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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 20.05.2009
Aktenzeichen: 14 K 4223/06
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 4
EStG § 6 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die festgesetzte ESt, SolZ, KiSt und Zinsen in den Einkommensteuerbescheiden 2000 bis 2002 vom 16. August 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.09.2006 werden wie folgt herabgesetzt:

 Einkommensteuer 2000 € 2.168,89
rk Kirchensteuer 2000 € 195,20
Solidaritätszuschlag 2000 € 119,29
Zinsen 2000 € 380,00
Einkommensteuer 2001 € 2.196,51
rk Kirchensteuer 2001 € 197,69
Solidaritätszuschlag 2001 € 120,80
Zinsen 2001 € 275,00
Einkommensteuer 2002 € 2.180,00
rk Kirchensteuer 2002 € 232,56
Solidaritätszuschlag 2002 € 119,90
Zinsen 2002 € 44,00

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leisten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob und unter welchen Voraussetzungen für ein sowohl betrieblich als auch privat genutztes Leasingfahrzeug (PKW) der private Nutzungswert nach der Ein-Prozent-Regelung angesetzt und abgegolten werden kann.

Die Kläger sind zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Ehegatten. Der Kläger erzielt als selbständig praktizierender Zahnarzt Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Er ermittelt den Gewinn durch Einnahme-Überschuss-Rechnung. In den Streitjahren nutzte er geleaste PKW ..., die ihm gemäß den Leasingbedingungen der ... Leasing GmbH über eine Laufzeit von 36 Monaten zur Nutzung überlassen waren. Nach Ablauf der Vertragsdauer sollte dem Gebrauchtwagenerlös ein im Vertrag festgehaltener bestimmter Gebrauchtwagenwert gegenübergestellt werden. Ein Mehrerlös sollte dem Kläger zu 75 v.H. zufallen; 25 v.H. dieses Mehrerlöses sollten auf die Leasingraten eines bis zu 3 Monate nach Vertragsende neu zugelassenen Fahrzeugs angerechnet werden. Einen Mindererlös hatte der Kläger zu erstatten. Der Kläger leaste jeweils einen ... am 14.1.1999 (Bl. 53 der FG-Akte), am 8.12.2001 (Bl. 55 der FG-Akte) und ab März 2002 (Bl. 57 der FG-Akte). Der Kläger nutzte das jeweilige Fahrzeug sowohl für betriebliche als auch für private Zwecke. Er verbuchte die laufenden Leasingraten und Kfz-Kosten als betrieblichen Aufwand und setzte diese in den Einnahme-Überschussrechnungen für die Streitjahre unter Gegenrechnung des nach der Ein-Prozent-Methode ermittelten privaten Nutzungsanteils an.

Bei einer steuerlichen Betriebsprüfung gelangte der Beklagte zu dem Ergebnis, dass das Kfz nicht als betrieblich anzusehen sei und deshalb lediglich die anteiligen betrieblichen Kosten als Betriebsausgaben abzugsfähig seien. Der betriebliche Nutzungsanteil betrug - unstreitig - 30 % (BP-Bericht vom 24. April 2004 Tz. 2.3). Die hieraus resultierenden Gewinnkorrekturen sowie die von den Klägern geltend gemachten Kfz-Kosten ergeben sich aus der Anlage 3 zum Betriebsprüfungsbericht vom 24. April 2004. Aufgrund der Prüfung ergingen geänderte Bescheide über Einkommensteuer, Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag und Zinsen zur Einkommensteuer für die Jahre 2000 bis 2002.

Der Beklagte wies den gegen diese Bescheide eingelegten Einspruch als unbegründet zurück. In der Einspruchsentscheidung vom 21. September 2006 führte er unter Berufung auf das BFH-Urteil vom 2. März 2006 IV R 36/04, BFH/NV 2006, 1277, aus, die Ein-Prozent-Regelung sei für Leasingfahrzeuge, die zu weniger als 50 % betrieblich genutzt werden, nicht anwendbar. Überdies sei das Nutzungsrecht nicht in unmissverständlicher Weise dem gewillkürten Betriebsvermögen zugeordnet worden.

Mit der die Streitjahre 2000 bis 2002 betreffenden Klage macht der Kläger geltend, dass auch für Leasingfahrzeuge eine Zuordnung zum Betrieb möglich und der pauschale Nutzungswert anwendbar sei. Eine eindeutige Zuordnung des Leasingfahrzeugs zum Betrieb sei dadurch erfolgt, dass der Leasingaufwand von Anfang an in der laufenden Buchführung als Aufwand erfasst worden sei. Es habe auch eine monatliche Erfassung der Einnahmen und Ausgaben stattgefunden. Dies ergebe sich schon daraus, dass der Kläger zur Abgabe monatlicher Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet gewesen sei. Als Nachweis legt der Kläger die entsprechenden DATEV-Buchhaltungskonten (Bl. 58 ff. der FG-Akte) vor. Des Weiteren sei in den Leasingverträgen bei dem Verwendungszweck jeweils "Geschäftswagen" angegeben.

Nach Ansicht des Klägers belegten die vorgelegten Unterlagen eindeutig, dass das Leasingfahrzeug als gewillkürtes Betriebsvermögen behandelt worden sei. Wenn auf Nachfrage des Leasingunternehmens, ob das Fahrzeug als Geschäfts- oder Privatfahrzeug genutzt werde, die Entscheidung getroffen werde, es als Geschäftsfahrzeug zu nutzen und man dies dem Leasingunternehmen mitteile, so habe man nach außen dokumentiert den Pkw dem Betriebsvermögen zuordnen zu wollen. Auch die zeitnahe Erfassung in der betrieblichen Buchhaltung erfülle die Zuordnungs- und Dokumentationskriterien.

Das Urteil des BFH vom 29. April 2008 verstoße zum einen gegen das Verfassungsverbot der Gleichbehandlung, zum anderen seien die Entscheidungsgrundlagen mit dem Streitfall nicht zu vergleichen. Eine eindeutige Zuordnung liege vor, denn ein am Ende des Jahres erstelltes Anlagenverzeichnis könne nicht zeitnaher sein als eine monatlich erstellte Buchhaltung. Dem normal denkenden Bürger sei nicht vermittelbar, dass eine Erfassung der vollständigen Kosten eines Gegenstandes im betrieblichen Teil der Buchhaltung keine unmissverständliche Zuordnung zum Betrieb darstellen könne. Auch sei durch die Angabe als "Geschäftsfahrzeug" im Leasingvertrag eine unmittelbare und unmissverständliche Zuordnung vorgenommen worden. Entgegen der Ansicht des Beklagten könne auch der private Nutzungswert bei weniger zu 50 % betrieblich genutzten Leasingfahrzeugen nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung ermittelt werden. Selbst wenn man im Streitfall der Auffassung sei, dass das Kfz nicht zum Betriebsvermögen gehöre, sei die Ein-Prozent-Regel anzuwenden. Der BFH habe im Urteil vom 8. Dezember 2004 in Übereinstimung mit der bis dahin ergangenen höchstrichterlichen und finanzgerichtlichen Rechtsprechung entschieden, dass die Vorschrift auch auf betrieblich geleaste Fahrzeuge anwendbar sei. Dabei habe der BFH darauf abgestellt, dass die Entnahme von Nutzungsvorteilen nicht die Zugehörigkeit des genutzten Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen, sondern allein die betriebliche Nutzungsbefugnis erfordere. Schon die Annahme, dass die gesetzliche Kfz-Nutzungswertbesteuerung nach § 6 EStG unmittelbar nur auf zum Betriebsvermögen gehörende Kraftfahrzeuge anwendbar sei, sei zweifelhaft. Der Wortlaut enthalte nicht den Begriff des "betrieblichen Kraftfahrzeugs", sondern stelle allein auf den Begriff des Kfz ohne den Zusatz "betrieblich" ab. Auch der Eingangssatz des § 6 EStG lasse nicht die Annahme zu, dass die Kfz-Nutzungswertbesteuerung eine Zugehörigkeit des genutzten Kfz als solche zum Betriebsvermögen erfordere. Wegen der weiteren Begründung verweist der Kläger auf den Inhalt des Aussetzungsbeschlusses des Senats vom 29. Januar 2007 (14 V 4485/06).

Die Kläger beantragen,

die Bescheide über Einkommensteuer, Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag und Zinsen zur Einkommensteuer 2000 bis 2002 vom 16. August 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.09.2006 dergestalt zu ändern, dass die Steuer, Kirchensteuer und SolZ und Zinsen wie folgt herabgesetzt werden

 Einkommensteuer 2000 € 2.168,89
rk Kirchensteuer 2000 € 195,20
Solidaritätszuschlag 2000 € 119,29
Zinsen 2000 € 380,00
Einkommensteuer 2001 € 2.196,51
rk Kirchensteuer 2001 € 197,69
Solidaritätszuschlag 2001 € 120,80
Zinsen 2001 € 275,00
Einkommensteuer 2002 € 2.180,00
rk Kirchensteuer 2002 € 232,56
Solidaritätszuschlag 2002 € 119,90
Zinsen 2002 € 44,00,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Er nimmt Bezug auf die Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, die vom Kläger dargestellten Buchungen seien für eine Zurechnung zum gewillkürten Betriebsvermögen nach Verwaltungsansicht (BMF-Schreiben vom 17. November 2004 IV B 2 - S 2134 - 2/04) nicht ausreichend. Als Nachweis wäre z.B. eine zeitnahe Aufnahme des Fahrzeugs in ein Bestandsverzeichnis ausreichend. Seine Ansicht entspreche sowohl der Ansicht des BFH als auch den maßgebenden Verwaltungsanweisungen. Des Weiteren halte der Beklagte an seiner Rechtsauffassung fest, dass die sog. Ein-Prozent-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG für Leasingfahrzeuge mit weniger als 50 %-iger betrieblicher Nutzung nicht anwendbar sei. Dies entspreche auch den Urteilen des BFH vom 2. März 2006 (BFH/NV 2006, 1277) und vom 29. April 2008 (BFH/NV 2008, 1662).

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2002 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Die Kfz-Kosten sind als Betriebsausgaben in voller Höhe nach § 4 Abs. 4 EStG abzuziehen und der private Nutzungsanteil ist als Entnahme nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG zu berücksichtigen.

1. Nach § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Zu den betrieblich veranlassten Aufwendungen gehören grundsätzlich solche, die für Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens anfallen. Im vorliegenden Fall gehörte das durch die Leasingverträge eingeräumte Nutzungsrecht an den Fahrzeugen zum (gewillkürten) Betriebsvermögen.

Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens können solche des notwendigen oder des gewillkürten Betriebsvermögens sein. Auch Nutzungsrechte stellen selbständige immaterielle Wirtschaftsgüter dar (vgl. auch § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG) (BFH-Beschluss vom 4. Dezember 2006 GrS 1/05, BFH/NV 2007, 1218; BFH-Urteil vom 14. März 2006 I R 109/04, BFH/NV 2006, 1812). Zum notwendigen Betriebsvermögen gehören solche Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb dergestalt unmittelbar dienen, dass sie objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb selbst bestimmt sind, wobei nicht vorausgesetzt wird, dass sie für den Betrieb notwendig i.S. von erforderlich sind (BFH-Urteil vom 31. Mai 2001 IV R 49/00, BStBl II 2001, 828).

Die Annahme notwendigen Betriebsvermögens scheidet vorliegend aus, weil das Fahrzeug als abnutzbares bewegliches Wirtschaftsgut sowohl betrieblich als auch privat genutzt wird und der betriebliche Anteil nicht mehr als 50 v.H. der gesamten Nutzung beträgt (BFH-Urteil vom 2. Oktober 2003 IV R 13/03, BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985 ).

Ist ein Wirtschaftsgut weder notwendiges Betriebsvermögen noch notwendiges Privatvermögen, so kann es gewillkürtes Betriebsvermögen sein, wenn es objektiv dazu geeignet und erkennbar dazu bestimmt ist, den Betrieb zu fördern (BFH, BStBl II 2004, 985 mwN). Auch denjenigen Steuerpflichtigen, die - wie im Streitfall - ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, können gewillkürtes Betriebsvermögen bilden (BFH, BStBl II 2004, 985 ). Erforderlich ist dabei jedoch, dass für den Akt der erstmaligen Zuordnung eines Wirtschaftsguts zum gewillkürten Betriebsvermögen, dieses in unmissverständlicher Weise so dokumentiert wird, dass ein sachverständiger Dritter - z.B. ein Betriebsprüfer - ohne weitere Erklärung des Steuerpflichtigen die Zugehörigkeit des erworbenen und eingelegten Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen erkennen kann (BFH, BStBl II 2004, 985 ).

Eine solche Zuordnung des Nutzungsrechts an dem geleasten Kfz liegt im Streitfall vor.

Für die Frage, welche Anforderungen an eine eindeutige und unmissverständliche Zuordnung bei geleasten Fahrzeugen zu stellen sind, ist zunächst die Feststellung, ob zivilrechtliches oder wirtschaftliches Eigentum des Leasingnehmers vorliegt, zu treffen. Denn für ein in dessen zivilrechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentum stehendes Leasingfahrzeug kann die Einbuchung des Wirtschaftsguts im Anlageverzeichnis und/oder Abschreibungsverzeichnis geboten sein, während dies bei bloßer Nutzungsberechtigung mit laufendem Nutzungsentgelt grundsätzlich nicht in Betracht kommt.

a. Die Leasingfahrzeuge standen im Streitfall nach Würdigung der Leasingverträge nicht im wirtschaftlichen Eigentum des Klägers. Leasingnehmer sind als wirtschaftliche Eigentümer i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO insbesondere dann anzusehen, wenn sich betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Leasinggegenstandes und die Grundmietzeit annähernd decken oder zwar die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer erheblich länger als die Grundmietzeit ist, jedoch dem Leasingnehmer ein Recht auf Mietverlängerung oder Kauf zusteht und bei Ausübung der Option nur ein geringer Mietzins oder Kaufpreis zu entrichten ist (BFH-Urteil vom 9. Dezember 1999 III R 74/97, BFHE 191, 125, BStBl II 2001, 311). Im Streitfall hatte der Kläger nach Ablauf der Grundmietzeit von 36 Monaten, die erheblich kürzer war als die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von acht Jahren (BFH, BStBl II 2001, 311), weder ein Recht auf Verlängerung des Leasingverhältnisses noch ein Kaufoptionsrecht. Auch die Beteiligung an einem etwaigen Verkaufserlös, der nur dann eintritt, wenn ein bestimmter Gebrauchtwagenerlös überschritten wird, führt weder zu einem zivilrechtlichen noch zu einem wirtschaftlichen Eigentumsübergang. Denn der in den Verträgen angesetzte Gebrauchtwagenerlös entsprach in etwa dem Marktpreis. Er war jedenfalls nicht so niedrig, dass man regelmäßig einen darüber liegenden nennenswerten Erlös hätte erzielen können. Insoweit hatte auch der Herausgabeanspruch des zivilrechtlichen Eigentümers (Leasinggeber) noch eine wirtschaftliche Bedeutung.

Der Kläger ist folglich weder zivilrechtlicher noch wirtschaftlicher Eigentümer geworden. Er hat lediglich ein obligatorisches Nutzungsrecht an dem jeweiligen Leasing-Fahrzeug erworben. Dieses hat er aufgrund einer ausreichenden eindeutigen Zuordnung seinem (gewillkürten) Betriebsvermögen zugeordnet.

b. Das Nutzungsrecht aus dem Leasingvertrag ist als schwebendes Geschäft nicht bilanzierungsfähig. Deshalb darf und braucht es auch nicht in ein Anlageverzeichnis aufgenommen zu werden. Da für den Leasingvertrag keine Anschaffungskosten angefallen sind, kommt auch die Aufnahme in ein Abschreibungsverzeichnis nicht in Betracht. Es muss daher nach Ansicht des Senats ausreichen, wenn der Leasingvertrag für das Unternehmen geschlossen und die gesamten Kfz-Aufwendungen (einschließlich der Leasingsonderzahlungen und -raten) von Anfang an zeitnah als betrieblicher Aufwand verbucht wurden (Urban, Besteuerung von Firmen- und Dienstwagen, 2009, Seite 109 Fn. 36).

Der Kläger hat in der monatlichen Buchführung die gesamten Kfz-Kosten als betriebliche Kosten verbucht. Unter dem betrieblichen Konto "Fremdfahrzeuge" wurden die monatlichen Leasingraten erfasst. Beispielsweise wurden auch die "Leasingkosten bei Rückgabe" zeitnah (Buchung am 3.4.2002, Konto Sammelkonto Fahrzeugkosten 4500) gebucht. Durch die Verpflichtung der monatlichen Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen war auch eine zeitnahe monatliche Buchführung erforderlich. Der Kläger hat somit die Leasingraten sowie die weiteren Betriebskosten nicht nur nachträglich in der Gewinnermittlung erfasst, sondern in der monatlichen Buchführung. Darüber hinaus hat er durch die Angabe in den Leasingverträgen auch nach außen dokumentiert, dass das Fahrzeug ein Geschäftswagen sein soll. Insoweit ist eine Zuordnung zu seinem Betrieb erfolgt. Zudem hat er die Nutzungsentnahme nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG berechnet. Die Berechnung der Nutzungsentnahme setzt aber die Betriebsvermögenseigenschaft des Nutzungsrechts voraus (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 EStG). Auch damit hat er nach außen für einen sachverständigen Dritten die Zurechnung zu seinem Betriebsvermögen dokumentiert. Die Würdigung all dieser Umstände lässt nach Ansicht des Senats die unmissverständliche Zuordnung des Nutzungsrechts des Kfz zum Betriebsvermögen des Klägers zu. Soweit der BFH im Urteil vom 29. April 2008 (VIII R 67/06, BFH/NV 2008, 1662) die Erfassung der Kfz-Kosten in der Gewinnermittlung nicht als ausreichend ansieht, widerspricht dieses Urteil nicht der vorliegenden Würdigung der ausreichenden Zuordnung (vgl. Urban aaO). Der Senat kann darüber hinaus nicht erkennen, welche weiteren konkreten zeitnahen Aufzeichnungen im vorliegenden Fall, in dem das Leasingfahrzeug nicht in ein Anlage-/Bestands- oder Abschreibungsverzeichnis aufgenommen werden konnte, erforderlich sein könnten. Ein freiwillig geführtes "Sonderverzeichnis" für betriebliche Leasingfahrzeugen, die nicht im wirtschaftlichen oder zivilrechtlichen Eigentum stehen, ist nicht vorgesehen. Einem solchen käme auch nach Ansicht des Senats kein höherer Dokumentationswert zu als den vorliegenden Aufzeichnungen.

Das Nutzungsrecht an den Leasingfahrzeugen ist daher dem gewillkürten Betriebsvermögen des Klägers zuzurechnen. Bei den geltend gemachten Aufwendungen, die der Höhe nach unstreitig sind, handelt es sich auch um solche, die durch das betriebliche Nutzungsrecht veranlasst sind, so dass die Kosten für dieses betriebliche Nutzungsrecht zum Betriebsausgabenabzug nach § 4 Abs. 4 EStG berechtigen.

2. Die private Nutzung der Leasingfahrzeuge ist entgegen der Ansicht des Beklagten nach der typisierenden Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG zu ermitteln und der Besteuerung zugrunde zu legen. Nach dieser Vorschrift ist die private Nutzung eines Kfz für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen. Nutzungen können einem Betrieb auch dann entzogen werden, wenn ihm lediglich diese und nicht auch das Eigentum zustehen, also ein vom Eigentum abweichendes betriebliches Nutzungsrecht. Somit erfordert die Entnahme von Nutzungsvorteilen nicht die Zugehörigkeit des genutzten Wirtschaftsguts als solches zum Betriebsvermögen, ausreichend ist die Zuordnung der Nutzungsbefugnis zum Betriebsvermögen.

Soweit der BFH im Urteil vom 29. April 2008 (VIII R 67/06, BFH/NV 2008, 1662) hingegen so verstanden werden muss, dass die Nutzungswertregelung nur dann anwendbar ist, wenn das Kfz als solches zum Betriebsvermögen gehört (Grundvoraussetzung des § 6 Abs. 1 Satz 1 EStG: Betriebsvermögenseigenschaft des Wirtschaftsguts Kfz), kann der Senat dieser Ansicht nicht folgen. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 EStG ist zwar Voraussetzung für die Anwendung der in § 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 EStG geregelten Sachverhalte, dass es sich um Wirtschaftsgüter handelt, die zum Betriebsvermögen gehören. Abzustellen ist bei Leasingverträgen aber nicht auf das Wirtschaftgut "Leasinggegenstand" (hier Kfz), sofern dieser nicht in das Eigentum des Leasingnehmers (zivilrechtliches oder wirtschaftliches) übergegangen ist, sondern auf das vom Eigentum losgelöste obligatorische Nutzungsrecht als immaterielles Wirtschaftsgut (Urban aaO, Seite 108), welches hier (s. Punkt 1.) als Wirtschaftsgut dem Betriebsvermögen des Klägers zuzurechnen ist. Auch der Wortlaut des Eingangssatzes des § 6 Abs. 1 EStG "Wirtschaftsgüter, die nach § 4 Abs. 1 oder nach § 5 als Betriebsvermögen anzusetzen sind" führt nicht zu rechtlichen Bedenken gegen die Anwendbarkeit der Nutzungsentnahmeregelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG. Die Legaldefinition in § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG benennt ihrem Wortlaut auch die Entnahmen als Wirtschaftsgüter.

Auch die herrschende Rechtsmeinung, dass § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG lediglich die Bewertung der Sachentnahmen regele, daher für die Bewertung der Nutzungsentnahme keine Aussage treffe (vgl. BFH-Beschlüsse vom 26. Oktober 1987 GrS 2/86, BStBl II 1988, 348; vom 23. Januar 2001 VIII R 48/98, BStBl II 2001, 395), führt vorliegend nicht zu einer Verneinung der Anwendbarkeit der Nutzungswertpauschalierung. Für die Verwendung des betrieblichen Kfz zu bestimmten außerbetrieblichen Fahrten gilt seit der Neufassung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG durch das JStG eine spezialgesetzliche Regelung, die von diesen Grundsätzen abweicht (sog. Ein-Prozent-Methode). Die (systemwidrige) in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG getroffene Ausnahmeregelung setzt lediglich voraus, dass die zu bewertende Nutzung auf einzelne Wirtschaftsgüter bezogen sein muss. Hingegen kann man hieraus nicht den Schluss herleiten, dass das Kfz als solches ein bilanzierungsfähiges Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens sein muss (Urban aaO, Seite 108; a.A. FG Schleswig-Holstein Urteil vom 3. November 1999 V 88/99, EFG 2000, 165, jedoch analoge Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG).

Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung wird von der dort getroffenen (pauschalierenden) Bewertungsregelung jedes betriebliche Kraftfahrzeug erfasst. Eine Ausnahme für Leasingfahrzeuge kann dem Wortlaut und auch dem Sinn und Zweck des Gesetzes nicht entnommen werden. Selbst wenn das Kfz an sich nicht das Wirtschaftsgut darstellt, welches zum Betriebsvermögen gehört, sondern das immaterielle Wirtschaftsgut des Nutzungsrechts, ist die pauschale Bewertungsregelung unmittelbar anwendbar. Diese beruht auf dem allgemeinen Erfahrungssatz, dass bestimmte Arten von Kfz typischerweise nicht nur vereinzelt und gelegentlich für private Nutzung genutzt werden. Der allgemeine Erfahrungssatz gilt gleichermaßen auch für betrieblich genutzte Leasingfahrzeuge, die weder im wirtschaftlichen noch im zivilrechtlichen Eigentum des Leasingnehmers stehen. Eine Nutzungsentnahme erfordert ebenso wenig wie die Zuordnung eines Nutzungsrechts zum Betriebsvermögen, dass das genutzte Wirtschaftsgut als solches oder das betriebliche Recht auf Nutzung eines Wirtschaftsguts, das auch privat genutzt wird, bilanziert oder bilanzierungsfähig sind (Urban, aaO, S. 17). Darüber hinaus wird mit der Nutzungswertpauschalierung nicht die Entnahme des Wirtschaftsguts, sondern allein der Wert der entnommenen Nutzung bewertet. Insoweit ist kein Unterschied zwischen einem beispielsweise mittels eines Darlehns zu Eigentum erworbenen Kfz und einem Leasingfahrzeug festzustellen. Entscheidend ist allein, dass entweder das im Eigentum stehende Fahrzeug oder die gesicherte Rechtsposition aufgrund des obligatorischen Nutzungsrechts dem Betrieb zuzurechnen ist.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Mehrzahl der genutzten betrieblichen Fahrzeuge -insbesondere im hochpreisigen Segment - Leasingfahrzeuge darstellen. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Nichtanwendbarkeit der Pauschalregelung auf Leasingfahrzeuge dem Willen des Gesetzgebers entsprechen sollte. Es ist vielmehr anzunehmen, dass dem Gesetzgeber bewusst war, dass die überwiegende Anzahl der betrieblich genutzten Kfz geleast werden. Daher kann man auch nicht von einer planwidrigen Regelungslücke ausgehen, die gegebenenfalls eine Analogie rechtfertigen könnte.

Soweit das Nutzungsrecht an dem geleasten Fahrzeug dem Betriebsvermögen zuzurechnen ist, stehen dem Ansatz der Nutzungsentnahme nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG daher keine rechtlichen Bedenken entgegen (vgl. BFH-Urteil vom 13. Februar 2003 X R 23/01, BFHE 201, 499, BStBl II 2003, 472; vgl. FG Köln Urteil vom 8. Dezember 2004 14 K 2612/03, EFG 2005, 589 mwN; Urban aaO, S. 106 ff.).

Darüber hinaus kann der Senat keinen Grund erkennen, warum § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung lediglich auf Nutzungsrechte an überwiegend betrieblich eingesetzten Fahrzeugen (über 50 %) beschränkt sein sollte. Gehört das Nutzungsrecht an dem Kfz zum Betriebsvermögen, kann bis zur Gesetzesänderung die Nutzungsentnahme, selbst bei überwiegender Privatnutzung, nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ermittelt werden, soweit sie dem Betriebsvermögen und nicht dem Privatvermögen (betriebliche Nutzung unter 10 %) zuzuordnen ist. Entgegen der Ansicht des Beklagten kommt die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung daher auch dann in Betracht, wenn die betriebliche Nutzung weniger als 50 % ist. Erst für nach dem 31. Dezember 2005 endende Wirtschaftsjahre ist die 50%-Genze aufgrund der Änderung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG erforderlich.

Der Kläger hat daher zu Recht die Nutzungsentnahme nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ermittelt. Gegen die Ermittlung der Höhe nach bestehen auch seitens des Beklagten keine Bedenken. Die Einkommensteuer ist daher entsprechend der im Tenor festgesetzten Beträge zu mindern. Gemäß § 51a Abs. 5 Satz 2 EStG ist das Finanzamt gegenüber den Klägern auch verpflichtet, für die Zuschlagsteuern (Solidaritätszuschlag, KiSt) die im Tenor festgesetzte ESt zugrunde zu legen. Der Einkommensteuerbescheid ist insoweit, als er die Bemessungsgrundlage von Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer ermittelt, Grundlagenbescheid. Die Zinsfestsetzung ist gemäß § 233a Abs. 5 AO zu ändern. Die im Tenor festgesetzten Beträge sind der Höhe nach zwischen den Beteiligten unstreitig.

3. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 151 FGO, 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

Ende der Entscheidung

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