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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 11.12.2008
Aktenzeichen: 15 K 3336/08
Rechtsgebiete: FGO, EStG


Vorschriften:

FGO § 100 Abs. 1
EStG § 4 Abs. 5
EStG § 9 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2006 vom 28.4.2008 und teilweiser Aufhebung der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 2.9.2008 wird die Einkommensteuer 2006 auf ... €; geändert festgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger und der Beklagte jeweils zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung für die Kläger ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger für die Dauer der ersten 3 Monate einer im Streitjahr 2006 unstreitig vorliegenden doppelten Haushaltsführung Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit zustehen.

Die Kläger sind verheiratet, wohnen in L und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt; sie bezogen Kindergeld in Höhe von 1.848 €;.

Der Kläger ist seit 00.00.0000 als wissenschaftlicher Assistent bei der N-Gesellschaft nichtselbständig tätig. Er ist seit 00.00.0000 vom Arbeitgeber nach T an das Forschungsinstitut ... abgeordnet.

Im Zeitraum 00.00.0000 bis 00.00.0000 hielt der Kläger auf der Basis unbezahlter Lehraufträge an der Hochschule ... in T Lehrveranstaltungen und Prüfungen ab, die nicht zu seinen vertraglichen Verpflichtungen bei der N-Gesellschaft und dem Forschungsinstitut gehören. Während dieser Zeit führte er in T einen -- vom Beklagten anerkannten -- doppelten Haushalt. Seit ... 0000 bewohnte der Kläger in T, P-Str. eine vom ihm gekaufte Eigentumswohnung.

Mit Schreiben vom 31.8.2005 beauftragte die Universität U den Kläger mit der Vertretung einer Professur für ... im Zeitraum 1.10.2005 bis 31.7.2006. Das Forschungsinstitut ... bei der Hochschule in T beurlaubte den Kläger mit Schreiben vom 1.6.2005 für den genannten Zeitraum und stimmte zugleich der Verlängerung der Beschäftigungszeit am Institut in T bis zum 28.2.2008 zu.

Während der Zeit in U hatte der Kläger dort zunächst ein Studio und sodann eine kleine Wohnung in der Studentenwohnanlage angemietet.

Unstreitig stand die Eigentumswohnung in T während der Tätigkeit des Klägers in U leer.

Die Arbeitsstelle des Klägers ist seit 1.8.2006 wieder bei dem Forschungsinstitut ... in T. Er ist dort an die Arbeitszeiten des TVÖD gebunden (39 Stunden pro Woche) und hat eine normale Fünftageswoche.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2006 machte der Kläger u.a. als Werbungskosten Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung geltend, und zwar neben Familienheimfahrten und Kosten für die Eigentumswohnung auch Verpflegungsmehraufwand für 92 Tage zu je 24 €;, also insgesamt von 2.208 €;.

Im Einkommensteuerbescheid 2006 vom 30.11.2007 berücksichtigte der Beklagte keinerlei Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung. Er begründete dies im Bescheid damit, dass der Kläger ein Erörterungsschreiben vom 27.8.2007 unbeantwortet gelassen hatte. Darin hatte der Beklagte u. a. um eine Aufstellung über tatsächlich durchgeführte Familienheimfahrten unter Angabe von Datum und Uhrzeit der jeweiligen Hin- und Rückfahrt gebeten sowie seine Auffassung dargelegt, dass die Mehraufwendungen für Verpflegung nicht anerkannt werden könnten, da der Kläger die Wohnung in T bereits seit 2004 selbst nutze.

Gegen diesen Einkommensteuerbescheid legten die Kläger Einspruch ein, mit dem sie u. a. auch die Mehraufwendungen für Verpflegung weiter geltend machten.

Dazu führte der Kläger aus, er mache den Verpflegungsmehraufwand für die ersten 3 Monate der doppelten Haushaltsführung in T ab dem 1.8.2006 geltend. Da es sich bei der Wohnung dort um eine Eigentumswohnung handele, sei es nachvollziehbar, dass er diese nicht wegen seiner Gastprofessur in U und der damit verbundenen Verlegung der doppelten Haushaltsführung verkauft habe. Durch die Unterbrechung und Neubegründung der doppelten Haushaltsführung in T beginne die Dreimonatsfrist für die Gewährung der Mehraufwendungen für Verpflegung erneut zu laufen.

Während der Tätigkeit in U habe er - der Kläger - die Wohnung in T weder benutzt noch aufgesucht. Seine gesamten persönlichen Dinge sowie sämtliche Arbeitsmaterialien (Fachliteratur etc.) habe er dorthin verbracht. Die Wohnung in T habe er somit nach seinem Verständnis aufgelöst und aufgegeben. Das Beibehalten des Eigentums daran bedeute nicht, dass die Wohnung aus steuerrechtlicher Sicht beibehalten worden sei.

Unabhängig vom Anlass der Unterbrechung richte sich der Neubeginn der Dreimonatsfrist nach dem Zeitmoment. Entscheidend sei, ob es wirtschaftlich geboten oder sinnvoll sei, die bisherige Unterkunft am Beschäftigungsort wegen der voraussichtlichen Dauer der Unterbrechung zunächst aufzugeben.

Ausweislich einer beim Beklagten eingereichten Aufstellung nach Daten und Orten fuhr der Kläger in aller Regel freitags von T nach L und sonntags zurück.

Mit Änderungsbescheid vom 28.4.2008 half der Beklagte dem Einspruch insoweit ab, als er die Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung in T außer denen für Mehraufwendungen für Verpflegung und bis auf einen geringen streitigen Betrag von 222,73 €; nunmehr berücksichtigte.

Bei einer telefonischen Rücksprache des Beklagten mit der Sachbearbeiterin im zuständigen Referat der vorgesetzten Dienstbehörde, der OFD ... , am 24.7.2008 teilte diese seine Ansicht, der Verpflegungsmehraufwand sei zu versagen, da der Kläger die Wohnung in T beibehalten habe und die Verpflegungssituation dort ihm noch bekannt gewesen sei, also kein Mehraufwand entstanden sei.

Daraufhin erließ der Beklagte am 2.9.2008 eine Einspruchsentscheidung, in der er dem Einspruch wegen anderer Streitpunkte im Zusammenhang mit der doppelten Haushaltsführung nunmehr auch in Höhe des Betrages von 222,73 €; abhalf. Im übrigen, also insoweit, als sich der Einspruch auf die Mehraufwendungen für Verpflegung in Höhe von 2.208 €; bezog, wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

Zur Begründung führte der Beklagte aus, der Neubeginn der Dreimonatsfrist für Verpflegungsmehraufwand bei doppelter Haushaltsführung setze den Bezug einer neuen Wohnung voraus. Daran fehle es, da der Kläger die Eigentumswohnung in T mit Hinblick auf die Wiederaufnahme der Tätigkeit dort beibehalten habe. Es sei nicht erkennbar, dass diese Wiederaufnahme nach nur 10 Monaten Unterbrechung zu einer neuen Belastungssituation geführt habe, die den Abzug von Verpflegungsmehraufwand rechtfertige. Da der Kläger dieselbe Wohnung bezogen habe und ihm die Verpflegungssituation aus dem zuvor dreijährigen Aufenthalt bekannt gewesen sei, seien ihm keine notwendigen Mehraufwendungen für Verpflegung entstanden. Daran ändere auch nichts, dass der Kläger sämtliche persönlichen Dinge und Arbeitsmaterialien aus der Wohnung in T weggeschafft habe.

Daraufhin haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgen, dass pauschale Mehraufwendungen für Verpflegung als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit anerkannt werden.

Sie begründen die Klage im Wesentlichen unter Vertiefung des Vortrags aus dem Verwaltungsvorverfahren wie folgt .

Die Dreimonatsfrist für die Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen bei doppelte Haushaltsführung beginne von neuem, wenn die auswärtige Beschäftigung durch eine vorübergehende Tätigkeit an einer anderen Arbeitsstelle von mindestens vier Wochen unterbrochen werde. Zu Unrecht berufe sich der Beklagte auf R 9.11 Abs. 7 Satz 3 der LStR 2008, wonach der Neubeginn der Dreimonatsfrist voraussetze, dass die bisherige Zweitwohnung nicht beibehalten werde. Denn diese Regelung sei erstmals in die LStR 2005 aufgenommen worden, um klarzustellen, dass alleine eine ggfls. immer wiederkehrende saisonbedingte Unterbrechung der doppelten Haushaltsführung, bei der stets dieselbe Wohnung bezogen werde, dem Sinn und Zweck des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Sätze 5 und 6 entgegenstehe. In solchen Fällen werde die auswärtige Wohnung nicht aufgelöst, sondern beibehalten.

Der Kläger habe die Wohnung in T von seiner persönlichen Habe einschließlich Fernsehgerät etc. sowie aller Arbeitsmittel einschließlich seines Schreibtisches geräumt und damit vollständig aufgelöst. Lediglich das rechtliche Eigentum an der Eigentumswohnung sei nicht aufgegeben worden.

Das Vorliegen einer neuen Belastungssituation nach der Wiederaufnahme der Tätigkeit in T sei unerheblich. Es komme nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 13.12.2007 VI R 73/06) weder darauf an, ob überhaupt ein Verpflegungsmehraufwand angefallen sei, noch darauf, wie die konkrete Verpflegungssituation sei. Dies könne schon deshalb nicht ausschlaggebend sein, da der Bezug einer neuen Wohnung in derselben Straße und im selben Haus unstreitig zum Neubeginn der Dreimonatsfrist geführt hätte. Auch dann wäre jedoch keine neue Belastungssituation entstanden.

Nachdem die Kläger zunächst die Anerkennung von Verpflegungsmehraufwand für 92 Tage zu je 24 €;, also insgesamt 2.208 €;, beantragt haben, haben sie nach entsprechendem telefonischen Hinweis des Berichterstatters vom 18.11.2008 und dessen Wiederholung in der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 21.11.2008 mit Schriftsatz vom 5.12.2008 ergänzend vorgetragen, dass sich der Kläger an einen festen Rhythmus bei seinen Fahrten zwischen L und T gehalten habe. Regelmäßig sei er sonntags zwischen 18.00 und 19.00 Uhr nach T abgefahren und freitags -- wann immer möglich --zwischen 15.00 und 16.00 Uhr von dort zurück nach L. Die Kläger legen dazu eine tabellarische Aufstellung für die Zeit ab 23.7.2006 bis 22.10.2006 vor, aus der sich Abwesenheitszeiten ohne Berücksichtigung von Urlaubszeiten und arbeitstäglichem Aufenthalt in T ergeben, die zum Ansatz von Pauschalen von insgesamt 1.032 €; führen. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Aufstellung vom 5.12.2008 (Bl. 49/50 GA) Bezug genommen.

In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger die Angaben in dieser Aufstellung auf den Zeitraum ab 23.10. bis 30.10.2006 ergänzt. Demnach ergibt sich derselbe Wert an pauschalem Verpflegungsmehraufwand auch für die Zeit vom 1.8.2006 bis 31.10.2006.

Die Kläger beantragen nunmehr,

unter teilweiser Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 2.9.2008 den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 28.4.2008 in der Weise zu ändern, dass die Einkommensteuer 2006 unter Berücksichtigung von weiteren Werbungskosten des Klägers bei dessen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 1.032 €; festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung und führt zusätzlich wie folgt aus: Auch wenn es sich nicht um eine saisonbedingte Unterbrechung der doppelten Haushaltsführung gehandelt habe, sei doch entscheidend, dass die bisherige Wohnung in T freigehalten worden sei, um nach Ablauf der Vertretungszeit die Wohnung während der bereits zugesagten Verlängerung der Tätigkeit am Institut in T weiter selbst nutzen zu können. Es sei dieselbe Wohnung wieder bezogen und die Zweitwohnung damit nach der Unterbrechung nicht gewechselt worden.

Das Urteil des BFH vom 13.12.2007 scheine nicht einschlägig zu sein, da nicht ohne weiteres Verwaltungsgrundsätze und Rechtsprechung zu Dienstreisen auf die doppelte Haushaltsführung übertragen werden könnten.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die beigezogenen Steuerakten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2008 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2006 vom 28.4.2008 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 2.9.2008 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger daher in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 FGO. Zu Unrecht hat der Beklagte nämlich die in der mündlichen Verhandlung noch geltend gemachten Mehraufwendungen für Verpflegung innerhalb der ersten drei Monate nach Wiederbegründung der doppelten Haushaltsführung in T in Höhe von 1.032 €; als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit nicht bei der Festsetzung der Einkommensteuer 2006 berücksichtigt.

I. Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen sind nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Streitjahres 2006 -- EStG --grundsätzlich nicht als Betriebsausgaben abziehbar. Wird der Steuerpflichtige jedoch vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig (Fall der sog. Dienstreise), so ist nach Satz 2 der Vorschrift für jeden Kalendertag, an dem der Steuerpflichtige wegen dieser vorübergehenden Tätigkeit von seiner Wohnung und seinem Tätigkeitsmittelpunkt über eine bestimmte Dauer abwesend ist, ein nach dieser Dauer gestaffelter Pauschbetrag abzuziehen. Nach Satz 5 beschränkt sich bei einer längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte der pauschale Abzug nach Satz 2 auf die ersten drei Monate (sog. Dreimonatsfrist). Gemäß Satz 6 der Vorschrift gelten die Abzugsbeschränkung nach Satz 1, die (gestaffelten) Pauschbeträge nach Satz 2 sowie die Dreimonatsfrist nach Satz 5 auch für den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen bei einer aus betrieblichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung. Nach § 9 Abs. 5 EStG sind die aufgeführten Regelungen bei der Ermittlung der Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit sinngemäß anzuwenden.

§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 1. Hs. EStG legt der Höhe nach für die Abzugsfähigkeit der Mehraufwendungen für Verpflegung Pauschbeträge fest; wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, ist für jeden Kalendertag, an dem der Steuerpflichtige wegen dieser vorübergehenden Tätigkeit von seiner Wohnung und seinem Tätigkeitsmittelpunkt

24 Stunden abwesend ist, ein Pauschbetrag von 24 Euro,

weniger als 24 Stunden, aber mindestens 14 Stunden abwesend ist, ein Pauschbetrag von 12 Euro,

weniger als 14 Stunden, aber mindestens 8 Stunden abwesend ist, ein Pauschbetrag von 6 Euro

abzuziehen.

Dem Kläger standen danach für die ersten drei Monate seiner wieder neu begründeten doppelten Haushaltsführung in T wegen der neu beginnenden Dreimonatsfrist dem Grunde nach die geltend gemachten Mehraufwendungen für Verpflegung zu, und zwar in der Höhe der in der mündlichen Verhandlung zuletzt noch geltend gemachten Pauschbeträge von insgesamt 1.032 €;.

1. Dass der Kläger ab dem 1.8.2006 in T eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung geführt hat, ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig. Der Senat sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab.

2. Die Dreimonatsfrist des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG hat mit dem 1.8.2006 als dem vertraglichen und tatsächlichen Wiederbeginn der Tätigkeit des Klägers in T erneut zu laufen begonnen. Dem Kläger stehen daher für die Tage mit Abwesenheitszeiten von seiner Wohnung in L die geltend gemachten Pauschbeträge für 10 Tage zu 12 €; und für 38 Tage zu 24 €; zu.

a) Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger bereits bis zum Antritt der Vertretungsstelle in U ab dem 1.7. des Vorjahres - 2005 - in seiner Eigentumswohnung in T eine doppelte Haushaltsführung begründet hatte und die Dreimonatsfrist für diese erste doppelte Haushaltsführung längst abgelaufen ist.

Denn die Dreimonatsfrist beginnt ebenso wie für jede andere der Auswärtstätigkeiten wie Dienstreise und Einsatzwechseltätigkeit auch für den Fall einer doppelten Haushaltsführung jedes Mal erneut zu laufen, wenn die Voraussetzungen dieser Auswärtstätigkeit erneut erfüllt sind.

Wie die Dreimonatsfrist bei jeder neuen Dienstreise - wenn auch wieder an denselben Dienstort bei Unterkunftsnahme im selben Hotel und Ausübung derselben Tätigkeit - und im Fall der Einsatzwechseltätigkeit bei jedem neuen Einsatz - also bei einem Seemann bei jedem Auslaufen desselben Schiffes zu womöglich demselben Zielhafen -- erneut zu laufen beginnt, so ist dies auch bei jeder neu begründeten doppelten Haushaltsführung zu bejahen.

Neu begründet ist eine doppelte Haushaltsführung dabei nicht nur dann, wenn aufgrund der Aufnahme einer neuen Auswärtstätigkeit erstmals eine Wohnung am Beschäftigungsort bewohnt wird, sondern auch dann, wenn die doppelte Haushaltsführung längere Zeit unterbrochen worden ist und wieder am selben Ort erneut begründet worden ist. Dabei ist es zumindest im vorliegenden Fall unbeachtlich, dass der Steuerpflichtige bei der Unterbrechung der doppelten Haushaltsführung wusste, dass er danach im Anschluss wieder im selben Tätigkeitsort eingesetzt sein würde, und dass er vor und nach der Unterbrechung in einer Eigentumswohnung wohnte, deren zivilrechtlicher Eigentümer er ist.

aa) Dafür, dass die Dreimonatsfrist nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht erneut zu laufen beginnen kann, spricht nur der Wortlaut der Norm des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG (ebenso, aber letztlich offen lassend : FG Köln, Urteil vom 21.6.2006 7 K 5826/03, EFG 2007,1070 unter II.2. am Ende).

bb) Nach Sinn und Zweck der Norm ist jedoch die Möglichkeit des Neubeginnes der Dreimonatsfrist auch nach einer Unterbrechung der doppelten Haushaltsführung zu bejahen.

Denn die Norm des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG wurde durch Art. 1 Nr. 6 Buchst. a des Jahressteuergesetzes 1996 (JStG 1996) vom 11. Oktober 1995 (BGBl I 1995, 1250, BStBl I 1995, 438) umfassend neu gestaltet. Dabei verfolgte der Gesetzgeber erklärtermaßen das Ziel, allen Arbeitnehmern mit Auswärtstätigkeiten die gleichen Pauschalen zuzumessen und dadurch zur steuerlichen Gleichbehandlung beizutragen (BTDrucks 13/1558, 143). Zuvor bestehende Abgrenzungsprobleme zwischen Dienstreise einerseits und Einsatzwechseltätigkeit und Fahrtätigkeit andererseits sollten beseitigt und allgemein die Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen nach Ablauf eines Dreimonatszeitraums ausgeschlossen werden (BTDrucks 13/901, 129) (so BFH-Urteil vom 27.7.2004 VI R 43/03, BFHE 207,196, BStBl II 2005,357 ).

Dem folgend hat der BFH den erneuten Beginn der Dreimonatsfrist für möglich gehalten. So hielt er eine nicht unerhebliche Unterbrechung von über vier Wochen durch eine Tätigkeit an einem anderen Einsatzort, nicht jedoch eine krankheitsbedingte Unterbrechung von rund 2 Wochen für geeignet, die Dreimonatsfrist bei einer Einsatzwechseltätigkeit erneut beginnen zu lassen (BFH vom 27.7.2004 a.a.O.).

cc) Als grundsätzlich entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob von einer Unterbrechung der Auswärtstätigkeit in dem Sinne auszugehen ist, dass die Fortsetzung der doppelten Haushaltsführung sich als Neubeginn darstellt mit der Folge, dass auch eine neue Dreimonatsfrist zu laufen beginnt, sieht der Senat das Zeitmoment an (vgl. Urteil des Hessisches FG vom 20.2.2005 1 K 882/02, EFG 2005,1597; zustimmend Büchter-Hole, EFG 2005,1600), auf das auch der BFH -- neben gleichem Tätigkeitsort und -inhalt -- in dem Urteil in BStBl II 1997, 95, abgestellt hat.

Dafür spricht auch die Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 6 a.E. EStG, wonach nur eine der Begründung der doppelten Haushaltsführung unmittelbar vorausgegangene Dienstreise an den Beschäftigungsort auf die Dreimonatsfrist angerechnet wird. Geht der zeitliche Zusammenhang mit der bisherigen Tätigkeit verloren, ist von einer neuen Dienstreise, Einsatzwechseltätigkeit oder doppelten Haushaltsführung auszugehen. Ob der zeitliche Zusammenhang bei einer beruflichen Unterbrechung von nur mindestens vier Wochen Dauer schon nicht mehr gewahrt ist, kann vorliegend dahinstehen. Als entscheidender Gesichtspunkt ist in diesem Zusammenhang anzusehen, ob es bei objektiver ex ante Beurteilung wirtschaftlich geboten oder sinnvoll war, die bisherige Unterkunft am bisherigen Tätigkeitsort wegen der voraussichtlichen Dauer der Unterbrechung und/oder dem Grad der Ungewissheit, überhaupt an den alten Beschäftigungsort zurückzukehren, zunächst aufzugeben (vgl: Hessisches FG a.a.O.).

b) Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger hier wegen der Unterbrechung seiner doppelten Haushaltsführung in T vom 1.10.2005 bis 31.7.2006, also für die Dauer von 10 Monaten, eine neue doppelte Haushaltsführung begründet, so dass die Dreimonatsfrist erneut zu laufen begonnen hat. Dass er bei Antritt der Stelle in U bereits die Zusage seines Arbeitgebers hatte , ab dem 1.8.2006 wieder in T beschäftigt zu werden, und dass er in T auch während der Beschäftigungszeit in U Eigentümer der Eigentumswohnung in T war, ändert an diesem Ergebnis nichts.

Denn es war nach Ansicht des erkennenden Senats wirtschaftlich geboten und sinnvoll, angesichts einer wenn auch von vorneherein zeitlich begrenzten Dauer der Tätigkeit in U für 10 Monate die doppelte Haushaltsführung in T aus Kostengründen zu beenden. Dies hat der Kläger insoweit getan, als dass er seine persönliche Habe sowie alle Arbeitsmittel samt Schreibtisch aus seiner Eigentumswohnung geräumt und diese nicht mehr genutzt hat. Dass er die Eigentumswohnung nicht zwischenzeitlich fremd vermietet hat und dass er die Eigentumswohnung in seinem Eigentum gehalten hat, ist steuerrechtlich für Zwecke der hier streitigen Frage irrelevant. Denn der Kläger hat durch sein Verhalten seine Aufwendungen bis auf die nötigsten Fixkosten der Eigentumswohnung minimiert. Er hat sich insoweit nicht anders verhalten als ein Steuerpflichtiger, der seine Mietwohnung am auswärtigen Tätigkeitsort gekündigt hat und sich bei Wiederaufnahme der Tätigkeit an demselben früheren Ort nach 10 Monaten erneut eine Wohnung - womöglich sogar dieselbe wie vorher -- anmietet.

Entscheidend ist dabei nicht, dass der Kläger zivilrechtlicher Eigentümer der Eigentumswohnung ist und war, sondern dass er begrifflich durch den Auszug aus der Eigentumswohnung in T seine dortige doppelte Haushaltsführung aufgegeben hat, denn einen Haushalt führt nur derjenige, der einen eigenen Hausstand unterhält. Dies ist hier für die Eigentumswohnung in T für das Streitjahr bis zum Wiederbeginn der Tätigkeit des Klägers zum 1.8.2006 dort zu verneinen.

c) Zudem liegt hier kein Fall einer regelmäßig wiederkehrenden, lediglich saisonbedingten Unterbrechung der doppelten Haushaltsführung vor. Nach dem Urteil des FG Schleswig-Holstein vom 08.12.2004 5 K 217/04 (EFG 2005,690) kommt eine erneute Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwand bei einer derartigen Unterbrechung der doppelten Haushaltsführung jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn die Zweitwohnung am Arbeitsort nicht gewechselt wird.

Dieser Fall liegt hier schon deshalb nicht vor, da T nicht jährlich wiederkehrend nur für ein paar Monate als Tätigkeitsort zum Ort der Begründung einer doppelten Haushaltsführung wurde, sondern dies auf dem einmaligen Vorgang der Gastprofessur in U geschah.

d) Das Argument des Beklagten, die Berücksichtigung pauschalen Verpflegungsmehraufwands sei zu versagen, weil der Kläger die konkrete Verpflegungssituation in T aus seiner früheren dreijährigen doppelten Haushaltsführung noch bestens gekannt habe (so im Ergebnis auch Urteil des Finanzgerichts Niedersachsen vom 26.04.2001 11 K 224/99, EFG 2002, 14, Hauptsacheerledigung nach eingelegter Revision beim BFH), geht fehl.

Denn der Gesetzgeber hat mit der Bestimmung der Pauschbeträge in § 4 Abs. 5 Nr. Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG nicht nur - in verfassungsgemäßer Weise (ebenso Urteil des FG Baden-Württemberg vom 8.5.2007 4 K 300/06, [...], m. w. Nachw.; Rev. anhängig unter VI R 11/08) -- eine Typisierung dahin gehend vorgenommen, dass nach Ablauf der Dreimonatsfrist ein weiterer Abzug von Verpflegungsmehraufwand ausscheiden sollte, da nach dieser Frist dem Steuerpflichtigen typischerweise kein Mehraufwand dieser Art mehr entstehe, weil er die Verpflegungssituation kenne. Nach Ansicht des erkennenden Senats hat der Gesetzgeber damit nämlich zugleich zum Ausdruck gebracht, dass generell bei Begründung einer jeden neuen Auswärtstätigkeit -- also auch bei jeder neuen doppelten Haushaltsführung auch an einem Ort früherer auswärtiger Tätigkeit -- typisierend die Pauschbeträge je nach konkreter Abwesenheitszeit zu gewähren sind, ohne dass insoweit auf die jeweilige konkrete Verpflegungssituation des einzelnen Steuerpflichtigen abzustellen wäre.

Daher hat der BFH die Dreimonatsfrist auch zutreffend bei einem Seemann auf einem seegehenden Schiff als jeweils neu beginnend zuerkannt, sobald das Schiff zu einem späteren Zeitpunkt nach Rückkehr in den Heimathafen erneut zu einer Reise ausläuft. Der BFH hat bei dieser Auswärtstätigkeit betont, dass es seit 1996 ohne Bedeutung ist, ob dabei tatsächlich ein erhöhter Verpflegungsmehrbedarf anfällt (BFH - Urteil vom 16.11.2005 VI R 12/04, BFHE 212,64, BStBl II 2006,267). Würde man der Argumentation des Beklagten hingegen folgen, dürfte dem Seemann kein Verpflegungsmehraufwand zuzuerkennen sein, da er auf demselben Schiff bei der erneuten Ausfahrt höchstwahrscheinlich dieselbe Verpflegungssituation vorfindet wie bei der gerade vorher erst beendeten Fahrt und wie womöglich schon seit Jahren.

3. Der Höhe nach waren dem Kläger - wie beantragt -- für Verpflegungsmehraufwand gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 1. Hs. Buchst. a) EStG wegen Abwesenheit vom Wohnort L von 24 Stunden Dauer für 38 Kalendertage pro Tag ein Pauschbetrag von 24 €; -- also insgesamt 912 €; an Werbungskosten -- sowie gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 1. Hs. Buchst. b) EStG wegen Abwesenheit vom Wohnort L von mindestens 14, aber weniger als 24 Stunden Dauer für 10 Kalendertage pro Tag ein Pauschbetrag von 12 €; -- insgesamt also 120 €; an Werbungskosten -- zu gewähren. Insgesamt waren die Werbungskosten des Klägers bei dessen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit mithin um 1.032 €; zu erhöhen.

4. Die Einkommensteuer 2006 war daher wie folgt neu festzusetzen:

zu versteuerndes Einkommen bisher ... €;

mehr Werbungskosten laut Urteil ... €;

darauf Einkommensteuer nach Splitting-Tarif ... €;

dazu Kindergeld ... €;

festzusetzende Einkommensteuer ... €;.

II. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO, §§ 708 Nr.9, 711 ZPO.

III. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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