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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 19.11.2004
Aktenzeichen: 10 K 3277/02
Rechtsgebiete: AO


Vorschriften:

AO § 88
AO § 164 Abs. 2
AO § 173 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

10 K 3277/02

Tenor:

Die Einkommensteuerbescheide 1988-1996 vom 23.05.2001 und vom 27.02.2002 sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung werden mit der Maßgabe geändert bzw. aufgehoben, dass die Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen wie folgt festgesetzt werden:

1988: 21.000,-- DM

1989: 19.000,-- DM

1990 30.000,-- DM

1991 31.000,-- DM

1992 44.634,-- DM

1993 25.287,-- DM

1994 19.136,-- DM

1995 25.599,-- DM

1996 12.645,-- DM

Im übrigen werden die Klagen abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 80 v.H. und der Beklagte zu 20 v.H.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Tatbestand:

Die Kläger sind in den Streitjahren zusammenveranlagte Eheleute. Neben Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit erklärten die Kläger in den Steuererklärungen der Jahre 1988 bis 1995 u.a. folgende Verluste aus Vermietung und Verpachtung aus dem Haus I:

 1988:47.656,-- DM
1989:43.403,-- DM
1990:43.996,-- DM
1991:31.540,-- DM
1992:28.629,-- DM
1993:29.504,-- DM
1994:23.240,-- DM
1995:34.900,-- DM

Bei dem Haus handelte es sich ursprünglich um ein Einfamilienhaus, das nach Umbaumaßnahmen in den Jahren 1985 und 1986 als Zweifamilienhaus bewertet worden ist. Die Hauptwohnung bewohnen die Kläger selbst. Die durch den Umbau geschaffene Einliegerwohnung ist nach ihren Angaben nach einem Mietvertrag vom 28.06.1986 an Frau S vermietet.

Aufgrund bestimmter Umstände gelangte der Beklagte in der Folgezeit zu der Annahme, dass das Mietverhältnis mit Frau S vorgetäuscht ist. Der Beklagte beauftragte daraufhin das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung der Stadt L mit den weiteren Ermittlungen. Nach einem Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts der Stadt L Gz. ... vom 05.06.1998 fand bei den Klägern eine Steuerfahndungsprüfung statt, bei der die Wohnung der Kläger samt Nebenräumen durchsucht wurde. Dabei gelangten die Prüfer zu der Auffassung, dass es sich bei dem Mietvertrag mit Frau S um ein Scheinmietverhältnis handele und die Kläger das gesamte Haus zu eigenen Wohnzwecken nutzten. Die Prüfer erkannten die geltend gemachten Verluste aus Vermietung und Verpachtung nicht an. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird insoweit auf den Steuerfahndungsbericht vom 10.11.2000 verwiesen.

Im Zuge der Steuerfahndungsprüfung stellten die Prüfer weiterhin fest, dass die Kläger in erheblichem Umfang Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt haben, die zum Teil nicht erklärt worden sind. Hierbei handelt es sich zum einen um Kapitaleinnahmen aus Anlagen, die auf den eigenen Namen des Klägers angelegt worden sind und zum anderen um Kapitaleinnahmen aus Anlagen, die auf den Namen der Kinder der Kläger J und B angelegt waren. Die Anlagen auf den Namen der Kinder rechneten die Prüfer den Klägern zu, weil alle Zahlungen auf die Kapitalanlegekonten der Kinder und alle Rückflüsse von diesen Konten, die auf den Namen der Kinder lauteten über ein Konto des Klägers abgewickelt worden sind. Das zurückgeflossene Kapital und die darauf entfallenden Zinsen wurden von den Klägern wieder selbst verwandt.

Ferner wurde bei der Prüfung an Hand von aufgefundenen Unterlagen bekannt, dass der Kläger in nicht unerheblichem Umfang durch Darlehensgewährung an Dritte weitere Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt hat. Die gesamten Einkünfte aus Kapitalvermögen ermittelten die Prüfer in folgender Höhe:

 1988.33.069,-- DM
1989.29.985,-- DM
1990.45.716,-- DM
1991.42.580,-- DM
1992.65.742,-- DM
1993.39.493,-- DM
1994.34.203,-- DM
1995.40.318,-- DM
1996.29.386,-- DM

Wegen der gesamten Einzelheiten hierzu wird ebenfalls auf den Steuerfahndungsbericht Bezug genommen.

Der Beklagte folgte der Auffassung der Prüfer und erließ für die Jahre 1988 bis 1993 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO und für die Jahre 1994 und 1995 nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Einkommensteuerbescheide. Für das Jahr 1996 wurde eine erstmalige Veranlagung durchgeführt. Die Bescheide tragen das Datum vom 23.05.2001.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren, in dem für die Jahre 1988 bis 1990 geänderte Einkommensteuerbescheide vom 27.02.2002 ergangen sind, haben die Kläger vorliegende Klagen erhoben, die durch Beschluss vom 28.06.2004 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden sind.

Die Kläger tragen vor, was den Mietvertrag über die Einliegerwohnung angehe, treffe nicht zu, dass es sich dabei um ein Scheinmietverhältnis gehandelt habe. Es sei richtig, dass Frau S ihre Hauptwohnung zusammen mit ihrem Lebenspartner und späteren Ehemann in der Stadt H und dann ab Mai 1990 in der Stadt C gehabt habe. Bei der von Frau S angemieteten Einliegerwohnung habe es sich nur um eine Zweitwohnung gehandelt, die nicht ihren Lebensmittelpunkt dargestellt habe, sondern nur als Ausweichquartier und aus persönlichen Gründen als Rückzugsraum dienen sollte. Wegen der sporadischen Nutzung habe die Wohnung auch keinen eigenen Telefonanschluss gehabt. Die Wohnung habe jedoch über einen eigenen Strom- und Wasseranschluss verfügt. Während der voraussichtlich geringen Verbrauchswerte sei deshalb im Mietvertrag auf eine getrennte Abrechnung verzichtet worden. Der Mietvertrag mit Frau S sei zivilrechtlich wirksam geschlossen und deshalb auch steuerlich anzuerkennen. Im übrigen treffe die Vermutung der Steuerfahndungsprüfer zu, dass der Kläger die Einliegerwohnung während der Abwesenheit von Frau S als Arbeitszimmer habe nutzen können, da er Zutritt zu den Räumen gehabt habe.

Was die Einkünfte aus Kapitalvermögen angehe, so seien sie der Auffassung, dass die bei der Durchsuchung der Wohnung gewonnenen Erkenntnisse nicht verwertet werden dürften, weil die Unterlagen dazu rechtswidrig erlangt worden seien, denn der Durchsuchungsbeschluss sei begrenzt gewesen auf die Überprüfung der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung und habe nicht die Einkunftsart Kapitalvermögen umfasst. Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen seien den Prüfern an Hand von Bankunterlagen Fehler nachgewiesen worden, die unkorrigiert geblieben seien. Diese Fehler beträfen die Doppelerfassung von Zinseinkünften, die Nichtberücksichtigung von Kapitalrückflüssen und von Werbungskosten. Für diese steuererhöhenden Umstände trage der Beklagte die Feststellungslast. Die Steuerfahndung habe in ihrem Bericht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen von ihr nicht festgestellte und nicht feststellbare Tatsachen phantasievoll ergänzt und diese Ergänzung als Tatsachen hingestellt. Dies betreffe insbesondere die Angelegenheit .... Die Einkünfte aus Kapitalvermögen berechneten sich nach ihren Feststellungen für die Streitjahre wie folgt:

 1988.20.112,88 DM
1989.6.913,47 DM
1990.9.701.63 DM
1991.6.089,31 DM
1992.1.058,75 DM
1993./. 14.318,16 DM
1994./. 21.860,83 DM
1995./. 27.881,14 DM
1996./. 17.919,01 DM

Im übrigen hätten die Bescheide 1988 bis 1993 nach ihrer Auffassung nur nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert werden dürfen, wenn neue Tatsachen vorliegen würden und Steuerhinterziehung angenommen werden könne. Davon könne aber hier nicht ausgegangen werden. Im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten habe die Strabo-Stelle, was das behauptete Scheinmietverhältnis angehe, den Vorwurf der Steuerhinterziehung nicht aufrechterhalten. Speziell für das Jahr 1991 stelle sich die Frage, ob überhaupt neue Tatsachen vorlägen. Geändert worden sei ein Bescheid für 1991 vom 14.08.2000. Sie seien der Auffassung, dass schon vor Erlass des Einkommensteuerbescheides 1991 vom 23.05.2001 die Tatsachen bekannt gewesen seien, auf die sich dieser Bescheid stütze.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

unter Änderung der Einkommensteuerbescheide 1988 bis 1996 vom 23.05.2001 und vom 27.02.2002 sowie der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung die Feststellungen aufgrund der Steuerfahndungsprüfung unberücksichtigt zu lassen und entsprechend dem Klagebegehren die Steuer festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Er trägt vor, er sei weiterhin der Auffassung, dass es sich bei dem Mietvertrag mit Frau S um ein Scheinmietverhältnis gehandelt habe. Die Behauptung der Kläger, dieser Raum sei von Frau S als Rückzugswohnung genutzt worden, sei unglaubhaft. Die Ermittlungen der Steuerfahndung hätten zweifelsfrei ergeben, dass die Wohnung auch durch die Kläger genutzt worden sei. Was die Einkünfte aus Kapitalvermögen angehe, so seien keine neuen Nachweise erbracht worden, die nicht bereits im Rahmen der Steuerfahndungsprüfung vorgelegen hätten und berücksichtigt worden seien.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die dazu vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat beigezogen die Strafakten und die Akten der Staatsanwaltschaft der Stadt L Az. ... . Gemäß Beschluss vom 28.10.2004 hat das Gericht Beweis erhoben durch Vernehmung von Frau S als Zeugin. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Vernehmungsniederschrift vom 19.11.2004 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klagen sind nur teilweise begründet.

Die Klagen sind unbegründet, was die vom Beklagten nicht anerkannten Verluste aus Vermietung und Verpachtung aus dem Haus I anbetrifft. Im Streitfall konnte das Gericht nicht feststellen, dass der zwischen den Klägern und Frau S geschlossene Mietvertrag über die Einliegerwohnung auch tatsächlich durchgeführt worden ist. Die Zeugin hat sich in ihrer Vernehmung vor Gericht nicht nur widersprüchlich, sondern diametral entgegengesetzt zu ihrer Vernehmung vor dem Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung vom 25.08.1998 geäußert. Während sie bei der Vernehmung vor Gericht behauptete, dass sie im Schnitt in der Einliegerwohnung drei- bis viermal im Monat übernachtet habe, die monatliche Miete bar überwiesen und auch einen Schlüssel für die Wohnung besessen habe, hat sie in der Vernehmung vor dem Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung ausgesagt, der Mietvertrag sei nur zum Schein auf Initiative der Kläger abgeschlossen worden, sie habe sich nie in der Wohnung aufgehalten und auch keine Miete gezahlt. Später hat die Zeugin bei einer Vernehmung vor der Straf- und Bußgeldsachenstelle vom 19.01.2001 auf Anraten ihres Anwalts die Aussage verweigert, weil dieser die Gefahr gesehen hat, dass Frau S wegen einer Beihilfehandlung strafrechtlich verfolgt werden könne. Soweit die Zeugin bei der Vernehmung vor Gericht vom Beklagten auf ihre anderslautenden Aussagen in der Vernehmung vom 28.08.1998 hingewiesen wurde, daraufhin erklärte, dass sie nicht richtig habe lesen können, was der Vernehmungsbeamte aufgeschrieben habe, weil die Durchsuchung ihrer Wohnung am frühen morgen stattgefunden, sie noch im Bett gelegen und keine Brille aufgehabt habe, ist dies nicht glaubhaft. Welche der verschiedenen Aussagen der Zeugin zutreffend waren, konnte das Gericht nicht feststellen.

Den Nachteil, dass das Gericht unter diesen Umständen nicht feststellen konnte, dass der Mietvertrag auch tatsächlich durchgeführt worden ist, müssen die Kläger nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast tragen.

Der Beklagte hat auch zu Recht die Einkommensteuerbescheide 1988 bis 1993 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert. Nach dieser Vorschrift ist ein Steuerbescheid zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Im Geltungsbereich der Vorgängervorschrift des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, nämlich § 222 Abs. 1 Nr. 1 R AO, ist sowohl in ständiger Rechtsprechung als auch in der Literatur die Auffassung vertreten worden, es genüge nicht allein die nachträgliche Kenntnis einer neuen Tatsache oder eines neuen Beweismittels. Weitere Voraussetzung für eine Änderung eines Steuerbescheids zu Ungunsten der Steuerpflichtigen sei auch, dass die spätere Kenntnis der Tatsache oder des Beweismittels nicht auf eine Verletzung der der Finanzbehörde obliegenden Ermittlungspflicht (§ 204 Abs. 1 RAO; vgl. heute § 88 AO) beruhe, sofern der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflicht voll genügt habe, also z.B. bei Abgabe einer Steuererklärung die steuerlich relevanten Sachverhalte richtig, vollständig und deutlich dem Finanzamt zur Prüfung unterbreitet habe (vgl. BFH-Urteil vom 13. November 1995 II R 208/82, BStBl II 1986, 241).

Auch zu § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ist an dieser bisherigen Rechtsprechung festzuhalten. Danach hat der Beklagte zu Recht die Einkommensteuerbescheide 1988 bis 1993 nach dieser Vorschrift geändert, denn die Kläger haben, was sowohl die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als auch die Einkünfte aus Kapitalvermögen anbetrifft, unrichtige Steuererklärungen abgegeben. Dies war den Klägern den Umständen nach auch bekannt, so dass die Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 AO wegen Steuerhinterziehung 10 Jahre beträgt. Indiz dafür, dass die Kläger sich über ihr schuldhaftes Verhalten bewusst waren, ist, dass sie zum Ausgleich der bisher erhaltenen Steuervorteile insbesondere bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung eine Akontozahlung in Höhe von 90.000,-- DM am 25.08.1998 auf das Konto des Finanzamtes C gezahlt haben. Im übrigen musste der Kläger davon ausgehen, da er nach seinem Vortrag die Einliegerwohnung in "Abwesenheit" von Frau S als Arbeitszimmer benutzen konnte, dass ein steuerlich anzuerkennendes Mietverhältnis nicht vorliegen konnte. Ein Mietvertrag, nach dem der Vermieter die an den Mieter vermietete Wohnung selbst benutzen kann, ist zumindest steuerlich undenkbar.

Der Beklagte hat auch zu Recht einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für 1991 erlassen. Soweit sich die Kläger darauf berufen, dass bereits am 14.08.2000 ein geänderter Einkommensteuerbescheid für 1991 ergangen sei und zu diesem Zeitpunkt bereits dem Beklagten alle Tatsachen bekannt gewesen seien, auf die sich der Bescheid vom 23.05.2001 stütze, vermag das Gericht dieser Auffassung nicht zu folgen. Bei der Beurteilung der Frage, ob bestandskräftige Steuerbescheide wegen nachträglichen Bekanntwerdens von Tatsachen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert werden dürfen, kommt es grundsätzlich auf den Kenntnisstand der Personen an, die innerhalb der Finanzbehörde dazu berufen sind, den betreffenden Steuerfall zu bearbeiten. Kennt eine andere als die für die Bearbeitung des Steuerfalls zuständige Dienststelle die betreffende Tatsache, so ist diese Tatsache deswegen nicht auch der zuständigen Dienststelle als bekannt zuzurechnen, auch wenn die einzelnen Dienststellen je nach ihrem Aufgabenbereich verpflichtet sind, zusammenzuwirken und Erfahrungen auszutauschen. Was z.B. der Außenprüfer weiss, ist jedoch für die Veranlagungsstelle keine bekannte Tatsache (vgl. BFH-Urteil vom 4. Dezember 1992 - III R 50/91, BFH/NV 1993, 496). Das Verhältnis Außenprüfungsstelle/Veranlagungsstelle ist also dem Verhältnis Rechtsbehelfs-/Veranlagungsstelle nicht gleichzusetzen (vgl. BFH-Urteil vom 3. Mai 1991 - V R 36/96, BFH/NV 1992, 221). Das gleiche ist für einen Fahndungsprüfer anzunehmen. Etwas anderes gilt nur, wenn der Betriebsprüfer auch die Steuer festsetzt, wie bei der veranlagenden Außenprüfung. Maßgebend ist im Streitfall der Steuerfahndungsbericht, der das Datum vom 10.11.2000 trägt. Es ist davon auszugehen, dass der zuständige Veranlagungssachbearbeiter erst nach Eingang des Berichts und der Auswertung von den Feststellungen Kenntnis erlangt hat.

Was schließlich die Einkünfte aus Kapitalvermögen anbetrifft, sind die Klagen teilweise begründet. Das Gericht schließt sich bei seiner Entscheidung für die Jahre 1992 bis 1996 der Berechnung der Einkünfte aus Kapitalvermögen an, die sich aus den beiden Anlagen zum Strafbefehl vom 14.02.2003 des Amtsgerichts der Stadt L Az: ... ergibt. In diesem Strafbefehl, der seit dem 05.09.2003 rechtskräftig ist, hat das Amtsgericht gegen den Kläger wegen Steuerhinterziehung eine Geldstrafe festgesetzt, weil der Kläger in den Einkommensteuererklärungen der Jahre 1992 bis 1996 die Einnahmen aus Kapitalvermögen nicht (1993 bis 1996) bzw. nicht in zutreffender Höhe (1992) erklärt hat. Nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteil vom 13. Juli 1994 I R 112/93, der das Gericht sich anschließt, kann das Finanzgericht die tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen des Strafgerichts sich zu eigen machen, wenn und soweit es zu der Überzeugung gelangt, dass diese zutreffend sind und im Verfahren vor dem Finanzgericht keine substantiierten Einwendungen gegen die Feststellungen des Strafgerichts erhoben werden.

Solche substantiierten Einwendungen hat der Kläger hier nicht erhoben. Soweit er vorgetragen hat, dass die Steuerfahndung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen von ihr nicht festgestellte und nicht feststellbare Tatsachen phantasievoll ergänzt und diese Ergänzungen ebenfalls als Tatsachen bezeichnet hat, ist dies nicht belegt. Nicht belegt ist auch die Behauptung, dass Zinseinkünfte doppelt erfasst und Werbungskosten nicht berücksichtigt worden sind.

Die vom Kläger im Klageverfahren vorgelegten Berechnungen seiner Einkünfte aus Kapitalvermögen können daher nicht übernommen werden. Hinzu kommt, dass z.B. der Kläger für die Jahre 1993 bis 1996 Werbungskosten geltend gemacht hat, die für diese Jahre zu erheblichen Verlusten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geführt haben sollen. So betragen die geltend gemachten Werbungskosten:

 1992.27.883,-- DM
1993.18.870,-- DM
1994.21.951,- DM
1995.24.676,-- DM
1996.27.556,-- DM

Diese Werbungskosten, die sich z.B. zusammensetzen aus Refinanzierungen, Rechtsanwaltskosten und Gebühren, Fahrtkosten, Depotkosten, Telefon und Porto sind zum Teil gar nicht oder nur bruchstückhaft nachgewiesen. Das Gericht sieht auch darin einen Anlass die Berechnung der Einkünfte aus Kapitalvermögen auf Grund der Feststellungen im Strafbefehl zu übernehmen, weil der Kläger den Strafbefehl hat rechtskräftig werden lassen.

Was im übrigen noch die Jahre 1988 bis 1991 bei den Einkünften aus Kapitalvermögen angeht, hat das Gericht die Einkünfte in Anlehnung an die aus dem Strafbefehl sich ergebenden Minderungen der Einkünfte im Verhältnis zu den festgesetzten geschätzt, weil die Verhältnisse für diese Jahre gleich zu beurteilen sind. Die Minderung beträgt im Durchschnitt 1/3 der festgesetzten Einkünfte. Daher waren die Einkünfte aus Kapitalvermögen für die Jahre 1988 bis 1991 wie folgt anzusetzen:

 1988.21.000,-- DM
1989.19.000,-- DM
1990.30.000,-- DM
1991.31.000,-- DM

Soweit sich die Kläger schließlich noch auf ein Verwertungsverbot bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berufen, weil der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts der Stadt L vom 05.06.1998 begrenzt gewesen sei auf die Überprüfung der Einkünfte aus Kapitalvermögen, hat das Amtsgericht der Stadt L durch Beschluss vom 28.01.1999 Az. ... die Beschlagnahme der Unterlagen bestätigt. Auf die Beschwerde des Klägers hin ist dieser Beschluss durch Beschluss des Landgerichts der Stadt L vom 18.05.1999 Az. ... bestätigt worden. Es besteht grundsätzlich kein allgemeines Verwertungsverbot für steuerliche Tatsachen, auch wenn sie verfahrensfehlerhaft ermittelt worden sind. Ein Verwertungsverbot besteht beispielsweise dann, wenn die Rechtswidrigkeit der Ermittlungsmaßnahmen des Finanzamtes statt von einem Finanzgericht von einem Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit rechtskräftig festgestellt worden ist. Das ist aber hier gerade nicht der Fall (vgl. Klein/Rüsgen, AO, § 173 Rdz. 95).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 S. 1 FGO die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 151 FGO, §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.



Ende der Entscheidung

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