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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 30.08.2005
Aktenzeichen: IV 337/02
Rechtsgebiete: VO (EWG) Nr. 2913/92, ZK


Vorschriften:

VO (EWG) Nr. 2913/92 Art. 220
ZK Art. 220
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Klägerin wehrt sich gegen die Nacherhebung von Zoll.

In der Zeit von August 1998 bis Januar 1999 ließ die Klägerin diverse Partien Bananen aus Ecuador beim seinerzeitigen Hauptzollamt Hamburg-Freihafen zum freien Verkehr abfertigen. Dabei wurde die Klägerin jeweils vertreten durch die Spedition S GmbH, Hamburg. Als Teilnehmerin am Sammelzollverfahren legte die Spedition beim Zollamt Z zunächst vereinfachte Zollanmeldungen vor, die sie im auf die Einfuhr folgenden Monat zu einer Sammelzollanmeldung zusammenfasste und entsprechend vervollständigte. Die Sammelzollanmeldungen legte sie dem seinerzeit zuständigen Hauptzollamt St. Annen vor. Da für die jeweiligen Sendungen Einfuhrlizenzen vorlagen, berechnete die Spedition S GmbH im Rahmen der Abgabenselbstberechnung lediglich den Kontingentszoll in Höhe von seinerzeit 75 ECU/t. Die Einfuhrlizenzen wurden für spanische Firmen ausgestellt und auf die Klägerin übertragen.

Mit Schreiben vom 13.6.2001 teilte das Zollfahndungsamt Hamburg dem seinerzeitigen Hauptzollamt St. Annen mit, dass 12 - im Einzelnen in Kopie angelegte - spanische Einfuhrlizenzen, mit denen die Spedition S GmbH für die Klägerin Bananen eingeführt habe, ge- oder verfälscht worden seien, so dass der Kontingentszollsatz zu Unrecht in Anspruch genommen worden sei. Hintergrund war ein Bericht des belgischen Finanzministeriums vom 16.11.2000, in dem mitgeteilt wurde, dass im Rahmen einer Untersuchung der Einfuhren von Bananen mit falschen spanischen Einfuhrzertifikaten bei der Klägerin Kopien von Zertifikaten, die mit einem falschen Stempelabdruck versehen waren, aufgefunden wurden. Diese Zertifikate seien von einer Firma in Portugal gekauft worden. In diesem Bericht werden die fraglichen Einfuhrlizenzen genannt.

Daraufhin forderte der Beklagte mit Steueränderungsbescheid vom 4.7.2001 Zoll in Höhe von 1.380.866,36 DM nach. Zur Begründung führte er aus, für die mit den Einfuhrlizenzen eingeführten Sendungen hätte statt des Kontingentszollsatzes der Drittlandszollsatz Anwendung finden müssen.

Die Klägerin legte am 25.7.2001 Einspruch ein und beantragte zugleich den Erlass der Forderung nach Art. 239 Zollkodex.

Auf Nachfrage des Zollkriminalamtes teilte das belgische Finanzministerium mit Schreiben vom 4.2.2002 (Blatt 2, 4 Anlagenheft II) mit, am 1.8.2000 seien eine Reihe von Kopien spanischer AGRIM-Zertifikate an das europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) gesandt worden. Von dort seien die Kopien an die spanischen Behörden weitergeleitet worden. OLAF antwortete mit Schreiben vom 1.9.2000 und übersandte ein Fax der zuständigen Abteilung des spanischen Wirtschaftsministeriums vom 21.8.2000, wonach keines der 233 übersandten Zertifikate vom Wirtschaftsministerium ausgestellt worden sei, folglich müssten alle als gefälscht klassifiziert werden. (Olaf teilte weiter mit, es gebe Hinweise darauf, dass eine Person aus dem spanischen Wirtschaftsministerium bei der Herstellung der gefälschten Zertifikate beteiligt gewesen sei. - Dieser Satz wurde mit Beschluss vom 29.09.2005 aus dem Text gestrichen) In Italien seien seit 1997 Hunderte gefälschter spanischer AGRIM-Zertifikate bei der Einfuhr von Bananen vorgelegt worden.

Mit Steueränderungsbescheid vom 17.8.2001 reduzierte der Beklagte die Abgabenforderung auf 1.367.382,08 DM. Ursprünglich sei aufgrund eines Übertragungsfehlers von einem zu hohen Abgabenbetrag ausgegangen worden.

Der Einspruch der Klägerin wurde mit Einspruchsentscheidung vom 23.7.2002 zurückgewiesen.

Mit ihrer am 29.7.2002 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt zunächst vor, es lägen bislang keinerlei Berichte (Zwischenbericht oder Schlussbericht) der Ermittlungsbehörden vor. Die Behauptung, die Einfuhrlizenzen seien gefälscht, sei daher nicht überprüfbar. Die Lizenzen seien vom Beklagten bislang auch nicht im Original vorgelegt worden. Ihr lägen Informationen vor, wonach es sich um die Original Lizenzvordrucke handele und auch die Dienstsiegelabdrucke zutreffend seien. Danach könne es sich um echte Lizenzen gehandelt haben, die aber nach Maßgabe des Gemeinschaftsrechts nicht an die in den Lizenzen genannten Inhaber bzw. Inhabernachfolger hätten ausgegeben werden dürfen. Derartige Lizenzen seien nicht zwangsläufig ungültig.

In diesem Zusammenhang stützt sich die Klägerin auf - angebliche - Berichte der Abteilung CUAFD der Europäischen Kommission vom 13.7.2000 sowie des OLAF vom 23.4.2004, die sie von ihren belgischen Anwälten erhalten haben will und die aus dem gleich gelagerten Verfahren der italienischen Firma O gegen die italienischen Zollbehörden stammten. Aus dem Bericht der Abteilung CUFAD ergebe sich, dass keine Beweise dafür vorlägen, dass sie an unlauteren Machenschaften beteiligt gewesen sei und dass es sich bei den Einfuhrlizenzen um "echte Duplikate" gehandelt habe. Das spanische Wirtschaftsministerium habe, wie eine Begutachtung ergeben habe, zwei Originalausfertigungen von jedem Einfuhrdokument ausgestellt, wobei eines vom spanischen Lizenzinhaber genutzt und das andere an Dritte übertragen worden sei. Die Erklärung, die Lizenzen nie ausgegeben zu haben, beruhe auf dem eigenen Interesse des spanischen Wirtschaftsministeriums, da Spanien durch das Ausstellen von mehr als einer Lizenz seinen Mengenanteil für Bananeneinfuhren in die EU überschritten habe. Aus dem Bericht des OLAF ergebe sich, dass die Verantwortlichkeit für den rechtswidrigen Handel mit spanischen Lizenzen einem bestechlichen Beamten des Außenhandelsministeriums in Madrid zuzuschreiben sei. Spanische Makler hätten die falschen Lizenzen auf dem deutschen Bananenmarkt angeboten.

Weiter beruft sie sich auf Art. 220 Abs. 2 lit. b Zollkodex, da sie mögliche Unstimmigkeiten der Lizenzen nicht habe erkennen können. Schließlich rügt die Klägerin, dass der Beklagte die vorliegenden Schreiben lediglich in einer "Rohübersetzung" vorgelegt habe.

Die Klägerin beantragt, den Steueränderungsbescheid vom 4.7.2001 i.d.F. des Änderungsbescheides vom 17.8.2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. 7.2002 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, die Klägerin hätte die Bananen nicht zollbegünstigt einführen dürfen. Die von ihr vorgelegten Einfuhrlizenzen seien mit einem falschen Stempelabdruck versehen gewesen, so dass sie als ungültig angesehen werden müssten. Auch wenn die strafrechtlichen Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien, stehe doch ausweislich des Schreibens des spanischen Wirtschaftsministeriums fest, dass die Einfuhrlizenzen nicht vom spanischen Wirtschaftsministerium als zuständiger Stelle ausgestellt worden seien. Gem. Art. 26 VO Nr. 896/2001 sei für die Feststellung, ob gültige Einfuhrlizenzen vorliegen oder nicht, die für die Ausstellung zuständige Behörde des Mitgliedstaaten zuständig. Insofern sei die Mitteilung des spanischen Wirtschaftsministeriums maßgeblich. Über die vorgelegten Akten hinaus verfüge sie über keinerlei Erkenntnisse zum Stand der im Ausland geführten Ermittlungen. Die Überlegungen der Klägerin zur Art bzw. zum Umfang der Fälschungen seien spekulativ. Selbst wenn sich herausstellen sollte, dass Angehörige der ausstellenden Behörde die Einfuhrlizenzen pflichtwidrig erteilt hätten, ändere dies nichts daran, dass die Einfuhrlizenzen ungültig seien. Statt des Kontingentszollsatzes von 75 EUR/t hätte daher der Regelzollsatz von 737 EUR/t angewandt werden müssen. Inwieweit der Klägerin selbst Pflichtverletzungen zur Last zu legen seien, stehe beim gegenwärtigen Ermittlungsstand noch nicht fest. Insbesondere lägen zu Art und Umfang der in Belgien geführten Ermittlungen bisher keine ausreichenden Erkenntnisse vor. Ermittlungen würden zur Zeit auch noch in Spanien geführt.

Die von der Klägerin vorgelegten angeblichen Berichte der Abteilung CUAFD der Europäischen Kommission vom 13.7.2000 sowie des OLAF vom 23.4.2004 seien nicht erkennbar authentisch. Es sei weder ein Anschreiben noch ein Verhandlungsprotokoll von offizieller Seite vorgelegt worden, mit dem die angeblichen Dokumente übergeben worden seien und aus denen auf die Herkunft der Schriftstücke geschlossen werden könne. Davon abgesehen seien sie nicht verwertbar, es könne sich zum Beispiel um interne Vermerke handeln. Dafür spreche, dass die Äußerungen teilweise spekulativ seien. Auch handele es sich nur um Fragmente umfangreicher Schriftstücke, der Gesamtzusammenhang sei nicht erkennbar. Abgesehen davon ließen die Unterlagen nicht den Schluss zu, die Lizenzen seien keine Fälschungen.

Am 24.3.2005 hat vor dem Berichterstatter ein Erörterungstermin stattgefunden. In der Folge bemühte sich der Beklagte vergeblich bei OLAF um Klärung der Frage, ob die streitigen Lizenzen wirksam sind oder nicht. In dem erst danach vorgelegten Schussbericht von OLAF vom 13.5.2002 wird festgehalten, dass falsche Einfuhrlizenzen verwandt worden sind, nähere Angaben zu den Hintergründen enthält der Bericht nicht.

Mit Schriftsatz vom 31.6.2005 reichte die Klägerin ein Urteil des Strafgerichts Ravenna vom 6.10.2004 ein, in dem festgestellten wurde, dass als falsch angesehene Lizenzen, die im dortigen Strafverfahren eine Rolle spielten und die aus dem gleichen Komplex stammen wie die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen, von Beamten des Ministeriums ausgestellt worden sind und dass es sich um in der ausstellenden Behörde tatsächlich genutzte Stempel handelte. Auch stammten die Namen und Unterschriften von zur Ausstellung entsprechender Dokumente befugten Angestellten.

In seinem Schriftsatz vom 27.7.2005 geht der Beklagte davon aus, dass ein Beamter des spanischen Ministeriums, der an sich zur Ausstellung von Einfuhrlizenzen befugt gewesen sei, unbefugt und unrechtmäßig falsche Einfuhrlizenzen ausgestellt habe. Derartige Urkunden seien unwirksam.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die Beiakten des Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).

Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet.

I. Der Steueränderungsbescheid vom 4.7.2001 ist i.d.F. des Änderungsbescheides vom 17.8.2001 und der Einspruchsentscheidung vom 23.7.2002 rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

Als Rechtsgrundlage für die angefochtene Nacherhebung des Zolls kommt allein die Vorschrift des Art. 220 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12.10.1993 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (Zollkodex) in Betracht. Danach erfolgt die nachträgliche buchmäßige Erfassung, wenn der einer Zollschuld entsprechende Abgabenbetrag nicht oder mit einem geringeren als dem gesetzlich geschuldeten Betrag buchmäßig erfasst worden ist. Die Voraussetzungen des Art. 220 Abs. 1 Zollkodex sind im Streitfall nicht erfüllt.

Entscheidend ist, inwieweit die Klägerin berechtigt war, die Bananen zollbegünstigt einzuführen. Voraussetzung dafür ist, dass sie im Besitz wirksamer Einfuhrlizenzen war. Für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Nacherhebung des Zolls ist der Beklagte beweispflichtig. Der Beweis für das Vorliegen eines Sachverhalts, aus dem sich ergibt, dass die Klägerin unwirksame Lizenzen vorgelegt hat, ist ihm nicht gelungen. Vielmehr kann die ernsthafte Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass es sich zwar um rechtswidrige, gleichwohl aber wirksame Einfuhrlizenzen handelte. Einfuhrlizenzen stellen - nach der nationalen Rechtsterminologie - Verwaltungsakte dar, die den Marktteilnehmer zur Einfuhr von Waren berechtigen. Diese Berechtigung ist abhängig von der Wirksamkeit des Verwaltungsakts, wobei die Rechtmäßigkeit keine Wirksamkeitsvoraussetzung darstellt. Auch ein rechtswidriger Verwaltungsakt ist wirksam und berechtigt, da er Rechtswirkungen erzeugt, den Adressaten. Lediglich dann, wenn ein Verwaltungsakt unter einem besonders schwer wiegenden Mangel leidet, der zur Nichtigkeit führt, ist er unwirksam. Diese Grundsätze des nationalen Verwaltungsverfahrensrechts (§§ 124 Abs. 3, 125 AO; §§ 43 Abs. 3, 44 VwVfG - entsprechende Vorschrift finden sich in den Rechtsordnungen aller Mitgliedstaaten, so: Alexander in Witte, Zollkodex, Art. 10 Tz. 2) sind auch im Gemeinschaftsrecht anwendbar. So ist etwa in Art. 10 Zollkodex geregelt, dass die einzelstaatlichen Vorschriften, nach denen eine Entscheidung aus Gründen unwirksam ist oder wird, die nicht unmittelbar das Zollrecht betreffen, unberührt bleiben.

Das Vorliegen eines derart besonders schwer wiegenden Fehlers, der zur Nichtigkeit und damit Unwirksamkeit der Einfuhrlizenzen führt, kann nicht festgestellt werden. Tatsachen, aus deren Vorliegen auf einen besonders schwer wiegenden Fehler geschlossen werden könnte, hat der Beklagten nicht dargelegt und bewiesen. Die Beteiligten gehen übereinstimmend und zutreffend davon aus, dass die von der Klägerin genutzten Einfuhrlizenzen jedenfalls nicht rechtmäßig ausgestellt worden waren. Wie sich aus dem Schriftsatz des Beklagten vom 27.7.2005 ergibt, ist auch er mittlerweile der Auffassung, dass die streitigen Lizenzen von einem hierzu konkret nicht befugten Mitarbeiter des spanischen Wirtschaftsministeriums ausgestellt worden sind. Auch das Strafgericht Ravenna kommt in seinem Urteil vom 6.10.2004, das die Klägerin eingereicht hat, zu dem Ergebnis, dass die dort streitigen Lizenzen tatsächlich aus dem spanischen Wirtschaftsministerium stammten. Das Strafgericht geht zwar davon aus, dass es sich um gefälschte Lizenzen handelt, die aber einen echten Stempelaufdruck tragen und von Beamten des Ministeriums ausgestellt wurden. Es wird daher als wahrscheinlich angesehen, dass die Lizenzen von einem im ausstellenden Ministerium beschäftigten Beamten stammten.

Die Hintergründe der Ausstellung der Lizenzen sind nach wie vor unklar und wurden vom beweisbelasteten Beklagten nicht dargelegt. Ob es sich um einen Fall von Korruption handelt, steht nicht fest. Die Mutmaßungen der Beteiligten in diesem Zusammenhang sind spekulativ. Insbesondere dann, wenn es sich lediglich um einen Fall fehlender Befugnis eines Mitarbeiters des Ministeriums handelt, der jedoch grundsätzlich berechtigt ist, derartige Lizenzen auszustellen und der die streitgegenständlichen Lizenzen ansonsten formell ordnungsgemäß (Vordruck, Stempel etc.) ausgestellt hat, vermag der Senat keinen besonders schwer wiegenden, zur Nichtigkeit führenden Mangel zu erkennen. Ob etwas anderes gilt, wenn das Ausstellen der Lizenzen Ergebnis eines Korruptionsvorfalls ist und der Berechtigte - hier die Klägerin - von dem Korruptionsvorfall keine Kenntnis hat, braucht der Senat nicht zu entscheiden, da der Beklagte einen derartigen Sachverhalt nicht bewiesen hat. Entscheidend ist aber in jedem Fall, dass es sich nicht um einen bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundigen Fehler (vgl. § 125 Abs. 1 AO) handelt. Der Mangel der Lizenzen war weder für die Klägerin - von deren Gutgläubigkeit mittlerweile auch der Beklagte ausgeht -, noch für die Beamten der Zollverwaltung, die diese Lizenzen zunächst anerkannt haben, noch für verständige Dritte erkennbar. Dies schon deshalb, weil sie keine äußeren Fälschungsmerkmals aufweisen und für den außen stehenden Dritten nicht erkennbar war, inwieweit das zustehende Kontingent bereits erschöpft war oder noch Raum für das Ausstellen weiterer Lizenzen bestand. Auf eine derartige Erkennbarkeit des Fehlers kann nicht verzichtet werden, da Fälle die auch bei versteckten Fehlern zur Nichtigkeit führen (vgl. z.B. § 125 Abs. 2 AO), nicht gegeben sind. Mangels entgegenstehender gemeinschaftsrechtlicher Regelung hat der Senat keine Bedenken, die Wertungen des § 125 AO als allgemeine Rechtsgrundsätze zu Grunde zu legen. Entscheidend ist weiter, dass die Fälle, in denen die Behörde eine begünstigende Entscheidung aus Zuständigkeits- oder materiellen Gründen nicht hätte treffen dürfen, sowohl vom Gemeinschaftsverordnungsgeber (vgl. Art. 8 Abs. 1 Zollkodex) als auch vom nationalen Gesetzgeber (vgl. § 130 Abs. 2 AO) nicht als Nichtigkeitsgrund, sondern als zur Rücknahme berechtigenden Mangel angesehen werden. Dies schließt zwar nicht aus, einen entsprechenden Mangel als derart schwer wiegend anzusehen, dass gleichwohl Nichtigkeit anzunehmen ist, Umstände die diesen Schluss rechtfertigen würden, hat der Beklagte aber - wie dargelegt - weder substantiiert dargelegt, noch bewiesen.

Der Beklagte kann sich zum Beweis des Vorliegens der Nachforderungsvoraussetzungen lediglich auf die Auskunft des spanischen Wirtschaftsministeriums vom 21.8.2000 stützen, wonach keines der 233 überprüften Zertifikate von dieser Behörde ausgestellt worden ist. Auch wenn diese Auskunft des spanischen Wirtschaftsministeriums in dem dafür vorgesehenen Nachprüfungsverfahren gem. Art. 26 der Verordnung (EG) Nr. 896/2001 der Kommission vom 7.5.2001 mit Durchführungsbestimmungen zu der Verordnung (EWG) Nr. 404/93 des Rates hinsichtlich der Regelung für die Einfuhr von Bananen in die Gemeinschaft eingeholt worden und innerhalb dieses Verfahrens möglicherweise hinreichend ist, ersetzt sie nicht den substantiierten Vortrag und den Beweisantritt des beweisbelasteten Beklagten. Das Schreiben des spanischen Wirtschaftsministeriums stellt als Urkunde ein zulässiges Beweismittel dar, ob dieses Beweismittel jedoch geeignet ist, den erforderlichen Beweis zu erbringen, obliegt der Bewertung durch das Gericht. Das Schreiben vom 21.8.2000 ist wenig aussagekräftig und inhaltlich unklar. Dass die fraglichen Einfuhrlizenzen aus dem spanischen Wirtschaftsministerium stammen, ist nach den zollbehördlichen Ermittlungen zumindest erheblich wahrscheinlich, auch der Beklagte geht mittlerweile davon aus. Fraglich ist allein - wie dargelegt - ob die Lizenzen hätten ausgestellt werden dürfen. Das Schreiben vom 31.8.2000 wird daher dahin zu verstehen seien, dass die Einfuhrlizenzen nicht von hierfür formal zuständigen bzw. materiell berechtigten Mitarbeitern des Wirtschaftsministeriums ausgestellt worden sind. Dies ist unstreitig und besagt für sich genommen über die Wirksamkeit der Lizenzen nichts.

Letztlich kann also nur von der Rechtswidrigkeit der Einfuhrlizenzen ausgegangen werden, so dass sie wirksam waren und die Klägerin zollbegünstigt einführen durfte. Von der Möglichkeit, die rechtswidrigen Lizenzen aufzuheben (vgl. Art. 8 und 9 Zollkodex bzw. ggf. die entsprechenden nationalen Regelungen) wurde kein Gebrauch gemacht. Die Mitteilung des spanischen Wirtschaftsministeriums, die Lizenzen nicht ausgestellt zu haben, stellt ersichtlich keinen, die Lizenzen aufhebenden Rechtsakt dar.

Der Senat sieht sehr wohl, dass sich der Beklagte in Beweisnot befindet, da es ihm offenbar nicht möglich ist, an weitere Informationen zu gelangen. Dies wurde im Erörterungstermin deutlich, auch haben die Bemühungen, über das Zollkriminalamt und OLAF an weitere beweiskräftige Informationen zu gelangen (vgl. das Schreiben vom 7.2.2005) keine greifbaren und verwertbaren Ergebnisse gebracht. Diese Schwierigkeiten sind vor dem Hintergrund, dass in verschiedenen Mitgliedstaaten Ermittlungen geführt werden, und dass unklar ist, welche Behörden über welche Unterlagen verfügen - so konnte etwa bislang nicht geklärt werden, wo sich die Original-Einfuhrlizenzen befinden - ohne weiteres nachvollziehbar. Die Aufklärungsschwierigkeiten des Beklagten und das sich insoweit ergebende mögliche Aufklärungsdefizit können jedoch nicht zu Lasten der Klägerin gehen, zumal diese ihre Mitwirkungspflicht im vorliegenden Verfahren nicht verletzt hat.

Anlass, den Sachverhalt im Rahmen der Amtsermittlung weiter aufzuklären, bestand für den Senat nicht. Abgesehen davon, dass konkrete Ermittlungsansätze nicht ersichtlich waren und insbesondere nach den Ausführungen des Beklagten im Erörterungstermin nicht zu erwarten war, dass die streitigen Einfuhrlizenzen im Original zur Überprüfung hätten vorgelegt werden können, bestand kein zwingender weiterer Aufklärungsbedarf. Dies, weil - wie dargelegt - zumindest die Herkunft der Lizenzen aus dem spanischen Wirtschaftsministerium mittlerweile unstreitig ist und Bemühungen, den weiteren Hintergrund der Lizenzausstellung aufzuklären, nicht Erfolg versprechend scheinen. Es erscheint auch nicht sachgerecht, den Ausgang etwa noch offener Ermittlungsverfahren abzuwarten zumal nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass diese Verfahren zu erheblichen Ergebnissen führen. Der Beklagte hat sich mit einem von der Klägerin zu Beginn des Gerichtsverfahrens angeregten Ruhen bzw. Aussetzen dieses Verfahrens nicht einverstanden erklärt. Es ist daher auf der Grundlage des feststehenden Sachverhalts bzw. nach Beweislast zu entscheiden.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe des § 115 Abs. 2 FGO nicht gegeben sind.

Ende der Entscheidung

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