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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 09.03.2006
Aktenzeichen: 15 K 801/03
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 15 Abs 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Kläger sind an der M GmbH (im folgenden GmbH) neben Herrn Dr. M (1%) zu 75 % (Ehefrau) und zu 24 % (Ehemann) beteiligt. Im Jahr 2000 haben die Kläger ein ihnen je zur Hälfte gehörendes Grundstück in P (L Str.) teilweise an die GmbH vermietet. Bei diesem Grundstück handelt es sich um ein gemischt genutztes Grundstück in Gestalt eines Ladenlokals (175 qm) und mehrerer Wohnungen (206 qm). Das Ladenlokal wurde ab November 2000 für monatlich 15.650 DM an die GmbH verpachtet. Aus der Verpachtung resultierte ein Verlust in Höhe von 13.452 DM. Insgesamt hatte die GmbH im Streitjahr 2000 10 Filialen (Ladenlokale) mit einer gesamt angemieteten Fläche von 1.931 qm einschließlich Verwaltung und Lager. Vor Anmietung des Ladenlokals der Kläger bestand in P in derselben Straße (ca. 50 m entfernt) schon eine Filiale der GmbH, die in das neue Ladenlokal der Kläger verlegt wurde.

Die Verteilung der Umsätze und Gewinne auf die neue Filiale in P zum Gesamtumsatz und Gewinn der GmbH sieht ab 2000 wie folgt aus:

 P12/2000TDM2001TDM2002TEUR2003TEUR2004TEUR
Umsatz3761.843918832773
Gewinn-6-130-74-63-81
GMBH     
Umsatz3.73919.42210.2349.8049.466
Gewinn79528957-124

Die Verteilung der Umsätze und Gewinne auf die alte Filiale in P zum Gesamtumsatz und Gewinn der GmbH in den Jahren 1998 bis 2000 sah wie folgt aus:

P|1998TDM|1999TDM|2000TDM Umsatz|1.717|1.790|1.379 GMBH|17.825|18.498|15.640 Umsatz

Der Beklagte vertrat die Ansicht, dass vorliegend die Voraussetzungen einer unechten Betriebsaufspaltung gegeben seien. Es setzte den Gewerbesteuermessbetrag für 2000 mit Bescheid vom 25.9.2002 auf 0 DM fest.

Gegen diesen Bescheid legten die Kläger Einspruch ein, da sie der Auffassung waren, dass eine Betriebsaufspaltung mangels sachlicher Verflechtung nicht vorläge. Da die in P vermietete Teilfläche im Verhältnis zur Gesamtfläche nur 9 % ausmache, sei das Grundstück nur von untergeordneter Bedeutung.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Entscheidung vom 24.1.2003 als unbegründet zurück. Auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung wird verwiesen.

Mit der Klage verfolgen die Kläger die Aufhebung des Gewerbesteuermessbetragsbescheids 2000 weiter. Es werde zwar die personelle Verflechtung nicht bestritten, es liege aber keine sachliche Verflechtung vor. Das angemietete Ladenlokal in P stelle keine für das gesamte Unternehmen der H wesentliche Betriebsgrundlage dar. Die Ausübung des Gewerbes der ... sei ohne das Geschäftslokal im P sehr wohl möglich. Das Unternehmen bestehe seit 1963 auch ohne diese Filiale. Schon seit 1990 habe zudem eine Filiale in P bestanden (ca. 50 m von der neuen Filiale entfernt), die im November 2000 in die L Str. verlegt worden sei. Seit Verlegung der Betriebsstätte sei es zu keiner wesentlichen Veränderung der Umsatzentwicklung gekommen. Die Argumentation, dass eine ... nicht ohne Verkaufsraum geführt werden könne, gehe im vorliegenden Fall an der Sache vorbei, weil das Unternehmen auch ohne diese Filiale weitergeführt werden könne. Unstreitig liege der Anteil der genutzten Fläche zu der gesamt genutzten Fläche bei 9 %, auch der Umsatz liege in der Zeit ab 2000 zwischen 8,5 % und 9,5 %. Weiterhin sei das Ladenlokal nicht für die Bedürfnisse der H besonders hergerichtet bzw. nach seiner Lage besonders für das Unternehmen geeignet. Ferner mache es keinen deutlichen Unterschied, ob das Grundstück im Eigentum der GmbH oder im Eigentum der Kläger stehe. Da mithin das Verhältnis zu den in gleicher Weise von der GmbH übrigen genutzten Grundstücken von untergeordneter Bedeutung sei, sei eine sachliche Verflechtung zu verneinen. Hierfür spreche auch das BFH-Urteil vom 21.6.2001 (BStBl II 2001, 621). Darüber hinaus sei anzumerken, dass in der Zwischenzeit drei weitere Filialen eröffnet worden seien, so dass der Anteil nur noch 7,5 % betrage.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2000 vom 25.6.2002 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 24.1.2003 aufzuheben,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Er vertritt unter Hinweis auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung weiterhin die Auffassung, dass man bei einem Umfang von 9 % nicht davon ausgehen könne, dass die Filiale in P eine solche von untergeordneter Bedeutung sei. Um das Grundstück als wesentliche Betriebsgrundlage zu qualifizieren, sei es nicht erforderlich, dass der Gewerbebetrieb ohne das betreffende Grundstück nicht hätte fortgeführt werden können. Bei einer - wie im Streitfall - geringen Anzahl von 10 Geschäftslokalen, könne eine untergeordnete Bedeutung nicht vermutet werden. Insoweit werde auf das BFH-Urteil vom 21.6.2001 (BFH/NV 2001, 1461) verwiesen. Das von den Klägern zitierte BFH-Urteil vom 7.8.1990 VII R 110/97, BStBl II 1991, 336 sei durch das BFH-Urteil vom 26.5.1993,BStBl II 1993, 718 überholt, da nach diesem ein Grundstück auch dann eine wesentliche Betriebsgrundlage sei, wenn das Besitzunternehmen jederzeit am Markt ein für seine Belange gleichwertiges Grundstück mieten oder kaufen könne.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

1. Für das vorliegende Verfahren fehlt das Rechtsschutzbedürfnis nicht deshalb, weil der Gewerbesteuermessbetrag auf 0 DM festgesetzt ist. Die Kläger erstreben die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheids, da sie ihre Gewerbesteuerpflicht schlechthin bestreiten (BFH-Urteil vom 18. Januar 1984 I R 138/79, BFHE 140, 463, BStBl II 1984, 451 mwN).

2. Die Klage ist auch begründet, da die Vermietung des Ladenlokals in P, L Str. an die GmbH keine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 2 GewStG darstellt. Der Beklagte hat zu Unrecht eine sachliche Verflechtung der Kläger mit der GmbH im Rahmen einer Betriebsaufspaltung bejaht.

Gemäß § 2 GewStG unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb der Gewerbesteuer, soweit er im Inland betrieben wird.

Die bloße Vermietung und Verpachtung von Grundstücken ist grundsätzlich Vermögensverwaltung und stellt sich nicht als Gewerbebetrieb dar. Etwas anderes gilt nach st. Rspr. des BFH, wenn die Tätigkeit im Rahmen einer Betriebsaufspaltung erfolgt. Danach erlangt eine sonst als Vermögensverwaltung anzusehende Tätigkeit die Eigenschaft eines Gewerbebetriebs, wenn einer Kapitalgesellschaft wesentliche Grundlagen für ihren Betrieb überlassen werden (sachliche Verflechtung) und die hinter dem Besitzunternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben; er ist anzunehmen, wenn die Personen, die das Besitzunternehmen beherrschen, auch in der Betriebsgesellschaft ihren Willen durchsetzen können (personelle Verflechtung) (vgl. Beschluss des BFH vom 8. November 1971 GrS 2/71, BStBl II 1972, 63; BFH-Urteil vom 24. Oktober 2001 X R 118/98, BFH/NV 2002, 1130). In einem solchen Fall wird die Vermietung oder Verpachtung ebenfalls zu einem Gewerbebetrieb.

a. Unstreitig liegt im Streitfall eine personelle Verflechtung vor. Da die Kläger sowohl jeweils zu 50 % an der GbR als auch zu 25% bzw. 74 % an der GmbH beteiligt sind, liegt zwar keine Beteiligungsidentität vor, gleichwohl sind sie aber von den Beteiligungsverhältnissen her grundsätzlich gemeinsam in der Lage, in beiden Unternehmen (bei der GmbH im Rahmen des Mehrheitsprinzips gemäß § 47 Abs. 1 GmbHG) einen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen (vgl. BFH-Urteil vom 12. Oktober 1988 X R 154, 566, BStBl II 1989, 152 und in BFHE 187, 260, BStBl II 1999, 445). Wegen der weiteren Begründung wird auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung verwiesen, denen sich der Senat anschließt (§ 105 Abs. 5 FGO).

b. Entgegen der Ansicht des Beklagten kann der Senat im Streitfall jedoch keine sachliche Verflechtung feststellen. Das an die GmbH in P vermietete Grundstück (Ladenlokal) stellt für die GmbH nach Auffassung des Senats keine wesentliche Betriebsgrundlage dar.

Ein Grundstück stellt eine wesentliche Betriebsgrundlage dar, wenn der Betrieb auf das Grundstück angewiesen ist, weil er ohne ein Grundstück dieser Art nicht fortgeführt werden könnte (BFH-Urteil vom 3. Juni 2003 IX R 15/01, BFH/NV 2003, 1231 mwN). Nach der jüngeren Rspr. des BFH ist eine besondere Gestaltung für den jeweiligen Unternehmenszweck nicht erforderlich; notwendig ist allein, dass das Grundstück die räumliche und funktionale Grundlage für die Geschäftstätigkeit der Betriebsgesellschaft bildet und es ihr ermöglicht, ihren Geschäftsbetrieb aufzunehmen und auszuüben (BFH-Urteil vom 18. September 2002 X R 4/01, BFH/NV 2003, 41). Nach der neueren Rspr. ist damit ein Betriebsgrundstück nur dann keine wesentliche Betriebsgrundlage, wenn es für die Betriebsgesellschaft wirtschaftlich keine oder nur geringe Bedeutung hat (BFH-Urteile vom 11. Februar 2003 IX 43/01, BFH/NV 2003, 910 mwN; vom 18. September 2005 IV R 59/04, BFHE 210, 415, BStBl II 2005, 830; vom 10. November 2005 IV R 7/05, Zsteu 2005, Heft 25, 1003) bzw. von untergeordneter Bedeutung ist (BFH-Urteile vom 23. Mai 2000 VIII R 11/99, BStBl II 2000, 621; vom 1. Juli 2003 VIII R 24/01, BStBl II 2003, 757). Ausgehend hiervon beurteilt sich die Frage, ob ein Grundstück eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellt, maßgeblich nach der wirtschaftlichen Bedeutung des Wirtschaftsguts für das Betriebsunternehmen, wobei auf das Gesamtbild der Verhältnisse des Einzelfalls abzustellen ist.

Nach den o.g. Grundsätzen gelangt der Senat unter Berücksichtigung der hier vorliegenden Umstände zu dem Ergebnis, dass der von den Klägern der GmbH zur Nutzung überlassene Grundstücksteil keine wesentliche, die sachliche Verflechtung begründende Betriebsgrundlage bei der GmbH ist. Das Grundstück ist vielmehr für den Betrieb der GmbH wirtschaftlich gesehen von untergeordneter Bedeutung, es bildet nicht die räumliche und funktionale Grundlage für die Geschäftstätigkeit der GmbH.

aa. Zu beachten ist, dass die GmbH im Streitjahr zehn Filialen auf einer Fläche von insgesamt 1931 qm im Streitjahr betreibt. Das neue Ladenlokal in P stellt daher nur 9 % der gesamten genutzten Fläche der GmbH für ihren Betrieb dar. In dem Ladenlokal lag auch nicht der Schwer- oder Mittelpunkt der Tätigkeit der GmbH (vgl. BFH-Urteil vom 10. November 2005 aaO).

bb. Die Frage der wirtschaftlichen Bedeutung lässt sich auch nicht bezogen auf die einzelne Filiale beantworten. Bei unterschiedlich genutzten Grundstücken wird zwar die Größenrelation durch den Gesichtspunkt der Funktionsrelation der genutzten Grundstücke ergänzt (BFH-Urteil vom 4. November 1992 XI R 1/92, BFHE 169, 452, BStBl II 1993, 245). Bei Grundstücken, die wie im Streitfall in gleicher Weise genutzt werden, wird es aber nach der Rspr. des BFH regelmäßig "auf die Grundstücksgröße und das Größenverhältnis ankommen, und zwar bezogen auf den Gesamtbetrieb des Betriebsunternehmens" und nicht auf die einzelne Filiale und Funktionseinheit abgestellt (BFH-Urteil vom 4. November 1992 aaO). Dieser Rspr. folgt der Senat. Denn das Merkmal der wesentlichen Betriebsgrundlage dient im Rahmen der Prüfung, ob eine Betriebsaufspaltung vorliegt, der Feststellung, ob das Besitzunternehmen über die Vermietung des Grundstücks an die Betriebsgesellschaft auch dadurch auf die Betriebsgesellschaft einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Entscheidend muss daher die funktionale Bedeutung für die Gesamttätigkeit der Betriebsgesellschaft sein.

cc. Für die Beantwortung der Frage nach der untergeordneten wirtschaftlichen Bedeutung kann aber die Grundstücksgröße nicht allein ausschlaggebend sein. Der BFH hat in seinem Urteil vom 4. November 1992 (aaO) am Ende herausgestellt, dass zusätzlich zu der Grundstücksgröße die Umsätze, Gewinne und sonstige Faktoren ein Korrektiv für die geringe Grundstücksgröße sein können (s. Kempermann, FR 1993, 593, 598). Ob eine geringe wirtschaftliche Bedeutung vorliegt, ist anhand aller für den Betrieb der GmbH bedeutsamen Umstände festzustellen. Hierzu gehören u.a. die wirtschaftlichen Faktoren wie Umsätze und wirtschaftlicher Ertrag.

Legt man im Streitfall die Umsatzzahlen der neuen Filiale in P sowie den betriebswirtschaftlichen Gewinn zugrunde, so ergeben auch diese Faktoren, dass der Filiale kein besonderes Gewicht für die Betriebsführung zugemessen werden kann. Der Umsatz lag zwar im Monat Dezember 2000 bei 10 v.H. (Eröffnungsmonat); in den nachfolgenden Jahren, die einen besseren Vergleichsmaßstab geben, lag der Umsatz zwischen 8,16 v.H. und 9,5 v.H. gemessen an dem Gesamtumsatz der GmbH. Seit der Eröffnung der Filiale in P arbeitete diese nicht mit einem Gewinn. Daher kann nicht davon gesprochen werden, dass die Filiale funktional gesehen für den Betrieb wesentlich sei.

Sofern demnach kumulativ die Faktoren wie Größe, Umsatz sowie Ertrag weniger als 10 v.H. bezogen auf den Gesamtbetrieb des Betriebsunternehmens ausmachen, kann nach Auffassung des Senats von einer geringen wirtschaftlichen Bedeutung gesprochen werden.

(1) Der Senat verkennt nicht, dass die höchstrichterliche Rspr. eine absolute oder relative Unwesentlichkeitsgrenze bisher nicht festgelegt hat. Der BFH hat mit Urteil vom 21. Juni 2000 (III R 27/98, BFHE 196, 59, BStBl II 2002, 537) bei einem Größenverhältnis von 16 v.H. zur gesamten von der Betriebsgesellschaft genutzten Fläche eine untergeordnete wirtschaftliche Bedeutung verneint; zugleich lässt er in dieser Entscheidung dahinstehen, ob es insoweit eine absolute Untergrenze gibt und wo sie ggfls. anzusetzen wäre (vgl. auch BFH-Urteil vom 4. November 1992 aaO: 22 v.H. keine untergeordnete Bedeutung). Bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft vertritt hingegen der BFH seit langem die Auffassung, dass Flächen von nicht mehr als 10 v.H. im allgemeinen nicht als wesentliche Betriebsgrundlagen angesehen werden können (BFH-Urteil vom 24. Februar 2005 IV R 28/00, BFH/NV 2005, 1062 mwN; vgl. auch BFH-Beschluss vom 8. September 2005 IV B 101/04, BFH/NV 2006, 53). Auch in anderen Bereichen existiert im Steuerrecht eine 10 v.H.-Grenze, wenn es um die Frage geht, ob eine "untergeordnete Bedeutung" vorliegt (vgl. BFH-Urteil vom 16. Dezember 2004 IV R 3/03, BFH/NV 2005, 879 am Ende; BFH-Urteil vom 2. Oktober 2003 IV R 13/03, BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985 mit weiteren Hinweisen zur Geringfügigkeitsgrenze 10 v.H.: Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen, Vorsteuerabzug, begünstigte Praxisveräußerung, schädliche Nebentätigkeit bei der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG). Der BFH spricht in seiner Entscheidung vom 2. Oktober 2003 (IV R 13/03 aaO) von einer auch "sonst im Steuerrecht allgemein anerkannten Geringfügigkeitsgrenze" bei weniger als 10 v.H (vgl. auch BFH-Urteil vom 16. Juni 2004 X R 50/01, BStBl II 2005, 130).

(2) In der Literatur werden unterschiedliche Auffassungen vertreten. Carlé in Korn (Kommentar zum EStG, § 15 Rn. 451) weist darauf hin, dass das Kriterium der prozentualen Größenrelation dazu führen könnte, dass bei großen Filialketten niemals eine Betriebsaufspaltung vorliegen könnte. Bei Mittelständlern mit fünf bis acht Filialen bestehe ständig das Risiko, durch Eröffnung einer weiteren Filiale aus der Betriebsaufspaltung herauszufallen oder aber durch Schließung einer Filiale in die Betriebsaufspaltung zu gelangen. Gosch (Die steuerliche Betriebsprüfung 1993, 116, 117) sieht die Grenze bei maximal 10 v.H. und zwar bezogen auf den Gesamtbetrieb. Es weist aber zugleich darauf hin, dass auch andere Umstände, wie Umsätze, Gewinne oder sonstige Faktoren herangezogen werden müssen. Weber-Grellet (Urteilsanmerkung DStR 1993, 272, 273) setzt die Grenze bei ungefähr 20 v.H. an. Kempermann (FR 1993, 593, 598) vertritt die Ansicht, dass für unselbständige Betriebsstätten ein Grundstück nicht unwesentlich sei, wenn es den Betrieb eines der Betriebsstätte vergleichbaren selbständigen Unternehmens gestatten würde (s. hierzu Kritik von Carlé in Korn, § 15 EStG Rn. 451). Bitz (in Littmann/Bitz/Pust, Einkommensteuerrecht Kommentar, § 15 Rn. 345) ist der Meinung, dass ein Betriebsgrundstück unter absolut quantitativem Aspekt dann nicht unwesentlich sei, wenn es die Führung einer selbstständigen Filiale zulasse. Überwiegend wird aber die Ansicht vertreten, dass prozentuale Grenzen nur Anhaltspunkte sein können, so dass weitere Faktoren wie Lage, Bonität, absolute Grenze nicht außer acht gelassen werden dürfen.

(3) Ungeachtet der vielfältigen Meinungen liegt nach Auffassung des erkennenden Senats jedenfalls dann keine wesentliche Betriebsgrundlage vor, wenn wie im Streitfall das überlassene Grundstück sowohl hinsichtlich des Ertrages, des Umsatzes als auch der Größe im Verhältnis zum Gesamtbetrieb der Betriebsgesellschaft nicht mehr als 10 v.H. ausmacht. Denn in diesem Fall kann nur von einer untergeordneten Bedeutung ausgegangen werden.

Dabei hat der Senat auch berücksichtigt, dass eine Betriebsaufspaltung und damit die Gewerbesteuerpflicht der an sich vermögensverwaltenden Besitzgesellschaft nur deshalb gerechtfertigt und damit auch verfassungsrechtlich legitimiert ist, wenn beide Komponenten "nämlich die Beherrschung und die Zurverfügungstellung der wesentlichen Betriebsanlage, also sachliche Gesichtspunkte, die objektive Eigenart der Tätigkeit des Gewerbebetriebs kennzeichnen" (Beschluss des BVerfG vom 14. Januar 1969 1 BvR 136/92, BVerfGE 25, 28). Nur bei Vorliegen auch der sachlichen Komponente (sachliche Verflechtung) ist es daher gerechtfertigt, die Tätigkeit des Besitzunternehmens als eine gewerbliche anzusehen. Denn sie dient der Feststellung, ob die das Besitzunternehmen beherrschende(n) Person(en) auch über die Vermietung des Grundstücks an das Betriebsunternehmen auf dieses einen beherrschenden Einfluss ausüben kann (Söffing, Die Betriebsaufspaltung S. 56 unter Hinweis auf die Rspr.). Sie fungiert insoweit als ein "unternehmerisches Instrument der Beherrschung" (BFH-Urteil vom 28. November 2001 X R 50/97, BFHE 197, 254, BStBl II 2002, 363). Ein solcher beherrschender Einfluss ist aber bei der Vermietung eines Grundstücks, welches nicht einmal 10 v.H. der Gesamtnutzfläche der GmbH ausmacht, darüber hinaus auch weder eine besondere Ertragskraft noch einen entscheidenden Umsatz aufweist, nicht festzustellen.

Weiterhin spricht für dieses Ergebnis auch der im Steuerrecht geltende Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, nach dem Mittel und Zweck in einem angemessenen Verhältnis stehen müssen. Die Umqualifizierung einer an sich vermögensverwaltenden Tätigkeit der Besitzgesellschaft in eine gewerbliche ist aber dann nicht verhältnismäßig, wenn trotz personeller Verflechtung durch die Überlassung eines flächenmäßig unbedeutenden Grundstücks (nicht mehr als 10 v.H.) die Betriebsgesellschaft mit diesem weniger als 10 v.H. des Gesamtertrags und des Gesamtumsatzes erwirtschaftet (vgl. BFH-Urteil vom 14. Januar 2004 X R 37/02, BStBl II 2004, 493, 497).

Ferner hat der Senat bei seiner Gesamtwürdigung nicht unberücksichtigt gelassen, dass an die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung strenge Anforderungen zu stellen sind (BFH-Beschluss des GrS vom 8. November 1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63).

Abschließend weist der Senat noch darauf hin, dass die vom Senat angenommene kumulative Unwesentlichkeitsgrenze (Größe, Umsatz und Ertrag) keine über die Jahre gesehen starre Grenze bleiben wird. Die hiermit verbundene Unberechenbarkeit und Schwierigkeit im Rahmen der möglicherweise jährlichen neuen Überprüfung rechtfertigen es aber nicht, die sachliche Komponente im Rahmen der Betriebsaufspaltung aus verfahrensrechtlichen Überlegungen heraus weiter aufzuweichen.

c. Zusammenfassend kommt der Senat im vorliegenden Fall daher zu dem Ergebnis, dass das im Eigentum der Kläger stehende Grundstück keine wesentliche Betriebsgrundlage der Betriebs-GmbH bildet. Die GmbH kann ihre Geschäftstätigkeit auch ohne ein vergleichbares Grundstück in der bisherigen Form und zwar ohne einschneidende Änderung in ihrer Organisation fortsetzen. Die wirtschaftliche Bedeutung ist im Hinblick auf Fläche, Umsatz, Ertragskraft und Funktion so gering, dass die für eine Betriebsaufspaltung erforderliche Voraussetzung der sachlichen Verflechtung zu verneinen ist.

Der Klage war daher stattzugeben.

3. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zugelassen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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