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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 20.09.2006
Aktenzeichen: 13 K 6307/02
Rechtsgebiete: UmwStG, UmwG, EStG


Vorschriften:

UmwStG § 11 Abs. 1
UmwStG § 1 Abs. 1 Nr. 1
UmwG § 2 Nr. 1
UmwG § 17 Abs. 2 S. 2
EStG § 5 Abs. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

13 K 6307/02

Tenor:

Unter Änderung des Körperschaftsteuerbescheids 1998 vom 00.00.0000 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 00.00.0000 werden die Einkommensbeträge in der Weise festgestellt, dass der Steuerbilanzgewinn unter Korrektur der Gewerbesteuerrückstellung um die in der Verschmelzungsbilanz aufgedeckten stillen Reserven i. H. v. ... DM erhöht wird.

Die Berechnung der Feststellungsbeträge wird dem Beklagten übertragen ( § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung durch die Klägerin in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin der L. GmbH. Die Beteiligten streiten um die Frage, ob anlässlich der Verschmelzung der L. GmbH auf die Klägerin zum 30.12.1998 auf der Ebene der übertragenden Gesellschaft ein steuerbilanzielles Wahlrecht zum Ansatz von Zwischenwerten gem. § 11 Abs. 1 Satz 2 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) bestand.

Am 00.00.1999 wurde zwischen der Klägerin und ihrer 100 %igen Tochtergesellschaft L. GmbH ein Verschmelzungsvertrag beurkundet (UR-Nr. ...). Mit diesem Vertrag übertrug die L. GmbH ihr Vermögen als Ganzes mit allen Rechten und Pflichten unter Ausschluss der Abwicklung im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme gem. §§ 2 Nr. 1 und 46 ff. UmwG auf die Klägerin als übernehmende Rechtsträgerin ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten. Als Verschmelzungsstichtag wurde der 30.12.1998, 24.00 Uhr bestimmt. Entsprechende Eintragungen im Handelsregister der übertragenden und der übernehmenden Gesellschaft erfolgten am 00.00. und 00.00.1999.

Der Verschmelzung wurde die Schlussbilanz der L. GmbH zum 30.12.1998 zugrunde gelegt. In dieser wurde dabei das Betriebsgrundstück in T., X-straße, mit einem höheren Wert ( ... DM) als dem in der Handelsbilanz zum 31.12.1998 ausgewiesenen Buchwert (... DM) angesetzt und damit stille Reserven in Höhe von ... DM aufgedeckt. Von diesem Betrag entfielen ... DM auf den Grund und Boden und ... DM auf das Gebäude. Hinsichtlich der Existenz dieser stillen Reserven verwies die Klägerin auf ein am 00.00.1995 erstelltes Gutachten, durch das ein Verkehrswert von ... DM ermittelt worden sei. Im Übrigen weist die Schlussbilanz der Firma L. GmbH auf der Aktivseite die Buchwerte für Maschinen (... DM), sonstige Geschäftsausstattung (... DM), Finanzanlagen (Rückdeckungsversicherung) und Umlaufvermögen aus.

Im Rahmen von Betriebsprüfungen bei der Firma L. GmbH und der Klägerin (Prüfungsberichte vom 00.00.0000) gelangte das Finanzamt für Großbetriebsprüfung D. zu dem Ergebnis, dass der gewählte Zwischenwertansatz bei dem übertragenden Unternehmen nicht zulässig sei. Da nach § 17 Abs. 2 UmwG bei der Aufstellung der Verschmelzungsbilanz die Vorschriften über die Jahresbilanz entsprechend anzuwenden seien und eine Wertaufholung gem. § 253 Abs. 4 HGB hier auszuschließen sei, könnten lediglich die Buchwerte angesetzt werden. Dieser Buchwertansatz schlage nach dem Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz auf die Steuerbilanz durch (§ 5 Abs. 1 EStG). Das nach dem Umwandlungssteuergesetz eingeräumte Wahlrecht zum Ansatz von Buch-, Teil- oder Zwischenwerten laufe damit nach der Verwaltungsauffassung (Tz. 11.01 des BMF-Schreibens vom 25.03.1998, BStBl I 1998, 268) im Ergebnis leer. Der Steuerbilanzgewinn 1998 der Firma L. GmbH vermindere sich demgemäss unter zusätzlicher Berücksichtigung eines hier nicht streitigen Korrekturpostens (-... DM) von ... DM auf ./.... DM. Auch die Wertansätze in der Bilanz der Klägerin als übernehmendem Rechtsträger zum 31.12.1998 seien entsprechend zu berichtigen. Der nach § 12 Abs. 2 UmwStG nicht abzugsfähige Übernahmeverlust des übernehmendem Rechtsträgers aus der Verschmelzung ermittle sich demnach wie folgt:

 Buchwert der übernommenen Wirtschaftsgüter lt. Prüferbilanz- ... DM
Wegfall der Beteiligung L. GmbH- ... DM
Übernahmeverlust... DM
Übernahmeverlust bisher... DM
Mehrverlust lt. Prüfung... DM

Mit dem nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Körperschaftsteuerbescheid 1998 vom 00.00.0000 folgte der Beklagte der Auffassung der Betriebsprüfung, indem er das zu versteuernde Einkommen der L. GmbH entsprechend feststellte. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies er mit Einspruchsentscheidung vom 00.00.0000 als unbegründet zurück.

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin der L. GmbH geltend, dass die Handhabung des Beklagten auf einer unzutreffenden Auslegung des Gesetzes beruhe, die dem Gesetzgeber unterstelle, mit § 11 Abs. 1 Satz 2 UmwStG entweder eine überflüssige Norm gesetzt oder die handelsrechtliche Rechtslage nicht gekannt zu haben.

Der Grundsatz der Maßgeblichkeit könne steuerliche Wahlrechte nicht verdrängen, wenn damit eigenständige Ziele verfolgt würden. Anderenfalls könnten steuerliche Wahlrechte ohne handelsrechtliches Gegenstück ihr gesetzgeberisches Ziel nicht erfüllen. Solchen speziellen steuerlichen Zwecken diene das Wahlrecht des § 11 Abs. 1 UmwStG, da diese Norm dem übertragenden Rechtsträger eine steuerneutrale Umwandlung ermöglichen solle. Der Grundsatz der Maßgeblichkeit könne nur bei Bestehen korrespondierender Bewertungswahlrechte nach Handels- und Steuerrecht eingreifen. Im Falle des in § 11 Abs. 1 Satz 2 UmwStG eingeräumten steuerlichen Wahlrechts werde dieses Ergebnis auch durch den allgemeinen Auslegungsgrundsatz bestätigt, dass das speziellere Gesetz dem allgemeinen Gesetz vorgehe. Mit der nahezu einhelligen Auffassung in der Fachliteratur sei daher davon auszugehen, dass die §§ 11 und 12 UmwStG eine Durchbrechung des Maßgeblichkeitsprinzips regelten und damit isolierte steuerliche Wahlrechte im Rahmen der Verschmelzung einer Körperschaft auf eine andere Körperschaft gewährten. Insoweit sei auch zu beachten, dass auf den Übertragungsstichtag eine steuerrechtliche Übertragungsbilanz, nicht aber eine handelsrechtliche Übertragungsbilanz zu erstellen gewesen sei.

Schließlich stütze die zwischenzeitlich ergangene Entscheidung des BFH vom 19.10.2005 I R 38/04, BFHE 211, 472, ihre Auffassung. Danach bestehe bei formwechselnden Umwandlungen nach § 25 UmwStG entgegen der bisherigen Verwaltungsauffassung ein Bewertungswahlrecht. Der BFH weise zutreffend darauf hin, dass ein anderes Regelungsverständnis sinnwidrig wäre, weil das steuerlich explizit eröffnete Wahlrecht damit faktisch leer liefe.

Die Klägerin beantragt,

den Körperschaftsteuerbescheid 1998 vom 00.00.0000 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 00.00.0000 zu ändern und die in der Verschmelzungsbilanz eingesetzten Zwischenwerte und die aufgedeckten stillen Reserven bei der Veranlagung zu berücksichtigten,

hilfsweise die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach seiner Auffassung stellt § 11 Abs. 1 UmwStG keine steuerliche Spezialvorschrift dar, die ein zusätzliches Wahlrecht einräumte. Der Umwandlungssteuererlass stelle diese gesetzliche Regelung klar.

Der Übertragungsgewinn ermittele sich als Unterschiedsbetrag zwischen dem Buchwert der Wirtschaftsgüter in der "regulären" Bilanz der übertragenden Körperschaft auf den Schluss ihres letzten Wirtschaftsjahres und dem Wert der Wirtschaftsgüter in der Übertragungsbilanz. Da für die Übertragungsbilanz die Vorschriften über die Jahresbilanz und deren Prüfung entsprechend gälten, sei ein über dem Buchwert liegender Wertansatz nur im Rahmen der Wertaufholung nach vorangegangener Teilwertabschreibung (§§ 253 Abs. 4, 280 HGB) möglich. Abgesehen von diesem Ausnahmefall könne es daher allenfalls zu einem Übertragungsgewinn kommen, wenn die Besteuerung der stillen Reserven nicht sichergestellt sei oder wenn neben den Gesellschaftsrechten eine weitere Gegenleistung gewährt werde. Diese Voraussetzungen lägen aber im Streitfall nicht vor.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündlichen Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Die L. GmbH war als Rechtsvorgängerin der Klägerin gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 UmwStG berechtigt, anlässlich ihrer Verschmelzung auf die Klägerin das übergehende Betriebsvermögen in ihrer steuerlichen Übertragungsbilanz mit dem gewählten Zwischenwert anzusetzen und dabei stille Reserven in Höhe von ... DM aufzudecken.

Das Vermögen der L. GmbH ist mit der Eintragung der Verschmelzung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 2 Nr. 1 UmwG) im Handelsregister des übernehmenden Rechtsträgers auf die Klägerin als übernehmende Rechtsträgerin übergegangen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG). Für die der Anmeldung der Verschmelzung zum Handelsregister beizufügende Schlussbilanz (§§ 16, 17 Abs. 2 Satz 1 UmwG) gelten dabei nach § 17 Abs. 2 Satz 2 UmwG die Vorschriften über die Jahresbilanz und deren Prüfung entsprechend. Nach den damit angesprochenen Regeln der §§ 238 ff. HGB sind die handelsrechtlichen Buchwerte grundsätzlich fortzuführen. Stille Reserven können handelsrechtlich nur aufgedeckt werden, wenn ein Gewinnrealisierungstatbestand vorliegt. Ein über dem Buchwert liegender Wertansatz ist im übrigen nur im Rahmen der Wertaufholung nach vorangegangener Teilwertabschreibung (§ 280 HGB) möglich. Ein Wahlrecht für den Ansatz der Buch-, Zwischen- oder Teilwerte besteht daher handelsrechtlich nicht. Ob der Anmeldung der Verschmelzung zum Handelsregister eine diesen Voraussetzungen genügende handelsrechtliche Umwandlungsbilanz beigefügt war, ist für den Eintritt der zivilrechtlichen Wirkungen der Eintragung ohne Belang (Widmann in: Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Bd. 2, § 24 UmwG, Tz. 159; siehe dort auch Vossius, § 20 UmwG, Tz. 373 f.).

Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 UmwStG können demgegenüber in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft die übergegangenen Wirtschaftsgüter mit einem über dem Buchwert liegenden Wert angesetzt werden, soweit der Teilwert nicht überschritten wird (§ 11 Abs. 1 Satz 3 UmwStG). In diesem Rahmen halten sich die in der steuerlichen Schlussbilanz der L. GmbH zum 30.12.1998 ausgewiesenen Zwischenwertansätze, die insoweit von den in der Handelsbilanz zum 31.12. 1998 angesetzten Buchwerten abweichen. Damit hat die Rechtsvorgängerin der Klägerin zulässigerweise das ihr in § 11 Abs. 1 Satz 2 UmwStG eingeräumte Wahlrecht ausgeübt. Die Frage der einheitlichen Ausübung des Bewertungswahlrechts in Bezug auf alle stille Reserven enthaltenden Wirtschaftsgüter (vgl. dazu Dötsch in: Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 11 UmwStG n. F., Tz. 10) ist im Streitfall nicht entscheidungserheblich, da sich hieraus nur von der Höhe der AfA abhängige Einkommensauswirkungen bei der Besteuerung der übernehmenden Gesellschaft ergeben können.

Zwar stellt § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG den Grundsatz auf, dass steuerrechtliche Wahlrechte bei der Gewinnermittlung in Übereinstimmung mit der handelsrechtlichen Bilanz auszuüben sind. Dieser Grundsatz der Maßgeblichkeit gilt aber für die hier streitbefangene steuerliche Umwandlungsbilanz gerade nicht. Vielmehr beinhaltet das in § 11 Abs. 1 Satz 2 UmwStG der übertragenden Körperschaft - ebenso wie in § 3 Satz 1 UmwStG - eingeräumte Bewertungswahlrecht eine Durchbrechung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes in Gestalt einer speziellen und damit dem Grundsatz vorgehenden gesetzlichen Regelung.

Der Senat folgt insoweit der ganz überwiegend herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum (Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 4.3.2004 6 K 103/99, EFG 2004, 858; Dötsch, a. a. O., § 3 UmwStG n. F., Tz. 27, und § 11 UmwStG n. F., Tz. 4 f.; Widmann, a. a. O., Bd. 4, § 3 UmwStG, Tz. 304, und Bd. 5, § 11 UmwStG, Tz. 13; Frotscher in: Frotscher/Maas, KStG, UmwStG, § 2 UmwStG, Tz. 12 f. , und § 11 UmwStG, Tz. 23; Klingberg in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, Band 5, § 11 UmwStG, Tz. 30; Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 24. Aufl., § 5, Tz. 46; jeweils mit weiteren Nachweisen).

Der gegenteiligen Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 25.3.1998, BStBl I 1998, 268, Tz. 03.01. und 11.01) ist zwar zuzugeben, dass die Aufnahme zweier ausdrücklicher Ausnahmen von der Geltung der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz in § 3 Satz 2 und § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG in systematischer Hinsicht dafür sprechen könnte, dass der Maßgeblichkeitsgrundsatz im übrigen Geltung beanspruchen soll.

Gegen eine derartige weitgehende Geltung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes sprechen indessen überzeugend sowohl die Entstehungsgeschichte des Gesetzes als auch dessen Auslegung nach der Maxime eines sinn- und zweckentsprechenden gesetzgeberischen Handelns.

Denn die die Einräumung der steuerlichen Wahlrechte enthaltenden Regelungen der §§ 3 Satz 1 und 11 Abs. 1 Satz 2 UmwStG 1995 sowie die bei Annahme einer uneingeschränkten Geltung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes damit inkompatible handelsrechtliche Regelung des § 17 Abs. 2 Satz 2 UmwG 1995 wurden von den gesetzgebenden Organen gleichzeitig beschlossen. Wenn der Gesetzgeber indessen ein steuerliches Wahlrecht für einen Ansatz über dem Buchwert vorsieht, gleichzeitig jedoch für die handelsrechtliche Schlussbilanz die Aufdeckung der stillen Reserven bis auf den Ausnahmefall der Wertaufholung verbietet, kann dies in der Gesamtschau nur so verstanden werden, dass ein Ansatz über den steuerlichen Buchwerten keine entsprechende Handhabung in der Handelsbilanz voraussetzt. Anderenfalls hätte der Gesetzgeber gleichzeitig sich gegenseitig ausschließende Regelungen beschlossen (so zutreffend: Widmann, a. a. O., Bd. 4, § 3 UmwStG, Tz. 304).

Auch bei der Auslegung der §§ 3 Satz 1 und 11 Abs. 1 Satz 2 UmwStG nach Maßgabe ihres Regelungszwecks kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber damit bewusst im wirtschaftlichen Ergebnis leerlaufende und praktisch bedeutungslose Bewertungswahlrechte schaffen bzw. beibehalten wollte. Vielmehr ist aus der gesetzgeberischen Einräumung derartiger steuerlicher Wahlrechte zu folgern, dass dem Rechtsanwender auch die tatsächliche Möglichkeit ihrer Ausübung eingeräumt werden sollte. Das mit dieser tatsächlichen Möglichkeit nicht allein der geringfügige Anwendungsbereich der Wertaufholung gemeint sein konnte, belegt nun zusätzlich die Einführung des steuerlichen Wertaufholungsgebots durch § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG i. d. F. des StEntlG 1999/2000/2002 ohne den gleichzeitigen Wegfall der in Rede stehenden Bewertungswahlrechte des UmwStG.

Den Gesichtspunkt, dass ein das steuerlich explizit eröffnete Wahlrecht faktisch wieder aufhebendes Regelungsverständnis als sinnwidrig angesehen werden müsse, hat nunmehr auch der BFH in seinem das Bewertungswahlrecht bei formwechselnder Umwandlung (§ 25 Satz 1 in Verbindung mit § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG) betreffenden Urteil vom 19.10.2005 I R 38/04 (BFH/NV 2006, 692) hervorgehoben. Zwar gibt es beim Formwechsel keine handelsrechtliche Umwandlungsbilanz, die maßgeblich für die steuerliche Umwandlungsbilanz sein könnte, weshalb aus der nunmehr vorliegenden Entscheidung des BFH keine für den vorliegenden Fall der Verschmelzung einschlägigen unmittelbaren Aussagen abgeleitet werden können. Gleichwohl sind einleuchtende Gründe für die gesetzliche Einräumung eines effektiven Bewertungswahlrechts beim Formwechsel und dessen gleichzeitige Versagung bei anderen Umwandlungsvorgängen durch uneingeschränkte Festhaltung an der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz nicht erkennbar. Für eine solche Ungleichbehandlung wirtschaftlich gleicher Vorgänge fehlt vielmehr jede nachvollziehbare Rechtfertigung (so auch Frotscher, a. a. O.).

Letztlich folgt der Senat auch Weber-Grellet (BB 1997, 653, 655) in der Überlegung, dass eine entsprechende Anwendung des § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG auf die steuerlichen Wahlrechte des UmwStG deshalb nicht in Betracht kommt , weil es hierfür an einer Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit fehlt. Vielmehr ist ein notwendiger Regelungsbedarf für eine entsprechende Anwendung des § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG auf steuerliche Umwandlungsbilanzen nicht erkennbar.

Da die Finanzverwaltung mit dem BMF-Schreiben vom 4.7.2006 IV B 2-S 1909 - 12/06 ihre gegenteilige Auffassung nur für den Fall der formwechselnden Umwandlung nach § 25 UmwStG aufgehoben hat, kommt der Rechtsfrage der Geltung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes für steuerliche Umwandlungsbilanzen weiterhin grundsätzliche Bedeutung zu. Dem trägt der Senat durch Zulassung der Revision Rechnung.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 135 Abs. 1, 151 Abs. 3 FGO, 709 ZPO.



Ende der Entscheidung

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