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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 20.04.2007
Aktenzeichen: 2 K 4034/05
Rechtsgebiete: DBA USA, EStG, FGO, AO, KStG


Vorschriften:

DBA USA Art. 3 Abs. 1 Buchst. e
DBA USA Art. 10 Abs. 2 Buchst. a
EStG § 43b
EStG § 50d Abs. 1
EStG § 50g
FGO § 44 Abs. 1
FGO § 45
FGO § 46
AO § 155 Abs. 1 S. 3
KStG § 2 Nr. 1
KStG § 8 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

2 K 4034/05

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin die Minderung der Kapitalertragsteuer nach Art. 10 Abs. 2 Buchst. a DBA-USA auf 5 % beanspruchen kann.

Die Klägerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin der ... Inc. (im Folgenden: A-Inc.). Die A-Inc. hatte in den USA nach dem Subchapter S des Internal Revenue Code (IRC) für sie Besteuerung als sog. "S-Corporation" optiert. Sie war daher in den USA nicht körperschaftsteuerpflichtig. Ihre Einkünfte wurden vielmehr bei den beiden in den USA ansässigen Gesellschaftern, Herrn ... und Herrn .... der Besteuerung unterzogen.

Die A-Inc. war an der im Inland ansässigen .... GmbH (im Folgenden: A-GmbH) mit einem Geschäftsanteil von 50 v.H. beteiligt. Im Jahr 2003 erhielt die A-Inc. von der A-GmbH eine Gewinnausschüttung i.H.v. 95.000 EUR brutto und im Jahr 2004 eine solche i.H.v. 375.000 EUR brutto. Die A-GmbH behielt für die Ausschüttung 2003 Kapitalertragsteuer i.H.v. 19.000 EUR zzgl. Solidaritätszuschlag i.H.v. 1.045 EUR sowie für die Ausschüttung 2004 Kapitalertragsteuer i.H.v. 75.000 EUR zzgl. Solidaritätszuschlag i.H.v. 4.125 EUR ein und führte diese Steuerabzugsbeträge an das zuständige Finanzamt ab.

Im Jahr 2004 beantragte die A-Inc. beim Bundesamt für Finanzen - BfF - (seit. 01.01.2006 Bundeszentralamt für Steuern - BZSt -) die Erstattung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag für die Ausschüttung 2003 i.H.v. insgesamt 15.295 EUR und für die Ausschüttung 2004 i.H.v. insgesamt 60.375 EUR.

Mit Bescheid vom ... 2005 setzte das BfF folgende Erstattungsbeträge fest:

Ausschüttung 2003: Kapitalertragsteuer 4.750 EUR Solidaritätszuschlag 1.045 EUR

Ausschüttung 2004: Kapitalertragsteuer 18.750 EUR Solidaritätszuschlag 4.125 EUR

Dabei ging das BfF davon aus, dass der A-Inc. als sog. "S-Corporation" nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b DBA-USA lediglich ein Anspruch auf Reduzierung der Kapitalertragsteuer von 20 v.H. auf 15 v.H. zusteht.

Der hiergegen von der A-Inc. am ... 2005 eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg. In der ihr gegenüber erlassenen Einspruchsentscheidung vom ... 2005 vertrat das BfF weiterhin die Auffassung, dass der A-Inc. als steuerlich transparenter Gesellschaft nicht die Vergünstigung für Schachteldividenden nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Bucht. a DBA-USA zu gewähren sei.

Mit der hiergegen, zunächst von der A-Inc. erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung trägt sie Folgendes vor:

Die zunächst im Namen der A-Inc. erhobene Klage sei zulässig. Zwar sei die A-Inc. bereits am ... 2005 auf die ... Company verschmolzen worden, die dann anschließend in sie, die Klägerin, umfirmiert worden sei. Mangels Existenz der A-Inc. zum Zeitpunkt der Klageerhebung sei jedoch erkennbar gewesen, dass objektiv sie, die Klägerin, Partei des vorliegenden Rechtsstreits hätte sein sollen. Eine Berichtigung der Parteibezeichnung sei daher zulässig.

In materieller Hinsicht stehe ihr die Schachteldividendenvergünstigung des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA zu.

Die A-Inc. sei im Hinblick auf die gezahlten Gewinnausschüttungen Nutzunberechtigte i.S. dieses Artikels gewesen. Dies ergebe sich aus dem Protokoll zu Art. 10 DBA-USA. Für die Qualifikation des Dividendenempfängers verweise dieses Protokoll auf die Sicht des Staates, aus dem die Dividenden stammten. Maßgebend sei damit die Qualifikation der S-Corporation aus deutscher Sicht. Der Quellenstaat Deutschland müsse daher seine Steuer reduzieren, wenn er die Dividende dem im anderen Staat ansässigen Empfänger nach seinen eigenen Regeln zurechne; die Zurechnung durch den anderen Vertragsstaat - hier den USA - sei unerheblich.

Demnach sei im Streitfall ausschlaggebend, dass die A-Inc. als S-Corporation nach deutschem Recht eine juristische Person i.S. des Art. 3 Abs. 1 Buchst. e DBA-USA gewesen sei. Die Einstufung der S-Corporation als transparente Gesellschaft in den USA beeinflusse diese Qualifikation nicht.

Für die Frage der Ansässigkeit der SCorporation komme es auf die Ansässigkeit der Personengesellschaft als solcher an, nicht auf die Ansässigkeit der dahinter stehenden Gesellschafter. Art. 4 Abs. 1 Buchst. b DBAUSA sei so zu verstehen, dass das steuerlich transparente Gebilde insoweit in einem Vertragsstaat ansässig sei, als die Einkünfte bei den Gesellschaftern in diesem Vertragsstaat besteuert werden. Auf eine Besteuerung der SCorporation selbst komme es damit nicht an. Da im Streitfall beide Gesellschafter der AInc. in den USA ansässig seien und ihre Einkünfte aus der SCorporation in den USA versteuern müssten, sei die AInc. in den USA ansässig gewesen. Damit sei die AInc. auch selbst abkommensberechtigt.

Schließlich wäre nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA auch Personengesellschaften das Schachtelprivileg zu gewähren. Der in Art. 10 Abs. 2 Buchst. a OECD-MA enthaltene Zusatz "mit Ausnahme von Personengesellschaften" finde sich im DBA-USA nicht. Auch in der Neufassung des DBA-USA vom 01.06.2006 sei diese Einschränkung aus dem OECD-MA nicht aufgenommen worden. Dies spreche dafür, dass der Text des DBA-USA an dieser Stelle nicht einschränkend auszulegen sei und auch für Personengesellschaften gelte.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Bescheid über die Freistellung und Erstattung von deutschen Abzugssteuern vom Kapitalertrag vom ..... 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ... ... 2007 dahingehend zu ändern, dass

die Erstattung der auf die am ...... 2003 in Höhe von 95.000 EUR zugeflossenen Kapitalerträge erhobenen deutschen Kapitalertragsteuer inklusive Solidaritätszuschlag auf insgesamt 15.295 EUR und

die Erstattung der auf die am ...... 2004 in Höhe von 377.000 EUR zugeflossenen Kapitalerträge erhobenen deutschen Kapitalertragsteuer inklusive Solidaritätszuschlag auf insgesamt 60.375 EUR festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist weiterhin der Ansicht, dass einer S-Corporation die Vergünstigungen des Schachteldividendenprivilegs mangels eigener Ansässigkeit in den USA nicht zustünden.

Eine S-Corporation sei selbst nicht ansässig i.S. des Art. 4 Abs. 1 DBA-USA i.V.m. Art. 10 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. DBA-USA. Eine Abkommensberechtigung bestehe hiernach nur dann, wenn eine Anerkennung nach dem Steuerrecht der USA als eigenes Steuersubjekt vorliege und in den USA eine Unterwerfung unter die dortige Inländerbesteuerung stattfinde. Diese Voraussetzungen erfülle eine S-Corporation jedoch nicht, da sie nicht selbst der Ertragsbesteuerung in den USA unterliege.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus Art. 4 Abs. 1 Buchst. b DBA-USA. Aus dieser Regelung könne lediglich gefolgert werden, dass die in den USA ansässigen Gesellschafter einer S-Corporation abkommensberechtigt seien. Eine Abkommensberechtigung für die in den USA nicht als Steuersubjekt angesehene S-Corporation ergebe sich hieraus jedoch nicht.

Am ... 2007 hat der Beklagte gegenüber der Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin der A-Inc. eine inhaltlich der Einspruchsentscheidung vom ... 2005 entsprechende Einspruchsentscheidung erlassen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.

I.

Die Klage wurde wirksam von der Klägerin erhoben. Zwar war im ersten Klageschriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom .... 2005 noch die A-Inc. als Klägerin bezeichnet. Die gebotene Auslegung dieses Klageschriftsatzes ergibt jedoch, dass Beteiligte des vorliegenden Rechtstreits die Klägerin ist.

1. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Bezeichnung einer Partei in der Klageschrift für die Parteistellung allein nicht ausschlaggebend. Vielmehr kommt es darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist. In diese Beurteilung ist auch das tatsächliche Vorbringen im weiteren Verlauf des Verfahrens mit einzubeziehen. Bei unrichtiger äußerer Bezeichnung ist grundsätzlich die Person als Partei anzusehen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll. Dabei ist im Allgemeinen nicht davon auszugehen, dass eine Klage für jemanden erhoben wird, der nicht mehr existent ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 08. November 2005 VIII B 3/96, BFH/NV 2006, 570 m.w.N.; BFH-Urteil vom 14. November 1986 III R 12/81, BStBl II 1987, 178 m.w.N).

2. Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall davon auszugehen, dass die Klage entgegen ihrem ausdrücklichen Wortlaut von der Klägerin und nicht der A-Inc. erhoben worden ist.

a) Bei verständiger Würdigung des verfolgten Klageziels ist der Klageschrift und dem weiteren Tatsachenvortrag im Laufe des Verfahrens zu entnehmen, dass im vorliegenden Fall derjenige Rechtsschutz begehrt, der im Zeitpunkt der Klageerhebung einen Anspruch auf Erstattung der deutschen Abzugssteuer nach § 50d Abs. 1 EStG i.V.m. dem DBA-USA geltend machen konnte. Dies war jedoch nicht mehr die A-Inc., die aufgrund einer mit Wirkung zum ... 2005 vorgenommenen Verschmelzung auf die ... Company und anschließender Umfirmierung in die Klägerin bereits vor Klageerhebung erloschen war. Vielmehr war im Zeitpunkt der Klageerhebung die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin der A-Inc. mögliche Inhaberin des Erstattungsanspruchs.

b) Die Klägerbezeichnung im Klageschriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom .... 2005 beruhte damit erkennbar auf einem Versehen, da der Umstand der Verschmelzung und Umfirmierung der A-Inc. in die Klägerin den Bevollmächtigten erst nach Klageerhebung bekannt geworden war. In einem solchen Fall kann die erkennbar unrichtige ebenso wie eine inhaltlich unklare Parteibezeichnung selbst nach Ablauf der Klagefrist noch berichtigt oder ergänzt werden (BFH-Beschluss vom 08. November 2005 VIII B 3/96. a.a.O., m.w.N.). Eine solche Berichtigung der Parteibezeichnung haben die Prozessbevollmächtigen der Klägerin im Schriftsatz vom 25. November 2005 dann auch vorgenommen.

II.

Die Klage ist nach § 44 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO - auch nicht wegen Fehlens eines außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens unzulässig.

1. In den Fällen, in denen - wie im vorliegenden Verfahren - ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, ist nach § 44 Abs. 1 FGO die Klage vorbehaltlich der §§ 45 und 46 FGO nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist. Das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren muss durch eine Rechtsbehelfsentscheidung gegen den Rechtsbehelfsführer wirksam abgeschlossen sein. Die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ist eine Sachurteilsvoraussetzung, die noch während des gerichtlichen Verfahrens mit der Folge nachgeholt werden kann, dass die Klage auch hinsichtlich des Sachantrags zulässig wird (vgl. BFH-Urteil vom 21. Januar 1993 V R 59/88, BFH/NV 1994, 41 m.w.N.).

2. Im Streitfall wurde die Sachurteilsvoraussetzung des § 44 Abs. 1 FGO wirksam während des Klageverfahrens nachgeholt.

Die vom Beklagten an die A-Inc. gerichtete Einspruchsentscheidung vom .... 2005 war unwirksam, da die A-Inc. im Zeitpunkt der Zustellung der Einspruchsentscheidung bereits erloschen war. Diesen Mangel hat der Beklagte jedoch während des Klageverfahrens am .... .... 2007 durch den Erlass einer Einspruchsentscheidung gegenüber der Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin der A-Inc. wirksam geheilt.

III.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Der Bescheid über die Freistellung und Erstattung von deutschen Abzugssteuern vom Kapitalertrag vom ... 2005 in Gestalt der im Laufe des Klageverfahrens gegenüber der Klägerin erlassenen Einspruchsentscheidung vom ..... 2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Der Beklagte hat zu Recht die Minderung der Quellensteuer nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA auf 5 vom Hundert des Bruttobetrags der von der A-GmbH in den Jahren 2003 und 2004 an die A-Inc. gezahlten Gewinnausschüttungen versagt. Die A-Inc. hatte keinen Anspruch auf diese Schachteldividendenvergünstigung.

1. Können Einkünfte, die - wie im Streitfall - dem Steuerabzug vom Kapitalertrag unterliegen, nach §§ 43b, 50g EStG oder nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht oder nur nach einem niedrigeren Steuersatz besteuert werden, so sind gemäß § 50d Abs. 1 Satz 1 EStG die Vorschriften über die Einbehaltung, Abführung und Anmeldung der Steuer durch den Schuldner der Kapitalerträge ungeachtet der §§ 43b und 50g EStG sowie des Abkommens anzuwenden. Der Schuldner von Kapitalerträgen ist damit auch dann zur Einbehaltung, Abführung und Anmeldung der gesetzlich vorgesehenen Kapitalertragsteuer verpflichtet, wenn die Vergütung nach einem Doppelbesteuerungsabkommen nicht oder nur mit einem niedrigeren Steuersatz besteuert werden kann. Hiervon unberührt bleibt nach § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG der Anspruch des Gläubigers der Kapitalerträge auf vollständige oder teilweise Erstattung der einbehaltenen und abgeführten Steuer. Dieser Anspruch ist durch einen Antrag auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck geltend zu machen (§ 50d Abs. 1 Satz 3). Verfahrensrechtliche Grundlage der Steuererstattung ist ein Feststellungsbescheid i.S. des § 155 Abs. 1 Satz 3 Abgabenordnung - AO - (§ 50d Abs. 1 Satz 3 EStG), in dem über die Höhe des unbesteuert bleibenden Teils der Vergütung - und damit zugleich des Erstattungsanspruchs - entscheiden wird (vgl. BFH-Urteile vom 11. Oktober 2000 I R 34/99, BFHE 193, 336, BStBl II 2001, 291; vom 20. Juni 1984 I R 283/81, BFHE 142, 35, BStBl 1984, 828; BFH-Beschluss vom 13. April 1994 I B 212/93, BFHE 174, 389, BStBl II 1994, 835).

2. Im Streitfall liegen die Voraussetzungen für eine über die vom Beklagten bereits vorgenommene Quellensteuerabsenkung hinausgehenden Minderung nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA auf 5 v.H. des Bruttobetrags der Gewinnausschüttungen nicht vor.

a) Gemäß Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA können Dividenden auch in dem Vertragsstaat, in dem die die Dividenden zahlende Gesellschaft ansässig ist, nach dem Recht dieses Staats besteuert werden; die Steuer darf aber, wenn der Nutzungsberechtigte der Dividenden im anderen Vertragsstaat ansässig ist, 5 vom Hundert des Bruttobetrags der Dividenden nicht übersteigen, wenn der Nutzungsberechtigte eine Gesellschaft ist, die unmittelbar über mindestens 10 vom Hundert der stimmberechtigten Anteile der die Dividenden zahlenden Gesellschaft verfügt. In allen anderen Fällen ist nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b DBA-USA das Besteuerungsrecht dieses Staates (Quellenstaat) auf 15 v.H. des Bruttobetrags der Dividende begrenzt.

b) Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass nach dem reinen Wortlaut des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA die Voraussetzungen der Schachteldividendenvergünstigung gegeben sein könnten.

aa) Die A-Inc. war eine Gesellschaft i.S. des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA.

(1) "Gesellschaften" sind nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. e DBA-USA juristische Personen oder Rechtsträger, die für die Besteuerung wie juristische Personen behandelt werden.

(2) Nach der insoweit maßgeblichen Rechtsordnung des Quellenstaates Deutschland (vgl. hierzu Wassermeyer, in Debatin/Wassermeyer, MA Art. 10 Rz. 71; Vogel, IStR 1999, 5, 6) war die A-Inc. zivilrechtlich eine juristische Person. Die Ausübung des steuerlichen Wahlrechts, in den USA als sog. "S-Corporation" besteuert zu werden, ändert an dieser Einordnung als juristische Person nichts (Finanzgericht Köln, Urteil vom 16. Februar 2006 2 K 2100/03, EFG 2006, 746; Wolff, in Debatin/Wassermeyer, DBA USA Art. 3 Rz. 22; Plewka/Renger, IStR 2006, 586, 587 m.w.N.).

bb) Die A-Inc. war auch Nutzungsberechtigte der von der A-GmbH gezahlten Dividenden.

(1) Für einen Vertragsstaat gilt gemäß dem Protokoll zu den Art. 10, 11 und 12 des DBA-USA der im anderen Vertragsstaat ansässige Bezieher von Dividenden, Zinsen oder Lizenzgebühren als Nutzungsberechtigter im Sinne der Artikel 10, 11, und 12, wenn der Bezieher die Person ist, der die Einkünfte nach dem Recht des erstgenannten Staates steuerlich zuzurechnen sind.

(2) Wer Nutzungsberechtigter ist, bestimmt sich damit nach dem nationalen Steuerrecht des Ansässigkeitsstaates der ausschüttenden Kapitalgesellschaft, d.h. im Streitfall nach deutschem Steuerrecht. Bei der Ausschüttung einer deutschen Kapitalgesellschaft an eine S-Corporation ist damit aus deutscher Sicht die S-Corporation Nutzungsberechtigte der Dividende, denn sie ist mit der Dividende nach §§ 2 Nr. 1, 8 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz - KStG -, § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG beschränkt körperschaftsteuerpflichtig (Plewka/Renger, IStR 2006, 586, 587 m.w.N.).

cc) Die A-Inc. war auch im anderen Vertragsstaat, d.h. den USA, ansässig.

(1) Als juristische Person war die A-Inc. allerdings nicht selbst nach Art. 4 Abs. 1 1. Halbs. DBA-USA in den USA ansässig.

alpha) Nach Art. 4 Abs. 1 1. Halbs. DBA-USA ist eine Gesellschaft nur dann in den USA ansässig, wenn sie auf Grund des Ortes ihrer Geschäftsleitung dort selbst steuerpflichtig ist, d.h. nach dem Steuerrecht der USA als eigenständiges Steuersubjekt anzusehen ist.

beta) Diese Voraussetzung war bei der A-Inc. nicht gegeben. Als S-Corporation unterlag sie selbst nicht der Ertragsbesteuerung in den USA (Finanzgericht Köln, Urteil vom 16. Februar 2006 2 K 2100/03, EFG 2006, 746, m.w.N.; Wolff, in Debatin/Wassermeyer, DBA USA Art. 4 Rz. 42; Plewka/Renger, IStR 2006, 586, 588 m.w.N.).

(2) Die Ansässigkeit der A-Inc. in den USA ergibt sich im Streitfall jedoch aus. Art. 4 Abs. 1 Buchst. b DBA-USA.

alpha) Nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. b DBA-USA ist die Ansässigkeit einer Personengesellschaft in einem Vertragsstaat insoweit gegeben, als die von der Personengesellschaft bezogenen Einkünfte in diesem Staat wie Einkünfte dort Ansässiger besteuert werden, und zwar entweder bei der Gesellschaft oder bei deren Gesellschaftern.

beta) Entgegen der noch im Senatsurteil vom 16. Februar 2006 (2 K 2100/03, a.a.O.) vertretenen Ansicht ist der Senat jetzt der Auffassung, dass eine S-Corporation nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. b DBA-USA dann in den USA ansässig ist und somit grundsätzlich Abkommenschutz genießt, wenn - wie im Streitfall - die Einkünfte der Gesellschaft bei ihren in den USA ansässigen Gesellschaftern besteuert werden (vgl. Plewka/Renger, IStR 2006, 586, 588 m.w.N.).

dd) Da die A-Inc. schließlich auch an der die Dividenden zahlenden A-GmbH mit einem Geschäftsanteil von 50 v.H. beteiligt war, wären bei einer am Wortlaut des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA orientierten Auslegung die Voraussetzungen der Schachteldividendenvergünstigung erfüllt.

c) Nach Ansicht des erkennenden Senats ist Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA jedoch im Wege einer teleologischen Reduktion dahingehend auszulegen, dass die Schachteldividendenvergünstigung einer S-Corporation nicht zu gewähren ist.

aa) Sinn und Zweck der Sonderregelung des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA für Schachteldividenden ist es, eine mehrfache Steuerbelastung von Konzerndividenden auf Körperschaftsebene zu vermeiden (vgl. Tischbirek in Vogel/Lehner DBA, Art. 10 Rz. 54 m.w.N.; Nr. 10 des Musterkommentars zu Art. 10 OECD-MA).

bb) Zu einer solchen Mehrfachbelastung auf der Gesellschaftsebene kommt es aber nicht, wenn der Nutzungsberechtigte der Dividenden eine Gesellschaft ist, die nach dem Recht ihres Sitzstaates steuerlich transparent ist und deren Gesellschafter ausschließlich natürliche Personen sind. In diesem Fall ist daher nach Sinn und Zweck des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA die Schachteldividendenvergünstigung zu versagen (s.a. Wolff, in Debatin/Wassermeyer, DBA USA Art. 10 Rz. 71; a.A. Wassermeyer, in Debatin/Wassermeyer, MA Art. 10 Rz. 68).

cc) Damit steht aber einer S-Corporation, die eine Schachtelbeteiligung an einer deutschen Gesellschaft hält, grundsätzlich kein Anspruch auf die Vergünstigung des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA zu. Entscheidend ist nämlich insoweit, dass eine S-Corporation - wie im Streitfall auch die A-Inc. - regelmäßig nur natürliche Personen als Gesellschafter hat (s.a. Wolff, in Debatin/Wassermeyer, DBA USA Art. 10 Rz. 71). Da die Dividenden somit nach dem Steuerrecht der USA direkt von diesen Gesellschaftern der S-Corporation versteuert werden, würde die Gewährung der Schachteldividendenvergünstigung den Sinn und Zweck der Regelung des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA verfehlen.

dd) Dieser teleologischen Reduktion des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA steht nach Auffassung des erkennenden Senats nicht entgegen, dass die Regelung im Gegensatz zu Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a OECD-MA bei dem Tatbestandsmerkmal "Gesellschaft" keinen Klammerzusatz "(jedoch keine Personengesellschaft)" enthält. Aus diesen unterschiedlichen Tatbestandsformulierungen des DBA-USA und des OECD-MA kann nicht gefolgert werden, dass eine teleologische Reduktion des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA in der oben vorgenommenen Art und Weise ausgeschlossen ist (so aber Plewka/Renger, IStR 2006, 586, 590).

(1) Gegen eine solche Schlussfolgerung spricht vor allem, dass die Problematik des vorliegenden Streitfalles auch dann bestünde, wenn Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA einen dem OECD-MA entsprechenden Klammerzusatz enthielte. Wie oben dargelegt wurde, ist für die Beantwortung der Frage, ob das Tatbestandsmerkmal "Gesellschaft" erfüllt ist, auf die Rechtsordnung des Quellensteuerstaates - hier Deutschland - abzustellen. Nach der deutschen Rechtsordnung ist eine S-Corporation aber eine juristische Personen i.S. des Art. 3 Abs. 1 Buchst. e DBA-USA und gerade keine Personengesellschaft. Das Tatbestandsmerkmal "Gesellschaft" in Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA wäre damit auch dann zu bejahen, wenn im DBA-USA ebenfalls der Klammerzusatz "(jedoch keine Personengesellschaft)" enthalten wäre. Im Ergebnis würde somit auch ein entsprechender Klammerzusatz allein die Anwendung des ermäßigten Quellensteuersatzes für Schachteldividenden bei einer S-Corporation nicht verhindern (a.A. Plewka/Renger, IStR 2006, 586, 590).

(2) Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die vorliegend vorgenommene teleologische Reduktion des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA nicht generell die Schachteldividendenvergünstigung verneint, wenn die im Quellensteuerstaat Deutschland als juristische Person i.S. des Art. 3 Abs. 1 Buchst. e DBA-USA angesehene Gesellschaft in den USA als steuerlich transparente Personengesellschaft behandelt wird. Nach der oben dargestellten Ansicht des erkennenden Senats ist eine teleologische Reduktion des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA nur insoweit vorzunehmen, als die "Personengesellschaft" natürliche Personen als Gesellschafter hat. Sind die Gesellschafter der "Personengesellschaft" selbst Gesellschaften i.S. des Art. 3 Abs. 1 Buchst. e DBA-USA, so kommt demgegenüber eine teleologische Reduktion des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA nicht in Betracht, da dann der Sinn und der Zweck dieser Regelung erfüllt sind (s.a. Wolff, in Debatin/Wassermeyer, DBA USA Art. 10 Rz. 71). Auch dieser Aspekt zeigt, dass die vom erkennenden Senat vorgenommene teleologische Reduktion des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA zu anderen Ergebnissen führt als der in der Regelung des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a OECD-MA enthaltene Klammerzusatz "(jedoch keine Personengesellschaft)".

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

V.

Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.



Ende der Entscheidung

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