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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 29.10.2008
Aktenzeichen: 1 K 1059/05
Rechtsgebiete: EigZulG


Vorschriften:

EigZulG § 9 Abs. 2 S. 4
EigZulG § 9 Abs. 5 S. 6
EigZulG § 17
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

1 K 1059/05

Tenor:

Die Änderungsbescheide zur Eigenheimzulage 1997 vom 19.01.2004 und zur Eigenheimzulage 1998 vom 16.1.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.02.2005 sowie der Änderungsbescheid zur Eigenheimzulage 1998 vom 11.11.2005 werden aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Tatbestand:

Die Kläger erwarben mit Datum vom 16.01.1997 das Einfamilienhaus K-Str. in der Stadt B. Zum Zeitpunkt des Erwerbs hatten die Kläger zwei Kinder. Nach entsprechendem Antrag vom 30.06.1997 wurde ihnen Eigenheimzulage nach den Vorschriften des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) gewährt und durch Bescheid vom 01.08.1997 für die Kalenderjahre 1997 bis 2004 in Höhe von 5.500,- DM jährlich (2,5 % von 100.000,- DM = 2.500,- DM zuzüglich 2 x 1.500,- DM Kinderzulage) festgesetzt. Im Hinblick auf das am 26.09.1998 geborene Kind D wurde die Eigenheimzulage für die Jahre 1998 bis 2004 nach § 11 Abs. 2 EigZulG mit Bescheid vom 29.10.1998 auf 7.000,- DM (2.500,- DM zuzüglich 3 x Kinderzulage von je 1.500,- DM) neu festgesetzt.

Mit Datum vom 15.12.2003 erwarb der Kläger 11 Genossenschaftsanteile der J - e.G. im Wert von 5.720,- Euro. Er leistete hierauf in 2003 eine Soforteinlage von 1.160,- Euro und beantragte mit Erklärung vom 30.12.2003 hierfür eine Eigenheimzulage nach § 17 EigZulG. Mit Bescheid vom 16.01.2004 wurde antragsgemäß für das Jahr 2003 eine Eigenheimzulage in Höhe von 803,- Euro (3 % der Bemessungsgrundlage von 1.160,- Euro zuzüglich 3 x 256,- Euro je Kind) und für das Jahr 2004 in Höhe von 357,- Euro festgesetzt (§ 17 Satz 6 EigZulG).

Gleichzeitig wurde mit Bescheid vom 19.01.2004 die Eigenheimzulage 1997 und mit Bescheid vom 16.01.2004 die Eigenheimzulage 1998 für das eigengenutzte Einfamilienhaus K-Str. nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. AO geändert. Unter Anrechnung der Fördergrundbeträge und der Kinderzulagen aus der Genossenschaftsförderung wurde die Eigenheimzulage 1997 auf 2.010,40 Euro und die Eigenheimzulage 1998 auf 3.222,16 Euro herabgesetzt. Hinsichtlich der Berechnung im Einzelnen wird auf die Bescheide vom 16.1.2004 und 19.1.2004 verwiesen.

Nach hiergegen erfolglos geführtem Einspruchsverfahren wenden sich die Kläger mit ihrer Klage gegen die Kürzung der Eigenheimzulage für die Jahre 1997 und 1998. Sie tragen vor, eine Anrechnung der Fördergrundbeträge und Kinderzulagen aus der Genossenschaftsförderung gem. § 9 Abs. 2 Satz 4 bzw. Satz 6 EigZulG sei rechtswidrig.

Weder aus dem Wortlaut des § 9 EigZulG noch aus dem Sinn und Zweck des § 17 EigZulG lasse sich die vom Finanzamt angewendete Anrechnung ableiten. § 9 Abs. 2 S. 4 EigZulG gehe von einer zeitlichen Reihenfolge aus, nach der der Anspruchsberechtigte zunächst die Genossenschaftsförderung in Anspruch genommen habe und danach die Eigenheimzulage nach § 2 EigZulG für die Herstellung oder Anschaffung einer Wohnung. Die umgekehrte Anrechnung lasse sich daraus nicht ablesen.

Eine rückwirkende Änderung von Fördergrundbeträgen und Kinderzulagen wegen der späteren Genossenschaftsförderung gem. § 9 Abs. 2 S. 4 bzw. S. 6 EigZulG scheide auch im Hinblick auf Sinn und Zweck des § 17 EigZulG aus. Die Genossenschaftsförderung nach § 17 EigZulG sei eine eigenständige, von der Eigenheimzulage für eigengenutzte Wohnungen unabhängige Förderung. Sie könne insbesondere auch noch dann beansprucht werden, wenn bereits Objektverbrauch nach § 6 Eigenheimzulagegesetz eingetreten sei. In der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung sei nicht Voraussetzung, dass der Anspruchsberechtigte innerhalb des Förderzeitraums eine Wohnung der Genossenschaft zu eigenen Wohnzwecken nutze. Gefördert werde insoweit die Mobilisierung privaten Kapitals für das Genossenschaftswesen im Wohnungsneubau. So auch BFH-Urteil vom 15.01.2002 IX R 55/00, BStBl II 2002, 274. Die Anrechnungsvorschrift bezwecke allein, eine Doppelförderung derselben wirtschaftlichen Investition auszuschließen (erst Genossenschaftsanteile, dann Eigentums-erwerb einer Wohnung dieser Genossenschaft). Sie bezwecke darüber hinaus nicht, den Charakter der Genossenschaftsförderung als einer eigenständigen, neben die Eigenheimzulage nach § 2 EigZulG tretenden Förderung umzuwandeln in eine grundsätzlich nur alternative Förderung. Andernfalls würden etwa in Fällen, in denen - wie hier - erst Eigenheimzulage nach § 2 und dann Genossenschaftsförderung in Anspruch genommen worden sei, stets die bestandskräftigen Eigenheimzulagebescheide gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO rückwirkend geändert werden können. Dadurch würde die Förderung für die Anschaffung von Genossenschaftsanteilen gem. § 17 EigZulG, die auch die Finanzverwaltung in Fällen wie diesen anerkenne, tatsächlich ad absurdum geführt, nämlich praktisch gestrichen.

Unabhängig davon verbiete sich eine Anrechnung auch aus Vertrauensschutzgründen. Die Finanzverwaltung NRW habe in einer Publikumsbroschüre an Steuerkunden nicht über die von ihre praktizierte Anrechnungspraxis informiert, sondern im Gegenteil durch die schriftliche Information den Eindruck erweckt, dass die Anschaffung von Anteilen an einer Wohnungsbaugenossenschaft neben der Eigenheimzulage nach § 2 EigZulG und unabhängig von dieser gefördert werden könne. Die Kenntnis dieser Broschüre sei ausschlaggebend für seine, des Klägers, Investitionsentscheidung gewesen. Selbst bei einer sofortigen Kündigung der Genossenschaftsanteile würde ihm durch Eintrittsgeld, Aufgeld und Zinsverlust ein Schaden in Höhe von mindestens 350,- Euro entstehen, vorausgesetzt, dass die Genossenschaftsanteile nach Ablauf der Kündigungsfristen in einigen Jahren zu 100 % zurückgezahlt würden, was keinesfalls sicher sei.

Unabhängig von diesen grundsätzlichen Erwägungen zur Anrechnungspraxis der Finanzverwaltung sei die Anrechnung darüber hinaus unzutreffend vorgenommen worden, da im Jahr 1997 auch die im Jahr 2003 für das Kind D gewährte Kinderzulage angerechnet worden sei. Dieser sei jedoch erst im Jahr 1998 geboren. Insoweit handele es sich, auch wenn man der Auffassung der Finanzverwaltung folge, nicht um eine Doppelförderung, da das Kind D in 1997 noch nicht gefördert worden sei.

Die Kläger beantragen,

die Änderungsbescheide zur Eigenheimzulage 1997 vom 19.01.2004 und zur Eigenheimzulage 1998 vom 16.1.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.02.2005 sowie den Änderungsbescheid zur Eigenheimzulage 1998 vom 11.11.2005 aufzuheben,

hilfsweise

unter Änderung des Bescheides über Eigenheimzulage 1997 vom 16.01.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.02.20005 die Eigenheimzulage für das Jahr 1997 unter Außerachtlassung der Anrechnung der Kinderzulage in Höhe von 256,- Euro für das Kind D neu festzusetzen,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Unter Verweis auf die Einspruchsentscheidung vom 10.02.2005 trägt der Beklagte vor, nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 S. 4 und des Abs. 5 S. 6 EigZulG mindere sich der Fördergrundbetrag für die Herstellung oder Anschaffung einer Wohnung jeweils um den Betrag, den der Anspruchsberechtigte im jeweiligen Kalenderjahr des Förderzeitraumes für die Anschaffung von Genossenschaftsanteilen nach § 17 EigZulG in Anspruch genommen habe. Hiernach seien der Fördergrundbetrag und die Kinderzulage die für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen gewährt würden, auf den Fördergrundbetrag und die Kinderzulagen, die für die Herstellung oder Anschaffung einer Wohnung gewährt würden, anzurechnen. Die Anrechnung erfolge jeweils nach den entsprechenden Kalenderjahren des Förderzeitraums. So sei die Eigenheimzulage für das erste Jahr des Förderzeitraumes, der für die Wohnung gelte, um die Eigenheimzulage zu kürzen, die für das erste Jahr des Förderzeitraums für die Genossenschaftsanteile nach § 17 EigZulG gelte. Dies sei unabhängig davon zu beachten, ob der Anspruchsberechtigte eine Wohnung von der Genossenschaft erwerbe oder eine andere Wohnung anschaffe oder herstelle. Die Anrechnung erfolge auch, wenn - wie im Streitfall - der Anspruchsberechtigte zunächst die Wohnung herstelle oder anschaffe und sich dann erst mit Geschäftsanteilen an der Genossenschaft beteilige. Dann sei, wie im vorliegenden Fall geschehen, der Eigenheimzulagenbescheid für die Wohnung nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 (rückwirkendes Ereigniss) zu ändern.

Das Klagebegehren könne auch im Hinblick auf die Ausführungen des Klägers zur Informationsbroschüre der Finanzverwaltung keinen Erfolg haben. Die Voraussetzungen, unter denen das Finanzamt nach Treu und Glauben an erteilte Auskünfte gebunden sei, lägen im Streitfall nicht vor.

Die Parteien haben durch Erklärung im Erörterungstermin vom 2.6.2005 auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Mit Datum vom 11.11.2005 hat der Beklagte während des Klageverfahrens im Hinblick auf die Erhöhung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Satz 6 EigZulG einen geänderten Bescheid zur Eigenheimzulage 1998 erlassen, auf den hier verwiesen wird.

Ergänzend wird auf die im Klageverfahren gewechselten Schriftsätze und den Akteninhalt des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist bereits mit dem Hauptantrag begründet.

Zu Unrecht hat der Beklagte die für den Erwerb der Genossenschaftsanteile gewährte Förderung auf die zuvor anlässlich des Erwerbes des Eigenheimes der Kläger K-Str. in der Stadt B gewährte Eigenheimzulage angerechnet.

1. Nach § 9 Abs. 2 S. 4, Abs. 5 S. 6 EigZulG mindern sich der Fördergrundbetrag für die Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung sowie die Kinderzulage "jeweils um den Betrag, den der Anspruchsberechtigte im jeweiligen Kalenderjahr des Förderzeitraums für die Anschaffung von Genossenschaftsanteilen nach § 17 in Anspruch genommen hat". Entgegen der Auffassung des Beklagten ist diese Vorschrift dahingehend auszulegen, dass von ihr jedenfalls der hier streitige Fall des vorgelagerten Erwerbs einer selbstgenutzten Wohnung nicht erfasst wird.

a) Für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille maßgebend, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist. Bei mehreren möglichen Auslegungen des Gesetzeswortlauts ist derjenigen der Vorzug zu geben, die dem im Wortlaut des Gesetzes und in seinem Sinnzusammenhang ausgedrückten Gesetzeszweck entspricht. Der Entstehungsgeschichte einer Vorschrift kommt für deren Auslegung insofern Bedeutung zu, als sie die Richtigkeit einer nach den angegebenen Grundsätzen erhaltenen Auslegung bestätigt oder Zweifel behebt, die anders nicht ausgeräumt werden können. Steuerbegünstigungsvorschriften sind unter sinnvoller Würdigung des mit ihnen verfolgten Zwecks auszulegen (BFH-Urteile vom 7.5.1987 IV R 150/84, BStBl II 1987, 670 undvom 31.10.1991 X R 9/91, BStBl II 1992, 241 mit umfangreichen Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur).

b) Dies zugrundegelegt, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 Satz 4 EigZulG, dass sich die Anrechnung der Förderbeträge für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen nicht auf Fälle der vorgelagerten Eigenheimförderung erstreckt. Die Formulierung "in Anspruch genommen hat" bezieht sich dem Wortlaut nach nur auf Fälle, in denen zunächst die Genossenschaftsanteile und später dann eine Wohnung erworben wurde.

c) Für dieses Ergebnis spricht auch die Systematik des Eigenheimzulagengesetzes, nämlich die Ansiedlung der Anrechnungsvorschrift in § 9 EigZulG, der die Berechnung der Eigenheimzulage der Höhe nach regelt. Hier soll in Zusammenhang mit einer aktuell zu gewährenden Eigenheimförderung eine Anrechnung bereits gewährter Förderbeträge für die Anschaffung von Genossenschaftsanteilen erfolgen. Wäre eine generelle Anrechnung solcher Förderbeträge auf jegliche Art der Förderung von Wohnungseigentum beabsichtigt gewesen, hätte es sich eher angeboten die Anrechnungsvorschrift in § 17 EigZulG, der sich mit der Förderung von Genossenschaftsanteilen beschäftigt, anzusiedeln.

d) Dieses aus Wortlaut und Systematik des Gesetzes gewonnene Ergebnis wird durch den Förderzweck des § 17 EigZulG in der im Streitjahr geltenden Fassung bestätigt.

Der Bundesfinanzhof hat in seinemUrteil vom 15.1.2002 IX R 55/00, BStBl II 2002, 274 entschieden, dass die Förderung der Anschaffung von Genossenschaftsanteilen nicht den Erwerb einer Genossenschaftswohnung im Förderzeitraum zu eigenen Wohnzwecken voraussetzt und macht hierbei zum Förderzweck des § 17 EigZulG folgende Ausführungen:

"Der Gesetzgeber hat mit § 17 EigZulG jenseits der Tradition der Wohneigentumsförderung in den §§ 7b und 10e des Einkommensteuergesetzes (EStG) einen eigenständigen Subven-tionstatbestand geschaffen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 191, 377 , BStBl II 2000, 414). Dieser soll zunächst das genossenschaftliche Wohnen fördern, das insbesondere für Familien mit geringem Einkommen eine Alternative zum Erwerb eigenen Wohnraums darstellt (vgl. die Empfehlung des Finanzausschusses zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 13/2784, S. 35, 36). Das gesetzliche Subventionsangebot soll aber auch "die Eigenkapitalausstattung der Genossenschaften durch Mobilisierung zusätzlichen privaten Kapitals" verbessern, "um so die Voraussetzungen für ein verstärktes Engagement im Wohnungsneubau zu schaffen" (so die Beschlussempfehlung und der Bericht des Finanzausschusses des Bundestages, BTDrucks 13/2784, S. 40). Zwar verfolgen reine Kapitalanleger, die nicht beabsichtigen, eine Genossenschaftswohnung je zu nutzen, nicht das Ziel, mit der Mitgliedschaft in der Wohnungsbaugenossenschaft eine Vorstufe zum späteren Erwerb der Wohnung zu erreichen. Aber auch derjenige wird dem Förderzweck des genossenschaftlichen Wohnens gerecht, der sich --ohne eine Selbstnutzung anzustreben-- nur kapitalmäßig an der Wohnungsbaugenossenschaft beteiligt und mit dem Erwerb von Anteilen die Eigenkapitalausstattung der Genossenschaften verbessert: Er trägt dazu bei, Wohnraum für diejenigen Genossenschaftsmitglieder zu schaffen, die selbst dazu nicht in der Lage sind."

Dieser vom Bundesfinanzhof herausgearbeitete und auch von dem erkennenden Senat seiner Auslegung zugrundegelegte Förderzweck der Verbesserung der Eigenkapitalausstattung von Genossenschaften könnte nicht bzw. nur sehr eingeschränkt erreicht werden, wenn die Förderung des Erwerbs von Genossenschaftsanteilen - so allerdings der Beklagte - generell auf jede weitere Eigenheimförderung nach dem EigZulG angerechnet würde, da dann letztlich nur derjenige faktisch, das heißt ohne Anrechnung, in den Genuss der Förderung für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen käme, der keine weitere Eigenheimförderung in Anspruch nähme oder in Anspruch genommen hätte. Dies führte zu einer nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung zwischen Kapitalanlegern (durch den Erwerb von Genossenschaftsanteilen), die ein Eigenheim bewohnen und insoweit Eigenheimförderung nach dem Eigenheimzulagengesetz in Anspruch nehmen, und solchen, die die Voraussetzung für eine solche Eigenheimförderung nicht erfüllen und denen dann als Einzigen der Genuss der Förderung für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen verbliebe. Eine solche Auslegung würde die vom Gesetz gewollte subventionierende Wirkung durch Anrechnung in nahezu allen Fällen eliminieren. Sie kann nicht richtig sein.

Die Vorschrift des § 9 Abs. 2 Satz 4 EigZulG kann daher auch unter Beachtung des Förderzwecks nur dahingehend ausgelegt werden, dass jedenfalls die hier streitige vorgelagerte Eigenheimförderung von ihr nicht erfasst wird.

e) Dahinstehen kann demgegenüber im Streitfall, ob dieses durch Auslegung des Wortlauts des § 9 Abs. 2 Satz 4 EigZulG in Verbindung mit Sinn und Zweck der Vorschrift des § 17 EigZulG gefundene Ergebnis dazu führt, dass - wie die Kläger meinen - die Anrechnungsvorschrift generell nur zur Vermeidung des nachgelagerten Erwerbs einer Genossenschaftswohnung Geltung erlangt, wobei die zur Auslegung einer Norm ergänzend heranzuziehende Entstehungsgeschichte durchaus dafür spricht, dass die Anrechnung der Förderbeträge nicht nur in den Fällen der vorgelagerten, sondern auch in den Fällen der nachgelagerten Eigenheimförderung ausgeschlossen sein soll, sofern sie sich nicht auf den Erwerb einer Genossenschaftswohnung bezieht. Dies ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien (Stellungnahme des mitberatenden Bundestagsausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, BT-Drucks. 13/2784, S. 33), die den Schluss nahelegen, dass der Gesetzgeber die Anrechnung nur für die Fälle vorschreiben wollte, in denen die geförderte Genossenschaftsmitgliedschaft der Anschaffung der Genossenschaftswohnung vorangegangen ist, um eine doppelte Förderung desselben Objektes auszuschließen. So wurde in der Beratung des Gesetzesentwurfes ausdrücklich u. a. folgende Regelung vorgeschlagen:

"Der jährliche Fördergrundbetrag für die Anschaffung einer Genossenschaftswohnung mindert sich um den Betrag, den der Anspruchsberechtigte jährlich für die Anschaffung des Genossenschaftsanteils in Anspruch genommen hat."

Des Weiteren heißt es in der Begründung des die Förderung der Eigenkapitalausstattung von Genossenschaften betreffenden Vorschlags, eine Eigenheimzulage auch für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen zu gewähren:

"Die vorgeschlagene Regelung berücksichtigt den Erwerb von Geschäftsanteilen nur dann, wenn eine an einen Mehrheitsbeschluss der in dem Objekt wohnenden Genossenschaftsmitglieder gekoppelte Option auf den endgültigen Eigentumserwerb besteht. Durch die Verknüpfung mit dem Recht des Nutzers auf Eigentumserwerb wird letztlich auch durch diese Variante der Zulage die Wohneigentumsbildung gefördert. Eine Doppelförderung ist durch die Anrechnungsvorschriften in § 9 Abs. 2 Satz 4 und Abs. 5 Satz 6 ausgeschlossen."

Die insoweit erkennbare Intention des Gesetzgebers, eine doppelte Förderung von zunächst erworbenen Genossenschaftsanteilen und zusätzlich einer im Anschluss daran erworbenen Genossenschaftswohnung auszuschließen, deckt sich mit dessen generellem, auch § 6 Abs. 1 Satz 2 EigZulG zugrunde liegenden Anliegen, die mehrfache Förderung desselben Objektes auszuschließen. Demgegenüber ist den Gesetzesmaterialien kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass die Anrechnungsvorschriften des § 9 Abs. 2 Satz 4 und Abs. 5 Satz 6 EigZulG generell auf jegliche Art der Eigenheimförderung Anwendung finden sollen.

Dem steht nicht entgegen, dass § 9 Abs. 2 Satz 4 EigZulG dem Wortlaut nach auch auf die Fälle anzuwenden ist, in denen der Anspruchsberechtigte nach Erwerb der Genossenschaftsanteile eine von der Genossenschaft unabhängige Wohnung erwirbt, da insoweit nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes eine einschränkende Auslegung zulässig wäre. Zwar darf einerseits durch Auslegung kein durch das Gesetz nicht belegter Begünstigungstatbestand geschaffen werden. Andererseits ist es nicht zulässig, einen von mehreren nach den allgemeinen Regeln der Rechtsanwendung in Betracht kommenden Gesetzeszwecken außer Acht zu lassen und dadurch den Anwendungsbereich einer Norm zweckwidrig einzuschränken.

f) Angesichts der vorstehenden Erwägungen erübrigen sich Ausführungen zu den von den Klägern vorgebrachten Vertrauensschutzgründen und zum Hilfsantrag.

2. Die Revision war nicht zuzulassen, da der Fall - im Hinblick auf die zwischenzeitlich geänderte Vorschrift des § 17 EigZulG - keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die übrigen Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht gegeben sind.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über deren vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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