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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 27.09.2006
Aktenzeichen: 11 K 5823/04
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

11 K 5823/04

Tenor:

Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom ........2004 werden die Einkommensteuerbescheide 2002 vom .......2004, 2003 vom .......2004 und 2004 vom ........2006 dahingehend geändert, dass bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die in den Steuererklärungen geltend gemachten Werbungskosten, d.h. die folgenden Werte angesetzt werden:

 200236.128 EUR9.991 EUR45.752 EUR
20033.731 EUR2.620 EUR8.706 EUR
20042.637 EUR2.598 EUR7.330 EUR

................. .................... ..................

Der Einkommensteuerbescheid 2001 vom .......2003 wird unter Berücksichtigung des sich aufgrund der Änderung des Einkommensteuerbescheides 2002 ergebenden Verlustrücktrags geändert.

Die Berechnung der hiernach festzusetzenden Steuer wird dem Beklagten übertragen.

Die Revision wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs vorläufig vollstreckbar

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um den Abzug von Erhaltungsaufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Die als Lehrerin tätige Klägerin erzielte neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in den Streitjahren insbesondere Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Bei den vermieteten Objekten handelt es sich um die Häuser ............. in ............, ......... Str. ......... in ............... und ........ ................ in .................. Die Objekte befinden sich im Eigentum des Vaters der Klägerin, Herrn ................... bzw. der Eltern der Klägerin. Der Vater bzw. die Eltern räumten der Klägerin schenkungshalber Nießbrauchsrechte an den Grundstücken ein. Die Nießbrauchsbestellung an dem Grundstück ...................... erfolgte mit Notarvertrag vom ........1977, UR.Nr. ......./1977, die an dem Grundstück ............... mit Notarvertrag vom gleichen Tage UR.Nr. ......./1977 des Notars Dr. ............. aus ......... Die Bestellungsurkunden, auf deren Ablichtung in den Gerichtsakten (Blatt 49 ff. und Blatt 55 ff.) ergänzend Bezug genommen wird, enthielten u.a. folgende Regelung:

"2. Abweichend von dem gesetzlichen Schuldverhältnis wird vereinbart:

In Abänderung von § 1041 BGB braucht der Niessbraucher nicht die zur gewöhnlichen Unterhaltung der Sache gehörenden Ausbesserungen und Erneuerungen zu tragen.

Die Versicherungspflichten des Niessbrauchers gemäß § 1045 BGB wird abbedungen.

Die Verpflichtung des Niessbrauchers gemäß § 1047 BGB die öffentlichen und privatrechtlichen Lasten zu tragen, insbesondere die Zinsen für Grundpfandrechte, wird ausgeschlossen.

Die Ausübung des Niessbrauchs kann nicht einem Dritten überlassen werden."

Die ebenfalls im Wege der Schenkung erfolgte Nießbrauchsbestellung an dem Grundstück ........... Str. erfolgte mit notarieller Urkunde des Notars Dr. ......... vom .......1989, UR.Nr. ....../1989.

Die Nießbrauchsbestellung enthielt im Gegensatz zu den in 1977 erfolgten Bestellungen keine abweichenden Regelungen von dem gesetzlichen Schuldverhältnis. Auch auf die Ablichtung dieser Vertragsurkunde in den Gerichtsakten (Blatt 40 ff) wird ergänzend Bezug genommen. In allen Bestellungsurkunden war die Kündigungsmöglichkeit des Nießbrauchs durch den Eigentümer mit 12 Monatsfrist, frühestens jedoch 5 Jahre nach Eintragung des Nießbrauchsrechts (.................. und ....................) bzw. am .......1994 (................. Str. ...... ..) enthalten.

Da die in 1965 geborene Klägerin im Zeitpunkt der Bestellung der ersten beiden Nießbrauchsrechte noch minderjährig war, wirkte eine Ergänzungspflegerin mit.

Mit privatschriftlicher Vereinbarung vom .........1996 (Blatt 39 GA) bestimmten die Eigentümer und die Klägerin, dass für die Nießbrauchsrechte an den Grundstücken ............... und ................. nunmehr die gesetzliche Lastentragungsregelung und nicht mehr die in den Nießbrauchsbestellungsurkunden vereinbarte abweichende Regelung gelten solle. Zudem wurde vereinbart, dass die Klägerin für alle Nießbrauchsrechte auch etwaige außergewöhnliche Erhaltungsaufwendungen tragen solle.

Im Einkommensteuerbescheid des Jahres 2001 setzte der Beklagte die von der Klägerin erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärungsgemäß an. In den Einkommensteuerbescheiden der Streitjahre 2002 und 2003 wich er von den erklärten Angaben wie folgt ab.

Bei allen 3 Objekten erkannte er für das Jahr 2002 in Zeile 43 der Anlage V geltend gemachte Erhaltungsaufwendungen (insgesamt 80.652 EUR) nicht an. Bei dem Objekt ........... ließ er zudem erklärte Aufwendungen für Schuldzinsen (215 EUR), Grundsteuer (1.054 EUR), Hausversicherungen (5.552 EUR) und Nebenkosten des Geldverkehrs (52 EUR) nicht zum Werbungskostenabzug zu. Bei dem Objekt .............. kürzte er die erklärten Aufwendungen um die Grundsteuer (537 EUR), Hausversicherung (495 EUR) und Nebenkosten des Geldverkehrs (2 EUR).

Für das Streitjahr 2003 erkannte er wiederum bei allen 3 Objekten die erklärten Erhaltungsaufwendungen nicht an (4.585 EUR). Bei dem Objekt ............ kürzte er zudem die erklärten Aufwendungen um Beträge für Schuldzinsen (192 EUR), Grundsteuer (1.215 EUR) und Hausversicherung (552 EUR). Bei dem Objekt ............. versagte er die Anerkennung der erklärten Aufwendungen für Grundsteuer (535 EUR) und Hausversicherung (62 EUR). Bei dem Objekt ........... Str. erkannte er die Schuldzinsen (45 EUR), die Grundsteuer (2.783 EUR), die Heizungskosten (3.452 EUR), die Hausversicherungen (898 EUR) und die Nebenkosten des Geldverkehrs (53 EUR) nicht als Werbungskosten an.

Bei der Veranlagung 2004 kürzte der Beklagte die erklärten Werbungskosten für die Häuser ................ und .................. um die Erhaltungsaufwendungen (329 EUR bzw. 1653 EUR).

Der Beklagte versagte die Anerkennung der vorgenannten Aufwendungen mit der Begründung, dass ursprünglich ein Bruttonießbrauch vereinbart worden sei, so dass die Klägerin keine Aufwendungen habe tragen müssen und somit auch keine Werbungskosten habe abziehen können. Die im Jahr 1996 vereinbarte Änderung der Nießbrauchsbestellung sei unwirksam, da sie einem Fremdvergleich nicht standhalte.

Die Kläger legten gegen die Einkommensteuerbescheide 2002 und 2003 wegen der nicht anerkannten Werbungskosten und gegen den Einkommensteuerbescheid 2001, da wegen der Verluste aus Vermietung und Verpachtung im Jahr 2002 einen Verlustrücktrag nach 2001 zu erfolgen habe, Einspruch ein. Aufgrund der nicht anerkannten Werbungskosten auch im Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheid 2004 legten sie auch dagegen Einspruch ein.

Die Einsprüche blieben erfolglos (Einspruchsentscheidung vom ......2004).

Die im Jahre 1977 erfolgte Nießbrauchsbestellung sei ein sogenannter Bruttonießbrauch. Danach habe sich der Eigentümer verpflichtet, die den Nießbrauchsberechtigten nach §§ 1041, 1045, 1047 BGB treffenden Kosten und Lasten zu tragen, so dass dem Nießbraucher die Bruttoerträge verblieben. Solche, von der gesetzlichen Lastenteilung abweichende vertragliche Vereinbarungen seien zivilrechtlich zulässig und ertragsteuerlich zu beachten. Die Abreden seien jedoch nur dann steuerlich bedeutsam, wenn sie im voraus klar und eindeutig getroffen und tatsächlich durchgeführt würden. Zu einem späteren Zeitpunkt bzw. rückwirkend getroffene Änderungen der Vereinbarung würden allerdings nicht mit steuerlicher Wirksamkeit akzeptiert. In der späteren Übernahme weiterer Verpflichtungen durch die Nutzungsberechtigten sei eine Zuwendung nach § 12 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) zu sehen. Die im Jahr 1996, also zu einem späteren Zeitpunkt, getroffene geänderte Vereinbarung hätte ein fremder Dritter nicht abgeschlossen, da sie ihn erheblich benachteiligen würde.

Ein Verlustrücktrag komme wegen des fehlenden negativen Gesamtbetrags der Einkünfte im Jahr 2002 nicht in Betracht.

Die Kläger haben unter dem .......2004 Klage erhoben.

Sie machen weiterhin geltend, dass die Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erklärungsgemäß anzuerkennen seien. Aufgrund des dadurch entstehenden Verlustes in 2002 habe ein Verlustrücktrag nach 2001 zu erfolgen. Die Vorauszahlungen seien unter Beachtung der anzuerkennenden Werbungskosten niedriger festzusetzen.

Die Nießbrauchsbestellungen aus dem Jahre 1977 seien ebenso zivilrechtlich und steuerlich wirksam wie die aus dem Jahre 1989. Gleiches müsse für die Änderung aus dem Jahr 1996 gelten. Der abweichenden Ansicht des Beklagten, dass diese Vereinbarung einem Fremdvergleich nicht standhalte, sei nicht zu folgen. Gemäß dem BFH-Urteil vom 20.10.1997 (IX R 38/97, BStBl II 1998, 106) könnten Vertragsparteien nachträglich Änderungen vereinbaren. Diese müssten jedoch ebenfalls klar und eindeutig sowie entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt werden. Dies sei im Streitfall erfolgt. Auch handele es sich bei der Vereinbarung aus 1996 nicht um eine rückwirkend getroffene Änderung. Lediglich zukünftige Aufwendungen sollten durch die Klägerin geleistet werden. Keinesfalls sollten bereits vor 1996 getätigte Aufwendungen durch diese Vereinbarung erfasst werden. Auch nicht zutreffend sei die Auffassung des Beklagten, dass ein fremder Dritter diese Vereinbarung nicht abgeschlossen hätte, da er sich dadurch erheblich benachteiligt gesehen hätte. Ein fremder Dritter hätte diese Vereinbarung sehr wohl abgeschlossen. Die Ursache hierfür sei in dem Kündigungsrecht des Eigentümers zu sehen. Dadurch habe der Klägerin das Nießbrauchsrecht jederzeit unter Einhaltung der Kündigungsfrist entzogen werden können. Ein fremder Dritter habe, insbesondere durch den Bruttonießbrauch, unbestritten einen wirtschaftlichen Vorteil durch die Mieterträge erlangt. Er würde die Übernahme der gesetzlichen Lasten sowie außergewöhnlichen Erhaltungsaufwendungen so lange hinnehmen, wie die ihm zufließenden Erträge in einer Gesamtbetrachtung größer seien als die damit verbundenen Aufwendungen. Bei Ablehnung der Übernahme habe die Klägerin und damit auch ein fremder Dritte mit dem Entzug der Einkunftsquelle seitens des Eigentümers durch Kündigung der Nießbrauchsbestellung rechnen müssen. Im Sinne einer rationalen Entscheidung habe daher die Vereinbarung aus 1996 auch unter fremden Dritten zustande kommen können. Denn trotz der Übernahme der gesetzlichen Lasten sowie außergewöhnlichen Erhaltungsaufwendungen erziele die Klägerin einen Totalüberschuss. Der Eigentümer könne auch keine Gegenleistung für die Übernahme der gesetzlichen Lasten sowie der außergewöhnlichen Erhaltungsaufwendungen verlangen, da er dem Nießbraucher ja bereits einen Totalüberschuss aus der Nutzung des Grundvermögens überlasse.

Zudem müsse auch der Hintergrund der ursprünglichen Nießbrauchsbestellung beachtet werden. Die unterschiedliche Behandlung der Einnahmen und der Werbungskosten durch die Nießbrauchsvereinbarung sei zunächst bewusst von den Eltern und der Klägerin in Kauf genommen worden. Damit sei das objektive Nettoprinzip außer Kraft gesetzt worden. Die Vereinbarung eines solchen Brutto-Nießbrauchs werde steuerlich anerkannt. Nach Eintritt der Klägerin in das Berufsleben sei die Lastentragung entsprechend der zivilgesetzlichen Regelung ausgestaltet und auf die Übernahme der außergewöhnlichen Erhaltungsaufwendungen ausgedehnt worden. Da unstreitig Einkünfteerzielungsabsicht vorliege, könne die steuerliche Anerkennung der Vereinbarung aus 1996 nicht durch die Grundsätze des Fremdvergleichs versagt werden, da diese Vereinbarung nicht isoliert für sich betrachtet werden könne.

Soweit der Beklagte anmerke, dass mit der Übernahme der außergewöhnlichen Erhaltungsmaßnahmen aufgrund der Vereinbarung aus 1996 wiederum eine vom Gesetz abweichende Lastentragung erfolge, sei hierzu zu sagen, dass auch unter Beachtung dieser zusätzlichen Aufwendungen ein Totalüberschuss erzielt würde. Damit sei die Vereinbarung nicht nachteilig und wäre so auch unter fremden Dritten zustande gekommen.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom .......2004 die Einkommensteuerbescheide der Streitjahre dahingehend zu ändern, dass die Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung entsprechend der in den Anlagen V erklärten Beträgen abgezogen werden,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er halte an seiner Auffassung fest, dass die Übernahme der gesetzlichen Lastenregelung und der außergewöhnlichen Erhaltungsmaßnahmen durch die Vereinbarung aus 1996 eine Zuwendung nach § 12 Nr. 2 EStG darstelle. Die Vereinbarung über die Übernahme der Aufwendungen aus 1996 sei entgegen der Ansicht der Klägerin nicht in Zusammenhang mit der Nießbrauchsbestellung zu sehen. Sie sei später getroffen worden. An dieser Auffassung ändere sich auch nichts durch die Möglichkeit der Eigentümer, den Nießbrauch zu kündigen. Von dieser Möglichkeit hätten sie keinen Gebrauch gemacht. Außerdem sei die Übernahme der Verpflichtung freiwillig und ohne Gegenleistung erfolgt. Dies hätte ein fremder Dritter nicht getan.

Zumindest aber sei die Übernahme der außergewöhnlichen Erhaltungsaufwendungen durch die Klägerin steuerlich nicht anzuerkennen. Hierbei handele sich um die nachträgliche Übernahme einer Verpflichtung. Diese Vorgehensweise halte insbesondere einem Fremdvergleich nicht stand, denn ein fremder Dritter übernehme nicht freiwillig und ohne Gegenleistung weitere und hier von den gesetzlichen Bestimmungen abweichende Verpflichtungen. Eine Gegenleistung könne auch nicht in der Erzielung der Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gesehen werden. Damit stelle auch die Übernahme der außerordentlichen Erhaltungsmaßnahmen eine Zuwendung nach § 12 Nr. 2 EStG dar.

In der Steuerakte des Beklagten befindet sich ein Aktenvermerk über ein Telefonat mit dem Bevollmächtigten der Klägerin, wonach bei dem Objekt ............ in 2002 bei der Angabe der Versicherungsaufwendungen in der Anlage V ein Fehler unterlaufen sein müsse. Die Prämie für die Gebäudeversicherung betrage 552 EUR statt wie erklärt 5552 EUR.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2004 vom ........2006 ersetzt den Vorauszahlungsbescheid vom .......2004 und ist von Gesetzes wegen Gegenstand des Klageverfahrens geworden (vgl. BFH-Beschluss vom 26.05.2006 IV B 151 04, BFH/NV 2006, 2086).

Die Klägerin kann die in den Einkommensteuererklärungen 2002 bis 2004 geltend gemachten Aufwendungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abziehen.

Nach § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) kann der Nießbrauchsberechtigte, der - wie die Klägerin - den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung verwirklicht, grundsätzlich alle Aufwendungen als Werbungskosten geltend machen, die er nach dem Gesetz (z.B. §§ 1041, 1045, 1047 BGB) oder nach einer vertraglichen Regelung zu tragen hat. Dies gilt auch, wenn - wie im Streitfall - ein Zuwendungsnießbrauch vereinbart wurde (vgl. BFH-Urteile vom 10.04.1991 XI R 13/87, BFH/NV 1991, 740 und vom 09.03.1993 IX R 96/89, BFH/NV 1993, 594 m.w.N.).

Nach diesen Ausführungen, denen sich der Senat anschließt, konnte die Klägerin die von ihr erklärten Aufwendungen als Werbungskosten abziehen. Für den Nießbrauch an dem Grundstück ......... Str. folgt dies aus der ursprünglichen Nießbrauchsvereinbarung vom .........1989, geändert durch die Vereinbarung vom ........1996. Für die Grundstücke .......... ............. und .................... folgt dies aus der Änderungsvereinbarung vom .........1996.

Die Vereinbarung vom ......1996 ist auch steuerlich anzuerkennen.

Vereinbarungen unter nahen Angehörigen sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs der Besteuerung nur zugrunde zu legen, wenn sie bürgerlichrechtlich wirksam geschlossen werden und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung der Vereinbarung dem zwischen Fremden Üblichen entspricht (vgl. z.B. BFHBeschluss vom 25.10.2004 III B 131/03 BFH/NV 2005, 339 und BFHUrteil in BFH/NV 1993, 594). Diese Voraussetzung ist in der Regel nur dann erfüllt, wenn die betreffende Vereinbarung klar und eindeutig getroffen und tatsächlich durchgeführt worden ist; andernfalls greift das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 und 2 EStG ein (vgl. BFHUrteil in BFH/NV 1993, 594 m.w.N.).

Die Formvorschriften hinsichtlich der ursprünglichen Bestellung wurden unstreitig eingehalten, die Änderung hinsichtlich der Lastentragung bedurfte keiner besonderen Form (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1993, 594). Auch die tatsächliche Durchführung der getroffenen Vereinbarungen ist unbestritten. Der Nießbrauch in Form der Änderung durch die Vereinbarung vom ........1996 hält auch den weiteren Kriterien eines Fremdvergleichs stand. Dieser ist jedoch nicht isoliert bezogen auf die Vereinbarung vom ......1996 anzustellen, sondern muss im Wege einer Gesamtbetrachtung des Nießbrauchsverhältnisses auch die ursprüngliche Nießbrauchsbestellung einbeziehen.

Bezogen auf die gesamte Vereinbarung würde sich - unabhängig von der dem Nießbrauchsverpflichteten eingeräumten weitgehenden Kündigungsmöglichkeit - auch ein fremder Dritter grundsätzlich auf eine solche Vereinbarung einlassen. Die Nießbrauchsberechtigte hatte im Streitfall jahrelang die Bruttoerlöse aus dem Mietobjekt erhalten. Erst mit der Vereinbarung trug sie auch die Lasten des Objekts, einschließlich der außergewöhnlichen Aufwendungen. Die danach gebotene steuerliche Berücksichtigung der Vereinbarung aus 1996 erstreckt sich nicht nur auf die Lastentragung nach §§ 1041, 1045 und 1047 BGB, sondern auch auf die Übernahme der außergewöhnlichen Aufwendungen nach § 1041 Satz 2 , 1043 BGB. Die auf dieser - auch unter fremden Dritten nicht unüblichen Vereinbarung - beruhenden Aufwendungen, die der Erhaltung der Einkunftsquelle dienen, sind bei der nießbrauchsberechtigten Klägerin abziehbare Werbungskosten. Trotz dieser weitgehenden Lastentragung ist, was auch der Beklagte nicht in Zweifel zieht, in Zukunft wieder ein Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwarten. Der damit anzunehmende Totalüberschuss stellt sich auch aus Sicht eines Dritten als (wirtschaftlich) günstig dar.

Der abweichenden, auf einer isolierten Betrachtung der in 1996 geschlossenen Vereinbarung beruhenden Rechtsauffassung des Beklagten kann nicht zugestimmt werden. Dessen Argumentation beruht auf einem rein wirtschaftlichen Verständnis des Fremdvergleichs. Eine solche Betrachtungsweise kann jedoch bei der Vereinbarung eines Nießbrauchs zwischen Angehörigen keine Anwendung finden. Ansonsten dürfte schon die (unentgeltliche) Bestellung eines Zuwendungs- bzw. Vorbehaltsnießbrauchs steuerlich nicht anzuerkennen sein. Eine solche Zuwendung macht zumindest aus wirtschaftlicher Sicht unter fremden Dritten keinen Sinn und würde einem so verstandenen Fremdvergleich, insbesondere bei einem wie im Streitfall vereinbarten Bruttonießbrauch, nicht standhalten. Dennoch wird die Vereinbarung eines unentgeltlichen Bruttonießbrauchs unter nahen Angehörigen von Rechtsprechung und Verwaltung anerkannt (vgl. BMF v. 24.07.1998 IV B 3 - S 2253 - 59/98, BStBl I S. 914 Rz. 4, 14 m.w.N).

Entscheidendes Argument für eine Gesamtbetrachtung des Nießbrauchsverhältnisses unter Einbeziehung der Vereinbarung aus 1996 im Rahmen eines Fremdvergleichs ist jedoch, dass mit dieser Vereinbarung die gesetzliche Wertung, dass derjenige, der Einnahmen aus einer Einkunftsquelle hat, grundsätzlich die Werbungskosten abziehen kann (vgl. § 2 Abs. 2 EStG), erreicht wird. Damit ist auch im Streitfall das durch den Bruttonießbrauch durchbrochene objektive Nettoprinzip (vgl. dazu Seeger in Schmidt, EStG, 25. Auflage, § 2 Rz 10) wiederhergestellt. Würde man eine Änderung des vereinbarten Bruttonießbrauchs mit Hinweis auf die fehlende Fremdvergleichbarkeit steuerlich nicht anerkennen, so würde man auf Dauer ein Auseinanderfallen von Einnahmen und Werbungskosten mit der Folge, dass die Einnahmen zu versteuern und die Werbungskosten nicht abzugsfähig sind, hinnehmen. Dies würde dem steuerlichen Leistungsfähigkeitsprinzip widersprechen und damit eben nicht mehr fremdvergleichbar sein. Gerade die Vereinbarung aus 1996 führt erst wieder zur Fremdvergleichbarkeit und ist daher steuerlich anzuerkennen.

Selbst wenn man - wie der Beklagte - für den Fremdvergleich die Vereinbarung aus 1996 isoliert und nach wirtschaftlichen Kriterien betrachtet, führt dies im Streitfall nicht zur Versagung der steuerlichen Anerkennung. Denn aufgrund der Kündigungsmöglichkeiten des Nießbrauchsverpflichteten stellt sich auch hier für einen fremden Dritten die Übernahme der Lasten noch als wirtschaftlich sinnvoll dar. Ein fremder Dritter hätte, wenn der Nießbrauchsverpflichtete die Lastentragung abwälzen wollte, vor der Alternative einer Kündigung des Nießbrauchsverhältnisses oder der Übernahme der Lasten gestanden. Da er bislang aus den vermieteten Objekten einen Bruttoerlös ohne Tragung jeglicher Lasten erzielt hat und auch in Zukunft wieder mit einem Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu rechnen ist, wäre die Beibehaltung des Nießbrauchs unter den neuen Bedingungen für ihn günstig.

Danach ermitteln sich die abzugsfähigen Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung wie folgt:

 ........................................................ Str. .........
200236.128 EUR9.991 EUR45.752 EUR
20033.731 EUR2.620 EUR8.706 EUR
20042.637 EUR2.598 EUR7.330 EUR

Bei der Ermittlung der Werbungskosten ............... war zu beachten, dass die laut Einkommensteuererklärung angesetzten Einkünfte ausweislich der Steuerakten des Beklagten um einen Tippfehler bei den Versicherungsaufwendungen zu kürzen waren. Statt der insoweit erklärten 5.552 EUR waren 552 EUR abzuziehen.

Die Berechnung der festzusetzenden Steuer und des Verlustrücktrages nach 2001 wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Beklagten übertragen.

Die Revision wird zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 FGO).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 151 Abs. 1, Abs. 3, 155 FGO i.V.m. § 709 ZPO.



Ende der Entscheidung

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