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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 17.09.2009
Aktenzeichen: 10 K 1150/07
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 32 Abs. 1
EStG § 62 Abs. 1
EStG § 63 Abs. 1
EStG § 64 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Die Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Kindergeld für die Monate Juni und Juli 2006 für die Töchter des Klägers B, geb. 00.00.0000 und C, geb. 00.00.0000.

Der Kläger ist geschieden. Seine Töchter lebten vor den hier streitigen Monaten wie auch danach bei seiner geschiedenen und inzwischen wieder verheirateten Ehefrau. Für die Monate Juni und Juli 2006 beantragte und erhielt der Kläger Kindergeld, da er mitteilte, dass die Kinder ab dem 28.05.2006 bei ihm gewohnt hätten.

Diesen Bescheid hob die Beklagte jedoch wieder auf, nachdem ihr bekannt geworden war, dass die Kinder lediglich vom 03.07.2006 bis zum 17.07.2006 beim Kläger gemeldet waren.

Dagegen erhob der Kläger erfolglos Einspruch und anschließend die vorliegende Klage. Zu deren Begründung trägt er vor, die Kinder seien im Mai zu ihm gezogen, da die Tochter B von ihrer Mutter misshandelt worden sei. Er habe sie zunächst nicht umgemeldet, sondern dies erst am 03.07.2006 veranlasst, da er zunächst einmal habe abwarten wollen, wie sich die Situation weiter entwickele. Nur der Tatbestand der Ummeldung werde im Übrigen auch durch die Einlassung der Tochter B bestätigt. Tatsächlich hätten sich die Kinder jedoch bereits seit Ende Mai in seinem Haushalt aufgehalten. Ein Beleg für diese Tatsache sei auch, dass die Kindesmutter Ende Mai 2006 gemeinsam mit ihrem Ehemann, aber ohne seine Töchter, eine Urlaubsreise angetreten habe. Allerdings seien die Kinder tatsächlich Ende Juli wieder zu ihrer Mutter zurückgekehrt.

Zur Bestätigung dieses Sachverhalts benannte der Kläger seine Töchter wie seine damalige Lebensgefährtin als Zeugen.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Bescheids vom 25.10.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.02.2007 ihm Kindergeld für die Monate Juni und Juli 2006 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nachdem aufgrund der Einlassung des zum Verfahren beigeladenen Stiefvaters der Kinder, Herrn D, nunmehr feststehe, dass die Kinder tatsächlich aufgrund eines Familienstreits von Ende Mai bis Mitte Juli 2006 beim Vater gelebt hätten, sei darüber zu entscheiden, ob ein solch kurzer Zeitraum überhaupt für eine Haushaltsaufnahme ausreiche. Für entscheidend halte sie dabei, ob die Kinder tatsächlich den Willen hatten, endgültig in den Haushalt des Vaters zu wechseln, oder ob die Kinder diesen Wechsel lediglich als kurzfristige "Auszeit" angesehen hätten. Dann läge lediglich ein vorübergehender Haushaltswechsel vor, der ähnlich einem Ferienaufenthalt nicht als eine zur Kindergeldberechtigung führende dauernde Haushaltsaufnahme angesehen werden könne.

Das Gericht hat mit Beweisbeschluss vom 10.08.2009 die vom Kläger benannten Zeugen geladen. Auf den Beweisbeschluss sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung wird für weitere Einzelheiten in vollem Umfang verwiesen.

Das Gericht hat zum Verfahren den Stiefvater der Kinder, der nunmehr das Kindergeld für Juni und Juli 2006 erhalten hat, Herrn D, beigeladen.

Dieser äußerte sich schriftlich wie folgt:

" .... es geht ... um die Zeit vom 29.05.2006 bis zum 15.07.2006 um genau zu sein die Sommerferien 2006. Es kam zu einem Streit zwischen B und meiner Frau .... (B) rief ihren Vater an ..... Er forderte B auf ihre Sachen zu packen und mit ihm zu gehen worauf sie dies auch tat auch die jüngere Tochter C nahm er mit. .... Telefonierten noch ein paar mal ... aber sie wollten erst mal bei ihm bleiben. .....

....

... solange ... bis die beiden meine Frau angefleht haben sie wieder zu sich zu nehmen..."

Für den vollen Wortlaut der Einlassung des Beigeladenen wird auf Blatt 91 und 92 der Akte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid in der Fassung vom 25. Oktober 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Februar 2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der vorübergehende Aufenthalt der Töchter des Klägers bei ihm hat nicht zur Beendigung der Zugehörigkeit der Kinder zum Haushalt ihrer Mutter geführt. Sie waren trotz der Betreuung und Versorgung durch den Kläger in einem Zeitraum von ca. 7 Wochen nicht dauerhaft in seinen Haushalt aufgenommen, da sie sich dort von Anfang an nur zeitlich begrenzt aufgehalten haben.

Der Anspruch des Klägers und der Mutter der Kinder auf Kindergeld ergibt sich grundsätzlich aus §§ 62 Abs. 1 Nr. 1, 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz - EStG -. Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (§ 64 Abs. 2 Satz 1 EStG). Das war im streitigen Zeitraum die Mutter der Kinder, selbst wenn diese sich tatsächlich überwiegend bei dem Kläger aufgehalten haben. Die Kinder waren während dieses begrenzten Zeitraums nicht in den Haushalt des Klägers aufgenommen, so dass dieser keinen Anspruch auf Kindergeld hat (§§ 62 Abs. 1 Nr. 1, 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 64 Abs. 2 Satz 1 EStG).

Das Merkmal der Haushaltsaufnahme wird in erster Linie durch den tatsächlichen Umstand bestimmt, dass das Kind nicht nur vorübergehend in dem betreffenden Haushalt lebt (BFH-Urteil vom 25. Juni 2009 III R 2/07, Homepage des BFH; BFH-Urteil vom 24.10.2000 - VI R 21/99, BFH/NV 2001, 444 m.w.N.).

Wohnt ein Kind getrennt lebender Eltern nur für einen von vornherein begrenzten, kurzfristigen Zeitraum -- etwa zu Besuchszwecken oder in den Ferien -- bei dem anderen Elternteil, ist es nicht in dessen Haushalt aufgenommen, weil kein Obhutsverhältnis in dem geschilderten Sinne besteht. Steht zum Zeitpunkt des Einzugs noch nicht endgültig fest, ob das Kind auf Dauer bei dem anderen Elternteil wohnen wird, kann der Wohnungswechsel dagegen als Aufnahme in den Haushalt des anderen Ehegatten zu werten sein, wenn sich das Kind dort für einen längeren Zeitraum aufhält. Denn in einem solchen Fall wird das Kind nach dem Umzug von dem anderen Elternteil betreut, versorgt und unterhalten, sodass ein neues Obhutsverhältnis begründet wird (z.B. BFH-Urteil vom 20. Juni 2001 VI R 224/98, BFHE 195, 564).

Dem Zeitmoment kommt dabei besondere Bedeutung zu. Je länger ein Kind auf eigenen Entschluss und mit Willen des anderen Elternteils in dessen Haushalt lebt, desto mehr spricht dafür, dass dort ein neues Obhutsverhältnis begründet worden ist. Von einem nicht nur vorübergehenden Aufenthalt kann dabei jedenfalls dann regelmäßig ausgegangen werden, wenn das Kind seit mehr als drei Monaten bei dem anderen Elternteil lebt und eine Rückkehr nicht von vornherein feststeht.

Das Gericht konnte im vorliegenden Fall nicht mit hinreichender Überzeugung feststellen, ob die Kinder des Klägers vor dem 03.07.2006 dauerhaft in seinen Haushalt aufgenommen waren.

Das maßgebliche zeitliche Moment war mit lediglich 7 Wochen sehr kurz. Das entspricht in etwa der Dauer der Sommerferien und liegt auch zeitlich in den Sommerferien, so dass diesem Indiz des zeitlichen Ablaufs vorliegend keine bzw. nur eine sehr geringe Bedeutung für die Frage eines endgültigen Haushaltswechsels zukommt. Aus diesem Grunde sind die weiteren Umstände des Haushaltswechsels zu berücksichtigen wie auch der Wille der Beteiligten festzustellen.

Vorliegend ist dabei zu berücksichtigen, dass der Anlass des Haushaltswechsels ein heftiger Streit der ältesten Tochter mit ihrer Mutter war. Dies spricht für eine impulsive Handlung, der - jedenfalls zu diesem Zeitpunkt nicht - geplante und durchdachte Überlegungen zu einem (beabsichtigten) dauerhaften Haushaltswechsel zugrunde lagen. Ob beide oder auch nur eine der Töchter des Klägers später solche Überlegungen anstellte, konnte das Gericht nicht feststellen.

Auch anhand anderer Unterlagen, dem Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung sowie der Einlassung des Beigeladenen kann das Gericht nicht die zweifelsfreie Überzeugung gewinnen, dass die Kinder zu irgendeinem Zeitpunkt beabsichtigten, sich zeitlich unbestimmt beim Kläger aufzuhalten. Dagegen spricht einerseits die Einlassung des Beigeladenen, dass die Kinder "erst mal" beim Kläger bleiben wollten und letztlich eine urlaubsbedingte Abwesenheit der Mutter eine frühere Rückkehr der Kinder verhinderte.

Auch die Äußerungen des Klägers selbst in der mündlichen Verhandlung, dass er die Kinder erst am 03.07.2006 umgemeldet habe, weil er erst einmal Klarheit gewinnen wollte, ob die Kinder länger bei ihm bleiben wollten oder nicht, spricht dagegen, dass er von einem endgültigen oder dauerhaften Haushaltswechsel vor diesem Termin ausging. Es bleibt offen, wann genau sich bei dem Kläger oder/und den Kindern der Gedanke an einen längeren Aufenthalts verfestigte. Der Kläger selbst nannte als für ihn maßgebendes Datum das Datum der Ummeldung. Ihm selbst war erst am 03.07.2006 hinreichend klar, dass die Kinder nicht nur vorübergehend in seinem Haushalt leben wollten, sondern dass ihr Aufenthalt längerfristig sein sollte. Dies entspricht im übrigen auch dem tatsächlichen Geschehensablauf. Frühestens zu diesem Zeitpunkt könnte damit ein endgültiger Haushaltswechsel vorliegen. Da mit der unstreitigen dauerhaften Rückkehr der Kinder am 17.07.2006 jedenfalls ein erneuter dauerhafter Haushaltswechsel vorliegt, ist diesem Wechsel jedoch keine kindergeldrechtliche Bedeutung beizumessen.

Ein Kindergeldanspruch des Klägers konnte mithin nicht festgestellt werden.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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