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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 25.04.2007
Aktenzeichen: 10 K 3240/06
Rechtsgebiete: AO, HGB


Vorschriften:

AO § 164 Abs. 3
HGB § 255 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

10 K 3240/06

Tenor:

Die Einkommensteuer 2003 wird unter Änderung des Einkommensteueränderungsbescheids vom 23. August 2005 und Aufhebung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 12. Juli 2006 mit der Maßgabe herabgesetzt, dass bei der Neuberechnung der Einkommensteuer bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen zusätzliche Werbungskosten in Höhe von 5.600,00 Euro berücksichtigt werden. Die Neuberechnung wird dem Beklagten übertragen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen Aufwendungen für ein sogenanntes "Strategieentgelt" als Werbungskosten steuermindernd zu berücksichtigen sind.

Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr 2003 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.

Der erstmalige Einkommensteuerbescheid erging am 17. Mai 2004 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Mit Bescheid vom 15. Oktober 2004 wurde der erstmalige Einkommensteuerbescheid geändert, der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Am 19. April 2005 beantragten die Kläger eine Änderung des Einkommensteuerbescheides mit der Maßgabe, dass ein sogenanntes Strategieentgelt als weitere Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen ist.

Dabei handelt es sich um Folgendes:

Der Kläger schloss am 5. August 2003 mit der V-GmbH einen Fonds-Vermögensverwaltungsvertrag. Danach beauftragte er die V-GmbH mit der konzeptionellen, organisatorischen und buchhalterischen Betreuung von Vermögensanlagen gemäß den Vertragsbedingungen des Verwaltungsvertrages. Dabei konnten verschiedene Gewinnstrategien ausgewählt werden. Der Kläger entschied sich für eine Kombination aus der Gewinnstrategie I und Gewinnstrategie III. Bei der Gewinnstrategie I bestehen die Investitionen zu 100 % in offene Immobilienfonds und bei der Strategie III betragen die Investitionen maximal 30 % Aktienmärkte. Gemäß Tz. 7. erfolgen Einzahlungen in die Vermögensverwaltung einschließlich eines einmaligen Strategieentgelts zu Gunsten der V-GmbH und der AA-Bank (AAB), das die Depotbank von der Einzahlung des Kunden abziehen wird. Das vom Kläger zu entrichtende Strategieentgelt betrug letztendlich 3,5 % von 160.000,00 eingezahlten Euro. Wegen der Einzelheiten wird auf den Fonds-Vermögensverwaltungsvertrag Bezug genommen.

Der Beklagte lehnte die Änderung mit Verfügung vom 3. Mai 2005 ab. Am 14. Juli 2005 beantragten die Kläger erneut eine Änderung des Einkommensteuerbescheides 2003. Dies lehnte der Beklagte mit Verfügung vom 12. August 2005 ebenfalls ab.

Mit Bescheid vom 23. August 2005 änderte der Beklagte den Einkommensteuerbescheid 2003 aus anderen Gründen und hob gleichzeitig den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

Am 26. August 2005 legten die Kläger Einspruch ein. Diesen wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 12. Juli 2006, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, als unbegründet zurück.

Mit der Klage tragen die Kläger vor: Die Auffassung des Beklagten, dass es sich bei dem Strategieentgelt um Anschaffungskosten der im Rahmen der Vermögensverwaltung erworbenen Investmentfondsanteile handele, sei unzutreffend. Zu den Anschaffungskosten gehörten alle Aufwendungen, die entstehen, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Anschaffungskosten könnten nur dann vorliegen, wenn sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugerechnet werden können. Insbesondere der Einbezug von Gemeinkosten in die Anschaffungskosten sei nicht zulässig. Hinsichtlich der geltend gemachten Werbungskosten in Form des Strategieentgelts handele es sich nicht um Aufwendungen, die den zu erwerbenden Wirtschaftsgütern in Form der Fondsanteile einzeln zugerechnet werden könnten. Der Vergleich zu den Provisionen, den der Beklagte anführe, gehe insoweit fehl, als diese sich als Transaktionskosten auf einzelne Wertpapiere (Anteile an Investmentfonds) beziehe. Die Vermögensverwaltung sei aber kein Wirtschaftsgut im steuerlichen Sinne.

Die Kläger beantragen,

unter Änderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids in Gestalt des Änderungsbescheids vom 23. August 2005 und Aufhebung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 12. Juli 2006 die Einkommensteuer mit der Maßgabe herabzusetzen, dass bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen weitere Werbungskosten in Höhe von 5.600,00 Euro berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet. Der angefochtene Einkommensteueränderungsbescheid vom 23. August 2005 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger deshalb in ihren Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - . Der Beklagte hat zu Unrecht die geltend gemachten Aufwendungen für ein "Strategieentgelt" nicht als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen berücksichtigt.

Der Senat geht davon aus, dass es sich im Streitfall um eine Anfechtungsklage handelt. Zwar hatte der Beklagte einen Antrag auf Änderung des unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheids abgelehnt. Da er aber vor Eingang des Einspruchs den Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben hat und dies gemäß § 164 Abs. 3 der Abgabenordnung 1977 - AO - einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht, ist davon auszugehen, dass sich der Einspruch gegen die Aufhebungsverfügung und den damit gleichzeitig verbundenen Erlass eines vorbehaltlosen Einkommensteuerbescheids richtet.

Der Senat braucht im Streitfall nicht zu entscheiden, ob und ggf. wie das Strategieentgelt auf Einkünfte aus Kapitalvermögen und private Veräußerungsgeschäfte aufzuteilen ist (vgl. hierzu FG Düsseldorf, Urteil vom 9. Januar 2007 17 K 2300/04 E, DStRe 2007, 333 mit Rechtsprechungsnachweisen). Wird Kapitalvermögen durch einen Dritten verwaltet, gehört das Entgelt für die Verwaltung grundsätzlich zu den Werbungskosten. Das gilt auch dann, wenn neben den steuerpflichtigen Einnahmen steuerfreie Vermögensvorteile erzielt werden (Bundesfinanzhof - BFH - Urteil vom 14.05.1993 VIII R 7/91, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1983, 832). Nach diesem Urteil ist ein einheitliches Entgelt, das für die dauerhaft erfolgreiche Anlage des Kapitalvermögens gezahlt wird, in vollem Umfang als Werbungskosten abziehbar, eine Aufteilung ist nicht vorzunehmen. Anderes gilt nur dann, wenn ein Verwaltungsentgelt gezahlt wird, das erfolgsabhängig ist und auf nicht steuerbare Wertsteigerungen des verwalteten Vermögens entfällt (BFH-Urteil vom 15.12.1987 VIII R 281/83, BStBl II 1989, 16). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.

Bei dem Strategieentgelt handelt es sich entgegen der Auffassung des Beklagten nicht um Anschaffungskosten für Investmentfondsanteile. Anschaffungskosten sind nach § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches - HGB - nur die Aufwendungen, die einem Wirtschaftsgut einzeln zugeordnet werden können. Hieran scheitert es bei dem Strategieentgelt. Dieses Entgelt ist für die allgemeine Vermögensverwaltung gezahlt worden und nicht für den Erwerb einzelner Investmentfondsanteile. Dies ergibt sich aus Tz. 2 des Fonds-Vermögensverwaltungsvertrags. Danach wird die V-GmbH beauftragt, die ihr zur Verwaltung überlassenen Vermögenswerte unter Beachtung der mit der V-GmbH vereinbarten Anlagestrategie nach ihrem freien Ermessen ohne vorherige Einholung von Weisungen des Kunden zu verwalten. Zu dieser Verwaltung gehört auch die Umschichtung von Vermögen, d.h. die Veräußerung zunächst gekaufter Investmentfondsanteile und der Erwerb neuer, anderer Anteile. Dies schließt es aus, das Strategieentgelt irgendwelchen Wertpapieren zuzuordnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

Der Senat läßt gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zu, ob es sich bei einem sogenannten Strategieentgelt um sofort abzugsfähige Werbungskosten handelt und ob und ggf. wie ein Strategieentgelt auf Einkünften aus Kapitalvermögen und private Veräußerungsgewinne aufzuteilen ist.



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