unterlagen zum Nachweis der Ursprungseigenschaft der betreffenden Erzeugnisse sowie der Erfüllung der übrigen Voraussetzungen des Protokolls vorzulegen hat.

Angesichts der vorstehenden Erörterungen kann vorliegend dahinstehen, ob Gegenstand des Prüfungsersuchens der litauischen Behörden vom 14.11.2001 eine stichprobenweise Prüfung im Sinne des Art. 32 Abs. 1 1. Alt. des Protokolls Nr. 3 oder eine Prüfung wegen begründeter Zweifel (Art. 32 Abs. 1 2. Alt. des Protokolls Nr. 3) ist. Bei keiner dieser Alternativen müssen nämlich die Gründe für die nachträgliche Überprüfung des Ursprungsnachweises in der Prüfungsanordnung angegeben werden.

Freilich ist in der Prüfungsanordnung, die einen den Ausführer belastenden Verwaltungsakt darstellt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 AO), die Rechtsgrundlage für die Prüfung zu bezeichnen sowie der Umfang der Prüfung (§ 196 AO) festzulegen. Das ist hier indes geschehen. Die streitgegenständliche Prüfungsanordnung enthält einen Hinweis auf die gesetzliche Rechtsgrundlage des Art. 32 des Protokolls Nr. 4, der in der Einspruchsentscheidung mit Art. 32 Abs. 1 des Protokolls Nr. 3 in zulässigerweise korrigiert worden ist. Der Prüfungsumfang wird durch die Bezeichnung der Rechnungsnummer "...2 vom 22.8.2001" eindeutig bestimmt.

b) Die Prüfungsanordnung vom 7.3.2002 ist auch insoweit nicht zu beanstanden, als sich diese für den Fall der Unrichtigkeit des Präferenznachweises auf der Rechnung vom 22.8.2001 auf "alle Warenausfuhren (der Klägerin) zu Präferenzbedingungen seit dem 1.8.1999" erstreckt.

(1) Allerdings ist Rechtsgrundlage insoweit nicht die Normierung des Art. 32 Abs. 1 des Protokolls Nr. 3. Zwar kann nach dieser Vorschrift eine nachträgliche Prüfung der Ursprungsnachweise bei begründeten Zweifeln hinsichtlich der Ursprungseigenschaft der betreffenden Erzeugnisse erfolgen. Der erkennende Senat hält insoweit jedoch dafür, dass nach Art. 32 Abs. 1 des Protokolls Nr. 3 allein die Zollbehörden des Einfuhrlandes berechtigt sind, eine nachträgliche Überprüfung der Ursprungsnachweise bei begründeten Zweifel an der Ursprungseigenschaft der ausgeführten Erzeugnisse zu veranlassen. Das folgt zum einen aus dem klaren Wortlaut des Art. 32 Abs. 1 des Protokolls Nr. 3, wonach ausdrücklich darauf abgehoben wird, ob "die Zollbehörden des Einfuhrlandes begründete Zweifel" an der u.a. Ursprungseigenschaft der ausgeführten Erzeugnisse haben. Das vorstehend beschriebene Verständnis des Senats findet zum anderen in der Regelung des Art. 32 Abs. 2 des Protokolls Nr. 3 eine Bestätigung. Nach Art. 32 Abs. 2 Satz 1 des Protokolls Nr. 3 senden nämlich in Fällen des Absatzes 1 die Zollbehörden des Einfuhrlandes die Warenverkehrsbescheinigung und die Rechnung, wenn sie vorgelegt worden ist, die Erklärung auf der Rechnung oder eine Abschrift dieser Papiere an die Zollbehörden des Ausfuhrlandes zurück, gegebenenfalls unter Angabe der Gründe, die eine Untersuchung rechtfertigen. Weiter heißt es in Art. 32 Abs. 2 Satz 2 des Protokolls Nr. 3, dass die Zollbehörden des Einfuhrlandes zur Begründung des Antrags auf nachträgliche Überprüfung alle Unterlagen übermitteln und alle bekannten Umstände mitteilen, die auf die Unrichtigkeit der Angaben in dem Ursprungsnachweis schließen lassen. Dass die Vorschrift des Art. 32 Abs. 1 des Protokolls Nr. 3 eine nachträgliche Prüfung der Ursprungsnachweise allein bei begründeten Zweifeln der Zollbehörden des Einfuhrlandes an der Ursprungseigenschaft der ausgeführten Erzeugnisse eröffnet, lässt sich schließlich auch aus der Regelung des Art. 32 Abs. 6 des Protokolls Nr. 3 ableiten, wonach die Zollbehörden des Einfuhrlandes nämlich berechtigt sind, die Gewährung einer Präferenzbehandlung abzulehnen, wenn bei Nachprüfungsersuchen wegen begründeter Zweifel nach Ablauf von zehn Monaten nach dem Zeitpunkt des Ersuchens keine oder keine ausreichende Antwort der ersuchten Zollbehörden eingegangen ist.

(2) Die Prüfungsanordnung vom 7.3.2002 findet indes hinsichtlich der Erweiterung auf "alle Warenausfuhren (der Klägerin) zu Präferenzbedingungen seit dem 1.8.1999" in der Regelung des Art. 21 Abs. 3 des Protokolls Nr. 3 i.V.m. § 196 AO ihre Rechtsgrundlage. In Art. 21 Abs. 3 des Protokolls Nr. 3 ist bestimmt, dass der Ausführer, der eine Erklärung auf der Rechnung ausfertigt, auf Verlangen der Zollbehörden des Ausfuhrlandes jederzeit alle zweckdienlichen Unterlagen zum Nachweis der Ursprungseigenschaft der betreffenden Erzeugnisse sowie der Erfüllung der übrigen Voraussetzungen des Protokolls vorzulegen hat. Die Vorschrift des Art. 21 Abs. 3 des Protokolls Nr. 3 verfolgt ersichtlich den Zweck, den Zollbehörden des Ausfuhrlandes in jeder Beziehung die Prüfung der Einhaltung der Voraussetzungen des Protokolls Nr. 3 zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund deckt die Ermächtigung des Art. 21 Abs. 3 des Protokolls Nr. 3 nicht nur eine stichprobenweise Überprüfung von Ursprungsnachweisen ab, vielmehr legitimiert Art. 21 Abs. 3 des Protokolls Nr. 3 die Zollbehörden des Ausfuhrlandes auch zur Durchführung einer Ursprungsprüfung, wenn etwa aufgrund einer von den Zollbehörden des Einfuhrlandes nach Art 32 Abs. 1 des Protokolls Nr. 3 veranlassten nachträglichen Prüfung von Ursprungsnachweisen begründete Zweifel des Inhalts aufkommen, ob es sich bei den ausgeführten Erzeugnissen um EU-Ursprungswaren handelt.

Dass im Streitfall das beklagte Hauptzollamt die Anordnung der (weiteren) Ursprungsprüfung unter den Vorbehalt gestellt hat, dass die Prüfung des von den litauischen Behörden übersandten Ursprungsnachweises negativ ausfällt, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Es ist den Zollbehörden des Ausfuhrlandes nach Art. 21 Abs. 3 des Protokolls Nr. 3 nicht verwehrt, aus verwaltungsökonomischen Gründen eine Ursprungsprüfung nur für den Fall anzuordnen, dass sich Präferenznachweise, die Gegenstand eines Nachprüfungsersuchens sind, als fehlerhaft erweisen, im Gegenteil: Sind die Zollbehörden des Ausfuhrlandes nach Art. 21 Abs. 3 des Protokolls Nr. 3 berechtigt, ohne nähere Angabe von Gründen und ohne konkreten Anlass umfassende Präferenzprüfungen anzuordnen, so steht ihnen diese Befugnis erst recht für den Fall zu, dass sich im Rahmen eines Nachprüfungsersuchens einer Zollbehörde des Einfuhrlandes begründete Zweifel hinsichtlich der Erfüllung der Voraussetzungen des Protokolls ergeben.

(3) Die mit Bescheid vom 7.3.2002 angeordnete Erweiterung der Ursprungsprüfung auf "alle Warenausfuhren (der Klägerin) zu Präferenzbedingungen seit dem 1.8.1999" genügt auch den Anforderungen der §§ 194, 196 AO, insbesondere ist die Prüfungsanordnung insoweit inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 119 Abs. 1 Satz 1 AO).

Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass eine Prüfungsanordnung den Prüfungszeitraum und den sachlichen Prüfungsumfang klar erkennen lassen muss (vgl. nur BFH, Urteil vom 13.12.1989 - X R 83/88 -, juris; Urteil vom 14.3.1990 - X R 104/88 -, juris). Eine Prüfungsanordnung stellt indes einen Verwaltungsakt dar, der auch dann hinreichend bestimmt ist, wenn sich sein Regelungsinhalt durch Auslegung ermitteln lässt. Bei dieser Auslegung kommt es nach den entsprechend anwendbaren Vorschriften der §§ 133, 157 BGB darauf an, wie der Betroffene nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt des Verwaltungsaktes unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben verstehen konnte, wobei nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks gehaftet werden darf (allgemeine Ansicht, vgl. nur BFH, Urteil vom 3.12.1985 - VII R 17/84 -, juris; Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 37, Rdnr. 5; jeweils m.w.N.). Die Auslegung muss allerdings zu einem klaren Ergebnis führen können, d.h. die Regelung des Verwaltungsaktes muss so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, dass der Adressat sein Verhalten danach einrichten kann. Hinsichtlich einer Prüfungsanordnung ist dabei auf ihre besondere Rechtswirkung Bedacht zu nehmen; sie grenzt einerseits die Rechte und Pflichten der Behörde, andererseits die Rechte und Pflichten des Inhaltsadressaten im Rahmen des Prüfungsverfahrens ab (vgl. BFH, Urteil vom 3.12.1985 - VII R 17/84 -, juris).

Unter Berücksichtigung der vorstehend beschriebenen Rechtsgrundsätze ist die streitgegenständliche Prüfungsanordnung des beklagten Hauptzollamtes als hinreichend bestimmt anzusehen. So ist der Prüfungszeitraum in der Prüfungsanordnung unter Ziffer 4 konkret angegeben, er erstreckt sich vom 1.8.1999 bis zum Prüfungsbeginn. Dass die Prüfungsanordnung kein konkretes Datum hinsichtlich des Prüfungsbeginns enthält, vielmehr den Prüfungsbeginn (§ 197 Abs. 1 Satz 1 AO) späterer Bestimmung überlässt, ist nicht zu beanstanden (vgl. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.2.1992 - 11 K 14/89 -, juris), zumal auch eine gesetzliche Vorschrift, wonach die Außen- bzw. Ursprungsprüfung im Jahr der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung zu beginnen hat, nicht besteht. Darüber hinaus lässt die in Rede stehende Prüfungsanordnung den Prüfungsumfang auch in sachlicher Hinsicht klar und eindeutig erkennen. Zwar hätte es das Verständnis der Prüfungsanordnung erleichtert, wenn die Prüfungsanordnung den Hinweis darauf enthalten hätte, dass sich die Warenausfuhren zu Präferenzbedingungen auf den Warenverkehr mit Litauen und auf das Erzeugnis Altschuhe beziehen. Bei verständiger Würdigung des objektiven Erklärungswerts und des übrigen Inhalts der Prüfungsanordnung, wie insbesondere die ausdrückliche Erwähnung der Republik Litauen im Rahmen der Angabe der Rechtsgrundlage, musste der Klägerin indes klar sein, dass die Prüfungsanordnung vom 7.3.2002 nicht alle Ausfuhren in jedes beliebige Drittland umfassen, sondern sich lediglich auf die Ausfuhr von Altschuhen nach Litauen erstrecken sollte. Dessen ungeachtet sind mögliche Zweifel hinsichtlich des sachlichen Prüfungsumfangs jedenfalls durch die Erläuterungen in der Einspruchsentscheidung beseitigt worden. Das beklagte Hauptzollamt hat in der Einspruchsentscheidung vom 8.5.2002 unmissverständlich klargestellt, dass sich die in Rede stehende Erweiterung der Prüfungsanordnung ausschließlich auf den Warenverkehr der Klägerin mit Litauen bezieht.

Schließlich ist der Prüfungsanordnung auch hinreichend eindeutig und zuverlässig zu entnehmen, wann die Erweiterung für die Prüfungsanordnung - scil. die Feststellung der Unrichtigkeit des Präferenznachweises auf der Rechnung vom 22.8.2001 - eintreten soll. Bei Anwendung der auch für die Auslegung eines Verwaltungsakts maßgeblichen Regeln der §§ 133, 157 BGB kann die Klägerin die Prüfungsanordnung nur in der Weise verstehen, dass es insoweit entscheidend auf die Einschätzung der mit der Prüfung der Rechnung vom 22.8.2001 betrauten Prüfer ankommen soll.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO), bestehen nicht.

Ende der Entscheidung

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