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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 10.11.2004
Aktenzeichen: 14 K 459/02
Rechtsgebiete: EStG, AO 1977, StPO


Vorschriften:

EStG § 41c Abs 3
AO 1977 § 167
StPO § 153a
EStG § 8 Abs 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Klägerin ist aus der PF GmbH durch Umfirmierung hervorgegangen.

Strittig ist die Behandlung der Übernahme der Zahlung einer Geldauflage nach § 153 a Strafprozessordnung -StPO- i.H. von 1.296.000 DM durch die PF GmbH, die gegen deren Prokuristen festgesetzt worden ist.

Die Staatsanwaltschaft E führte ein Verfahren wegen verbotener Preisabsprachen im Zusammenhang mit .... Das Verfahren wurde gegen die Inhaber, Geschäftsführer und verantwortliche Mitarbeiter der beteiligten Firmen geführt, hier bis März 1995 gegen die Fa. P KG und derer Inhaber sowie gegen den Prokuristen T, wegen Taten ab März 1995 nur noch gegen den Prokuristen. Im Dezember 1995 gliederte die P KG das ...geschäft auf die PM GmbH aus, die gleichzeitig in PF GmbH umbenannt wurde. Der Arbeitnehmer T war zunächst Vertriebsleiter und Prokurist der Fa P KG und dann ab 1995 der Fa. PF. Im Jahre 1999 wurde das ...geschäft wieder aus der PF ausgegliedert und die Gesellschaft erhielt ihre ursprüngliche Firma, nämlich PM GmbH zurück. Zugleich wurde dem Arbeitnehmer T die Prokura entzogen. Die strittige Zahlung der Geldauflage durch die PF erfolgte im September 1999. Zu diesem Zeitpunkt war der Prokurist T Arbeitnehmer der PF.

Im Strafverfahren wurde den beteiligten Firmen und Personen vorgeworfen, sie hätten ihren Kunden durch die verbotenen Preisabsprachen erheblichen Schaden zugefügt. Das Strafverfahren wurde gegen die Beschuldigten eingestellt, nachdem diese sich mit der Zahlung einer Geldbuße nach § 153 a StPO einverstanden erklärt hatten, die sich der Höhe nach an dem eingetretenen Schaden orientieren sollte. Nach Zahlung der Geldbußen wurde das beim Kartellamt geführte Bußgeldverfahren gegen die beteiligten Firmen ebenfalls eingestellt, ohne dass eine Geldbuße verhängt worden ist. Die gegen den Prokuristen T nach § 153 a StPO festgesetzte Auflage betrug 1.296.000 DM.

Mit Schreiben vom 28.9.1999, eingegangen am 5.10.1999, teilte die PF dem Finanzamt -FA- L, das damals Betriebstätten-FA i.S. des § 41 Abs.2 EStG war, zur Lohnsteueranmeldung für September 1999 mit, sie habe am 27.9.1999 an die Staatskasse 1.296.000 DM zur Erfüllung der gegen ihren Prokuristen T festgesetzten Geldauflage gezahlt, diese jedoch nicht bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Arbeitslohns berücksichtigt. Nach ihrer Auffassung handele es sich dabei nicht um Arbeitslohn, sondern um Abwehrkosten, die im überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse aufgewendet worden seien. Die formell gegen den Prokuristen festgesetzte Geldauflage könne als gegen den Unternehmer selbst festgesetzt angesehen werden. Materiell betroffen sei das Unternehmen, bei der Befreiung des Prokuristen von der Zahlung der Auflage handele es sich nur um eine Reflexwirkung. Das FA L teilte der GmbH mit, bei der Übernahme der Geldauflage handele es sich um Arbeitslohn und forderte die GmbH auf, die Versteuerung unverzüglich nachzuholen und die Abgabe einer berichtigten Lohnsteueranmeldung zu veranlassen. Da die GmbH der Aufforderung nicht nachkam, setzte das FA L die Lohnsteuer für September 1999 mit Bescheid vom 21.12.1999 fest und erhöhte die angemeldete Lohnsteuer -LoSt- um 25 % der übernommenen Geldauflage auf 542.417 DM. Am 6.1.2000 ging beim FA ein Schreiben der PI ein, mit dem die zentrale Rechtsabteilung der P Gruppe die im Schreiben vom 28.9.1999 vertretene Rechtsauffassung unter Vorlage eines Gutachtens von Professor Dr. M bekräftigte.

Mit Bescheid vom 10.1.2000 wurde die Lohnsteuerfestsetzung vom 21.12.1999 nach § 164 Abs.2 AO 1977 wegen eines Eingabefehlers betreffend die Festsetzung einer ... berichtigt. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.

Am 24.1. 2000 legte die PF gegen den Bescheid vom 10.01.1999 Einspruch ein und legte zur Begründung das Rechtsgutachten von Prof.Dr. M vor, nach dem ein überwiegendes beriebliches Interesse der Klägerin an der Übernahme der Geldauflage zu bejahen ist (auf den Inhalt des Gutachtens wird verwiesen).

Am 3.5.2000 begann bei der PF eine Lohnsteueraußenprüfung des FA L. Die Prüfung bezog den strittigen Sachverhalt nicht in den Prüfungsbericht ein, sondern teilte der Rechtsbehelfstelle des FA L mit, der LoSt-Bescheid für September 1999 vom 10.1.2000 sei fehlerhaft. Die angemeldete Lohnsteuer von 218.417,94 DM sei um 686.880,- DM für den Arbeitnehmer T zu erhöhen, so dass der Lohnsteuerabzug insgesamt 905.297,94 DM betrage. Der Kontrollmitteilung war eine Lohnsteuerberechnung und eine Gehaltsabrechnung für den Arbeitnehmer T beigefügt. Aufgrund der Mitteilung berichtigte das FA L den Bescheid über LoSt für September 1999 unter dem 11.4.2001 erneut nach § 164 Abs.2 AO 1977 und setzte die Lohnsteuer auf 905.297,94 DM fest.

Aus dem Schreiben vom 27.8.2001 des FA L ist zu entnehmen, dass die P-Gruppe die Geschäftsleitung in die N Str verlegt habe und deshalb das FA L1, das beklagte FA, nach § 20 AO zuständig geworden sei. Mit Entscheidung vom 2.1.2002 hat das beklagte FA den Einspruch der Klägerin, PM GmbH, als unbegründet zurückgewiesen.

Gegen die Einspruchsentscheidung hat die Klägerin rechtzeitig am 30.1.2002 Klage erhoben und geltend gemacht, die Klage wende sich gegen den Haftungsbescheid vom 11.4.2001 des FA L und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung des FA L1. Die Verwaltungsentscheidungen seien ersatzlos aufzuheben.

Die Staatsanwaltschaft - StA - E habe die Taten ab dem 1.3.1995 untersucht. Anhand der Entwicklung der Rohstoffpreise und der übrigen Kostenfaktoren habe sie einen angemessenen Marktpreis geschätzt und so einen Schaden der Abnehmer durch überhöhte Preise von ca. 5 Mio DM ermittelt. Aufgrund weiterer Ermittlungen sei die StA von einem Betrug durch Erzielung überhöhter Verkaufspreise infolge kartellrechtswidriger Preisabsprachen ausgegangen. Nach Abschluss der Ermittlungen habe die StA am 2.8.1999 eine sog. "Zuleitungsverfügung" an das für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständige Gericht geleitet und dargelegt, die individuelle Schuld der Beschuldigten bewege sich in einem Bereich, der eine Beendigung des Verfahrens nach den §§ 153, 153 a Abs.1 StPO nahe lege. Die Höhe der vorgesehenen Zahlungsauflagen gemäß § 153 a StPO orientiere sich an den Marktanteilen der beteiligten Unternehmen an dem untersuchten Auftragsvolumen für .... Die Höhe dieses Parameters sei Ausdruck für die den einzelnen Firmenverantwortlichen individuell zurechenbaren Schadensanteile und damit Maß für die persönliche Schuld der Betroffenen. Die Auflagen hätten insgesamt 4.096.000 DM betragen, davon für den Prokuristen T 1.296.000 DM. Die Differenz zu der ursprünglich ermittelten Schadenshöhe beruhe auf einer von der Verteidigung erreichten Pauschalierung auf 4,5 Mio DM. Bei einem an dem Betrug beteiligten Unternehmen, das in Konkurs gefallen sei, habe die StA von einer Geldauflage bei dem Verantwortlichen abgesehen und das Verfahren nach § 153 StPO eingestellt, weil aufgrund der nachträglich eingetretenen Entwicklung die Schuld so gering sei, das eine Einstellung nach § 153 StPO möglich sei. Die StA habe schon vorher mit dem Bundeskartellamt Kontakt gehalten und dieses von der beabsichtigten Verfahrenseinstellung unterrichtet. Das Kartellamt habe dann, wie in der Zuleitungsverfügung ausgeführt sei, wegen der Höhe der im Strafverfahren zu erwartenden Auflagen auf eigene Festsetzungen von Geldbußen verzichtet.

Der vorstehende Sachverhalt wird durch den Inhalt der vom Gericht beigezogenen Akten des Strafverfahrens bestätigt und ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.

Die Klägerin trägt auf diesem Hintergrund weiter vor, die Übernahme der Geldauflage durch die Klägerin stehe nicht in einem solchem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis des Prokuristen T, dass Arbeitslohn vorliege. Zwischen der Einnahme und dem Arbeitsverhältnis sei ein finaler Zusammenhang zu verlangen, so dass sie sich als Ertrag seiner nichtselbständigen Arbeit darstelle und Entlohnungscharakter habe. Werde ein Vorteil ganz überwiegend im eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt, liege kein Arbeitslohn vor. Im Streitfall ergebe sich das betriebsfunktionale Interesse an der Übernahme der Geldauflage aus der Gefahr eines Schadens für das Image der Klägerin, sofern die Preisabsprachen bekannt würden bzw. die Gefahr einer gegen sie verhängten Buße des Kartellamtes, die über die Auflagen im Strafverfahren weit hinaus hätte gehen können. Es sei ihr darauf angekommen, Straf- und Kartellverfahren zu koordinieren, um eine doppelte Verhängung von Geldbußen zu vermeiden. Diese Interessen habe nur das Unternehmen selbst und nicht der Prokurist T verfolgen können. Herr T habe die Übernahme der Geldauflage auch nicht ablehnen können, ohne seine Stellung zu gefährden. Die geringe Bedeutung der Interessen des Prokuristen T spiegele sich auch darin wieder, dass die Auflage auf seine persönlichen Vermögensverhältnisse keine Rücksicht genommen habe, sondern sich an dem Vorteil, den das Unternehmen aus seinen Handlungen gezogen habe, orientiere. Wirtschaftlich gesehen handele es sich bei der Geldauflage um die Anordnung eines Verfalls i. S. des § 29 a OWIG, der nach § 30 OWIG als Verbandsbußgeld hätte verhängt werden können. Dem gemäß sei es selbstverständliche Geschäftsgrundlage der Verhandlungen mit der StA gewesen, dass die Unternehmen die Geldauflagen zahlen würden. Dies zeige auch die Handhabung bei dem Unternehmen, das in Konkurs gefallen sei. Der Prokurist T habe nicht für eine Arbeit bzw. die Beteiligung an verbotenen Preisabsprachen belohnt werden sollen, sondern die Klägerin habe das ganz überwiegende betriebliche Interesse verfolgt, die parallel laufenden Straf- und Kartellamtsverfahren so unauffällig und kostengünstig wie möglich zum Abschluss zu bringen. Die Klägerin regt an, den Geschäftsführer I und Prof.Dr. F zur betriebsfunktionalen Zielsetzung und den Umständen der Durchsetzung als Zeugen zu hören (wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags wird auf die Klagebegründung Bezug genommen).

Der Prokurist T habe durchgängig eine eher passive Rolle gespielt. Sie sei auf die Zustimmung zur Einstellung nach § 153 a StPO gegen Geldauflage beschränkt gewesen. Sofern er seine Unschuld im Rahmen einer Hauptverhandlung habe beweisen wollen, wäre ihm von der Klägerin verdeutlicht worden, dass das Risiko einer Verurteilung und die Nachteile einer öffentlichen Hauptverhandlung zu groß seien. Man könne davon ausgehen, dass ihm von der Klägerin die Übernahme der Geldauflage im Interesse einer reibungslosen und lautlosen Erledigung angeboten worden sei. Der angebliche Vorteil des Prokuristen erweise sich als aufgedrängt. Eine Marktgängigkeit des Vorteils sei ebenfalls nicht gegeben. Die geringe Rolle des Beschuldigten erkläre sich daraus, dass die StA bei der Bemessung der Geldbuße auf seine Vermögensverhältnisse nicht die geringste Rücksicht genommen habe. Die Auflage ziele vielmehr auf das Vermögen der Klägerin ab.

Der Prokurist T habe 1999 rd. 20.000 DM Monatsgehalt bezogen. Er sei niemals in der Lage gewesen, aus eigenen Mitteln die Geldauflage aufzubringen. Daraus ergebe sich, dass es auch für die StA selbstverständliche Geschäftsgrundlage gewesen sei, dass die Klägerin die Geldauflage übernahm.

Die Klägerin beantragt,

in dem geänderten Bescheid vom 11.4.2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung die Steuern wie folgt herabzusetzen:

Lohnsteuer von 905.297,94 DM auf 218.417,94 DM,

Solidaritätszuschläge von 48.568,40 DM auf 10.790 DM,

evangelische Kirchensteuer von 67.117,37 DM auf 5.298,17 DM,

im Unterliegensfalle die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bestreitet die seitens der Klägerin vorgetragenen Tatsachen zur betriebsfunktionalen Zielsetzung der Klägerin und zu den Begleitumständen ihrer Durchsetzung nicht. Er hält jedoch an der in seiner Einspruchsentscheidung dargelegten Rechtsauffassung fest, wonach die Übernahme der Geldauflage auch durch das bestehende Arbeitsverhältnis mit veranlasst sei. Das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers müsse ganz im Vordergrund stehen. Im Streitfall könne das Interesse des Arbeitnehmers an der Annahme des Vorteils nicht vernachlässigt werden. Der Arbeitnehmer habe hier ausschließlich oder nahezu ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers gehandelt. Er habe geradezu erwarten können, dass sein Arbeitgeber aus seinem Verhalten sich ergebende finanzielle Nachteile ausgleichen werde. Daher könne von einem durch den Arbeitgeber aufgedrängten Vorteil nicht gesprochen werden. Die Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage habe auch im Interesse des Arbeitnehmers gelegen, der allein Beschuldigter gewesen sei und zu allem seine Einwilligung habe geben müssen. Die Übernahme der Geldauflage durch den Arbeitgeber sei auch als Nettolohnvereinbarung zu werten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf das Schreiben des Bundeskartellamts vom 10.12.1999, den Vermerk der Beschlussabteilung des Bundeskartellamts vom 3.12.1999 sowie auf die Aktennotiz vom 30.7.1999 (Bl 2079 bis 2083 der Strafakte der StA E ...) verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

I. Die beteiligten Finanzbehörden durften die nicht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer aus der Übernahme der Geldauflage für den Prokuristen T am 11.4.2001 nicht mehr mit Lohnsteuernachforderungsbescheid gegenüber der Klägerin geltend machen. Der Lohnsteuerbescheid vom 11.4.2001 ist aufzuheben.

1. Zwar ist eine Steuerfestsetzung nach den §§ 167,155 AO 1977 auch gegenüber demjenigen zulässig, der eine Steuer, die ein Dritter - hier der Arbeitnehmer - schuldet, anzumelden und abzuführen hat. Der Beklagte braucht sich grundsätzlich nicht auf den Weg des Haftungsbescheids verweisen zu lassen.

Die Lohnsteuer ist nach § 41 a Abs.1 Satz 1 EStG vom Arbeitgeber anzumelden und abzuführen. Sie kann durch Steuerbescheid festgesetzt werden, wenn der Arbeitgeber seiner Verpflichtung nicht oder nicht ordnungsgemäß nachkommt. Im Lohnsteueranmeldungsverfahren kann die Finanzbehörde auch dann einen Steuerbescheid (Nachforderungsbescheid) erlassen, wenn der Arbeitgeber die einzubehaltende Lohnsteuer nicht ordnungsgemäß abgeführt hat. Die Lohnsteuer entsteht in dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zufließt (§ 38 Abs.2 Satz 2 EStG). Damit entsteht dem Grunde nach auch die Verpflichtung des Arbeitgebers zu ihrer Abführung. Die Anwendung des § 167 AO 1977 wird grundsätzlich nicht durch die Möglichkeit ausgeschlossen, dass der Arbeitgeber nach § 42 d EStG nach pflichtgemäßem Ermessen auch in Haftung genommen werden kann. Haftungs- und Abführungsschuld des Arbeitgebers sind von einander zu unterscheiden und stehen deshalb - von Ausnahmefällen abgesehen - nicht in einem Konkurrenzverhältnis. Hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer zu niedrig angemeldet und erlässt das FA deshalb im Lohnsteueranmeldungsverfahren einen Steuerbescheid nach § 167 AO 1977 muss es grundsätzlich wegen des fehlenden formalen Konkurrenzverhältnisses nicht ausdrücklich begründen, warum ein Steuerbescheid und kein Haftungsbescheid erlassen wurde (BFH-Urteil vom 7.7.2004 VI R 171/00, BFH/NV 2004, 1569, mit weiteren Nachweisen.).Die Lohnsteueranmeldung enthält zeitraumbezogen kraft gesetzlicher Regelung sowohl Sachverhalte, bei denen der Arbeitgeber selbst Steuerschuldner ist (pauschale Lohnsteuer) als auch Sachverhalte, bei denen der Arbeitnehmer Steuerschuldner ist und der Arbeitgeber nur verpflichtet ist, eine fremde Steuerschuld anzumelden und zu entrichten (§ 41 a Abs.1 Satz 1 EStG). Die Entrichtungsschuld des Arbeitgebers ist der Sache nach eine Haftungsschuld (BFH-Urteil vom 13.9. 2000 I R 61/99, BStBl II 2001, 265; BFH-Urteil vom 15.5.1992 VI R 106/88, BStBl II 1993, 840). Abweichend von den sonst geltenden Grundsätzen ordnet das Gesetz die unaufgegliederte Anmeldung von Steuerschulden und Haftungsschulden für den Anmeldungszeitraum in einer Summe an. Entsprechend dieser gesetzlichen Anordnung können die im Anmeldungszeitraum entstandenen Steuerschulden und Haftungsschulden grundsätzlich auch unaufgegliedert in einer Summe durch Steuerbescheid nach § 167 AO 1977 festgesetzt werden, wenn der Arbeitgeber seiner Verpflichtung zur Anmeldung und Abführung der im Anmeldungszeitraum entstandenen Steuerschuld nicht nachkommt (BFH-Urteil vom 7.7.2004 VI R 171/00, a.a.O.).

2. Der Erlass von Nachforderungsbescheiden nach § 167 AO 1977 ändert aber nichts daran, dass es sich materiell-rechtlich um die Geltendmachung einer für den Arbeitgeber fremden Steuerschuld (nur Entrichtungsschuld) oder aber eigenen Steuerschuld des Arbeitgebers (pauschalierte Lohnsteuer) handelt, soweit dem Erlass des Lohnsteuerbescheids ein bestimmter Sachverhalt zugrunde liegt (sachverhaltsbezogener Steuerbescheid). Bei sachverhaltsbezogenen Lohnsteuerfestsetzungen sind zusätzlich die für Entrichtungsschulden oder Haftungsschulden geltenden gesetzlichen Bestimmungen zu beachten, auch wenn das Finanzamt gemäß § 167 AO 1977 einen Lohnsteuerbescheid erlässt. Nach der Entscheidung des BFH vom 13.9.2000 (I R 61/99, BStBl II 2001, 265), der sich der Senat anschließt, sind im Rahmen des Nachforderungsbescheids nach § 167 AO 1977, soweit der Arbeitgeber nicht selbst Steuerschuldner ist, sondern ihn nur die Entrichtungsschuld trifft, die tatbestandlichen Haftungsvoraussetzungen des § 42 d EStG zu beachten. Zwar muss nicht das im Rahmen des § 42 d EStG geltende Entschließungs- und Auswahlermessen ausgeübt werden, wohl aber sind Haftungsausschließungsgründe i.S. des § 42 d EStG zu beachten.

Gleiches gilt für die Beachtung besonderer gesetzlicher Bestimmungen, die außerhalb des § 42 d EStG für die Entrichtungsschuld gelten und diese entfallen lassen.

3. Unter Beachtung dieser Grundsätze sind der Nachforderungsbescheid vom 11.4.2001 aufzuheben und die in der Einspruchsentscheidung festgesetzten Lohnsteuerbeträge und Nebenabgaben herabzusetzen, soweit sie gegenüber dem Lohnsteuerbescheid für September 1999 vom 21.12.1999 erhöht worden sind. Dies folgt hinsichtlich des Bescheids vom 11.4.2001 bereits aus § 41 c Abs.3 EStG.

Nach dieser Bestimmung ist nach Ablauf des Kalenderjahres die Änderung des Lohnsteuerabzugs nur bis zur Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigung oder eines Lohnzettels zulässig. Nach diesem Zeitpunkt ist der Arbeitgeber weder berechtigt noch verpflichtet, bisher weder angemeldete noch festgesetzte Lohnsteuer für den Arbeitnehmer anzumelden oder abzuführen. Mangels Entrichtungsschuld kann der Arbeitgeber nicht mehr mit Lohnsteuerbescheid gemäß § 167, 168 AO 1977 in Anspruch genommen werden. Der Beklagte hätte sich gemäß § 41 c Abs.4 Satz 2 EStG an den Arbeitnehmer halten müssen.

Bei dem geänderten Lohnsteuerbescheid für September 1999 vom 11.4.2001 handelt es sich um eine sachverhaltsbezogene Nachforderung. Gegenstand der Festsetzung war der streitige den Prokuristen T betreffende Sachverhalt. Das Betriebstättenfinanzamt L hat die bisher festgesetzte Lohnsteuer aufgrund des streitigen Sachverhalts nach einer Kontrollmitteilung der Lohnsteueraußenprüfung wegen der Zahlung der Geldauflage für den Prokuristen von bisher 542.417,94 DM auf 905.297,94 DM erhöht. Insgesamt wurden an Lohn- und Kirchensteuer sowie Solidaritätszuschlag 415.497,60 DM von der Klägerin nachgefordert. Für derartige Nachforderungen aufgrund einer Außenprüfung hat auch der BFH angenommen, dass eine Steuerfestsetzung nach § 167 Abs.1 Satz 1 AO 1977 i.V.m. § 41 a Abs.1 Satz 1 Nr.1 EStG nicht zulässig ist, weil ein anderer Regelungsbereich als bei einer Lohnsteueranmeldung vorliegt (BFH, VI R 171/00, a.a.O.). Die Feststellungen der Lohnsteueraußenprüfung hätten auch im Bericht über die Lohnsteueraußenprüfung erfasst werden können. Der Senat sieht es nicht als entscheidend an, dass im Streitfall der Weg der Kontrollmitteilung gewählt worden ist. Dies ändert nichts daran, dass der Sache nach eine sachverhaltsbezogene Nachforderung betreffend den Arbeitnehmer T gegeben ist.

Bei einer sachverhaltsbezogenen Nachforderung setzt der Erlass eines Lohnsteuerbescheids nach § 167 AO 1977 voraus, dass eine Entrichtungsschuld des Arbeitgebers noch besteht. Dies war am 11.4.2001 nicht mehr der Fall, weil das Lohnsteuerabzugsverfahren für die Klägerin bereits abgeschlossen war. Die Klägerin hatte für ihre Arbeitnehmer bereits die Lohnsteuerbescheinigung ausgestellt. Dies musste spätestens bis Ende März 2000 geschehen. Nach diesem Zeitpunkt ist gemäß § 41 c Abs.3 Satz 1 2. Alt. EStG eine Änderung des Lohnsteuerabzugs nicht mehr zulässig. Soweit der BFH im Kapitalertragsteueranmeldungsverfahren eine Änderung des Nachforderungsbescheids nach den §§ 172 ff, § 164 AO 1977 uneingeschränkt für möglich gehalten hat (BFH-Beschluss vom 14.7.1999 I B 151/98, BStBl II 2001, 556), gilt dies wegen der vorstehenden Besonderheiten im Lohnsteuerabzugsverfahren jedenfalls nicht mehr nach Ausschreibung oder Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung.

Der im Lohnsteuerabzugsverfahren ergangene Nachforderungsbescheid ist kein Grundlagenbescheid für die Einkommensteuerfestsetzung beim Arbeitnehmer. Die Verbindung zwischen Lohnsteuerabzugsverfahren und Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers wird regelmäßig durch die Lohnsteuerbescheinigung hergestellt. Ergeht während des laufenden Kalenderjahres gegen den Arbeitgeber ein Nachforderungsbescheid nach § 167 AO 1977, so hat der Arbeitgeber Arbeitslohn und anrechenbare Lohnsteuer in der Lohnsteuerbescheinigung zu erfassen, unabhängig davon, ob die Lohnsteuer abgeführt wurde oder nicht. Der Arbeitnehmer hat die Lohnsteuerbescheinigung im Einkommensteuerveranlagungsverfahren vorzulegen, so dass die Erfassung der Angaben des Arbeitgebers sichergestellt ist. Nach Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigung ist dem Arbeitgeber die Änderung des Lohnsteuerabzugs aus gutem Grund untersagt, weil im Hinblick auf die Regelungen über Bestandskraft und Verjährung die konkrete Gefahr eines Auseinanderlaufens des Lohnsteuerabzugs- und des Einkommensteuerveranlagungsverfahrens besteht.

Ist dem Arbeitgeber aber die Änderung des Lohnsteuerabzugs, - nicht nur der Lohnsteuerbescheinigung - untersagt, kann dies vom ihm mangels Entrichtungsschuld nicht mit Nachforderungsbescheid verlangt werden. Nach Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigung ist die Änderung des Lohnsteuerabzugs unzulässig (Schmidt/Drenseck, EStG, 23.Aufl. § 41 c Rdnr.4; BFH-Urteil vom 19.10.2001 VI R 36/96, BFH/NV 2002, 340 m.w.N.).

Die Entscheidung des BFH vom 07.07.2004 (VI R 168/01) steht dieser Würdigung nicht entgegen. Einmal ergibt sich aus dieser Entscheidung nicht, ob der betroffene Arbeitgeber Lohnsteuerbescheinigungen ausgestellt hatte, zum anderen handelt es sich nicht um sachverhaltsbezogene Nachforderungen, sondern um die Erhöhung einer zeitraumbezogenen Schätzung der entstandenen Lohnsteuer, ohne dass eine Aufteilung in Entrichtungsschulden oder eigene Steuerschulden des Arbeitgebers möglich war.

II. Soweit die Klägerin eine weitergehende Herabsetzung der Lohn- und Kirchensteuer sowie des Solidaritätszuschlags begehrt, ist die Klage unbegründet.

1. Mit der Aufhebung des Änderungsbescheids vom 11.4.2001 leben die vorhergehenden Lohnsteuerbescheide für September 1999 wieder auf. Gegen diese bestehen keine verfahrensrechtlichen Bedenken.

a. Der Lohnsteuernachforderungsbescheid vom 21.12. 1999 ist vor Ablauf des Kalenderjahres und damit vor Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigung ergangen. Ob auch der geänderte Nachforderungsbescheid vom 10.1.2000 vor Ende des Lohnsteuerabzugsverfahrens ergangen ist, kann hier dahinstehen, denn er enthält hinsichtlich der Festsetzung von Lohn- und Kirchensteuer sowie Solidaritätszuschlag nur eine wiederholende Verfügung ohne Änderung. Der Einspruch der Klägerin vom 21.1.2000 war jedenfalls gegenüber beiden Bescheiden rechtzeitig.

b. Vor Ablauf des Kalenderjahres und Abschluss des Lohnsteuerabzugsverfahrens des Arbeitgebers besteht kein Anlass die Anwendung des § 167 Abs.1 Satz 1 AO 1977 auf zeitraumbezogene Nachforderungen zu begrenzen und das Finanzamt bei sachverhaltsbezogenen Nachforderungen auf den Erlass eines Haftungsbescheids zu verweisen. Vielmehr gelten die in der Entscheidung des BFH vom 13.9.2000 (I R 61/99, BStBl II 2001, 265) zur Anmeldung von Kapitalertragsteuer niedergelegten Grundsätze auch im Lohnsteuerabzugsverfahren. Das FA hat ein Wahlrecht, welchen Weg es beschreiten will. Im Streitfall hat es sich für den Steuerbescheid nach § 167 AO 1977 entschieden.

2. Da es sich bei sachverhaltsbezogenen Nachforderungen jedoch der Sache nach (feststellbar) um einen Haftungsanspruch handelt, soweit nur die Entrichtungsschuld des Arbeitgebers geltend gemacht wird, sind auch bei Erlass eines Nachforderungsbescheids nach § 167 AO 1977 die Erfordernisse des § 42 d EStG zu beachten, unter denen der Arbeitgeber für eine Steuerschuld des Arbeitnehmers in Haftung genommen werden kann. Allerdings hat das FA bei Erlass eines Nachforderungsbescheids keine Ermessensentscheidung zu treffen, so dass Gründe, die zu einer ermessensfehlerhaften Inanspruchnahme führen könnten, unbeachtlich sind (BFH, a.a.O., BStBl II 2001, 265). Jedoch stehen Gründe, die nach § 42 d EStG eine Haftung des Arbeitgebers ausschließen, auch dem Erlass eines Nachforderungsbescheids entgegen. Nach § 42 d Abs.2 EStG ist die Haftung des Arbeitgebers in den Fällen des § 38 Abs.4 Satz 2 und des § 41 c Abs.4 EStG ausgeschlossen. Die Voraussetzungen dieser Bestimmungen sind im Streitfall aber nicht erfüllt.

a. Nach § 38 Abs. 4 Satz 1 EStG hat der Arbeitgeber dem Betriebstätten-FA gegenüber es anzuzeigen, wenn der dem Arbeitnehmer geschuldete Barlohn zur Deckung der Lohnsteuer nicht ausreicht und der Arbeitnehmer seiner Verpflichtung, den Fehlbetrag zur Verfügung zustellen, nicht nachkommt. Die Anzeige ersetzt die Erfüllung der Einbehaltungspflicht (BFH-Urteil vom 9.10.2002 VI R 112/99, BStBl II 2002, 884). Das FA hat dann die zu wenig erhobene Lohnsteuer vom Arbeitnehmer nachzufordern. Diese Bestimmung hat vor allem für die Zuwendung von Sachbezügen Bedeutung. Die Übernahme der Bezahlung der Geldauflage für den Prokuristen stellt jedoch keinen Sachbezug dar, sondern ist als die Zuwendung von Barlohn zu behandeln. Als Barlohn, also die Zuwendung von Geld i.S. des § 8 Abs.1 EStG, ist nach der Rechtsprechung auch die zur Abkürzung des Zahlungswegs erfolgte Zahlung des Arbeitgebers an einen Gläubiger des Arbeitnehmers anzusehen, durch die eine Forderung des Gläubigers gegen den Arbeitnehmer getilgt wird (BFH-Beschluss vom 20.8. 1997 VI B 83/97, BStBl II 1997, 667; Urteil vom 26.10.2002 VI R 161/01, BStBl II 2003, 331). Im Streitfall war der Prokurist T der Schuldner der Geldauflage, da sie von ihm als dem Beschuldigten im Strafverfahren verlangt worden ist. Die von der PF an die Staatskasse vorgenommene Bezahlung der Geldauflage hat die Verpflichtung des Arbeitnehmers im abgekürzten Zahlungsweg getilgt.

Bei der Zahlung von Barlohn kann ein Unvermögen des Arbeitgebers zur Einbehaltung und Abführung von Lohnsteuer nicht angenommen werden. Denn der Arbeitgeber ist verpflichtet, den für die Entrichtung der Lohnsteuer erforderlichen Betrag aus der Barzahlung zurückzubehalten und an den Fiskus abzuführen. Dies ist ihm objektiv auch möglich. Dass dann der mit der Zahlung der Geldauflage verfolgte Zweck, die Einstellung des Strafverfahrens gegen den Prokuristen T zu erreichen, nicht eingetreten wäre, hat steuerlich keine Bedeutung.

b. Von einer Nettolohnvereinbarung kann im Streitfall nicht ausgegangen werden. Bei der Nettolohnvereinbarung verpflichtet sich der Arbeitgeber, die auf den ausgezahlten Lohn entfallende Lohnsteuer selbst zu übernehmen. Mit Auszahlung des Nettolohns ist dann die Lohnsteuer ordnungsgemäß einbehalten, so dass der ausgezahlte Barbetrag auf einen Bruttolohn hochzurechnen ist. Die steuerliche Anerkennung einer solchen Nettolohnvereinbarung kommt nur in Betracht, wenn der Abschluß einer derartigen Abrede klar und einwandfrei nachgewiesen ist (BFH-Urteil vom 12.12.1979 VI R 118/76, BStBl II 1980, 257). Die Klägerin hat den Abschluss einer Nettolohnvereinbarung bestritten. Ein entsprechender Wille liegt auch nicht in der Entrichtung der Geldauflage in voller Höhe ohne Abzüge, denn die Klägerin ist bei dieser Handhabung davon ausgegangen, dass die Übernahme der Geldauflage keinen Arbeitslohn darstellt.

c. Ein Haftungsausschließungsgrund ergibt sich im Streitfall auch nicht aus der Bestimmung der §§ 41 c Abs.1 Nr.2 i.V. mit Abs.4 EStG. Die Anwendung dieser Bestimmung setzt voraus, dass der Arbeitgeber nachträglich nach Ablauf des Lohnsteuerzahlungszeitraums erkennt, dass er die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig einbehalten hat und dies dem Betriebstättenfinanzamt nach § 41 c Abs.4 EStG anzeigt. Im Streitfall hat die PF dem Betriebstättenfinanzamt vor Ablauf des Lohnsteueranmeldungszeitraums (am 10.10.1999) am 5.10.1999 angezeigt, dass sie am 27.9.1999 an die Staatskasse 1.296.000 DM zur Erfüllung der gegen ihren Prokuristen T festgesetzten Geldauflage gezahlt habe, die Zahlung bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Arbeitslohns aber nicht berücksichtigt habe, weil es sich nicht um Arbeitslohn, sondern um Abwehrkosten handele, die im überwiegenden eigenen Interesse aufgewendet worden seien. Aufgrund dieser durch ein Gutachten gestützten Rechtsauffassung kann von einem Erkennen einer nicht vorschriftsmäßigen Einbehaltung der Lohnsteuer im Zeitpunkt der Anzeige nicht ausgegangen werden. Ein solches Erkennen liegt frühestens zu dem Zeitpunkt vor, als sich das FA dieser Rechtsauffassung nicht anschloss, sondern die PF mit Schreiben vom 14.10.1999 aufforderte, die Versteuerung unverzüglich nachzuholen und die Abgabe einer berichtigten Lohnsteueranmeldung zu veranlassen. Danach hat die PF jedoch keine Anzeige i.S. des § 41 c Abs.4 EStG mehr abgegeben.

Die Anzeige vom 5.10.1999 kann die Anzeige nach § 41 c Abs.4 EStG auch nicht ersetzen, weil sie die erforderlichen Angaben nicht enthält. Die Anzeige muss soviel an Angaben enthalten, dass das FA in die Lage versetzt wird, die Lohnsteuer vom Arbeitnehmer nachzufordern. Die PF hatte zwar den Namen des Arbeitnehmers genannt und den nicht dem Abzug unterworfenen Arbeitslohn, es fehlten aber Angaben zu den weiteren Besteuerungsmerkmalen des betroffenen Arbeitnehmers. Diese sind dem FA erst durch die Lohnsteueraußenprüfung bei der PF im Jahr 2001 bekannt geworden.

3. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob der Beklagte bei Erlass der Einspruchsentscheidung örtlich zuständig war. Denn die fehlende örtliche Zuständigkeit berechtigt allein nicht zur Aufhebung der Entscheidung, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte ergehen können (§ 127 AO 1977). Das ist hier nicht der Fall, soweit die Einspruchsentscheidung den Regelungsgehalt des Lohnsteuerbescheids vom 21.12.1999 aufgenommen hat. Eine Ermessensentscheidung hatte der Beklagte, wie dargelegt, nicht zu treffen.

III. Der Beklagte ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die Übernahme der Bezahlung der Geldauflage für den Arbeitnehmer T Arbeitslohn darstellt.

1. Steuerpflichtiger Arbeitslohn ist dadurch gekennzeichnet, dass dem Arbeitnehmer Einnahmen (Bezüge oder geldwerte Vorteile) zufließen, die "für "seine Arbeitsleistung gewährt werden (§ 19 Abs.1 Nr.1 EStG). Es ist gleichgültig, ob es sich um laufende oder einmalige Bezüge handelt, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht (§ 19 Abs.1 Satz 2 EStG) und unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie gewährt werden (§ 2 Abs.1 Satz 3 Lohnsteuerdurchführungsverordnung).

Nach der neueren höchstrichertlichen Rechtsprechung werden Vorteile "für" eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Arbeitsverhältnis veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn der Vorteil nur mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und wenn die Einnahme als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit anzusehen ist, d.h. wenn sich die Leistung des Arbeitgebers im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist. Nicht erforderlich ist, dass der Einnahme eine konkrete Dienstleistung des Arbeitnehmers zugeordnet werden kann (BFH-Urteil vom 11.3.1988 VI R 1106/84, BStBl II 1988, 726 m.w.N.). Arbeitslohn liegt dann nicht vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Veranlassung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird oder der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Vorteil in ganz überwiegendem eigenbetrieblichen Interesse zuwendet (BFH, a.a.O., BStBl II 1988, 726). Ob eine Leistung in ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse gewährt wird, beurteilt sich nach dem vom Arbeitgeber mit der Zuwendung verfolgten Zweck. In diesem Zusammenhang sind äußere Umstände wie Anlass, Zuwendungsgegenstand und Begleitumstände eingehend zu würdigen (BFH-Urteil vom 20.9.1985 VI R 120/82, BStBl II 1985, 718). Ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu schließen, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht und ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, deshalb vernachlässigt werden kann, so wird dieses Ergebnis dahingehend umschrieben, dass der Vorteil in ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse gewährt sei. Der Vorteil, den auch der Arbeitnehmer erhalten hat, tritt allerdings nicht in den Hintergrund, wenn auch beim Arbeitnehmer ein nicht unerhebliches Interesse gegeben ist, den Vorteil zu erlangen. Dann liegt die Gewährung des Vorteils nicht im ganz überwiegenden Interesse des Arbeitgebers. Zwischen dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers und dem Ausmaß der Bereicherung des Arbeitnehmers besteht eine Wechselwirkung dergestalt, dass das aus der Sicht des Arbeitgebers vorhandene eigenbetriebliche Interesse um so geringer zählt, je höher aus der Sicht des Arbeitnehmers die Bereicherung anzusetzen ist (BFH-Urteil vom 2.2.1990 VI R 15/86, BStBl II 1990, 472; Urteil vom 9.8.1996 VI R 88/93, BStBl II 1997,97).

2. Unter Beachtung dieser Grundsätze handelt es sich bei der von der PF gezahlten Geldauflage um eine Einnahme, die durch das Dienstverhältnis des Prokuristen T veranlasst war.

Die Zahlung der Geldauflage stand in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis des Prokuristen bei der PF, denn der Prokurist hatte die Taten, für die die Auflage festgesetzt worden war, in Ausübung seiner der PF gegenüber obliegenden Aufgaben als Vertriebsleiter und zum Vorteil seiner Arbeitgeberin begangen.

Eine Zuwendung wegen anderer nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Rechtsbeziehungen scheidet im Streitfall aus. Insbesondere hatte der Prokurist gegenüber der PF keinen Anspruch auf Freistellung von der Geldauflage wegen einer etwaigen vertraglichen Zusage oder aus unerlaubter Handlung. Wer eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen hat, muss die deswegen gegen ihn verhängte Sanktion nach deren Sinn und Zweck in eigener Person tragen und damit eine ihm auferlegte Geldstrafe oder -buße aus seinem eigenen Vermögen aufbringen. Vorherige Zusagen des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer bei der Arbeitsausübung auferlegte Geldstrafen oder Geldbußen zu übernehmen, sind regelmäßig als Verstoß gegen die guten Sitten nach § 138 BGB nichtig, weil sie dem Sinn und Zweck der Sanktionen zuwiderlaufen und geeignet sind, die Hemmschwelle des Arbeitnehmers herabzusetzen.

Eine Erstattung unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung nach § 826 BGB würde eine konkrete zum Schaden führende Anweisung des Arbeitgebers zu Preisabsprachen voraussetzen (vgl. BAG-Urteil vom 25.1.2001 - 8 AZR 465/00, Der Betrieb -DB-, 2001, 1095 und BGH-Urteil vom 14.11.1996 IX ZR 215/95, DB 1997, 472), von der im Streitfall nicht ausgegangen werden kann. Vielmehr ist das Strafverfahren gegen den Inhaber der PF nach § 170 Abs.2 StPO mangels hinreichendem Tatverdacht eingestellt worden.

3. Die Zahlung der Geldauflage stellt für den Arbeitnehmer eine Einnahme i.S. des § 8 Abs.1 EStG dar. Die Arbeitgeberin hat im abgekürzten Zahlungsweg für den Arbeitnehmer eine Geldzahlung erbracht. Dadurch ist eine Bereicherung des Arbeitnehmers eingetreten, denn eine Steigerung der Leistungsfähigkeit liegt auch vor, wenn der Arbeitnehmer eigene Aufwendungen erspart. Im Streitfall war die Geldauflage gegenüber dem Arbeitnehmer, als dem Beschuldigten im Strafverfahren festgesetzt worden. Dieser hatte die Auflage aus eigenem Vermögen zu entrichten. Die Bezahlung der Auflage durch seine Arbeitgeberin hat ihm eigene Aufwendungen in gleicher Höhe erspart. Die Tilgung einer festgesetzten strafrechtlichen Sanktion durch einen Dritten ist nicht (als Begünstigung) strafbar (BGH-Urteil vom 7.11.1990 2 AR 439/90, BGHStr. 37, 226) und ist wirksam. Entsprechendes gilt erst recht für eine Auflage nach § 153 a Abs.1 StPO, die keine Strafsanktion darstellt (siehe unten Absch. III, 4 b, aa).

Eine Lohnzuwendung in Höhe von 1.296.000 DM scheitert auch nicht daran, dass die Geldauflage ohne die Übernahme durch die Arbeitgeberin möglicherweise niedriger ausgefallen wäre. Für die Höhe der Einnahmen ist die Höhe der tatsächlich ersparten Aufwendungen ohne Bedeutung (Schmidt-Drenseck, EStG, 23.Aufl., § 8 Rdnr.13). Für die Frage, in welcher Höhe ein Vorteil zugeflossen ist, ist vielmehr allein der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt maßgeblich. Entscheidend ist allein, ob der Arbeitnehmer den Vorteil tatsächlich in Anspruch genommen hat (BFH, a.a.O., BStBl II 1990, 472 m. w. N.; BFH-Urteil vom 9.3.1990 VI R 48/87, BStBl II 1990, 711). Der Prokurist T hat der Festlegung einer Geldauflage i.H. von 1.296.000 DM gegen ihn ausdrücklich zugestimmt und die Bezahlung der Auflage durch die Arbeitgeberin tatsächlich als eigene in Anspruch genommen.

Etwas anderes kann zwar gelten, wenn die Bereicherung dem Arbeitnehmer in der Weise aufgezwungen wird, dass der Arbeitnehmer sich dem unerwünschten Vorteil nicht entziehen kann, ohne Nachteile in Kauf zu nehmen (BFH, a.a.O.). So liegt der Streitfall aber nicht. Vielmehr stellt die Einstellung des Strafverfahrens unter den tatsächlich verwirklichten Bedingungen nicht nur für die Arbeitgeberin, sondern auch für den Arbeitnehmer eine äußerst günstigste Lösung dar. Der Prokurist hatte nach den Feststellungen der StA innerhalb eines Zeitraums von weniger als einem Jahr durch seine Taten einen großen Schaden von 1.296.000 DM angerichtet und war dieserhalb in ein Strafverfahren verwickelt. Die Übernahme der Geldauflage durch die PF bot ihm die Möglichkeit, das Strafverfahren ohne öffentliches Aufsehen für seine Person und vor allem ohne jede Übernahme einer eigenen Sanktion zu beenden.

4. Der Beklagte hat auch zu Recht ein überwiegendes eigenbetriebliches Interesse der Arbeitgeberin abgelehnt. Das Interesse des Arbeitnehmers an der Übernahme der Geldauflage durch die PF muss ebenfalls als erheblich angesehen werden und tritt gegenüber dem eigenbetrieblichen Interesse der Arbeitgeberin nicht in den Hintergrund.

a. Zwar geht auch der Senat aufgrund der der Übernahme der Geldauflage zugrunde liegenden Umstände von einem erheblichen eigenbetrieblichen Interesse der PF aus. Nach den zwischen den Beteiligten nicht streitigen tatsächlichen Umständen hat die PF aus ihrer Sicht folgende betriebsfunktionale Ziele verfolgt:

- Sie wollte verhindern, dass durch die mit der Durchführung eines Strafverfahrens mit öffentlicher Hauptverhandlung verbundene unvermeidbare Publizität ihr Image Schaden nahm, bei einer Verurteilung Schadensersatzansprüche von "betrogenen" Abnehmern geltend gemacht würden und das Unternehmen auf eine sog. schwarze Liste gesetzt und für die Zukunft von Ausschreibungen ausgeschlossen werden würde.

- Für die PF kam es darauf an, das Kartellverfahren mit dem Ablauf des Strafverfahrens zu koordinieren, so dass keine doppelte Sanktionierung erfolgte oder im Kartellverfahren eine Sanktionierung festgesetzt wurde, die für die Arbeitgeberin ähnlich schädliche Publizitätswirkungen gehabt hätte wie das Strafverfahren oder noch kostspieliger gewesen wäre als dieses.

- Diese eigenbetrieblichen Ziele hat die PF im Zusammenwirken mit den anderen von den staatsanwaltlichen Ermittlungen betroffenen Unternehmen durch Einschaltung miteinander kooperierender Verteidiger und Kartellrechtsspezialisten verfolgt, die über gute Beziehungen und einschlägige Erfahrungen verfügten und eine stufenweise Verwirklichung der gesetzten Ziele erreichten, nämlich zuerst die Einstellung des Verfahrens gegen den Unternehmer selbst nach § 170 Abs.2 StPO und später die Einstellung des Strafverfahrens gegen den Prokuristen nach § 153 a Abs.1 Satz 1 Nr.2 StPO gegen Bezahlung einer Geldauflage, die sich der Höhe nach nicht an den Vermögensverhältnissen des Prokuristen, sondern an dem eingetretenen Schaden orientierte. Die im Auftrag der PF tätigen Verteidiger erreichten auch eine Koordinierung des Strafverfahrens mit dem Kartellverfahren gegen die betroffenen Unternehmen. Dies ergibt sich eindeutig aus den in der Hauptverhandlung verlesenen Schreiben und Aktennotizen des Kartellamts, wonach das dort wegen Preisabsprachen vor 1995 geführte kartellrechtliche Verfahren gegen die betroffenen Unternehmen zunächst mit Rücksicht auf das Strafverfahren geruht hat und dann mit Rücksicht auf die im Strafverfahren festgesetzte Geldauflage ohne Sanktionen eingestellt worden ist, und wegen der Taten ab 1995 kein Kartellverfahren mehr eingeleitet worden ist. Wesentlich für diese Handhabung war nach dem Akteninhalt für das Kartellamt die Höhe der Geldauflage im Strafverfahren.

Der Senat ist des weiteren davon überzeugt, dass der beschuldigte Arbeitnehmer im Strafverfahren eine eher passive Rolle gespielt hat, die sich auf die verfahrensrechtlich erforderliche Zustimmung zur Einstellung gegen Geldauflage in Höhe von 1.296.000 DM beschränkt hat.

b. Dennoch tritt das Interesse des Arbeitnehmers an der Bezahlung der Geldauflage nicht in den Hintergrund. Die Geldauflage kann bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht als eine gegen das Unternehmen selbst festgesetzte betrachtet werden. Der Senat teilt auch die Auffassung der Klägerin nicht, dass die Begünstigung des Arbeitnehmers gleichsam reflexartig als Folge der eigenbetrieblichen Interessen der PF eingetreten ist. Denn die objektiv gegebenen Interessen des Arbeitnehmers gehen mit denjenigen des Unternehmens weitgehend parallel und schließen es aus, die eigenbetrieblichen Zwecke des Unternehmens als überwiegend, nämlich als das Hauptinteresse am günstigen Ausgang des Strafverfahrens gegen den Prokuristen anzusehen. Des weiteren steht die Geldauflage nach § 153 a StPO ähnlich wie die Geldstrafe in einer engen Beziehung zur Person des Täters.

aa. Nach § 153 a StPO kann die StA mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten bei Vergehen vorläufig von der Strafverfolgung abgesehen und eine Geldauflage festsetzen, wenn diese geeignet ist, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Zu diesen Maßnahmen gehört auch die Auflage, eine Geldleistung zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen. Eine derartige Geldauflage ist zwar keine Strafe und auch keine strafrechtliche Sanktion, weil sie kein Unwerturteil über den Täter enthält, stellt jedoch ein der Geldstrafe vergleichbares Übel dar, das die Verhängung einer Strafe entbehrlich macht. Die Auflage nach § 153 a Abs.1 Satz 1 Nr.2 StPO wird ebenso wie die Geldstrafe nach dem Nettoeinkommen des Täters bemessen. Bei der Einstellung nach § 153 a StPO handelt es sich um ein Beendigungsverfahren mit Selbstunterwerfung, wobei die Auflagen den Charakter besonderer nichtstrafrechtlicher Sanktionen haben. Denn sie sind Leistungen, die der Genugtuung für das begangene Unrecht dienen (Kleinknecht, StPO, § 153 a, Rdnr. 12). Die Geldauflage steht danach ebenso wie die Geldstrafe in besonderer Beziehung zur Person des Täters (BFH-Urteil vom 22.7.1986 VIII R 93/85, BStBl II 1986, 845).

Auch der Beschuldigte im Strafverfahren hat ein gesteigertes Interesse, die negativen Folgen eines Bekanntwerdens der Strafverfolgung zu vermeiden. Mit der Zustimmung zur Festsetzung einer Geldauflage und deren Erfüllung verfolgt der Beschuldigte in einem Strafverfahren typischerweise den Zweck, dem sozialen Makel einer Kriminalstrafe zu entgehen und die persönlichen Unannehmlichkeiten eines Strafverfahrens mit öffentlicher Hauptverhandlung zu vermeiden (BFH, a.a.O.). Bei derartigen Auflagen kommt deshalb stets eine Mitveranlassung durch die Interessen des Beschuldigten zu den von Dritten verfolgten Zielen hinzu.

Im Streitfall kann von der dargelegten, bei Anwendung des § 153 a StPO typischen Interessenlage aus der Sicht des beschuldigten Arbeitnehmers ausgegangen werden. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass die Interessenlage aus der Sicht ihres Prokuristen anders gewesen wäre, für diesen die Beendigung des Verfahrens nach § 153 a StPO unerwünscht gewesen wäre. Die Klägerin hat schließlich nicht behauptet, dass der Arbeitnehmer tatsächlich gegen die Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage Einwände erhoben hätte, sondern in der Klageschrift vom 18.3.2002 nur dargelegt, was von ihrer Seite geschehen wäre, wenn der Prokurist Einwände erhoben hätte. Die Klägerin hat auch nicht behauptet, der Prokurist wäre unschuldig gewesen, sondern mitgeteilt, sie hätte den Arbeitnehmer auf die Risiken einer Verurteilung hingewiesen, wenn er auf der Durchführung einer öffentlichen Hauptverhandlung bestanden hätte.

Schließlich hat der beschuldigte Arbeitnehmer der Beendigung des Strafverfahrens gegen Geldauflage in der festgesetzten Höhe ausdrücklich zugestimmt.

bb. Im Streitfall ist darüber hinaus von einem gesteigerten Interesse des Arbeitnehmers an der Beendigung des gegen ihn gerichteten Strafverfahrens gegen Geldauflage in der von der PF betriebenen Weise auszugehen, weil ihm dadurch die Möglichkeit eröffnet worden ist, das Strafverfahren nicht nur ohne gesellschaftliche Einbußen durch die Publizität eines Strafverfahrens wegen Submissionsbetrugs, sondern entgegen der im Normalfall gegebenen Lage auch ohne alle eigenen Aufwendungen aus seinem eigenen Vermögen zu beenden.

c. Zwischen dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers und dem Ausmaß der Bereicherung des Arbeitnehmers besteht des weiteren eine Wechselwirkung dergestalt, dass das aus der Sicht des Arbeitgebers gegebene eigenbetriebliche Interesse um so geringer zählt, je höher aus der Sicht des Arbeitnehmers die Bereicherung anzusetzen ist. Die Bereicherung des Arbeitnehmers muss im Streitfall als erheblich angesehen werden.

Nach den gegebenen Umständen war die StA nur bereit, das gegen den Arbeitnehmer gerichtete Strafverfahren nach § 153 a Abs.1 StPO zu beenden, wenn die Geldauflage den durch die Taten des Arbeitnehmers angerichteten Schaden abdeckte, da sie das individuelle Verschulden des Arbeitnehmers in erster Linie in dem Bewirken eines Vermögensschadens bei den Abnehmern der ... gesehen hat (siehe Zuleitungsverfügung der StA an das Gericht vom 2.8.1999 (Bl. 2000 - 2007 Bd.XIII der Strafakten). Hätte die PF die Geldmittel für die Entrichtung der Auflage nicht zur Verfügung gestellt, hätte der Arbeitnehmer die für ihn günstige lautlose Beendigung des Strafverfahrens nicht erreichen können. Auch die Klägerin hat vorgetragen, dass die Übernahme der Geldauflage durch die PF Geschäftsgrundlage für die Festlegung der Geldauflage in Höhe von 1.296.000 DM gewesen ist. Die Geldmittel sind im abgekürzten Zahlungsweg für den Arbeitnehmer an die Staatskasse entrichtet worden und damit dem Arbeitnehmer zugeflossen. Ob die StA diesen Vermögenszuwachs beim Arbeitnehmer dessen persönlichen Verhältnissen zurechnen und bereits bei der Festlegung der Geldauflage berücksichtigen durfte, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn maßgeblich für die steuerliche Beurteilung ist der Sachverhalt, der verwirklicht worden ist.

Aber auch wenn man mit der Klägerin die Bereicherung des Arbeitnehmers nicht in der tatsächlich in Anspruch genommenen Tilgung der festgesetzten Geldauflage, sondern nur in der Höhe als gegeben ansieht, als unter Berücksichtigung der persönlichen Vermögensverhältnisse des Arbeitnehmers eine Geldauflage hätte bemessen werden können, muss die dann gegebene Bereicherung des Arbeitnehmers aus seiner Sicht als erheblich angesehen werden. Der Betrug ist nach § 263 StGB in schweren Fällen mit Freiheitsstrafe und sonst mit Geldstrafe bedroht. Die Schwere der Tat richtet sich wesentlich auch nach der Höhe des Vermögensschadens des Betrogenen (z.B. Wistra 1992, 213, schwerer Fall bei einem Vermögensschaden von 630.000 DM). Die StA hat zwar offensichtlich die Tat des Arbeitnehmers dem Bereich der Geldstrafe zugeordnet, denn sonst hätte die Bestimmung des § 153 a StPO nicht angewendet werden dürfen. Jedoch hat sie, wie sich aus der Zuleitungsverfügung ergibt, die Schuld des Täters in erster Linie nach der Höhe des bewirkten Schadens bemessen und als Milderungsgrund nur die vorherige Unbescholtenheit des Arbeitnehmers berücksichtigt. Danach wäre eine nach den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten bemessene Geldauflage am oberen Rahmen anzusetzen.

Hiervon geht offensichtlich auch die Klägerin aus, denn sie hat in der mündlichen Verhandlung auf die Begrenzung der Geldauflage auf die Höhe einer möglichen Geldstrafe gegen den Täter hingewiesen und auf dieser Grundlage eine Geldauflage in Höhe von 1/7 der tatsächlich festgesetzten Geldauflage für möglich gehalten. Die Geldauflage läge damit im Rahmen eines Nettojahresgehalts des Arbeitnehmers. Die Übernahme der Geldauflage durch die PF in voller Höhe stellt auch dann aus der Sicht des Arbeitnehmers eine erhebliche Bereicherung dar.

d. Schließlich mußte auch der Arbeitnehmer ein Interesse an einer Koordinierung des Strafverfahrens mit einem möglichen gegen ihn gerichteten Kartellverfahren haben. Nachdem das Strafverfahren gegen den Unternehmer P nach § 170 Abs.2 StPO, also mangels hinreichenden Tatverdachts, eingestellt worden war, stand bei der Fa. PF nur noch ein in seiner Person gegebenes vorwerfbares Verhalten in Rede. Bei tateinheitlicher Begehung einer Straftat und einer Ordnungswidrigkeit sind die beteiligte Verwaltungsbehörde und die StA von Amts wegen gehalten, ihr Verfahren zu koordinieren (RiStBV Nr. 269 ff). Wäre das Strafverfahren nur nach § 153 StPO ohne Geldauflage eingestellt worden, wäre gegen den Arbeitnehmer eine Ahndung wegen verbotener Preisabsprachen als Ordnungswidrigkeit rechtlich nicht ausgeschlossen gewesen. Bei einer Einstellung nach § 153 a StPO gegen Geldauflage scheidet eine Ahndung derselben Tat mit Bußgeld jedoch aus (Kleinknecht, StPO, § 153 a Rdnr. 35 m.w.Nachweisen).

Demgegenüber war die Gefahr einer Sanktion des Kartellamtes gegen das Unternehmen im Zeitpunkt der Festlegung und Entrichtung der Geldauflage nach Einstellung des Strafverfahrens gegen den Gesellschafter nach § 170 Abs.2 StP0 bei objektiver Betrachtung geringer geworden. Die Bestimmung, dass eine Geldbuße gegen das Unternehmen auch dann festgesetzt werden kann, wenn die Tat durch einen Prokuristen begangen worden ist (§ 30 Abs.1 Satz 1 Nr.3 OWiG) ist erst für Taten, die nach dem 1.11.1994 begangen worden sind, anwendbar (BGBl. I 1994, 1440). Vorher war eine Tatbegehung durch einen vertretungsberechtigten Gesellschafter erforderlich. Das Strafverfahren gegen den Gesellschafter war jedoch nach § 170 Abs.2 StPO eingestellt worden. Damit war hinsichtlich des beim Kartellamt geführten Verfahrens wegen etwaiger Preisabsprachen vor März 1995 die Verhängung einer Sanktion gegen das Unternehmen eher unwahrscheinlich. Für die Taten ab März 1995, die dem Prokuristen zur Last gelegt worden sind, mag jedenfalls hinsichtlich der Anordnung eines Verfalls nach § 29 a OWiG gegen das Unternehmen etwas anderes gelten, insoweit bestand jedoch auch ein Interesse an einer Beendigung des Strafverfahrens nach § 153 a StPO seitens des Arbeitnehmers im Hinblick auf ein etwa nachfolgendes Kartellverfahren.

e. Bei einem Bekanntwerden der Strafverfolgung musste auch der Arbeitnehmer mit Schadensersatzansprüchen der geschädigten Abnehmer rechnen. Das gilt vor allem deshalb, weil nach Einstellung des Strafverfahrens gegen den Unternehmer nach § 170 Abs.2 StPO nur noch ihm ein vorwerfbares Verhalten zur Last gelegt wurde.

f. Schließlich ist in die Gesamtabwägung der Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers auch einzubeziehen, dass die PF ab 1999 flankierende Maßnahmen zur Schadensbegrenzung für das Unternehmen getroffen hat. Sie hat ab 1999 das ...geschäft nicht mehr betrieben, dem Arbeitnehmer im gleichen Jahr die Prokura entzogen und das Unternehmen in PM GmbH umbenannt. Durch diese Maßnahmen ist die Gefahr, in Zukunft nach dem Kalenderjahr 1999 wegen des Strafverfahrens bei Ausschreibungen Nachteile zu erleiden, jedenfalls gemildert worden.

Nach allem treten die Interessen des Arbeitnehmers an der Übernahme der Geldauflage durch die Arbeitgeberin nicht in den Hintergrund. Die Anhörung der von der Klägerin benannten Zeugen war nicht erforderlich, weil der Tatsachenvortrag der Klägerin nicht streitig war. Der Beklagte und auch der Senat haben nur eine andere rechtliche Würdigung dieser Tatsachen vorgenommen.

5. Das Ergebnis der Gesamtwürdigung ist regelmäßig ein einheitliches in dem Sinne, dass die Zuwendung im ganzen entweder Arbeitslohn darstellt oder im betrieblichen Eigeninteresse erfolgt ist. Eine Aufteilung, dass nur ein Teil der Zuwendung als Arbeitslohn gewertet wird, kommt nur in Betracht, wenn ein objektiver Maßstab für die quantitative Abgrenzung zwischen Arbeitslohn und Nicht-Arbeitslohn vorhanden ist, weil sich die Aufwendungen für rein betriebsfunktionle Elemente leicht und eindeutig von sonstigen Zuwendungen mit Entlohnungscharakter abgrenzen lassen (BFH-Urteil vom 9.8.1996 VI R 88/93, BStBl II 1997, 97). Bei der hier in Rede stehenden Übernahme der Geldauflage handelt es sich jedoch um eine einheitliche Zuwendung, für die ein leichter und eindeutiger Maßstab für eine Abgrenzung nicht vorhanden ist.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Satz 1 FGO.

V. Die Revision wird wegen der in Abschnitt I. und II. der Entscheidungsgründe angesprochenen Verfahrensfragen zugelassen. Für den Fall einer sachverhaltsbezogenen Nachforderung von Lohnsteuer nach Ausstellung der Lohnsteuerbescheinigung ist bisher keine Entscheidung des BFH ergangen.

Ende der Entscheidung

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