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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 21.04.2008
Aktenzeichen: 15 K 3899/07
Rechtsgebiete: AO, EStG


Vorschriften:

AO § 88
AO § 164 Abs. 1
AO § 164 Abs. 2
AO § 173 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2
EStG § 8 Abs. 2 S. 2
EStG § 8 Abs. 2 S. 3
EStG § 8 Abs. 2 S. 4
EStG § 42d Abs. 3 S. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

15 K 3899/07

Tenor:

Der Einkommensteuerbescheid 2003 vom 21.3.2007 und die Einspruchsentscheidung vom 26.9.2007, soweit sie sich auf die Festsetzung der Einkommensteuer 2003 bezieht, werden aufgehoben.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 3/4 und der Beklagte zu 1/4.

Tatbestand:

Die Kläger sind Eheleute und werden in den Streitjahren 2002 bis 2005 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger war im Streitzeitraum als angestellter Leiter einer Behörde beschäftigt.

§ 5 Abs. 1 des Dienstvertrages vom 25.6.1999 (gültig bis 31.3.2002) und § 5 Abs. 1 des Dienstvertrages vom 8.10.2002 (gültig ab 1.4.2002 bis 30.6.2005) lauten :

" Herrn T (Kläger) wird ein Fahrer und ein Dienstkraftwagen durch den Arbeitgeber entsprechend den Kraftfahrzeugrichtlinien des Landes NRW für Dienstfahrten gestellt. Der Dienstwagen steht Herrn T auch zur privaten Nutzung zur Verfügung."

§ 4 Abs. 1 des Dienstvertrages vom 12.5.2005 (gültig seit 1.7.2005) lautet :

"Herrn T wird vom Arbeitgeber ein Fahrer und ein Dienstkraftwagen entsprechend den Kraftfahrzeugrichtlinien des Landes NRW für Dienstfahrten gestellt. Der Dienstwagen steht Herrn T auch zur privaten Nutzung zur Verfügung."

In einer "ab sofort" geltenden Dienstanweisung des Klägers vom 23.5.2003 hat der Kläger u. a. verfügt, dass der Dienstwagen des Behördenleiters ausschließlich diesem zur Verfügung steht. Auf den weiteren Inhalt der genannten Verträge bzw. der Dienstanweisung (Bl. 104 bis 108, 142 bis 145 GA) wird Bezug genommen.

Der Arbeitgeber versteuerte in den Gehaltsabrechnungen des Klägers monatlich 178,95 € als geldwerten Vorteil und behielt einen Eigenanteil i.H.v. 7,94 € ein.

Der Kläger erhielt von seinem Arbeitgeber für jedes Jahr eine Bescheinigung zur Vorlage beim Finanzamt, die die verursachten Kosten, die Gesamtkilometerleistung, sowie die Kilometer laut Fahrtenbuch für private Fahrten und Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie die Höhe des geldwerten Vorteil enthielt. Die Miet- und Leasingkosten der Kraftfahrzeuge waren darin nicht berücksichtigt.

Die Fahrtenbücher der Streitjahre enthalten durchgehende lediglich Angaben zum Datum, in der Rubrik "Reiseroute und Ziel" Angaben von Städtenamen, seltener von allgemeinen Bezeichnungen wie "Flughafen" oder "Landtag". Die Rubrik "Zweck der Fahrt" ist niemals ausgefüllt, ebenso wenig die Rubrik "Besuchte Personen, firmen, Behörden".

Unstreitig sind die Fahrten zwischen L und E, die der Kläger als am Wohnort beginnende bzw. dort endende Dienstreise ansah, nicht als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eingetragen.

Ab März 2006 fand bei dem Arbeitgeber eine Lohnsteueraußenprüfung betreffend die Jahre 2002 bis 2005 statt. Zur Ermittlung der Lohnsteuer wurden die Fahrtenbücher des Dienstwagens überprüft. Nach den Feststelllungen der Lohnsteueraußenprüfung waren die Fahrtenbücher nicht ordnungsgemäß geführt. Aus den Feststellungen des Prüfers (Leitzordner Band I) ergibt sich folgendes:

"Die von der Berichtsfirma vorgelegten Fahrtenbücher wurden sämtlich nicht laufend geführt. Es bestand eine lose Blattsammlung, deren Daten zu einem späteren Zeitpunkt in ein Fahrtenbuch übertragen wurden. Die Aufzeichnungen in der losen Blattsammlung als auch in den Fahrtenbüchern enthielten weder Angaben zu dem Reisezweck und aufgesuchten Gesprächspartnern, noch eine genaue Angabe zum Reiseziel bzw. Reiseroute. Eine Erklärung zu den unterschiedlichen Kilometerangaben bei einzelnen Dienstreisen zum gleichen Reiseziel (z.B. L - T - L, 8.6.2005 = 169 km; 13.06.2005 = 121 km) wurden von der Berichtsfirma im Prüfungsverlauf nicht abgegeben. Aus den vorgelegten Aufzeichnungen ist auch eine Unterscheidung der Dienstreisen und Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht immer ersichtlich. So wurde zum Beispiel am 22.1., 18.3.2002 mit der Angabe L - E - L mit 129 km bzw. 126 km ohne Angaben von Gründen als dienstlich gefahrene km angegeben. Auch wenn eine Dienstreise von der Arbeitsstätte E, A-Straße angetreten wurde, ist eine Unterscheidung von Fahrten Wohnung / Arbeitsstätte und Dienstreise nicht vorgenommen worden. Die Schreiben des Arbeitgebers vom 29.11.2006 und des pers. Beraters des Arbeitnehmers vom 10.7.2006 zum Vorgang der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte waren widersprüchlich und führten zu keiner Sachverhaltsaufklärung. Sämtliche Fahrten, die über die regelmäßige Arbeitsstelle führten, wurden als dienstliche Fahrten aufgeführt. Die privaten Fahrten zur Arbeitsstätte bzw. zur Wohnung wurden nicht dem privaten Bereich zugeordnet. Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte werden jedoch nicht dadurch zu einer Dienstreise, dass der Arbeitnehmer auf dem Weg nach Hause oder ins Büro berufliche Arbeiten erledigt (BFH-Urteil v. 12.10.90, BStBl II 1991, S. 134). Im Prüfungsverlauf wurde der Berichtsfirma eine Aufstellung übergeben, aus der ersichtlich ist, dass einzelnen Fahrten zu Tankstellen in den Fahrtenbüchern nicht aufgeführt wurden. Eine Abstimmung der Kilometerangaben anhand von Inspektionsunterlagen und den Fahrtenbüchern führte nur in 5 Fällen im Prüfungszeitraum zu einer Übereinstimmung. Die einzelnen Kilometerangaben zu Beginn und Ende der einzelnen Dienstreisen können daher nicht ordnungsgemäß sein, weil einzelne Fahrten (z.B. Q - L - Q 68 km, lt. Angabe des Fahrers) nicht in den Fahrtenbüchern aufgeführt worden sind."

Das Prüfungsfinanzamt ermittelte den Nutzungswert nach der sog. 1 % - Regelung zuzüglich Fahrergestellung (50 % Erhöhung) zuzüglich des Wertes für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Da der pauschale Nutzungswert die insgesamt für das Fahrzeug entstandenen Kosten überstieg, wurde der angesetzte Nutzungswert auf die Gesamtkosten begrenzt (Kostendeckelung). Im Einzelnen wird auf die Berechnung verwiesen (s. Leitzordner Band I, Rubrik Kostendeckelung).

Als nachzuversteuernder Betrag ergaben sich für die einzelnen Streitjahre folgende Beträge:

34.512,46 €

32.813,07 €

26.996,90 €

30.172,29 €

Das Prüfungsfinanzamt fertigte mit Schreiben vom 21.2. 2007 eine Kontrollmitteilung und versandte diese an den für die Veranlagung des Klägers zuständigen Beklagten, die dort am 26.2.2007 eingegangen ist.

Der Beklagte änderte mit Bescheid vom 21.3.2007 den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheid 2002 vom 20.1.2004. In diesem Einkommensteuerbescheid 2002 vom 20.1.2004 hatte der Beklagte die Kläger in den Erläuterungen zum Bescheid um die Vorlage des Fahrtenbuchs innerhalb von vier Wochen gebeten. Mit beim Finanzamt eingegangenen Schreiben vom 30.7.2004 legte der Kläger das angeforderte Fahrtenbuch 2002 sowie das Fahrtenbuch 2003 vor.

Eine Änderung des Einkommensteuerbescheides für 2002 erfolgte nicht. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde nicht aufgehoben. Für 2003 erließ der Beklagte einen Einkommensteuerbescheid, der keine Änderung oder Beanstandung enthielt, der auf eine Überprüfung oder eine Beanstandung des Fahrtenbuches 2003 schließen ließe.

In der mündlichen Verhandlung wurde festgestellt, dass die Fahrtenbücher für 2002 und 2003 vom Beklagten während der Prüfung in 2006 beim Arbeitgeber des Klägers an das Prüfungsfinanzamt geschickt worden sind.

Der zunächst in den Einkommensteuerbescheiden 2004 und 2005 enthaltene Vorbehalt der Nachprüfung ist mit Änderungsbescheiden vom 17.5.2006 bzw. 12.1.2007 aufgehobne worden. Die bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide 2003, 2004 und 2005 wurden vom Beklagten mit Bescheiden vom 21.3.2007 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert.

Mit Schreiben vom 5.4.2007 legten die Kläger Einsprüche gegen die geänderten Bescheide ein, die der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 26.9.2007 als unbegründet zurückwies.

Er begründete dies im wesentlichen damit, dass die Fahrtenbücher wegen der im Prüfungsbericht aufgezeigten Mängel nicht ordnungsgemäß seien und daher die Versteuerung nach der 1%-regelung eingreife.

Auch sei er - der Beklagte - befugt gewesen, die Änderungsbescheide zu erlassen. Für 2002 folge dies aus dem im Einkommensteuerbescheid enthaltene Vorbehalt der Nachprüfung, der dem Entstehen eines Vertauenstatbestandes auf seitens des Klägers entgegenwirke. Für 2003 bis 2005 lägen neue Tatsachen vor, weil sich die Mängel der Fahrtenbücher erst im prüfungsverfahren herausgestellt hätten. Davon habe er - der Beklagte - erst am 21.1.2007 erfahren. Es liege auch kein Fall der Verletzung der Ermittlungspflichten vor, da die Fahrtenbücher für 2003 bis 2005 nach Aktenlage den Einkommensteuererklärungen 2003 bis 2005 nicht beigelegen hätten. Insoweit hätten sich keine Zweifel aufdrängen können. Zudem sei die Einkommensteuererklärung 2003 erst am 20.8.2004 eingegangen, habe also zum Zeitpunkt der Vorlage des Fahrtenbuches für 2003 noch nicht vorgelegen. Daher sei dessen Überprüfung offensichtlich nicht erfolgt. Nah dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung könne auch keinen Vertrauenstatbestand aus der Nichtbeanstandung in Vorjahren erwachsen sein.

Zudem liege kein Ermessenfehler des Beklagten im Erlass der Änderungsbescheide, da diese nicht im ermessen gestanden habe. Die Vorschriften über die Inhaftungnahme des Arbeitgebers stünden den Änderungsbescheiden ebenfalls nicht entgegen, da der Kläger als Arbeitnehmer Schuldner der Einkommensteuer sei.

Daraufhin haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben.

Unter Wiederholung ihres vorgerichtlichen Vorbringens vertiefen sie dieses zur Begründung ihrer Klage wie folgt :

Eine Änderungsbefugnis wegen neuer Tatsachen scheide für 2003 bis 2005 aus: Die von den Prüfern beanstandeten wesentlichen Mängel der Fahrtenbücher habe der Beklagte erkenne können , wenn nicht müssen :

Dass die jeweiligen Bescheinigungen des Arbeitgebers des Klägers über die Aufteilung der verursachten Gesamtkosten für den privaten Anteil des Klägers nicht die Miet- und Leasingkosten enthielten,

dass zentrale Angaben eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuches (Reisezweck, Gesprächspartner, Reiseziel und -route) fehlten

dass es unterschiedliche Kilometer-Angaben für dieselbe Strecke (z.B. L- E) gab,

eventuell auch, dass keine Unterscheidung zwischen Dienstreisen und Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte getroffen worden war, da diese Fahrten erkennbar als Dienstreise eingetragen gewesen seien.

Der Zuschlag für die Fahrergestellung sei nur dann anzusetzen, wenn der Fahrer auch tatsächlich für Privatfahrten in Anspruch genommen worden sei. Dies sei nicht der Fall. Lediglich aus Praktikabilitätsgründen sei er - der Kläger - im Einzelfall vom Fahrer von L nach E befördert worden. Wenn an Tagen Dienstreisen anstanden, die an seinem - des Klägers - Wohnort endeten. Bei diesen Fahrten zwischen L und E handele es sich um den Teil einer Dienstreise, bei der als Zwischenstation das Büro in E aufgesucht worden sei, um Unterlagen mitzunehmen.

Zudem ergäben sich die Mängel es Fahrtenbuches ausschließlich aus dem bereich, bei dem die Aufzeichnungen durch den <Fahrer erfolgten, der ihn - den Kläger - nicht privat gefahren habe.

Auch stelle die Loseblattsammlung lediglich die Grundaufzeichnung dar, die zu einem späteren Zeitpunkt ins Fahrtenbuch übertragen worden sei.

Wenn dem Kläger bereits bei der Prüfung des Fahrtenbuchs 2002 mitgeteilt worden wäre, dass hier in der Führung des Fahrtenbuchs Mängel zu erkennen seien, dann hätte er die Möglichkeit gehabt, diese abzustellen. Aufgrund dessen, dass im Jahre 2002 keine negativen Schlussfolgerungen aus den Fahrtenbüchern gezogen worden seien, müsse hier die mangelnde Ermittlungspflicht gerügt werden. Der Kläger berufe sich daher auf den Grundsatz von Treu und Glauben, welche die Änderung der Bescheide für 2002 bis 2005 ausschließe.

Weiterhin sei zu bedenken, dass die ordnungsgemäße Führung der Fahrtenbücher arbeitsrechtliche Pflicht des Arbeitgebers gewesen sei. Gemäß § 42a Abs. 1 Nr. 1 EStG hafte der Arbeitgeber für nicht einbehaltene Lohnsteuer. Eine Inanspruchnahme des Klägers komme nicht in Betracht, wenn der Arbeitgeber seinerseits durch Verletzung der arbeitsvertraglichen Nebenpflichten selbst die zu niedrige Einbehaltung von Lohnsteuer verursacht habe. Insoweit verweist der Kläger auf das vorgelegte Gutachten von Rechtsanwalt P (s. Rechtsbehelfsakte des Beklagten).

Der Beklagte wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 26.9.2007 als unbegründet zurück.

Die Kläger beantragen,

Die Einkommensteueränderungsbescheide 2002 bis 2005 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

Klageabweisung.

Zur Begründung verweist er auf die angefochtenen Einspruchsentscheidung.

In der mündlichen Verhandlung ist aufgeklärt worden, dass die beim Beklagten eingereichten Fahrtenbücher für 2002 und 2003 vom Beklagten in 2006 an die Prüfungsbeamten des Prüfungsfinanzamtes geschickt worden sind.

Der Kläger hat die unterschiedlichen Wegestreckenangaben für dieselben Strecke mit Umwegfahrten wegen Staus etc. erklärt. Er habe an reinen Büroarbeitstagen - ca. 2 mal pro Woche - den Wagen selbst von L nach E und zurück gefahren und dies auch selbst in dem Loseblatt vermerkt. Wenn sein Fahrer bei Fahrten zwischen Wohnort und Dienststelle dabei gewesen sei, habe er - der Kläger - es nicht eingesehen, dann selbst den Wagen zu steuern.

Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 16.1.2008 dem Berichterstatter zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen, § 6 FGO.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen K und X. Zu den Beweisthemen wird auf die Beweisbeschlüsse vom 28.2.2008 und zum Ergebnis der Beweisaufnahme auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Dem Gericht lagen neben den Steuerakten drei Leitzordner "Reisenkostenabrechnungen", ein Leitzordner "Aufstellung Tankfahrten - Rep.rechnungen, Erg. Fahrtenbuch, Km-Diff.lt. R-Planer 2002 bis 2005", ein Leitzordner "Fahrtenbücher, Uraufzeichnungen, Terminkalender" sowie ein Leitzordner (...., Band I) des Finanzamts vor.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Klage ist nur hinsichtlich der Einkommensteuer 2003 begründet und im übrigen unbegründet.

Die angefochtenen Einkommensteueränderungsbescheide 2002, 2004 und 2005, jeweils vom 21.03.2007 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 26.09.2007 sind zwar - möglicherweise - insoweit rechtswidrig, als der Beklagte den in der (teilweisen) Fahrergestellung liegenden zusätzlichen geldwerten Vorteil nach R 31 Abs. 10 LStR nur mit einem - den tatsächlichen Kosten nicht entsprechenden - 50%igen Zuschlag berücksichtigt hat. Ob die genannte Richtlinienbestimmung eine zutreffende Auslegung des § 8 Abs. 2 EStG darstellt oder - wie von Teilen des Schrifttums überzeugend vertreten wird - mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig ist (so z.B. Urban, FR 2005, 1134, 1141, unter 7.), bedarf jedoch im Streitfall keiner Entscheidung, da die Kläger durch die Anwendung dieser sie begünstigenden Verwaltungsregelung nicht in ihren Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO) und eine verbösernde Entscheidung des Gerichts nach § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO ausgeschlossen ist.

Dabei ist nur darauf hinzuweisen, dass der 50%ige Aufschlag für die Fahrergestellung vom Beklagten nur auf die tatsächlich angefallenen Kosten des KFZ erhoben worden sind, wodurch sich die Differenz der nachversteuerten (fiktiven) Kosten für den Fahrer gegenüber den tatsächlichen Kosten für den Fahrer nochmals zugunsten der Kläger vergrößert hat (vgl. nur die"Vergleichsrechnung bei Kostendeckelung" in der Prüferhandakte, Bd. 1, "Kostendeckelung", aus der sich der Jahresansatz für Fahrergestellung mit Beträgen zwischen 8.910 und 9.331,20 € ergibt. Denn dass die Aufwendungen für die Beschäftigung eines Fahrers in Wahrheit wesentlich höher sind, liegt auf der Hand.

Dabei ist es dem Gericht auch verwehrt, die Rechtmäßigkeit des Ansatzes der Kostendeckelung im vorliegenden Klageverfahren zu überprüfen, konkret : sich etwa dazu zu äußern, ob nicht durch die Weiterreichung des von der Landesregierung mit der Firma B ausgehandelten äußerst günstigen Leasingraten (15% der Leasingkosten eines fremdem dritten) ein geldwerter Vorteil zu versteuern ist, da der Ansatz der Kostendeckelung auf Antrag des Steuerpflichtigen eine Billigkeitsmaßnahme des Beklagten nach § 163 AO darstellt, die nur in einem gesonderten Verfahren - nicht dem der Steuerfestsetzung wie hier - auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen ist (vgl. BFH-Urteil vom 14.3.2007 XI R 59/04, BFH/NV 2007,1838). Hinsichtlich der Werte aus der Kostendeckelung haben jedoch die Kläger weder Einspruch eingelegt noch Klage erhoben.

Begründet ist die Klage insoweit, als der angefochtene Änderungsbescheid zur Einkommensteuer 2003 vom 21.3.2007 und die insoweit auch dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 26.9.2007 rechtswidrig sind und die Kläger daher in Ihren rechten verletzen. Denn der Beklagte hatte für 2003 keine Änderungsbefugnis hinsichtlich der bereits bestandkräftig festgesetzten Einkommensteuer 2003.

1. Hinsichtlich der Einkommensteuer 2003 war der Beklagte verfahrensrechtlich nämlich nicht befugt, den angefochtenen Einkommensteueränderungsbescheid 2003 zu erlassen.

Die Voraussetzungen der Änderungsnorm des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO liegen nicht vor.

Nach dieser Vorschrift sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich - also nach Abschluss der Willensbildung beim Beklagten für den bestandskräftig gewordenen Bescheid - bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ist das Finanzamt jedoch an einer Änderung wegen neuer Tatsachen gehindert, wenn ihm die erst später tatsächlich bekannt gewordenen Tatsachen bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Amtsermittlungspflicht nicht verborgen geblieben wären. Die Finanzbehörde verletzt ihre Amtsermittlungspflicht nach § 88 AO nur dann, wenn sie offenkundigen Zweifelsfragen, Unklarheiten oder Zweifeln, die sich ohne weiteres aufdrängen, nicht nachgeht und Ermittlungsmöglichkeiten nicht nutzt, deren Ergiebigkeit sich ihr hätten aufdrängen müssen (BFH-Beschluss vom 22.8.2007 VIII B 220/06, [...]; BFH-Urteile vom 12. Juli 2001 VII R 68/00, BFHE 196, 317, BStBl II 2002, 44; vom 28. Juni 2006 XI R 58/05, BFHE 214, 319, BStBl II 2006, 835; vom 7. Juli 2004 XI R 10/03, BFHE 206, 303, BStBl II 2004, 911 ). Werden Steuererklärungen abgegeben, so muss die Finanzbehörde nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung eventuellen Unklarheiten und Zweifelsfragen nachgehen, die sich aus der Erklärung oder den dazu eingereichten Unterlagen aufdrängen. Grundsätzlich darf sie aber davon ausgehen, dass der steuerliche erhebliche Sachverhalt richtig, vollständig und deutlich angegeben worden ist. Sie muss den Angaben des Steuerpflichtigen nicht mit Misstrauen begegnen (BFH-Urteil in BFHE 197, 526 , BStBl II 2004, 444).

Für das Streitjahr 2003 ist eine Verletzung der Ermittlungspflicht des Beklagten festzustellen. Dabei kann dahinstehen, ob das Fahrtenbuch für 2003 - das die Kläger in Erfüllung ihrer Mitwirkungspflicht, wenn auch bereits vor Abgabe der Einkommensteuererklärung der Kläger für 2003 beim Beklagten eingereicht hatten - dort verlegt war, ob es vorhanden war, geprüft worden ist und nichts beanstandet worden ist , oder ob es vorhanden war und nicht geprüft worden ist. Denn jedenfalls ist seit d er mündlichen Verhandlung unstreitig, dass das Fahrtenbuch bis ins Jahr 2006 im Bereich des Beklagten verbleiben ist. Dann hatte er es auch bei seiner Festsetzung der Einkommensteuer 2003 heranzuziehen. Durch einen Abgleich mit der Vorjahresveranlagung wäre nämlich unschwer aufgefallen, dass das Fahrtenbuch für 2003 im Hause vorlag. Allein schon die Auffälligkeiten im Fahrtenbuch für 2003 - stets fehlende Angaben zu Reisezwecke und Gesprächspartner - hätten bei der Veranlagung zur Einkommensteuer 2003 dazu führen müssen, den Sachverhalt näher aufzuklären. Eine dahingehende sachgerechte weitere Ermittlung hat sich für 2003 im Sinne der o. g. Rechtsprechung aufgedrängt.

2. Anders ist die Rechtslage hinsichtlich der Änderungsbefugnis betreffend die Einkommensteuer 2002, 2004 und 2005.

Der Beklagte war berechtigt, auf Grund der Feststellung der beim Arbeitgeber des Klägers durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung Änderungsbescheide für die genanten Jahre zu erlassen. Durch die Prüfung stellte sich heraus, dass die Fahrtenbücher nicht ordnungsgemäß im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 bzw. § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG waren. Insoweit konnten der Einkommensteuerbescheid 2002 gemäß § 164 Abs. 2 AO und die Einkommensteuerbescheide 2003 bis 2005 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert werden.

a) Der Beklagte war berechtigt, den Einkommensteuerbescheid 2002 gemäß § 164 Abs. 2 AO zu ändern.

Der zunächst erlassene Einkommensteuerbescheid 2002 vom 20.1.2004 stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO und durfte daher gemäß § 164 Abs. 2 AO jederzeit geändert werden. Soweit die Kläger das Fahrtenbuch 2002 vorgelegt haben, beanstandete der Beklagte dieses nach Aktenlage nicht, es hob jedoch auch nicht den Vorbehalt der Nachprüfung im Einkommensteuerbescheid 2002 auf. Der Vorbehalt der Nachprüfung war daher bis zum Erlass des hier angefochtenen Änderungsbescheids vom 21.3.2007 wirksam. Er ist auch nicht gemäß § 164 Abs. 4 Satz 1 AO durch Zeitablauf entfallen, da die vierjährige Festsetzungsfrist für 2002 zum Zeitpunkt des Erlasses des Änderungsbescheides am 21.3.2007 noch nicht abgelaufen war. Denn diese begann infolge der Abgabe der Einkommensteuererklärung 2002 am 5.9.2003 mit Ablauf des 31.12.2003 und endete erst mit dem 31.12.2007, § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO.

b) Der Umstand, dass der Beklagte das vorgelegte Fahrtenbuch 2002 nicht beanstandet hat, begründet keinen Vertrauenstatbestand, der einer Änderung ausnahmsweise entgegenstehen könnte.

Nach ständiger Rechtsprechung wird das gesetzliche Recht nur dann durch den Grundsatz von Treu und Glauben verdrängt, wenn das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung nach allgemeinem Rechtsgefühl in einem so hohen Maß schutzwürdig ist, dass demgegenüber die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurücktreten müssen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 5. September 2000 IX R 33/97, BFHE 192, 559, BStBl II 2000, 676, m.w.N.). Dies kommt nur dann in Betracht, wenn dem Steuerpflichtigen eine bestimmte steuerrechtliche Behandlung zugesagt worden ist oder wenn die Finanzbehörde durch ihr früheres Verhalten außerhalb einer Zusage einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (vgl. BFH-Urteil vom 30. September 1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771). Weder eine Außenprüfung noch eine unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Steuerfestsetzung schaffen insoweit einen Vertrauenstatbestand, da es sich bei diesen Maßnahmen lediglich um vorläufige Beurteilungen der Finanzverwaltung handelt, die einer späteren abweichenden Beurteilung nicht entgegenstehen (vgl. BFH-Urteil vom 29. Januar 1997 XI R 27/95, BFH/NV 1997, 816; BFH-Beschlüsse vom 26. November 2001 V B 88/00, BFH/NV 2002, 551; vom 28. August 2002 V B 71/02, BFH/NV 2003, 4). Hebt das Finanzamt den Vorbehalt der Nachprüfung nach einer weiteren Prüfung nicht auf, ist die mit dieser Nebenbestimmung versehene Steuerfestsetzung bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist selbst dann nach § 164 Abs. 2 AO in vollem Umfang änderbar, wenn das Finanzamt dem Steuerpflichtigen mitgeteilt hat, die Prüfung habe zu keiner Änderung der Besteuerungsgrundlagen geführt (vgl. BFH-Urteile vom 15. Dezember 1994 V R 135/93, BFH/NV 1995, 938; vom 9. November 2006 V R 43/04, BStBl II 2007, 344). Denn durch die Nichtaufhebung des Vorbehaltsvermerks gibt die Finanzbehörde gerade zu erkennen, dass die getroffene Regelung weiterhin vorläufigen Charakter hat und sie sich vorbehält, sowohl den Sachverhalt weiter zu ermitteln als auch gegenteilige rechtliche Würdigungen zu treffen. Insoweit wirkt der Vorbehalt der Nachprüfung gerade dem Entstehen eines Vertrauenstatbestandes entgegen (vgl. BFH-Beschluss vom 28. August 2002 V B 71/02, BFH/NV 2003, 4).

c) Da die Änderung des Einkommensteuerbescheids 2002 nach § 164 Abs. 2 AO ist somit nach den dargestellten Grundsätzen nicht zu beanstanden ist, erübrigte sich eine Prüfung, ob durch die Vorlage des Fahrtenbuchs 2002 dem Beklagten die später durch die Lohnsteuerprüfung festgestellten Mängel hätten auffallen können. Die wirksame Setzung des Vorbehaltsvermerks und die Nichtaufhebung nach Vorlage des Fahrtenbuchs schließen einen Vertrauenstatbestand aus.

d) Dieses Ergebnis ist auch nicht unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten zu korrigieren. Denn jeder Steuerpflichtige - sei er unberaten oder - wie die Kläger - steuerlich bearten - hat nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO jederzeit das Recht, einen Antrag auf Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung zu stellen. Aus welchen Motiven heraus ein solcher Antrag im Einzelfall nicht gestellt wird - im weiten Spektrum von schlichter verfahrensrechtlicher Unkenntnis bis hin zur taktischen Überlegungen, durch Verstreichenlassen der Zeit den Wegfall der Änderungsbefugnis durch das Finanzamt abwarten zu wollen - ist dabei irrelevant. Jedenfalls hat es der Steuerpflichtige mit seinem Antrag in der Hand, die weitgehende Änderungsbefugnis des Finanzamtes bei einem Vorbehalt der Nachprüfung zu begrenzen.

3. Die Änderungsbescheide zur Einkommensteuer 2004 und 2005 hat der Beklagte zu Recht auf die Änderungsbefugnis nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gestützt.

Da sich erst durch die Lohnsteueraußenprüfung herausstellte, dass die Fahrtenbücher erhebliche Mängel aufwiesen und dementsprechend nicht als ordnungsgemäß angesehen werden konnten, lagen insoweit neue Tatsachen vor, die zur Änderung der ursprünglich bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide 2004 bis 2005 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO berechtigte.

Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind Steuerbescheide u.a. dann aufzuheben oder zu ändern, wenn "neue Tatsachen" vorliegen, die zu einer höheren Steuer führen. Eine Tatsache ist in diesem Sinne neu, wenn sie das Finanzamt bei Erlass der ursprünglichen Steuerbescheide noch nicht kannte. Maßgebend dafür, ob Tatsachen im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nachträglich bekannt geworden sind, ist der Kenntnisstand derjenigen Personen, die innerhalb der Finanzbehörde dazu berufen sind, den betreffenden Steuerfall zu bearbeiten. Kenntnisse eines Außenprüfers sind im Rahmen von § 173 AO unbeachtlich (Urteil des BFH vom 9. November 1984 VI R 157/83, BStBl II 1985, 91). Unter Tatsache im Sinne des § 173 Abs. 1 AO ist alles zu verstehen, was Merkmal oder Teilstück eines steuergesetzlichen Tatbestandes sein kann (BFH-Urteil vom 1. Oktober 1993 III R 58/92, BStBl II 1994, 346).

a) Erst in der Lohnsteueraußenprüfung wurden die Mängel festgestellt, die den Schluss rechtfertigen, dass die geführten Fahrtenbücher nicht ordnungsgemäß sind. Die festgestellten Mängel wurden dem Beklagten erst am 26.2.2007 bekannt gegeben und damit nachträglich, d.h. nach Erlass der ursprünglichen Einkommensteuerbescheide.

b) Der Änderung standen auch weder der Grundsatz von Treu und Glauben noch ein schutzwürdiges Vertrauen der Kläger entgegen.

Im vorliegenden Verfahren bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass für 2004 und 2005 dem Beklagten infolge Verletzung der amtlichen Ermittlungspflicht (§ 88 AO) trotz ordnungsgemäßer Mitwirkung des Steuerpflichtigen Tatsachen zunächst unbekannt geblieben sind. Eine solche Verletzung der Ermittlungspflicht liegt nur dann vor, wenn die Finanzbehörde ersichtlichen Unklarheiten oder Zweifelsfragen, sie sich bei der Prüfung einer Steuererklärung sowie der eingereichten Unterlagen ohne weiteres aufdrängen mussten, nicht nachgeht. Ob derartige Zweifel anzunehmen sind, ist jeweils unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles zu entscheiden (Beschluss des BFH vom 26. Februar 2003 IX B 221/02, BFH/NV 2003, 1029).

Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Finanzamt Angaben des Steuerpflichtigen nicht mit Argwohn oder Misstrauen begegnen muss, sondern es kann regelmäßig von der Richtigkeit und Vollständigkeit der Steuererklärung ausgehen.

Im vorliegenden Fall hat der Beklagte bei der ursprünglichen Veranlagung zur Einkommensteuer 2004 und 2005 den Angaben des Klägers vertraut. Es ist davon ausgegangen, dass die Angaben des Arbeitgebers zu der Gesamtjahresfahrleistung, den privaten Fahrten und den Kosten zutreffend ist. Die Fahrtenbücher 2004 und 2005 lagen den Einkommensteuererklärungen 2003 bis 2005 nicht bei. Insoweit konnten sich auch - anders als für 2003, siehe oben - keine Zweifel "aufdrängen", auch nicht hinsichtlich der Arbeitgeberbescheinigungen, die - ausweislich der glaubhaften Aussage des Zeugen K - seitens des Arbeitgebers versehentlich unterbliebenen Ansatzes von Leasingkosten des KFZ. Der Beklagte durfte vielmehr davon ausgehen, dass eine Anstalt des öffentlichen Rechts als Arbeitgeber - dazu noch im Fall des Behördenleiters - zutreffende Auskünfte für steuerliche Zwecke erteilt, zumal diese Auskünfte nicht von den Kläger als Steuerpflichtigen ohne besondere Fachkenntnis beim Beklagten im Wege der Erfüllung steuerlicher Mitwirkungspflichten eingereicht worden sind, sondern über deren fachkundigen Berater. Die Angaben waren auch nicht so außergewöhnlich, dass man an der Richtigkeit der Angaben hätte zweifeln müssen.

c) Der Beklagte war auch nicht verpflichtet, sich bei den Einkommensteuerveranlagungen 2004 und 2005 die Fahrtenbücher vorlegen zu lassen, da er, wie oben dargestellt, von der Richtigkeit der Arbeitgeberbescheinigung ausgehen durfte.

Ein Vertrauenstatbestand lässt sich auch nicht aus der Nichtbeanstandung des im Veranlagungsverfahren vorgelegten Fahrtenbuchs 2002 und 2003 herleiten. Nach den Grundsätzen der Abschnittsbesteuerung führt allein eine bestimmte Beurteilung in einem Veranlagungszeitraum nicht zu einer Bindung des Finanzamts für künftige Steuerabschnitte (BFH-Urteil vom 28.1.1997 IX R 88/94, BFHE 182, 546, BStBl II 1997, 605). Eine als falsch erkannte Rechtsauffassung muss das Finanzamt zum frühest möglichen Zeitpunkt aufgeben; dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Steuerpflichtige auf diese Rechtsauffassung vertraut haben sollte (BFH-Beschluss vom 12. Juli 2006 IV B 9/05, BFH/NV 2006, 2028).

4. Die Änderungsbescheide zur Einkommensteuer 2002, 2004 und 2005 sind - unter Beachtung des o. g. Verböserungsverbots und der verfahrensrechtlichen Unzulässigkeit der Überprüfung der Höhe des Ansatzes für die Fahrergestellung - materiellrechtlich nicht zu beanstanden. Zu Recht hat der Beklagte den mit der privaten Nutzung des dem Kläger zur Verfügung gestellten Dienstfahrzeugs verbundenen geldwerten Vorteil nach der 1%-Regeklung (§ 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG) berechnet und die Einnahmen des Klägers aus Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um die sich daraus ergebenden - rechnerisch unstreitigen - Beträge erhöht.

a) Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG gehört zu den Einnahmen im Rahmen der Überschusseinkunftsarten auch der geldwerte Vorteil, der dem Steuerpflichtigen aufgrund der Überlassung eines betrieblichen Kfz zu privaten Nutzungszwecken entsteht. Dieser geldwerte Vorteil beträgt grundsätzlich 1 v.H. des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer (§ 8 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG). Kann das Kfz - wie im Streitfall - auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt werden, erhöht sich der nach den vorgenannten Grundsätzen ermittelte Wert für jeden Kalendermonat um 0,03 v.H. des Listenpreises i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (§ 8 Abs. 2 Satz 3 EStG). Abweichend hiervon kann der Wert nach § 8 Abs. 2 Satz 2 und 3 EStG mit dem auf die private Nutzung und die Nutzung zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte entfallenden Teil der gesamten Kfz-Aufwendungen in Ansatz gebracht werden, wenn die durch das Kfz insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden (§ 8 Abs. 2 Satz 4 EStG - sog. "Escape-Klausel").

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Beklagte den geldwerten Vorteil, den die Kläger in Gestalt der privaten Nutzung des ihm von seinem Dienstherrn zur Verfügung gestellten Pkw erlangt hat, zu Recht nach der 1 %-Regelung (§ 8 Abs. 2 Satz 2 und 3 EStG) ermittelt.

b) Die private Nutzung des Dienstwagens war dem Kläger ausweislich seiner Dienstverträge ausdrücklich erlaubt. Zu einer steuerlichen privaten Nutzung gehören auch die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte; dies gilt auch dann, wenn der Kläger auf diesen Fahrten aus seiner Sicht Dienstreisen vom Wohnort über seine Dienststelle bzw. abends zum Wohnort zurück durchführte. Denn selbst eine nach Dienstrecht vorliegende Dienstreise entfaltet keine Tatbestandswirkung für die steuerliche Beurteilung dieser Fahrt (vgl. BFH-Beschluss vom 28.6.2007 VI B 112/06, BFH/NV 2007, 1654). Es ist daher steuerrechtlich irrelevant, wenn sich aus den -laut Dienstvertrag des Klägers auf dessen Arbeitsverhältnis anzuwendenden- Regelungen der Kfz-Richtlinien des Landes NRW vom 5.3.1999 - SMBL. NRW 20024 - ergibt, dass das grundsätzliche Verbot der Nutzung des Dienstwagens für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach § 15 Absatz 3 dann nicht gilt, wenn diese "im Zusammenhang mit Dienstreisen durchgeführt werden, die von der Wohnung aus angetreten werden oder dort enden". Umgekehrt ergibt sich aus dieser Bestimmung die in diesen Fällen dienstrechtlich gestattete Nutzung des Wagens auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.

c) Auch dass der Kläger vorträgt, er habe während dieser Fahrten bereits gearbeitet, ändert nichts an der steuerrechtlichen Betrachtungsweise. Entscheidender Veranlassungszusammenhang einer Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ist allein deren Aufsuchen, wenn auch der Arbeitnehmer dabei berufliche Aufgaben erledigt (BFH-Urteil vom 27.9.1996 VI R 84/95, BStBl II 1997,147).

aa) Der Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs ist gesetzlich nicht näher definiert. Aus dem Wortlaut und aus dem Sinn und Zweck der Regelung folgt allerdings, dass die dem Nachweis des zu versteuernden Privatanteils (Privatfahrten einschließlich der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) an der Gesamtfahrleistung dienenden Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein müssen (BFH-Urteil vom 9. November 2005 VI R 27/05, BStBl II 2006, 408). Dazu gehört auch, dass das Fahrtenbuch zeitnah und in geschlossener Form geführt worden ist und dass es die zu erfassenden Fahrten einschließlich des an ihrem Ende erreichten Gesamtkilometerstand vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergibt (BFH-Urteil vom 9. November 2005 a.a.O.). Dabei ist jede einzelne berufliche Verwendung grundsätzlich für sich und mit dem bei Abschluss der Fahrt erreichten Gesamtkilometerstand des Fahrzeugs aufzuzeichnen. Besteht eine einheitliche berufliche Reise aus mehreren Teilabschnitten, so können diese Abschnitte miteinander zu einer zusammenfassenden Eintragung verbunden werden. Es genügt dann die Aufzeichnung des am Ende der gesamten Reise eingereichten Kfz-Gesamtkilometerstandes, wenn zugleich die einzelnen Kunden oder Geschäftspartner im Fahrtenbuch in der zeitlichen Reihenfolge aufgeführt werden, in der sie aufgesucht worden sind (BFH-Beschluss vom 28. November 2006 VI B 32/06, BFH/NV 2007, 439 m.w.N.).

Die Aufzeichnungen im Fahrtenbuch müssen außerdem eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten. Sie müssen mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein. Weisen die Fahrtenbücher inhaltliche Unregelmäßigkeiten auf, kann dies die materielle Richtigkeit der Kilometerangaben in Frage stellen (BFH-Urteil vom 16. März 2006 VI R 87/04, BStBl II 2006, 625).

bb) Im vorliegenden Fall sind bei den Fahrtenbüchern diverse Unregelmäßigkeiten festzustellen.

Die Fahrtenbücher wurden sämtlich nicht laufend, d. h. grundsätzlich zur Vermeidung ansonsten denkbarere nachträglicher Änderungen täglich (vgl. Kfz-Richtlinien des Landes NRW . Urteil des Thüringer FG vom 9.3.2004 942/03, [...]), und fortlaufend geführt. Es sei darauf hingewiesen, dass sich auch dienstrechtlich die Pflicht zur täglichen Führung des Fahrtenbuches durch den jeweiligen (Selbst-)Fahrer und dessen Kontrolle durch Unterschrift des Fahrtteilnehmers den Kläger ergibt, vgl. dazu wörtlich § 25 Abs. 5 Satz 4 bis 6 der o. g. Richtlinien.

Die Aufzeichnungen in der losen Blattsammlung und in den Fahrtenbüchern enthielten weder Angaben zu dem jeweiligen Reisezweck und den aufgesuchten Geschäftspartnern, noch eine genaue Angabe zum Reiseziel bzw. Reiseroute.

Gleiche Fahrtstrecken wurden mit unterschiedlichen km-Angaben aufgezeichnet, ohne dass hierfür eine Erklärung - die in der mündlichen Verhandlung nachgetragen wurde (Stau, Baustellen) auch eingetragen wurde.

Zudem war eine Unterscheidung der Dienstreisen und Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die den Privatfahrten zuzuordnen ist, unstreitig nicht durchgängig erkennbar, da der Kläger nur solche Fahrten, die er an "reinen Büroarbeitstagen" selbst durchführte, als solche Fahrten in die losen Blätter eingetragen hat, nicht jedoch die - aus seiner sich als Dienstreisen anzusehenden Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, bei denen er sich von seinem Fahrer befördern ließ.

Darüber hinaus wurde festgestellt, dass einzelne Fahrten zu den Tankstellen in den Fahrtenbüchern jedenfalls nicht aufgeführt sind. Die Aussage des Zeugen X zu diesem Punkt, er habe - wenn nötig - auf dem Weg zur Autobahn getankt, erscheint recht pauschal und erklärt nicht, weshalb er dann den Tankvorgang als solchen als Reisezweck nicht ebenfalls ins Fahrtenbuch eingetragen hat.

Auch eine Abstimmung der Kilometerangaben anhand von Inspektionsrechnungen - einer wichtigen objektiven Quelle zur Überprüfung der Angaben - und Fahrtenbüchern führte unstreitig nur in ganzen fünf Fällen im Prüfungszeitraum zu einer Übereinstimmung.

5. Zu Recht hat der Beklagte die Fahrergestellung auch lohnerhöhend angesetzt. Denn der Kläger hat die Möglichkeit der Beförderung im Dienstwagen durch einen Fahrer tatsächlich auch genutzt, zum einen bei den -vom Kläger als Dienstreisen angesehenen - Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und zum anderen nach der spontanen und daher besonders glaubhaften - und vom Kläger unwidersprochen gebliebenen - Aussage des Zeugen X auch einmal jährlich, wenn ihn dieser privat zur Augenuntersuchung gefahren hat.

Dabei ergibt sich die generelle Gestattung der Nutzung des Dienstwagens mit Fahrer für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in den Fällen, die der Kläger auch als zutreffend eingeräumt hat, durch die ihm dienstrechtlich erteilte Erlaubnis nach § 15 Abs. 3 der Kfz-Richtlinien in Verbindung mir dem jeweiligen Dienstvertrag..

6. Soweit sich der Kläger dagegen wendet, dass er für die Lohnsteuer auf die private Kfz-Nutzung ermessensfehlerhaft anstelle des Arbeitgebers in Anspruch genommen wird, ist dieser Einwand unerheblich. Denn die Inanspruchnahme des Arbeitnehmers für nicht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer durch Einkommensteueränderungsbescheid ist keine Ermessensentscheidung.

Steuern werden, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, von der Finanzbehörde durch Steuerbescheid festgesetzt (§ 155 Abs. 1 Satz 1 AO). Steuerbescheide sind gemäß § 173 AO aufzuheben oder zu ändern, falls die Voraussetzungen dieser Vorschrift gegeben sind. Hieraus folgt, dass sowohl die erstmalige Einkommensteuerfestsetzung als auch der Erlass eines Einkommensteueränderungsbescheids - auch eines Arbeitnehmers - nicht im Ermessen des Finanzamts stehen (BFH-Urteil vom 17. Mai 1985 VI R 137/82, BFHE 144, 217, BStBl II 1985, 660). Der Beklagte war daher, nachdem er die Voraussetzungen des § 164 Abs. 2 AO bzw. § 173 AO für gegeben erachtete, zum Erlass der Einkommensteueränderungsbescheide nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet.

Dem steht auch nicht § 42d Abs. 3 Satz 4 EStG entgegen, wonach der Arbeitnehmer nur in Anspruch genommen werden kann, wenn der Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig einbehalten hat oder der Arbeitnehmer weiß, dass der Arbeitgeber die einbehaltene Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig angemeldet hat. Durch die Formulierung in § 42 d Abs. 3 Satz 4 EStG wird nicht der Grundsatz eingeschränkt, demzufolge der Arbeitnehmer Schuldner der Steuer ist (BFH-Urteil vom 28 August 1991 I R 3/89, BFHE 165, 404 , BStBl II 1992, 107). Aus § 42d Abs. 3 Satz 4 EStG ergibt sich daher auch nicht, dass das Wohnsitz-Finanzamt im Rahmen des Steuerfestsetzungsverfahren Ermessenserwägungen bezüglich der Inanspruchnahme des Arbeitnehmers anstellen muss (BFH-Urteil vom 17. Mai 1985 a.a.O. ; vgl. BFH-Beschluss vom 8. Juli 2004 VII B 257/03, BFH/NV 2004, 1513).

7. Im vorliegenden Verfahren hat daher auch die Frage, ob der Arbeitgeber dem Kläger möglicherweise schadensersatzpflichtig ist, keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der hier zu prüfenden Einkommensteueränderungsbescheide. Insoweit ändert auch das vorgelegte Gutachten von Herrn Rechtsanwalt P nichts an dem vorliegenden Ergebnis. Soweit dieser zu der Auffassung gelangt, dass der Arbeitgeber hätte in Haftung genommen werden müssen, hat dies keine Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit der hier streitigen Einkommensteueränderungsbescheide. Auch der Umstand, dass der Arbeitgeber ggfls. seine arbeitsvertraglichen Nebenpflichten verletzt hat, hätte lediglich Auswirkungen auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger als Arbeitnehmer und seinem Arbeitgeber, aber nicht auf das Steuerschuldverhältnis zwischen dem Kläger und dem Fiskus. Im übrigen blieb zu bedenken, ob nicht dem Kläger zumindest eine gewisse Kontrollfunktion bei der Ausfüllung der Fahrtenbücher verblieben ist (s. o.) .Ergänzend zur o. g. Fundstelle heißt es in den Kfz-Richtlinien des Landes NRW, Anlage 6 (zu § 25 Abs. 5) unter Punkt 7 der "Anleitung" zur Ausfüllung des Fahrtenbuches :

"Das Fahrtenbuch ist unmittelbar nach jeder Fahrt unaufgefordert einem Fahrtteilnehmer ....zur Unterschrift vorzulegen."

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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