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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 11.12.2007
Aktenzeichen: 15 K 6857/02
Rechtsgebiete: AO


Vorschriften:

AO § 251 Abs. 1
AO § 278 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

15 K 6857/02

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines sog. Ergänzungsbescheides nach § 278 Abs. 2 der Abgabenordnung - AO --.

Der Kläger und seine Ehefrau werden seit 1986 beim Beklagten als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Antragsgemäß erließ der Beklagte am 08. Juni 2001 Aufteilungsbescheide nach §§ 268 ff AO betreffend rückständige Einkommensteuer sowie Nebenabgaben für 1993 bis 1995. Auf die Ehefrau des Klägers entfielen dabei 100% der Rückstände (1993), 93,9% (1994) und 98,21% (1995).

Der Kläger und seine Ehefrau hatten durch notariellen Vertrag vom 29. April 1996 zu einem Kaufpreis von 330.000 DM zu je 1/2 Eigentum an den im Grundbuch von O eingetragenen Grundstücken (insgesamt: Hof- und Gebäudefläche, insgesamt 8 a 7 qm groß; Bl. 23 bis 33 GA) erworben (Grundbuchauszug des Amtsgerichts X vom 2.2.2002, Akte des Beklagten).

Mit notariellem Vertrag vom 19. August 1999 (Bl. 35 bis 39 GA), bezeichnet als "Übertragungsvertrag" veräußerte die Ehefrau des Klägers diesem als Erwerber ihren unabgeteilten 1/2 Miteigentumsanteil am genannten lastenfreien Grundbesitz.

Zu Ziffer 2 des Vertrages ist unter der Überschrift "Gegenleistungen" vereinbart:

"Zwischen der Veräußerin und dem Finanzamt in H läuft ein Verfahren wegen Einkommensteuer für die Jahre 1993 bis 1996. Der Erwerber verpflichtet sich, zur Freistellung der Veräußerin von aus diesem Verfahren zu zahlenden sämtlichen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten, auch Rechtsanwaltskosten und evtl. Steuerberatungskosten, zu zahlen, maximal jedoch bis zu einem Betrag von DM 75.000,--. Die Abwicklung der Zahlung werden die Beteiligten miteinander abstimmen und wird auf Zwangsvollstreckungsunterwerfung des Erwerbers verzichtet.

Weitere Gegenleistungen für diese Übertragung sind nicht zu erbringen.

Es handelt sich insoweit um eine ehebedingte Zuwendung und wollen die Erschienenen über die getroffenen Bestimmungen hinaus keine weiteren Vereinbarungen treffen.

Der Notar hat darüber belehrt, dass dieser Vertrag bereits Vereinbarungen festlegen kann, die für den Fall einer etwaigen Scheidung der Ehe Geltung haben. Die Eheleute verzichten darauf, diesbezügliche Vereinbarungen in dieser Urkunde zu treffen. Der Veräusserer möchte sich auch keine Benutzungs-/Mitbenutzungs- oder Rückforderungsrechte vorbehalten."

Die Auflassung ist am 20. September 1999 im Grundbuch eingetragen worden.

Der Ehefrau des Klägers ist mit Beschluss des FG Köln vom 27.12.2001 15 V 2121/01 Aussetzung der Vollziehung u. a. der Einkommensteuerbescheide 1993 bis 1996 bis zur Entscheidung über die damals noch anhängigen Einsprüche ausdrücklich ohne Sicherheitsleistung gewährt worden, da es der Steuerpflichtigen nach damaliger Aktenlage weder möglich noch zumutbar gewesen sei, eine solche Sicherheitsleistung zu erbringen.

Der Beklagte erließ am 26. März 2002 zunächst einen Anfechtungsbescheid, den er auf § 278 Abs. 2 AO in Verbindung mit § 3 des Anfechtungsgesetzes stützte. Auf Einspruch des Klägers kündigte der Beklagte im Schreiben vom 18.6.2002 an, er werde den angefochtenen Anfechtungsbescheid zur Beseitigung von Formmängeln aufheben und einen Ergänzungsbescheid erlassen. Dabei werde der Wert des gesamten Grundstücks mit 314.728,55 DM und der des übertragenen hälftigen Anteils bei einem vom Kläger vorgetragenen Renovierungsbedarf von 15.271,45 DM und einem ursprünglich gezahlten Kaufpreis von 330.000 DM mit 157.364,27 DM anzusetzen sein. Da die Gegenleistung des Klägers mit höchstens 75.000 DM anzusetzen sei, entspreche diese maximal 47,66 %.

Mit Verfügung vom 12. Juli 2002 hob der Beklagte den Anfechtungsbescheid auf und erließ mit gleicher Post den hier streitigen Ergänzungsbescheid nach § 278 Abs. 2 AO.

Darin führt er im Verfügungssatz aus: Die Ehefrau des Klägers schulde dem Land NRW Abgaben in Höhe von insgesamt 26.929,34 EUR. Wegen dieser Abgaben werde der Kläger aufgrund der unentgeltlichen Grundstücksübertragung der Ehefrau auf ihn als Empfänger der Zuwendung über den Betrag laut Aufteilungsbescheiden hinaus bis zur Höhe des gemeinen Wertes des Grundstücks in Anspruch genommen.

Zur Begründung führt der Beklagte aus, unter unentgeltliche Zuwendungen im Sinne des § 278 Abs. 2 AO fielen auch sog. gemischte Schenkungen, bei denen die Gegenleistung weit unter dem gemeinen Wert des übertragenen Gegenstandes lägen. Da die übertragene Grundstückhälfte einen gemeinen Wert von 157,364,27 (irrtümlich :) EUR habe und laut Vertrag vom Kläger eine Gegenleistung von höchstens 75.000 (irrtümlich: ) EUR zu erbringen sei, liege eine insoweit unentgeltliche Übertragung vor.

Den dagegen eingelegten Einspruch begründete der Kläger im wesentlichen wie folgt: Es handle sich nicht um eine unentgeltliche Zuwendung. Abzüglich eines Betrages an notwendigen Erhaltungsmaßnahmen betrage der Wert des hälftigen Grundstücksteils 157.364,27 DM. Dieser Wert resultiere aus dem ursprünglichen Kaufpreis von 330.000 DM abzüglich erforderlicher Renovierungskosten von mindestens 15.271,45 DM (laut Kostenvoranschlag der Fa. C vom 22.1.2002).

Die Ehefrau des Klägers sei bereits 1999 in einer finanziell sehr schlechten Lage gewesen. Sie sei nicht mehr in der Lage gewesen, Kosten für laufende "Rechts- und Finanzverfahren" zu begleichen. Bis auf den Miteigentumsanteil habe sie keine Vermögenswerte besessen. Ein Verkauf an fremde Dritte sei wegen der Eigennutzung nicht in Betracht gekommen.

Als Gegenleistung habe sich der Kläger neben der Kostenübernahme bis zu 75.000 DM in direktem Zusammenhang mit dem Notarvertrag Anfang August 1999 mündlich verpflichtet, für seine Ehefrau auch die Beiträge einer Rentenversicherung für die nächsten 30 Jahre zu übernehmen. Seit Abschluss der Rentenversicherung am 5.11.1999 (Versicherungsschein-Nr. 3.217.340.046/L23/0) begleiche der Kläger - beginnend ab 15.11.1999 - diese Jahresbeiträge von 1.668 DM; es fielen daher innerhalb der 30 Jahre Beiträge von insgesamt 50.040 DM an. Die Eheleute hätten diese Gegenleistung nicht in den Notarvertrag mit aufgenommen, weil sie sich zu jenem Zeitpunkt nicht sicher gewesen seien, ob die Altersvorsorge der Ehefrau im Wege einer Lebens- oder Rentenversicherung erfolgen sollte. Es habe auch noch nicht festgestanden, bei welchem Versicherer zu welche Konditionen eine Versicherung abgeschlossen werden würde. Die einzelnen Bedingungen hätten die Eheleute außerhalb des Notarvertrags untereinander regeln wollen.

Als weitere Gegenleistung hätten der Kläger und seine Ehefrau vereinbart, dass diese für die nächsten zehn Jahre kostenlos in seinem Haus ihren Großhandel betreiben dürfe. Dafür nehme die Ehefrau 16m² an Büroraum und ca. 35 qm als Lagerraum in Anspruch. Der qm-Preis für das Büro betrage in dieser Lage 10 EUR kalt, für den Keller 4,50 EUR kalt. Daraus ergebe sich eine monatliche Miete von 157,50 EUR für den Lagerraum sowie von 160 EUR für den Büroraum. Bei einem Gesamtmietpreis von 317,50 EUR pro Monat ergebe sich für die vereinbarten zehn Jahre insgesamt ein Betrag von 74.517,2 DM kalt, also von 38.100 EUR.

Die Gesamtsumme der Gegenleistungen betrage daher 199.557,12 DM und decke den Wert des Miteigentumsanteils von 157.364,27 DM vollständig ab. Es liege ein vollentgeltliches Geschäft vor, zumal die Vertragspartner nicht von einem objektiven Missverhältnis der Leistung zur Gegenleistung ausgegangen seien.

Zudem werde darauf hingewiesen, dass es sich um einen krisenbedingten, für den Erwerber günstigen Verkauf gehandelt habe. Solche Notverkäufe seien keine unentgeltlichen Leistungen.

Der Beklagte wies den Einspruch des Klägers mit Einspruchsentscheidung vom 10.12.2002 als unbegründet zurück.

Zur Begründung führte er aus: Die Ehefrau des Klägers schulde zum Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung 27.988, 34 EUR an Abgaben, für die Aufteilungsbescheide vorlägen. Die Abgabenrückstände seien vollstreckbar. Es bestehe ein objektives Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, da als Gegenleistung ausschließlich eine Kostenübernahme von 75.000 DM vereinbart worden sei. Es könne dahin stehen, aufgrund welcher Verpflichtung der Kläger weitere Zuwendungen an seine Ehefrau erbracht habe, da sich der Formzwang des § 313 BGB auch auf die genaue Bezeichnung der Gegenleistung erstrecke. Somit ergebe sich eine Quote der Entgeltlichkeit von 157.364,27 DM zu 75.000 DM = 47,66% und mithin ein teilentgeltliches Geschäft. Bis zur Höhe dieser Quote sei die Inanspruchnahme des Klägers rechtmäßig. Die Ausführungen zu Notverkäufen des Klägers bezögen sich speziell auf das Recht der Insolvenzordnung und seien hier nicht einschlägig. Der Beklagte habe auch ermessensgerecht gehandelt, und auch deshalb, weil eine Übernahme der Steuerschulden durch den Kläger nicht vereinbart worden sei.

Daraufhin hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt, den Ergänzungsbescheid aufzuheben.

Er wiederholt zur Begründung der Klage seinen Vortrag aus dem Einspruchsverfahren und ergänzt ihn im Wesentlichen wie folgt : Seit der Erstellung des Kostenvoranschlags für die Verputzung der Westseite und wegen der Feuchtigkeit im Keller seien mindestens vier weitere Meter des Hauses von der Feuchtigkeit befallen. Es sei davon auszugehen, dass sich die Feuchtigkeit innerhalb kürzester Zeit über die gesamte Länge des Hauses hinziehen werde, so dass für einen Verkauf des Hauses auch die gesamte Länge (13,74 m) trockengelegt werden müsse. Bei einem Preis von 991 EUR pro Meter laut Kostenvorschlag vom 22.1.2002 müsse von Renovierungskosten von nunmehr 6.808,17 EUR ausgegangen werden. Die Verputzung des Westseite sei mit 1.000 EUR anzusetzen. Die Summe der notwendigen Reparaturen belaufe sich daher auf 7.808.17 EUR. Der Wert des Miteigentumsanteils betrage bei einem damaligen Kaufpreis von 168.726,32 EUR somit 80.459 EUR.

Die Gegenleistungen des Klägers summierten sich auf

 übernommene Kosten38.346,89 EUR
Mietfreiheit38.100,00 EUR
Rentenversicherung25.585,05 EUR
Gesamtbetrag102.031,94 EUR.

Damit sei der Wert des Anteils von 80.459,07 EUR voll abgedeckt.

Dass die weiteren Gegenleistungen nicht notariell beurkundet worden seien, sei unbeachtlich, da gemäß § 313 Satz 2 BGB a.F. durch Auflassung und Grundbucheintragung Heilung des gesamten Inhalts des Vertrages einschließlich aller mündlichen und schriftlichen Nebenabreden erfolge. Daher seien auch die weiteren Gegenleistungen wirksam vereinbart worden. Aus dem Vertrag folge auch nicht, dass außer der Kostenübernahme keine weitere Gegenleistung gewollt gewesen sei. Denn dem Vertragspassus sei lediglich zu entnehmen, dass die Parteien hinsichtlich der Übertragung des Grundstücks - nicht hinsichtlich der Vereinbarung weiterer Gegenleistungen - keine weiteren Absprachen hätten treffen wollen. Diese Auslegung ergebe sich eindeutig aus dem im Text nachfolgenden weiteren Absatz des Vertrages.

Selbst wenn nur ein teilentgeltliches Geschäft vorläge, liege ein krisenbedingter Notverkauf vor und daher kein unentgeltliches Geschäft. Zwar scheide nach Ansicht des Beklagten auch eine analoge Anwendung der InsO hier aus, doch sei zu beachten, dass sowohl § 134 InsO als auch § 278 Abs. 2 AO zum Ausdruck brächten, dass die Bestandskraft unentgeltlichen Erwerbs schwächer sei als die des entgeltlichen.

Der Kläger beantragt,

den Ergänzungsbescheid vom 12.7.2002 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 10.12.2002 aufzuheben,

hilfsweise

die Revision zuzulassen,

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er begründet dies unter Hinweis auf seine Einspruchsentscheidung damit, dass auch Übertragungen weit unter dem gemeinen Wert unentgeltlich im Sinne des § 278 Abs. 2 AO seien. Dabei könne offen bleiben, ob der gemeine Wert nun mit der Hälfte von 168.726,32 EUR (330.000 DM) = 84.363,16 EUR anzusetzen sei oder wegen notwendiger Reparaturen, bei denen unklar sei, ob sie zum Zeitpunkt der Übertragung schon angestanden hätten, mit nur 80.459,07 EUR. Die einzige Gegenleistung des Klägers habe nämlich in der Kostenübernahme bis maximal 38.346,89 EUR bestanden. Denn im Vertrag sei geregelt, dass keine weiteren Gegenleistungen vereinbart seien. Dies sei der ausdrückliche Wille der Vertragsparteien. Daher sei bei den weiteren Aufwendungen des Klägers von ehebedingten Zuwendungen anzugehen, die sich nicht aus dem Notarvertrag ergäben. Eine vergleichbare Zielrichtung mit Normen der InsO sei § 278 Abs. 2 AO nicht zu entnehmen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die beigezogene Akte des Beklagten sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2007 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 12. Juli 2002 und die Einspruchsentscheidung vom 10. Dezember 2002 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Der Beklagte hat die sich aus den Aufteilungsbescheiden gegenüber dem Kläger ergebende Vollstreckungsbeschränkung zu Recht um den der Höhe nach unstreitigen Betrag von 26.929,34 EUR gemindert.

I.

Gemäß § 278 Abs. 1 AO darf die Vollstreckung nach der Aufteilung einer Gesamtschuld nur nach Maßgabe der auf die einzelnen Schuldner entfallenden Beträge durchgeführt werden. Werden jedoch einem Steuerschuldner von einer mit ihm zusammenveranlagten Person in oder nach dem Veranlagungszeitraum, für den noch Steuerrückstände bestehen, unentgeltlich Vermögensgegenstände zugewendet, so kann der Empfänger über den sich nach Abs. 1 ergebenden Betrag hinaus bis zu Höhe des gemeinen Werts dieser Zuwendung für die Steuer in Anspruch genommen werden, § 278 Abs. 2 Satz 1 AO.

Nach dieser Norm kann im Falle der Aufteilung der Gesamtschuld derjenige, dem von einer mit ihm zusammenveranlagten Person unentgeltlich Vermögensgegenstände zugewendet worden sind, bis zur Höhe des gemeinen Wertes dieser Zuwendungen für den auf den anderen Gesamtschuldner entfallenden Steuerbetrag in Anspruch genommen werden, wenn die Vermögensgegenstände in oder nach dem Veranlagungszeitraum, für den die Steuerrückstände bestehen, übertragen worden sind.

Mit dieser Regelung erfährt die Vollstreckungsbeschränkung in § 278 Abs. 1 AO, durch die eine Aufteilung der Gesamtschuld zusammenveranlagter Eheleute in der Weise vorgenommen wird, dass jeder Aufteilungsbeteiligte nur mehr den auf ihn entfallenden anteiligen Betrag an Einkommensteuer aus der Zusammenveranlagung schuldet und nur in Höhe dieser anteiligen Schuld gegen ihn vollstreckt werden darf, eine Durchbrechung. Auch wenn für die Inanspruchnahme des Zuwendungsempfängers ein besonderer Bescheid grundsätzlich nicht erforderlich ist, so ist ein auf § 278 Abs. 2 AO gestützter Bescheid, der Art und Umfang der Inanspruchnahme festlegt, zulässig.

Die Regelung dieses Bescheides liegt darin, dass der Betrag bestimmt wird, bis zu dessen Höhe der Zuwendungsempfänger wegen des auf den Übergeber entfallenden Steueranspruchs die Vollstreckung zu dulden hat, und zugleich darin, dass die Behörde mit dem Bescheid zu erkennen gibt, dass sie die betreffenden Vermögensübertragungen nicht gelten lassen, das heißt für Zwecke der Vollstreckung "anfechten" will (BFH-Urteil vom 18. Dezember 2001, VIII R 56/99, BStBl II 2002, 214; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. April 2005, 6 K 1174/02, EFG 2005, 1511).

Dabei ist zu beachten, dass eine Inanspruchnahme nach § 278 Abs. 2 AO eine Ermessensentscheidung des Beklagten darstellt, deren tatsächliche Voraussetzungen der volle Überprüfung durch das FG unterliegen.

II.

Nach diesen zutreffenden Grundsätzen liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme des Kläger vor.

1. Denn zeitlich nach erfolgter Aufteilung laut Aufteilungsbescheiden zur Einkommensteuer nebst Nebenabgaben für 1993 bis 1995 vom 8. Juni 2001, die kraft Gesetzes zur Beschränkung der Vollstreckung gemäß § 278 Abs. 1 AO geführt haben, und ebenfalls zeitlich nach den genannten Veranlagungszeiträumen, für die noch Steuerrückstände bestehen hat der Beklagte den hier angefochtenen Bescheid vom 12. Juli 2002 erlassen.

2. Der Beklagte war auch nicht durch Verjährung am Erlass dieses Bescheids gehindert. Denn die vom BFH zutreffend für analog anwendbar angesehen Verjährungsfrist von zehn Jahren nach Übertragung des Vermögensgegenstandes(Urteil vom 9. Mai 2006 VII R 15/05, BFHE 212, 428, BStBl II 2006, 738) - hier des Miteigentumsanteils in 1999 - war 2002 noch nicht verstrichen.

3. Des weiteren sind der Kläger als Zuwendungsempfänger und seine Ehefrau als Zuwendende auch zur Einkommensteuer zusammenveranlagt worden.

4. Es bestanden auch zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung des Beklagten, dem Tag des Erlasses der Einspruchsentscheidung am 10.12.2002, Steuerrückstände der Ehefrau des Klägers.

Durch den Beschluss des Senates vom 27.12.2002 15 V 2121/01 betreffend u. a. die Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuer 1993 bis 1995 ist diese ausdrücklich ohne Sicherheitsleistung bis zur Entscheidung über die damals anhängigen Einsprüche gewährt worden. Die Einspruchsentscheidung betreffend Einkommensteuer der Ehefrau des Klägers für 1993 bis 1995 datieren vom 28.11.2002. Ausweislich eines Kontoauszuges des Beklagten aus 2007 sind die entsprechenden Beträge offenbar ununterbrochen weiter von der Vollziehung ausgesetzt worden.

Dennoch liegen insoweit Steuerrückstände im Sinne des § 278 Abs. 2 Satz 1 AO hier vor. Denn abzustellen ist dafür nach Ansicht des erkennenden Senats nicht auf die Vollstreckbarkeit der Rückstände im Sinne des § 251 Abs. 1 AO. Nach dieser Norm können Verwaltungsakte u .a dann nicht vollstreckt werden, soweit ihre Vollziehung ausgesetzt ist. Andererseits ist der Begriff der Steuerrückstände in der AO nicht legaldefiniert. Nach allgemeinem Sprachverständnis handelt es dabei um Abgaben, die aufgrund eines Leistungsgebotes vom Steuerpflichtigen geschuldet werden, jedoch zum Fälligkeitszeitpunkt nicht gezahlt worden sind und der Steuerpflichtige daher mit seinen Zahlungen auf die Abgabeschuld im Rückstand ist.

Derartige Rückstände sind auch solche Abgabenforderungen, die von der Vollziehung ausgesetzt und daher zeitweise nicht zwangsweise beigetrieben werden können.

Würde man Steuern, für die eine Aussetzung der Vollziehung gewährt ist, aus dem Begriff der Steuerrückstände im Sinne des § 278 Abs. 2 Satz 1 AO ausnehmen, wäre der Sinn und Zweck der Norm nicht zu erreichen. Die Inanspruchnahme nach § 278 Abs. 2 AO soll nämlich dazu dienen, die Beeinträchtigung des Vollstreckungsgläubigers auszugleichen, die dadurch eingetreten ist, dass das Vermögen der mit dem Steuerschuldner i. S. des § 278 Abs. 2 AO zusammenveranlagten Person durch die unentgeltliche Zuwendung von Vermögensgegenständen gemindert worden ist.

Würde man Abgaben, für die eine Aussetzung der Vollziehung gewährt ist, nicht als Steuerrückstände betrachten, liefe § 278 Abs. 2 Satz 1 AO jedenfalls in allen Fällen leer, in denen die Aussetzung der Vollziehung - womöglich nach langwierigem Rechtsbehelfs, anschließendem Klage- und Revisionsverfahren oder gar mit zweitem Rechtsgang - erst beendet würde, wenn die zehnjährige Verjährungsfrist abgelaufen wäre.

Zudem wäre der Anwendung der Norm stets dann der Boden entzogen, wenn eine unentgeltliche Vermögensübertragung rein zeitlich während einer - wenn auch noch so kurz bemessenen - Zeitspanne einer gewährten Aussetzung der Vollziehung vollzogen würde.

5. Schließlich liegt in der Übertragung des Miteigentumsanteils durch die Ehefrau des Klägers an diesen auch eine unentgeltliche Vermögensübertragung.

a) Denn der Beklagte hat zu Recht eine objektiv (BFH-Urteil vom 20.9.1994 VII R 40/93, BFH/NV 1995,485; BFH-Beschluss vom 28.3.2003 VII B 231/02, BFH/NV 2003,1003 m. w. Nachw.) unentgeltliche Zuwendung an den Kläger angenommen. Diese liegt nicht nur bei einer völlig unentgeltlichen Zuwendung, also reiner zivilrechtlicher Schenkung vor, sondern auch dann, wenn eine Zuwendung ohne marktübliche Gegenleistung (Müller-Eiselt in : Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 278 AO, Rz.10) erfolgt. Daher fallen auch gemischte Schenkungen mit ihrem Schenkungsanteil (der deutlichen Differenz der erhaltenen Gegenleistung zum gemeinen Wert des übertragenen Vermögensgegenstandes) unter die Vorschrift (Müller-Eiselt, a.a.O.: m. w. Nachw.; Kruse in: Tipke/Kruse, AO und FGO, § 278 AO, Rz.5).

Als Gegenleistung für die sachenrechtliche Veräußerung des Miteigentumsrechts hat sich der Kläger ausweislich Ziffer 2 des notariellen Vertrages vom 19. August 1999 ausschließlich zur Freistellung seiner Ehefrau von den im Vertrag näher bezeichneten gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten betreffend deren Einkommensteuer 1993 bis 1996 verpflichtet. "Weitere Gegenleistungen für diese Übertragung sind nicht zu erbringen", lautet der Wortlaut dieses Textes des Vertrages.

Anders als der Kläger dies meint, ist diese Wortwahl für sich genommen schon derart eindeutig, dass diese Vertragsbedingung keiner Auslegung mehr zugänglich ist.

Daran ändert sich auch nichts, wenn man den sofort im nächsten Absatz anschließenden Satz "Es handelt sich insoweit um eine ehebedingte Zuwendung und wollen die Erschienenen über die getroffenen Bestimmungen hinaus keine weiteren Vereinbarungen treffen" mit hinzunimmt.

b) Dafür, wie der Kläger meint, dass sich aus der Gesamtschau ergebe, dass die Eheleute lediglich hinsichtlich der Übertragung des Miteigentums, nicht aber hinsichtlich der Gegenleistung dafür keine weiteren Absprachen hätten treffen wollen, gibt der von der - nach gesetzlich vorgeschriebener notarieller Belehrung und von diesem vor Unterzeichnung verlesene - Text des Vertrages nichts her.

Zudem scheidet auch eine ergänzende Vertragsauslegung nach den dazu von den Zivilgerichten entwickelten Grundsätzen hier aus. Denn wenn zwischen Vertragsparteien Streit über den Inhalt eines beurkundeten Vertrages entsteht, so kann dieser - da auch ausdrückliche Formulierungen unklar, missverständlich und mehrdeutig sein können - nicht aus der Urkunde allein entschieden werden. Es müssen vielmehr auch außerhalb der Urkunde liegende, zur Erforschung des Vertragsinhalts geeignete Umstände herangezogen werden. Nach der dazu anzuwendenden sogenannten Andeutungsformel sind auch Urkunden über formbedürftige Rechtsgeschäfte nach allgemeinen Grundsätzen auszulegen; dabei sind außerhalb der Urkunde liegende Umstände jedoch nur zu berücksichtigen, wenn der einschlägige rechtsgeschäftliche Wille der Parteien in der formgerechten Urkunde irgendeinen, wenn auch noch so unvollkommenen oder andeutungsweisen Ausdruck gefunden haben (st. Rspr. des Bundesgerichtshofes - BGH -- ; vgl. nur Urteil vom 25.3.1983 V ZR 268/81, BGHZ 87, 150 = NJW 1983, 1610 m. w. Nachw.; kritisch Mayer-Maly/Busche in: Münchner Kommentar zum BGB, Band 1, 4. Auflage 2001, § 157, Rz. 53).

Ein derartiger Ausdruck findet sich im gesamten Vertrag nicht. Dies ist um so unverständlicher, als der Kläger vorträgt, er habe sich bereits Anfang August 1999, also vor Abschluss des Notarvertrages am 19. August 1999, seiner Ehefrau gegenüber als weitere Gegenleistung für die Eigentumsübertragung verpflichtet, eine Rentenversicherung zu übernehmen. Denn nach dem weiteren Vorbringen des Klägers selbst war zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht sicher, ob die Altersvorsorge der Ehefrau im Wege einer Lebens- oder Rentenversicherung erfolgen sollte. Es stand auch noch nicht fest, bei welchem Versicherer zu welchen Konditionen eine Versicherung abgeschlossen werden würde. Dennoch wäre es unproblematisch möglich gewesen, die Verpflichtung zur Freistellung aus einem auf die Ehefrau als Versicherungsnehmer noch abzuschließenden Vertrag in den Notarvertrag aufzunehmen. Dabei eine konkrete Versicherungssumme zu nennen, erscheint dem Senat ebenso unproblematisch.

c) Insoweit fehlt es - unterstellt, die Rentenversicherung sei tatsächlich im oben beschriebenen ungenauen Rahmen vereinbart worden --, zudem an einer hinreichend konkret vereinbarten Gegenleistung für die Übertragung des Miteigentumsanteils. Denn nur, wenn eine solche konkrete Gegenleistung für die Zuwendung erbracht worden ist und dabei keine gemischte Schenkung vorliegt, kann § 278 Abs. 2 AO unanwendbar sein (vgl. Geist in: Beermann/Gosch, § 278, Rz. 7 am Ende). Die hier nach Abschluss des Notarvertrages und Grundbucheintragung (September 1999) tatsächlich von der Ehefrau als Versicherungsnehmerin abgeschlossenen und vom Kläger bediente Rentenversicherung mag zwar zur Absicherung der Ehefrau abgeschlossen worden sein, erfüllt diesen Zweck jedoch auch ohne zugleich konkrete Gegenleistung für die separat vorab vereinbarte Vermögenszuwendung zu sein.

d) Gleiches gilt auch für den - frühestens ab Eigentumsübergang Ende September 1999 sinnvoll erscheinenden - Mietverzicht. Zum einen ist anzumerken, dass der Kläger selbst den Zeitpunkt der mündlichen Vereinbarung darüber nicht substantiiert vorgetragen hat. Zum anderen ist auch insoweit nicht nachzuvollziehen, weshalb dieser Mietverzicht nicht in den Notarvertrag hätte aufgenommen werden können. Auch für diesen Mietverzicht ergibt sich keinerlei Anhaltspunkt im Vertragstext.

e) Schließlich hätte - unterstellt, neben der Freistellungsverpflichtung laut Vertrag wäre auch eine weitere solche betreffend die Rentenversicherungsprämien für 30 Jahre sowie der Mietverzicht für 10 Jahre als konkrete Gegenleistungen anzusetzen - der Kläger nach eigenem Vortrag insgesamt 102.031,94 EUR als Gegenleistung zu erbringen bei einem von ihm selbst vorgetragenen gemeinen Wert von 80.459,07 EUR.

Angesichts dieses Missverhältnisses zwischen Wert und Gegenleistung wäre zu prüfen, ob dieser Vertrag steuerlich anerkannt werden könnte. Verträge unter nahen Angehörigen sind steuerlich u. a. stets daraufhin zu überprüfen, ob sie wie unter fremden Dritten abgeschlossen und durchgeführt worden sind. Kein fremder Dritter würde jedoch für einen halben Miteigentumsanteil an einem offenbar renovierungsbedürftigen Hausgrundstück mit einer zehnjährigen Vermietungsbindung an Teilen des Gebäudes insgesamt mehr als 25% über dessen gemeinem Wert zahlen.

f) Allgemein ist zudem festzustellen, dass ein fremder Dritter regelmäßig nicht bereit wäre, über eine notarielle genau festgelegte Gegenleistung hinaus freiwillig noch weitere Gegenleistungen an den Vertragspartner zu erbringen. Denkbare Ausnahmen, wie drohende Anfechtung, Rechtsstreit, Gewährleistungsansprüche etc., sind im Streitfall nicht gegeben. Eine Entgeltlichkeit wäre deshalb aufgrund des anzustellenden Drittvergleichs zu verneinen.

g) Dies wäre womöglich anders zu werten, wenn der Kläger mit seiner Ehefrau in einer weiteren ergänzenden notariellen Urkunde die gegenseitigen Ansprüche zum Schutz der Ehefrau aufgenommen bzw. aus Sicht des Klägers "klargestellt" hätte. Dies ist jedoch nicht erfolgt.

h) Vielmehr erklärt sich der Unterschied zwischen der vom Kläger zu leistenden Freistellung bis zu 75.000 DM und dem gemeinen Wert des Miteigentumsanteils unschwer dadurch, dass - so der Notarvertragstext - es "sich insoweit um eine ehebedingte Zuwendung" handeln sollte - also womöglich subjektiv aus Sicht der Eheleute daraus zusammen mit der Freistellungsverpflichtung des Klägers eine vollständig entgeltliche Übertragung vorliegen sollte. § 278 Abs. 2 AO verlangt jedoch ein rein objektive Betrachtungsweise (siehe oben unter 5 a).

Denn bei Zuwendungen unter Ehegatten, denen keine unmittelbare Gegenleistung gegenübersteht, kann es sich rechtlich um eine Schenkung oder eben um eine sog. "unbenannte (ehebedingte) Zuwendung" handeln. Die Rechtsfigur der "unbenannten Zuwendung" unter Eheleuten ist in der zivilrechtlichen Literatur und Rechtsprechung entwickelt worden (Nachweise in Urteil des BGH vom 27. November 1991 IV ZR 164/90, NJW 1992, 564). Der BGH hat klargestellt (a.a.O.), dass auch die "unbenannte Zuwendung" unter Ehegatten in der Regel objektiv unentgeltlich stattfindet und im Erbrecht wie eine Schenkung zu behandeln ist. Auch der BFH hat ausgeführt, dass bei einer "unbenannten Zuwendung" unter Ehegatten die objektive Unentgeltlichkeit der Leistung nicht allein deswegen verneint werden könne, weil der "unbenannten Zuwendung" besondere ehebezogene Motive (Ausgleich für geleistete Mitarbeit, angemessene Beteiligung an den Früchten des ehelichen Zusammenwirkens) zugrunde lägen (BFH-Urteil vom 2. März 1994 II R 59/92, BFHE 173, 432, BStBl II 1994, 366).

6. Daher hat der Beklagte zu Recht eine unentgeltliche Zuwendung angenommen, indem er - wie auch vom Kläger vorgetragen - den gemeinen Wert der Grundstücke ausgehend vom Kaufpreis aus dem Jahre 1996 berechnet hat.

a) Dabei hat er ebenfalls zu Recht den bereits zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung an Reparaturen zu veranschlagenden Betrag laut -- damals zeitnahem -- Kostenvoranschlag in Abzug gebracht.

Denn der Zuwendungsempfänger soll nur insoweit einer wieder nach der Aufteilung der Steuerschuld erweiterten Vollstreckungsmöglichkeit durch den Beklagten unterliegen, als er tatsächlich einen Vermögensvorteil erhalten hat. So wie bei einem Grundstück die dinglichen Belastungen zu berücksichtigen sind (BFH-Urteil vom 29.11.1983 VII R 22/83, BStBl II 1984,287), so sind auch sonstige Wertminderungen zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Zuwendungsempfängers zu berücksichtigen. Der Durchgriff auf dem Empfänger ist nämlich nicht gegenständlich, sondern wertmäßig beschränkt (Schwarz, a.a.O., § 278, Rz.6; Zöllner in: Pahlke/König, AO, 1. Auflage 2004, § 278, Rz. 9)

b) Daraus folgt jedoch im Umkehrschluss, dass spätere Wertminderungen, die also nach dem Zeitpunkt dieser Inanspruchnahme eintreten, die Höhe der erweiterten Zugriffsmöglichkeiten des Finanzamts nicht mehr beeinflussen (Zöllner a.a.O.). Insoweit hat der Beklagte zu Gunsten des Klägers irrigerweise die nach dem Stichtag weiter angefallenen Reparaturen insgesamt mit 7.808.17 EUR angesetzt und damit den gemeinen Wert der Zuwendung noch zu gering angesetzt.

c) Dies hat jedoch im vorliegenden Verfahren keine Auswirkung, da sowohl mit der Berechnung des Beklagten als auch derjenigen des Senats eine unentgeltliche Zuwendung im Sinne einer gemischten Schenkung vorliegt und bei beiden Berechnungen die von der Ehefrau des Klägers geschuldete Summe an rückständigen Abgaben laut Aufteilungsbescheiden mit 27.988.34 EUR in beiden Fällen weit unter dem gemeinen Wert der Zuwendung liegt.

7. Ob sich aus den Vorschriften der Insolvenzordnung bei dem vom Kläger behaupteten Notverkauf der Ehefrau des Klägers für diesen Rechtsbereich etwas anderes ergibt, kann hier dahin stehen. § 278 Abs. 2 AO regelt den Sonderfall einer Anfechtung einer Vermögensverschiebung zwischen (zusammen veranlagten Personen, hier ) Ehegatten (BFH-Urteil in BFHE 212, 428), wenngleich auch das Anfechtungsgesetz sowie die §§ 133, 134 InsO ebenfalls dem Anliegen des Gesetzgebers entsprechen, missbräuchlichen Vermögensverschiebungen des Schuldners entgegenzuwirken (BFH a.a.O.). Dies bedeutet jedoch - anders als der Kläger dies anhand der InsO meint - nicht, dass eine unentgeltlichen Zuwendung bei Notverkäufen ausscheidet. Denn gerade weil § 278 Abs. 2 AO eine Sonderregelung darstellt, können andersartige Regelungen in der InsO nicht ins Abgabenrecht übertragen werden.

Dem Kläger ist zuzugeben, dass der Gesetzgeber hinsichtlich der Verjährungsfrist zum Erlass eines Ergänzungsbescheides beim Erlass der InsO die AO nicht an die dort und dem folgend im AnfG geregelten verkürzten Anfechtungsfristen angepasst hat, was den BFH zur Annahme einer Regelungslücke veranlasst hat (BFH, a.a.O.); andererseits kann jedoch daraus nicht geschlossen werden, dass auch hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Vollstreckungserweiterung nach § 278 Abs. 2 AO eine Regelungslücke vorliegt, da die materiellen Anfechtungsvoraussetzungen - anders als die Fristen der Anfechtung - auch im AnfG nicht geändert worden sind.

8. Nach den hier anzuwendenden oben dargelegten Grundsätzen liegt im zu entscheidenden Fall ein derartiges deutliches Missverhältnis bei einer Gegenleistung von unter 50% des gemeinen Wertes der Zuwendung vor:

Gemeiner Wert des Grundstücks:

in DM entspricht:

 Kaufpreis330.000 DM168.725,70 EUR
abzüglich Reparaturaufwand 1.149,56 EUR
  167.575,44 EUR
davon die Hälfte 83.787,72 EUR
Gegenleistung :75.000 DM38.346,75 EUR
  Differenz 45.440,97 EUR

Die Gegenleistung entspricht rund 46 % des gemeinen Wertes der Zuwendung. In Höhe der o .g. Differenz zum gemeinen Wert, allerdings wertmäßig wiederum begrenzt auf die vom Beklagten im Bescheid und der Einspruchsentscheidung genannten tatsächlichen Rückstände der zuwendenden Ehefrau, die unter diesem Differenzbetrag liegen. Mithin hat der Beklagte zu Recht die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vollstreckungserweiterung nach § 278 Abs. 2 AO bejaht.

9. Auch die tatsächliche Inanspruchnahme des Klägers als Zuwendungsempfänger in Höhe der Rückstände der Ehefrau, die eine Ermessenentscheidung des Beklagten darstellt, ist nicht zu beanstanden. Ermessenfehler sind weder vom Kläger behauptet noch sonst ersichtlich. Die Inanspruchnahme des Klägers liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Beklagten. Die Finanzbehörden haben die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben § 85 Satz 1 AO. Es kann dahinstehen, ob es angesichts dessen überhaupt ein Entschließungsermessen des FA gibt, das diesem die Befugnis einräumt, auf die Inanspruchnahme eines Zuwendungsempfängers bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen zu verzichten, obwohl der Steueranspruch beim Steuerschuldner nicht zu realisieren ist (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 29.9.1987 VII R 54/84, BStBl II 1984, 176 zu Haftungsbescheiden; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.4.2005 6 K 1174/02, EFG 2005,1511 zu einem Ergänzungsbescheid). Im Hinblick auf die dem Steuergläubiger im öffentlichen Interesse obliegende Aufgabe, die geschuldeten Abgaben nach Möglichkeit zu erheben, kann der Erlass eines Ergänzungsbescheides nach § 278 Abs. 2 Satz 1 AO bei Uneinbringlichkeit der Erstschuld nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen ermessensfehlerhaft sein (vgl. BFH, a.a.O.; FG Rheinland-Pfalz, a.a.O.). Dies wäre allenfalls dann anzunehmen, wenn der Beklagte die Steuer mit gleicher Sicherheit, gleichem Aufwand und gleicher Schwierigkeit vom Zuwendenden oder anderweitig hätte erlangen können (Schwarz, a.a.O., § 278, Rz. 12; Müller-Eiselt, a.a.O., § 278, Rz. 18)

Zur hinreichenden Ermessensabwägung reicht daher der hier vom Beklagten in der Einspruchsentscheidung ausgeführte Hinweis auf den bisherigen Verlauf des Vollstreckungsverfahrens und die im Übertragungsvertrag nicht ausgeübte Möglichkeit, den Kläger als Erwerber auch zur Freistellung von den Abgabenrückständen zu verpflichten. Dies gilt zumal, da der Kläger selbst vorgetragen hat, seine Ehefrau habe ihm den Miteigentumsanteil aus finanzieller Not im Wege eines Notverkaufs zugewendet.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

IV.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 115 Abs. 2 FGO vorliegt. Der Senat entscheidet, ohne von Rechtsprechung des BFH abzuweichen, in einem Einzelfall.



Ende der Entscheidung

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