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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 26.02.2004
Aktenzeichen: 2 K 2769/00
Rechtsgebiete: UStG, UStDV


Vorschriften:

UStG § 18 Abs 9
UStDV § 59 ff.
UStDV § 51 Abs 3 Satz 1
UStG § 15
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Beteiligten streiten um den Anspruch der Klägerin auf Vergütung von Vorsteuer gemäß § 18 Abs. 9 Umsatzsteuergesetz - UStG - in Verbindung mit den §§ 59 ff. der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung - UStDV - für das Jahr 1998. Streitentscheidend ist die Frage nach der Ansässigkeit der Klägerin.

Die Klägerin ist eine im Jahr 1997 gegründete Kapitalgesellschaft englischen Rechts. Ihr Geschäftszweck war "... und Management" Beratung "Consultancy"). In der später vorgelegten Unternehmerbescheinigung wurden als wirtschaftliche Aktivitäten der Klägerin "Incentive Dienstleistungen und der Vertrieb [von] Yachten für Charter- und Incentivezwecke" genannt.

Nach eigenen Angaben beschäftigte sich die Klägerin darüber hinaus mit dem Vertrieb von "Yachtkonzepten"; ferner arbeitete die Klägerin für Fachzeitschriften und als Dienstleister im Bereich Reportagen und Testberichte. Die Klägerin "bedient eine Marktallianz aus verschiedenen Herstellern". Ferner verkauft bzw. vercharterte die Klägerin den "AS", eine Schiffsart. Der Kaufpreis sollte ca. 720 TDM betragen. Zudem waren die Klägerin bzw. Herr B.C. im Internet präsent.

Das Stammkapital der Klägerin betrug 1.000 £, von diesem Betrag waren 2 £ einbezahlt worden. Direktoren waren die deutschen Staatsangehörigen Herr B.C. und Frau A.D.; später Frau Dr. A.C., offensichtlich die Ehefrau des Herrn B.C.. Beide Direktoren hielten je 1 £ des Stammkapitals. Die Klägerin erzielte nach ihrer vorgelegten Buchführung im Streitjahr 1998 einen Umsatz von ca. 34.000 £ (ca. 52.000 EUR), dem allerdings Vertriebskosten in etwa der gleichen Höhe gegenüberstanden, so dass die Klägerin einen Verlust von ca. 553 £ (ca. 850 EUR) erzielte.

Als Prokurist der Klägerin war Mr. E. bestellt.

Die Klägerin hatte jedenfalls im Streitjahr ihren gemeldeten Sitz in F, nn 7 in Großbritannien. Die Adresse und die Telefonnummer der Klägerin in ihrem Geschäftskorrespondenz-Briefkopf im Streitjahr stimmten mit jener der G-Ltd. überein. Direktor der G-Ltd. war ebenfalls Mr. E..

Nach eigenen Angaben der Klägerin wurden außer dem bezeichneten Prokuristen keine Arbeitnehmer beschäftigt. Die Verwaltung war vielmehr nach Angaben der Klägerin "komplett an die [bezeichnete] Firma G-Ltd. vergeben" zur "Ressourcenschonung". Auch stellte die G-Ltd. die gesamte Infrastruktur wie Telefon entgeltlich zur Verfügung; Räumlichkeiten wurden nur von der Ltd. angemietet. Der Vertrag mit der G-Ltd. wurde freilich nur mündlich geschlossen.

Am 14.10.1998 beantragte die Klägerin die Vergütung von Vorsteuer im besonderen Verfahren bei dem Beklagten für den Vergütungszeitraum Januar bis September 1998 in Höhe von insgesamt 6.592,98 DM. Die Klägerin fügte dem Antrag eine Unternehmerbescheinigung vom 31.07.1998 der britischen HM CUSTOMS AND EXCISE Behörde bei.

Die eingereichten Rechnungen bezogen sich im Wesentlichen auf Gebühren für die Anmietung eines Trawlers (Motoryacht) von der B.C. ... KG. Geschäftsführer der B.C. ... KG waren Herr B.C. und seine Ehefrau. Der Direktor der Klägerin, Herr B.C., war im Jahr 2000 auch unter einer Festnetznummer in H, dem Sitz der B.C. ... KG, zu erreichen. Jedenfalls eine Rechnung der B.C. ... KG vom 06.07.1998 erbat die Zahlung der Chartergebühr auf ein Konto bei der ...SPARKASSE I.

Durch Chartervertrag vom 18.02.1998 - der in H unterzeichnet wurde - war die entsprechende Motoryacht "KK" angemietet worden. Bei dem Schiff handelte es sich um einen 11-Meter-Trawler aus - nach eigenen Angaben der Klägerin - "rein deutschem Qualitätswerftbau".

Den Mietvertrag hatte für die KG Herr B.C. und für die Klägerin Frau A.D - offensichtlich die spätere Ehefrau - unterschrieben.

Von diesem Trawler aus betrieb die Klägerin Geschäfte. Die Yacht diente der Klägerin als "Plattform" für den Vertrieb von Yachtkonzepten; ferner arbeitete die Klägerin - entsprechend des dargestellten Unternehmensbereichs - mit diesem Schiff für Fachzeitschriften und als Dienstleister im Bereich Reportagen und Testberichte.

So bot die Klägerin über das Internet in deutscher Sprache Informationen u.a. zum "Yachtbau", zum "Skipper- und Crewtraining" und die Abhaltung von Seminare etwa zum Thema "Internet - wie finde ich dort Profit" an.

Jedenfalls im Jahr 2000 offerierte zudem Herr B.C. in der Internet-Publikation "C.-oo ..." auch Beratungsleistungen zur "Mehrwertsteuerfalle" für Skipper an; dort hieß es u.a. wörtlich:

"... Es gibt Möglichkeiten, die Mehrwertsteuer auf Dauer in der EU nicht zahlen zu müssen, ganz legale Möglichkeiten. Doch die sind kompliziert und aufwendig, ... Wir bieten dazu Beratungsleistungen im Einzelfall an ... "

Auf "C. pp" hieß zu diesem Thema ferner:

"Gerade bei einer Unternehmensneugründung ... sollten die Weichen von vornherein auch auf Steueroptimierung gestellt werden. Deutsche Gesellschaftsformen eignen sich dafür nicht. Die Gesetze über die EG-Harmonisierung machen es möglich, als Auslandsgesellschaft aus einem EG-Land ... in Deutschland ohne Einschränkungen tätig zu werden. Auch der Unternehmer selbst kann in Deutschland leben und arbeiten. Trotzdem kann die Gesamtabgabenlast ... gesenkt werden".

Die Yacht diente gleichzeitig als Vorführschiff für die zu verkaufenden bzw. zu vercharternden "A.S." (der Name "A" war ein Warenzeichen der Klägerin).

Der Angebotsprospekt für diesen A.S. war in Deutschland konzipiert und auf Deutsch verfasst. Als Autoren des Prospektes und damit Anbieter des Schiffes waren die Klägerin und Herr B.C. genannt; der Kontakt sollte ausschließlich über eine deutsche Telefon- oder Fax-Nummer erfolgen; auch war die Klägerin unter einem deutschen E-Mail Anschluss "t-online.de") zu erreichen. Als Ansprechpartner waren im Bootsprospekt "Ihre A. & B. C." genannt. Im Falle eines Kaufes sollte die Zuwasserlassung des Trawlers in H stattfinden.

Das Schiff, dessen Bugkabine zum Büro ausgebaut worden war, war jedenfalls im Jahr 2000 im Flaggenregister in Deutschland eingetragen.

Der Beklagte sandte der Klägerin aufgrund des nach seiner Auffassung ungewöhnlichen Sachverhaltes mindestens drei umfangreiche Aufklärungs- und Erörterungsschreiben (vom 07.12.1998, vom 06.01.1999 und vom 27.01.1999); wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Vergütungsakte 234 82 41 RNR 98/0141 des Beklagten verwiesen.

Nachdem eine weitere Aufklärung über den vorstehenden Sachverhalt hinaus nicht mehr möglich war, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 05.03.1999 die Vergütung von Vorsteuer ab; den Einspruch der Klägerin vom 16.03.1999 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 20.03.2000 als unbegründet zurück. Zur Rechtfertigung seiner Entscheidung führte der Beklagte aus, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der Klägerin um ein in Großbritannien "aktiv tätiges Unternehmen" handele.

Gegen den Ablehnungsbescheid und die Einspruchsentscheidung hat die Klägerin unter dem 12.04.2000 Klage erhoben, mit welcher sie ihr Begehren auf Vergütung der beantragten Vorsteuer weiter verfolgt.

Zur Begründung des Klagebegehrens trägt die Klägerin die Rechtsansicht vor, sie sei eine nach englischem Recht vorsteuerabzugsberechtigte Gesellschaft. Die englischen Finanzbehörden hätten ihr - der Klägerin - die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft bestätigt; der Beklagte spreche ihr gerade diese Unternehmereigenschaft zu Unrecht ab. Der Beklagte "diffamiere" britische Unternehmen und führe die EG-Harmonisierung "ad absurdum".

Die gewählte Rechtsform und das Stammkapital der Klägerin seien in Großbritannien üblich und zulässig. Die Klägerin bediene sich (wie viele andere Unternehmen auch) zur Erledigung der üblichen Büroarbeiten einer "Büroservicegesellschaft". Andererseits trägt die Klägerin auch vor, die G-Ltd. sei gar keine Büroservicegesellschaft, sondern eine "Wirtschaftsprüfungsgesellschaft".

Die Klägerin behauptet, der Wohnsitz der Direktoren habe sich in Großbritannien "unter der bekannten Anschrift" befunden und die Klägerin habe Räumlichkeiten der G-Ltd. "bezogen". Der Ort der Geschäftsleitung sei somit in Großbritannien belegen gewesen.

Demgegenüber hat die Klägerin auch behauptet, die Art der Tätigkeit der Gesellschaft bringe es mit sich, dass die Geschäfte nicht am Firmensitz, sondern "in der Kundschaft" abgewickelt würden. Der Direktor der Klägerin habe sich auf der gecharterten Motoryacht an ständig wechselnden Orten in Europa befunden. Geschäftsbegleitende Bürotätigkeiten würden (mit den heutigen vorhandenen Kommunikationsmöglichkeiten) von der Yacht aus erledigt. Die Klägerin werde somit nicht im Inland tätig, sondern "überwiegend" im europäischen Ausland.

Die Klägerin behauptet weiter, die B.C.-... KG in H habe nichts mit den Geschäften der Klägerin zu tun. Die Klägerin will "keine Aktivitäten in Deutschland" entfaltet haben, andererseits soll sie sich aber ebenfalls nach eigenen Angaben die Internet-Präsenz in Deutschland mit einer deutschen Gesellschaft "geteilt" haben.

Neben der Telefonnummer der Büroservicegesellschaft besitze sie - so die Klägerin weiter - einen eigenen Mobiltelefonanschluß. Aus Kostengründen bestehe der Anschluss bei der DEUTSCHEN TELEKOM und nicht bei einer englischen Telefongesellschaft. Die Kopie einer Telefonrechnung auf ihren Namen hat die Klägerin vorgelegt. Die Klägerin weist auf die Möglichkeit hin, Gespräche durch Ruf-Weiterleitung an jedem beliebigen Ort der Erde entgegenzunehmen.

Des Weiteren legt die Klägerin noch eine Eingangsrechnung im Original aus dem Kalenderjahr 1998 vor (B.C.- ... KG i.H.v. DM 9.744,00 brutto v. 23.10.1998). Sie beantragt, die Vorsteuer i. H. v. 1.344,00 DM noch in den Vergütungsantrag aufzunehmen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 05.03.1999 und der Einspruchsentscheidung vom 20.03.2000 den Beklagten zu verpflichten, gemäß dem Antrag vom 14.10.1998 die begehrte Vorsteuer - zuzüglich eines Betrages von 1.344,00 DM - zu vergüten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bezieht sich im Wesentlichen auf sein Vorbringen im Vorverfahren.

Nach seiner Meinung hat der Direktor der Klägerin, Herr B.C., durch rechtliche Gestaltung den Versuch der "Steuerreduzierung" unternommen; er selbst habe ja unstreitig Beratungsdienste angeboten, die geeignet sein sollten, den Anfall von (Umsatz-)Steuer im Inland zu vermeiden.

Im Einzelnen trägt der Beklagte nochmals vor, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, über ihre rein rechtliche Existenz hinaus wirtschaftlich tätig gewesen zu sein. Der statuarische Sitzstaat der Klägerin - Großbritannien - gelte als "Steueroasenland"; in einschlägigen Anzeigen werde unstreitig mit "Limited-Gesellschaften" geworben, die schon für einen geringen Betrag zu errichten seien.

Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sich ein Ort der Geschäftsleitung an ihrem statuarischen Sitz in Großbritannien befinde. Zudem habe die Klägerin einen Ort der Geschäftsleitung im Inland, da ganz wesentliche Geschäftsführertätigkeiten der Klägerin anscheinend von H aus ausgeführt worden seien.

Die ausgestellte Unternehmerbescheinung entfalte für das Vorsteuer-Vergütungsverfahren keine Bindungswirkung.

Es sei zudem unklar, ob nicht doch umsatzsteuerpflichtige Leistungen in Deutschland ausgeführt worden seien.

In der mündlichen Verhandlung ist für die Klägerin niemand erschienen; der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ist mit FAX vom 22.01.2004, welches den Zusatz nach § 91 Abs. 2 FGO enthielt, geladen worden (Bl. 148 Gerichtsakte) und hat den Erhalt dieser Ladung durch FAX-Empfangsbekenntnis vom 22.01.2004 (Bl. 151 Gerichtsakte) auch bestätigt.

Entscheidungsgründe

A.

Die Sache ist - im Hinblick auf das Ausbleiben der Klägerin - entscheidungsreif.

An der mündlichen Verhandlung hat weder ein Vertreter der Klägerin noch ein Prozessbevollmächtigter teilgenommen.

Gleichwohl liegt der Fall, dass die Klägerin im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war (§ 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO), nicht vor. Denn ein Fall fehlender Vertretung wäre im Streitfall nur gegeben, wenn die Klägerin nicht ordnungsgemäß geladen worden wäre (vgl. BFH-Beschluss vom 09. Juli 1996 VII R 23/96 und VII B 41/96, BFH/NV 1997, 44 m.w.Nachw.).

Die Ladung der Klägerin zur mündlichen Verhandlung war indes ordnungsgemäß: Im Streitfall ist die Ladung zur mündlichen Verhandlung, in welcher der nach § 91 Abs. 2 FGO vorgeschriebene Hinweis enthalten war, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin, der insoweit auch keine Einwendungen erhoben hat, wirksam gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden (§ 53 Abs. 2 FGO, §§ 166, 174 ff. ZPO). Das Gericht durfte somit in der mündlichen Verhandlung zu Recht die ordnungsgemäße Ladung feststellen und im Anschluss hieran trotz Abwesenheit der Klägerin verhandeln.

B.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Ablehnung der beantragten Vergütung von Vorsteuer war nicht rechtswidrig i.S.d. § 101 Satz 1 FGO. Denn der Klägerin stand kein Anspruch auf Erlass der begehrten Maßnahme zu.

Vorsteuerbeträge, die gemäß § 15 UStG vom Unternehmer als Leistungsempfänger abgezogen werden können, werden nach § 16 Abs. 2 UStG im Besteuerungsverfahren (§ 18 Abs.1 bis 4 UStG) berücksichtigt. Abweichend hiervon erfolgt die Vergütung abziehbarer Vorsteuerbeträge an im Ausland ansässige Unternehmer (§ 51 Abs. 3 Satz 1 UStDV), die entweder keine Umsätze oder nur die in § 59 Abs.1 Nr. 1 und 2 UStDV bezeichneten Umsätze im Inland ausgeführt haben, nur in dem besonderen Verfahren nach § 18 Abs. 9 UStG i.V.m. §§ 59 bis 61 UStDV (- Vergütungsverfahren -).

Das Vergütungsverfahren setzt u.a. voraus, dass

der Unternehmern "im Ausland ansässig" ist (I.) und

der Unternehmer die Vorsteuerbeträge durch Vorlage von Rechnungen im Original innerhalb der Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Ablauf des Vergütungszeitraumes nachweist (II.).

I.

Die Teilnahme der Klägerin im Vergütungsverfahren scheitert bereits grundsätzlich daran, dass sie nicht "im Ausland ansässig" ist:

Denn das Vorliegen dieses Tatbestandsmerkmales lässt sich zu Lasten der Klägerin nicht feststellen (1.).

Auch die vorgelegte Unternehmerbescheinigung erzeugt keine Bindungswirkung dergestalt, dass aufgrund ihrer Ausstellung zwingend von einer Ansässigkeit im Ausland ausgegangen werden müsste (2.).

1. Im Entscheidungsfall fehlt es am Merkmal des "im Ausland ansässigen" Unternehmers i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG.

Gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 UStDV ist ein im Ausland ansässiger Unternehmer ein Unternehmer, der jedenfalls nicht im Inland einen Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Zweigniederlassung hat. Dies hat jedenfalls zur Voraussetzung, dass der Unternehmer im Ausland eine Niederlassung besitzen muss, die von ihrer Struktur her geeignet ist, die Erbringung der entsprechenden Umsätze zu ermöglichen.

Die Existenz einer solchen Niederlassung kann im Streitfall - zum Nachteil der Klägerin - nicht festgestellt werden.

a) Die Begriffe "Ansässigkeit" bzw. "Sitzes" sind im hier entscheidungserheblichen Zusammenhang in der Rechtsprechung des EuGH bisher noch nicht ausgelegt worden. Nach der höchstrichterlichen Finanzrechtsprechung (BFH, Urteil vom 22. Mai 2003 - V R 97/01, BStBl II 2003, 819), welcher sich der erkennende Senat anschließt, ist aber der zur Ansässigkeit bedeutsamen Voraussetzung der "festen Niederlassung" ergangenen Rechtsprechung zu entnehmen, dass diese einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur besitzen muss, die eine Erbringung von Umsätzen ermöglicht (vgl. EuGH-Urteil vom 17. Juli 1997 Rs. C-190/95 -ARO Lease BV-, Slg. 1997, I-4383 Rn. 16, Umsatzsteuer-Rundschau -UR- 1998, 185).

Damit ist unbeschadet einer differenzierten Auslegung der genannten Begriffe jedenfalls zu fordern, dass sich im Ausland - und nicht im Inland - eine solche Einrichtung (Niederlassung) des Steuerpflichtigen befindet.

b) Das tatsächliche Vorliegen dieses Minimalerfordernisses im Streitfall - Bestehen einer Niederlassung im Ausland, die strukturell zur Erbringung von Umsätzen geeignet ist - hat sich zu Lasten der Klägerin nicht feststellen lassen. Denn im Streitfall hat die Klägerin zwar behauptet, sie sei im fraglichen Zeitraum im Ausland - und damit nicht im Inland - "ansässig" gewesen. Diese Behauptung ist jedoch nicht mit den tatsächlichen Feststellungen über das Geschäftsgebaren der Klägerin in Großbritannien in Einklang zu bringen.

(1) Zunächst gibt es aufgrund des festgestellten Sachverhaltes keine Anhaltspunkte für irgendwelche nennenswerten wirtschaftlichen Aktivitäten in Großbritannien.

Die Klägerin verfügte nur über eine sehr geringe Eigenkapitalausstattung.

Die Verwaltung war nach eigenen Angaben der Klägerin "komplett an die Firma G-Ltd. vergeben" worden. Diese Gesellschaft stellte - so die Klägerin weiter - "die gesamte Infrastruktur" wie auch Telekommunikationsverbindungen zur Verfügung. Auch die "Räumlichkeiten" wurden von der Ltd. angemietet. Die Klägerin hat damit letztlich in den Räumen der fremden Ltd. domiziliert.

Außer dem Prokuristen hat die Klägerin keinerlei Arbeitnehmer beschäftigt. Der Prokurist verfügte aber nicht über irgendwelche Fachkenntnisse im Tätigkeitsbereich der Klägerin. Schriftliche Verträge über Inhalt und Umfang der Pflichten des Prokuristen hat es nicht gegeben.

Der Senat konnte auch nicht feststellen, dass die Direktoren der Klägerin sich in den angemieteten Räumen überhaupt jemals aufgehalten haben.

Die Behauptung der Klägerin, die Direktoren hätten ihren Wohnsitz "unter der bekannten Anschrift" in Großbritannien gehabt und die Klägerin habe die gemieteten Räume "bezogen", ist demgegenüber nicht erheblich: Darauf, dass die Klägerin einen Mietvertrag geschlossen hat und ihr Prokurist in den Räumen präsent war, kommt es wie vorliegenden Zusammenhang nicht an. Für die Annahme, die Direktoren - die Eheleute C. - hätten sich in den gemieteten Räumen aufgehalten, ist die Behauptung zu unsubstantiiert. Letztlich kann der Behauptung dieser Erklärungsinhalt auch gar nicht beigemessen werden, da die Klägerin ebenso vorgetragen hat, die Tätigkeit der Gesellschaft habe es mit sich gebracht, dass die Geschäfte gerade "nicht am Firmensitz", sondern "in der Kundschaft" abgewickelt worden seien.

Der Direktor der Klägerin unterhielt schließlich ein Büro auf dem bezeichneten Trawler. Es konnten keine Anhaltspunkte dafür festgestellt werden, dass sich das Schiff im fraglichen Zeitraum in nennenswertem Umfang in englischen Gewässern aufgehalten hätte.

(2) Dagegen gibt es erhebliche festgestellte Anknüpfungspunkte für eine wirtschaftliche Aktivität in Deutschland.

In Gestalt der B.C. ... KG existierte ein Unternehmen in Schleswig, das - was den wirtschaftlichen Wert der intendierten Geschäftsabschlüsse angeht - den überwiegenden Tätigkeitsbereich der Klägerin im Wesentlichen abdeckte. Geschäftsführer dieser KG waren ebenfalls die Direktoren der Klägerin, die Eheleute C.. Die Geschäftstätigkeit im Zusammenhang mit der Sportschifferei konnte damit tatsächlich auch über eine inländische Gesellschaft abgewickelt werden.

Der geplante Verkauf und die Vercharterung des "A.S." wiesen ebenfalls deutliche Bezüge zu Deutschland auf.

Der Werbeprospekt stammte aus Deutschland; als Ansprechpartner waren die Eheleute C. mit deutschen Telefonanschlüssen genannt. Die Trawler sollten in Deutschland gefertigt und - offenbar - auch zu Wasser gelassen werden. Wenn nach Angaben der Klägerin ihre Geschäfte nicht am Firmensitz, sondern "in der Kundschaft" abgewickelt worden sind, so könnte dies letztlich nur bedeuten, dass ein deutsches Schiff nach einer Werbekampagne in Deutschland auch dort an deutsche Kunden gebracht werden sollte. Mangels weiterer Angestellter der Klägerin hätte dies nur durch ihre Direktoren selbst geschehen können.

Der deutsche Mobilfunkanschluss wurde tatsächlich von der Klägerin unterhalten. Ein anderer wirtschaftlicher Sinn, als jener der Steigerung der Attraktivität eines Anrufes für Kundschaft aus Deutschland, kann dieser Maßnahme nicht beigemessen werden.

Der Direktor der Klägerin, Herr B.C., warb gerade mit Beratungsleistungen zur Steuerminimierung durch Auslandsgesellschaften, wobei der Unternehmer hierbei gleichwohl in Deutschland "leben und arbeiten" können sollte. Neben den festgestellten deutschen Kommunikationsanschlüssen spricht auch die Beibehaltung eines Geschäftskontos - der B.C.- ... KG - in Deutschland für einen entsprechenden "Selbstversuch" des Herrn C..

2. Das vorstehende Resultat - keine Teilnahme am Vergütungsverfahren mangels Ansässigkeit im Ausland - wird nicht durch die Unternehmerbescheinigung vom 31.07.1998 der britischen HM CUSTOMS AND EXCISE Behörde in Frage gestellt.

Denn diese Unternehmerbescheinigung entfaltet keine Bindungswirkung für die Feststellung des maßgeblichen Ortes einer Einrichtung, die ihrer Struktur nach geeignet ist, die Erbringung der vom Steuerpflichtigen behaupteten Umsätze zu ermöglichen.

Die Bescheinigung kann lediglich den Nachweis einer formalen Registrierung bei der zuständigen Behörde und damit allenfalls einen Beleg über den statuarischen Sitz erbringen.

a) Das Vorsteuer-Vergütungsverfahren nach § 18 Abs. 9 UStG i. V. m. §§ 59 ff. UStDV hat seine Grundlage in der 8. RLEWG. Für den materiell-rechtlichen Anspruch auf Vorsteuererstattung sind auch im Rahmen des Vergütungsverfahrens nach Art. 5 Abs. 1 der 8. RLEWG die Vorschriften über den Vorsteuerabzug, die im Vergütungsstaat gemäß Artikel 17 der 6. RLEWG gelten, maßgeblich.

Eine Teilnahme am deutschen Vergütungsverfahren kommt somit nur in Betracht, wenn der antragstellende Unternehmer nach deutschen Recht gemäß § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG "im Ausland ansässig" ist.

b) Die Unternehmerbescheinigung trifft keine Aussage darüber, dass sich die bezeichnete zumindest notwendige Einrichtung des Steuerpflichtigen tatsächlich am bezeichneten Sitz des Unternehmers und damit nicht im Inland befindet.

(1) Dies folgt zunächst aus Rechtsgründen.

Mit der von der ausländischen Finanzbehörde ausgestellten Unternehmerbescheinigung erbringt der Unternehmer gemäß Art. 3 b) der 8. RLEWG den Nachweis, dass er "Mehrwertsteuerpflichtiger" des ausstellenden Sitzstaates ist. Der Status als "Mehrwertsteuerpflichtiger" sagt jedoch nichts über eine bestehende Einrichtung eines Unternehmens aus. Dies belegen allein die nicht an den Unternehmerstatus anknüpfenden Vorschriften wie §§ 1b, 2a UStG (Fahrzeugeinzelbesteuerung), § 14 Abs. 3 UStG (unberechtigter Umsatzsteuerausweis), die auf das Gemeinschaftsrecht zurückzuführen sind (Art. 21, 28a der 6. RLEWG) und daher auch für das Umsatzsteuerrecht der anderen EU-Staaten Geltung beanspruchen. In diesen Fällen ist der Steuerpflichtige sogar "Mehrwertsteuerpflichtiger", ohne Unternehmer zu sein.

Dieser Befund wird durch die Systematik der 8. RLEWG bestätigt, wie er bereits im Wortlaut zum Ausdruck kommt. Im Anhang B "Muster" der 8. RLEWG heißt es bei der Bezeichnung des antragstellenden Unternehmers wörtlich:

"Nachweis der Eintragung als Steuerpflichtiger ... __________________________________________ (Anschrift, Sitz) ..."

Während im Muster nach Anhang B der 8. RLEWG damit lediglich der "Sitz" vermerkt ist, sieht Art. 1 der 8. RLEWG denjenigen Steuerpflichtigen als nicht im Inland ansässig an, der in diesem Land u.a. weder den "Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit" noch eine feste Niederlassung hat.

Aus dem aufgrund der unterschiedlichen Wortwahl eindeutigen Wortlaut der Richtlinie ist damit zu schließen, dass die Unternehmerbescheinigung lediglich den statuarischen - "formalen" - Sitz meint und deshalb keinen Nachweis über den Ort einer Einrichtung, die ihrer Struktur nach geeignet ist, die Erbringung der vom Steuerpflichtigen behaupteten Umsätze zu ermöglichen, erbringen kann. In der Unternehmerbescheinigung ist daher bereits im Ansatz nichts über die hier maßgebliche Ansässigkeit ausgesagt.

(2) Auch rein tatsächliche Argumente sprechen für die fehlende Bindungswirkung.

Nach dem Grundsatz der formellen Territorialität verbietet das Völkerrecht die Vornahme von Hoheitsakten im Ausland (vgl. Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2001, § 2 Rz. 33). Der die Unternehmerbescheinigung ausstellenden Behörde ist es deshalb nicht möglich zu ermitteln und festzustellen, ob der antragstellende Unternehmer nicht vielleicht im Ausland über ein übergeordnetes Zentrum seiner Geschäftstätigkeit verfügt. Eine diesbezügliche Aussage kann die Unternehmerbescheinigung daher nicht treffen. Dagegen ist die Steuerbehörde des Landes, in dem ein solches potentielles Zentrum als tatsächlicher Ort der geforderten Einrichtung belegen ist, sehr wohl in der Lage, entsprechende Feststellungen zu treffen.

Aus diesem Grund erscheint es für die eine Unternehmerbescheinigung ausstellende Behörde tatsächlich unmöglich, abschließende Aussagen über den tatsächlichen Ort der geforderten Einrichtung zu treffen.

II.

Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass für die im Klageverfahren nachgereichte Rechnung aus dem Kalenderjahr 1998 "B.C. YACHTCHARTER KG i.H.v. DM 9.744,00 brutto" vom 23.10.1998 eine Erstattung auch aus einem weiteren Grund nicht in Betracht kommt. Die Klägerin hat es versäumt, fristgerecht diese Originalrechnungen bei dem Beklagten einzureichen. Der erkennende Senat geht gemäß seiner Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 13. November 2003 - 2 K 4850/00, Veröffentlichung in EFG 2004) davon aus, dass die den Vergütungsantrag rechtfertigenden Originalrechnungen ebenfalls innerhalb der Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Ablauf des Vergütungszeitraumes vorgelegt werden müssen, § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG.

Nach dem festgestellten Sachverhalt hat die Klägerin die bezeichnete Originalrechnung nicht bis zum 30.06.1999 eingereicht. Gründe für eine Wiedereinsetzung nach § 110 AO - falls diese grundsätzlich zu gewähren sein sollte - sind weder vorgetragen noch sonst erkennbar.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

D.

Wie dargelegt ist in der Unternehmerbescheinigung - nach dem eindeutigen Wortlaut der RLEWG - bereits im Ansatz nichts über die für den Entscheidungsfall maßgebliche Ansässigkeit, nämlichen den tatsächlichen Ort der geforderten Einrichtung, ausgesagt.

Der Senat sieht deshalb von einer Vorlage des Verfahrens an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) ab. Das FG ist als Instanzgericht im Übrigen auch nicht verpflichtet, eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen (z.B. BFH-Beschluss vom 03.04.2001 - V B 34/00, BFH/NV 2001, 1306 m.w.N. und Beschluss des BVerfG vom 03. Oktober 1989 2 BvR 440/87, HFR 1990, 446).

Aus dem gleichen Grunde sieht der Senat davon ab, die Revision gegen die vorliegende Entscheidung zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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