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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 19.03.2009
Aktenzeichen: 2 K 659/07
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 3
EStG § 19 Abs. 1
EStG § 42d Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verein zur Förderung alter, kranker und behinderter Menschen und zugleich Mitglied im ... . Er beschäftigt deutlich mehr als 1000 Arbeitnehmer und ist in das beim Amtsgericht ........... geführte Vereinsregister unter der Nr. ....eingetragen.

Im Jahre 2005 wurde beim Kläger eine Lohnsteuer-Außenprüfung für die Zeit vom 01.06. 2002 - 01.01.2005 durchgeführt. Im Einzelnen enthält der Bericht über die Lohnsteuer-Außenprüfung des Beklagten vom .......2005, auf dessen Inhalt hier im Übrigen verwiesen wird, folgende streitrelevante Feststellungen:

Unter Tz. 1 enthält der Betriebsprüfungsbericht zunächst die Feststellung, dass der Kläger seiner Mitarbeiterin ................ aufgrund von Vergleichsverhandlungen eine Abfindung in Höhe von ......,84 €; gezahlt hatte. Außerdem hatte er sich verpflichtet, ihr ab Februar 2003 bis Dezember 2004 einen monatlichen Zeitzuschlag in Höhe von 112 €; zu zahlen. Die entsprechende Nachzahlung für die Monate Februar 2003 bis Juli 2004 in Höhe von insgesamt 2.016 €; erfolgte im August 2004, während die weiteren Monate jeweils bei der monatlichen Lohnabrechnung berücksichtigt wurden. Eine Versteuerung der Zeitzuschläge erfolgte allerdings nicht. Insoweit seien die Zuschläge nach den individuellen Besteuerungsmerkmalen der Frau ........ als Nettozuwendung aufzufassen, da diese nicht mit Mehrsteuern belastet werden solle.

Nach den Feststellungen zu Tz. 4 war der Kläger zudem verpflichtet, für seine Arbeitnehmer eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung bei einer Zusatzversorgungskasse des öffentlichen Dienstes abzuschließen. Entsprechend war er der kirchlichen Zusatzversorgungskasse Rheinland-Westfalen (im Folgenden: KZVK) beigetreten. Für das Kalenderjahr 2003 zahlte er 3,25 % des zusatzversorgungspflichtigen Entgeltes des jeweiligen Arbeitnehmers maximal bis zur Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung in die KZVK ein. Nach der tarifvertraglichen Regelung des § 27a Abs. 2 AVR hatten sich zwar die Arbeitnehmer eigentlich an der monatlichen Umlage zu der zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung mit einem Eigenbeitrag in Höhe von 0,75 % des zusatzversorgungspflichtigen Entgeltes zu beteiligen. Der Kläger kürzte jedoch die Gehaltsauszahlungen seiner Arbeitnehmer nicht um ihren Eigenbeitrag, sondern behandelte sowohl den Arbeitgeberbeitrag als auch den Arbeitnehmerbeitrag zur zusätzlichen Altersversorgung als nach § 3 Nr. 63 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei. Technisch wurde der Vorgang dabei so abgewickelt, dass der nach den Tarifbestimmungen geschuldete Eigenanteil des jeweiligen Arbeitnehmers nicht in dessen steuerpflichtigem Brutto ausgewiesen wurde, obwohl der Abzug in der Position der gesetzlichen Abzüge enthalten war (auf die in den Steuerakten exemplarisch vorgehaltene Lohnabrechnung des Klägers samt dem dazu ergangenen erläuternden Schriftsatz des Beklagten vom 24.02.2006 wird hier verwiesen).

Die Betriebsprüferin sah die Eigenbeiträge der Arbeitnehmer in Höhe von 0,75 % des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts als steuerpflichtig an, weil es sich aus ihrer Sicht insoweit nicht um Beiträge des Arbeitgebers handelte. Entsprechend seien die anteiligen Beiträge nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG "nachzuversteuern". Die Mehrsteuern seien dann von dem Kläger seinen Mitarbeitern weiter zu belasten. Dem schloß sich der Beklagte in seinem Lohnsteuer-Haftungsbescheid vom .......2005 an, mit dem er den den Kläger wegen der Feststellungen in Tz. 1 und 4 des Betriebsprüfungsberichts in Anspruch nahm.

Mit Schreiben vom .......2005 legte der Kläger gegen den Lohnsteuer-Haftungsbescheid Einspruch ein und trug zur Begründung vor, seine Arbeitnehmer hätten keine Eigenbeiträge geleistet, da zwischen ihnen und der KZVK kein Rentenversicherungsvertrag existiere. Auf Grund der versicherungsrechtlichen Abreden schulde und zahle nur er, der Kläger, die Beiträge zur zusätzlichen Altersversorgung seiner Mitarbeiter. Zwar bestehe eine tarifvertragliche Vereinbarung, nach der sich der Arbeitnehmer an der Zahlung des Versicherungsbeitrages des Arbeitgebers an die KZVK dadurch zu beteiligen habe, dass er eine Kürzung des sich aus der Gehaltsabrechnung ergebenden Auszahlungsbetrages hinzunehmen habe. Eine entsprechende Kürzung sei jedoch unterblieben, da er, der Kläger, hierauf verzichtet habe. Dieser Verzicht auf eine Gehaltsrückzahlung könne aber keinen Arbeitslohn darstellen.

Mit Einspruchsentscheidung vom ......2007 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Gemäß § 3 Nr. 63 EStG seien Beiträge des Arbeitgebers aus dem ersten Dienstverhältnis an eine Pensionskasse oder einen Pensionsfond zum Aufbau einer kapitalgedecken betrieblichen Altersversorgung steuerfrei, soweit sie insgesamt im Kalenderjahr 4 % der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten nicht überstiegen. Die Vorschrift setze danach voraus, dass es sich um Beiträge des Arbeitgebers handele. Wie unter Tz. 4 des Lohnsteuer-Außenprüfungsberichtes ausgeführt, hätten sich die Arbeitnehmer nach den Vorgaben des Tarifvertragsrechts an den Beitragszahlungen zu beteiligen gehabt. Die Arbeitnehmer seien auch trotz der tatsächlichen Handhabung durch den Kläger tatsächlich wirtschaftlich belastet worden. Entsprechend seien die Eigenbeiträge vom Anwendungsbereich des 3 Nr. 63 des EStG ausgeschlossen, auch wenn sie direkt vom Kläger an die Versorgungseinrichtung abgeführt worden seien. Die Haftungsinanspruchnahme des Klägers sei im Übrigen ermessensgerecht, weil allein die Zahl der Arbeitnehmer eine Inanspruchnahme der Arbeitnehmer verbiete.

Am .......2007 hat der Kläger gegen den Lohnsteuer-Haftungsbescheid vom ......2005 in Gestalt der vorgenannten Einspruchsentscheidung Klage erhoben, die er im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Haftungsbescheid sei bereits bezüglich der Feststellungen unter Tz. 1 formell fehlerhaft, weil dort ausgeführt sei, dass eine Belastung der Frau ....... mit Mehrsteuern nicht habe erfolgen sollen. Gleichwohl seien die Beträge durch Haftungsbescheid statt in einem Lohnsteuernachforderungsbescheid nacherhoben worden. Nichts anderes ergebe sich zu den Feststellungen in Tz. 4 des Lohnsteuer-Außenprüfungsberichts, weil der Bericht selbst davon ausgehe, dass eine "Nachversteuerung" nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu erfolgen habe. Soweit der Beklagte im Übrigen davon ausgehe, dass Eigenbeiträge seiner, des Klägers, Arbeitnehmer vorlägen, verkenne er die faktische Handhabung: Soweit in den entsprechenden Gehaltsabrechnungen ein Bezug des Arbeitnehmers in entsprechender Höhe ausgewiesen sei, verkenne der Beklagte, dass sich der entsprechende Betrag rechnerisch im Ergebnis auf Null saldiere, weil ein Gegenposten als Abzug ausgewiesen sei. Eine tatsächliche Belastung der Arbeitnehmer ergebe sich nicht. Eine solche liege nur dann vor, wenn vom Nettogehalt des betroffenen Arbeitnehmers ein Abzug vorgenommen werde und somit im Ergebnis eine Gehaltsrückzahlung erfolge, die dann zur Zahlung der Versicherungsbeiträge des Arbeitnehmers verwendet werde. Dies aber sei bei seinen, des Klägers, Arbeitnehmern nicht der Fall. Deshalb habe er, der Kläger, die Beiträge in vollem Umfange zu seinen eigenen Lasten gezahlt und seinen Arbeitnehmern keinen Eigenanteil abverlangt. Der Versuch des Beklagten, die entsprechende steuerliche Rechtsfolge mit dem Argument eines abgekürzten Zahlungsweges zu begründen, müsse scheitern. Abkürzungen des Zahlungsweges bedeute die Zuwendung eines Geldbetrages an den Steuerpflichtigen in der Weise, dass der Zuwendende im Einvernehmen mit dem Steuerpflichtigen dessen Schuld tilge, statt ihm den Geldbetrag unmittelbar zu geben. Im Ergebnis müsse also der Dritte für Rechnung des Steuerpflichtigen an dessen Gläubiger leisten. So liege aber der Streitfall nicht, weil die Arbeitnehmer nicht Schuldner der KZVK seien.

Der Kläger beantragt,

den Haftungsbescheid vom ......2005 über insgesamt .......,53 €; um folgende

Beträge herabzusetzen:

 JahrLohnsteuerSoliKirchensteuer evang.Kirchensteuer röm.kath.Insgesamt
2003......,- €;......08 €;.....,14 €;.....,14 €;.......,34 €;
2004...,- €;..,78 €;..,83 €;0,00 €;.....,61 €;
2005...,- €;..,10 €;..,99 €;0,00 €;...,09 €;

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, dass bezüglich der Feststellungen in Tz. 1 des Prüfungsberichtes darauf hinzuweisen sei, dass die betroffene Arbeitnehmerin auf Wunsch des Klägers hin nicht mit Mehrsteuern zu belasten gewesen sei. Insoweit sei alleine eine Haftungsinanspruchnahme nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG möglich gewesen. Entsprechendes gelte für die Nachversteuerung der Eigenbeiträge im Rahmen des streitbefangenen Haftungsbescheides. Zwar sei die Darstellung im Prüfungsbericht insoweit missverständlich, als von Nachforderung gesprochen werde. Die Haftungsinanspruchnahme des Klägers habe nämlich alleine der Vereinfachung gedient, weil gleiche Berechnungsfehler bei einer großen Anzahl von Arbeitnehmern, nämlich insgesamt ....., gemacht worden seien. Die nachzuerhebende Lohnsteuer sei entsprechend in Anlehnung an die Vorschrift des § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG geschätzt worden. Ein echter Nachforderungsbescheid habe schon deshalb nicht erlassen werden können, weil kein Antrag des Klägers vorgelegen habe. Hinsichtlich der sachlichen Steuerpflicht der Eigenbeiträge halte er, der Beklagte, an seiner Rechtsauffassung in der Einspruchsentscheidung fest.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Lohnsteuerhaftungsbescheid vom ......2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom .....2007 ist im Ergebnis rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat den Kläger sowohl wegen der Feststellungen in Tz. 1 als auch Tz. 4 zu Recht für nachzuerhebende Lohnsteuer haftungsweise in Anspruch genommen.

1. Soweit sich der Kläger gemäß den Feststellungen in Tz. 1 des Prüfungsberichts verpflichtet hatte, seiner Arbeitnehmerin ............ ab Februar 2003 bis insgesamt Dezember 2004 einen monatlichen Zeitzuschlag in Höhe von 112 €; zu zahlen, steht zunächst außer Zweifel und wird vom Kläger auch nicht in Abrede gestellt, dass diese Zuschläge zum Arbeitslohn seiner Arbeitnehmerin gehören und daher lohnsteuerpflichtig sind (arg. e. contr. § 3b EStG). Allein streitig ist danach die Frage, ob der Kläger nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden durfte. Dies ist der Fall: Der Kläger hat zunächst für die seiner Arbeitnehmerin zugewendeten lohnsteuerpflichtigen Zeitzuschläge keine Lohnsteuer einbehalten und abgeführt und erfüllt danach den Haftungstatbestand des § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG. Der Beklagte war zudem auch berechtigt, das ihm nach § 42d Abs. 3 Satz 2 EStG eingeräumte Auswahlermessen bezüglich der Inanspruchnahme des Arbeitnehmers als Steuerschuldner bzw. des Arbeitgebers als Haftungsschuldner in der Weise auszuüben, dass er den Kläger in Anspruch nahm. Abgesehen davon, dass eine solche Inanspruchnahme schon dann regelmäßig gerechtfertigt ist, wenn der Arbeitgeber den Steuerabzug leichtfertig unterlassen hat (vgl. Drenseck in Schmidt, EStG, 27. Aufl., § 42d EStG Rz. 31 mwN), ergibt sich dies vor allem aus der Überlegung, dass der Kläger selbst im Rahmen der Lohnsteuer-Außenprüfung darum gebeten hatte, dass seiner Arbeitnehmerin keine Mehrbelastung entstehen solle. Der Beklagte hat sein Ermessen insoweit pflichtgemäß ausgeübt und kann der Kläger schon nach Treu und Glauben nunmehr nicht mit dem Argument gehört werden, der Beklagte habe eine Inanspruchnahme der betroffenen Arbeitnehmerin in Erwägung ziehen müssen.

2. Nichts anderes gilt im Ergebnis hinsichtlich der unter Tz. 4 des Prüfungsberichts dargestellten Feststellungen. Auch insoweit war der Beklagte berechtigt, den Kläger nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG in Anspruch zu nehmen.

a) Nach Auffassung des Senats waren die vom Kläger für seine Arbeitnehmer geleisteten Beträge lohnsteuerpflichtig und durfte der Kläger diese nicht als "Beiträge des Arbeitgebers" i.S. des § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei belassen (vgl. dazu insgesamt bereits das Urteil des FG Schleswig-Holstein vom 5.11.2008 2 K 5/07, EFG 2009, 269).

aa) Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG u.a. Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Arbeitslohn sind nach § 2 Abs. 1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen; dabei ist unerheblich, unter welcher Bezeichnung und in welcher Form die Einnahmen gewährt werden. Demgemäß ist Arbeitslohn jeder gewährte Vorteil, der durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst ist. Das ist der Fall, wenn der Vorteil nur deshalb gewährt wird, weil der Zurechnungsempfänger Arbeitnehmer des Arbeitgebers ist, der Vorteil also mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird, und wenn sich die Leistung des Arbeitgebers im weitesten Sinn als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (BFH-Urteile vom 15.02.2006 VI R 92/04, BFHE 212, 445, BStBl II 2006, 445 ; vom 26.06.2003 VI R 112/98, BStBl II 2003, 886; vom 30.05.2001 VI R 159/99, BStBl II 2001, 815). Für den Senat steht es außer Zweifel, dass den Arbeitnehmern des Klägers der strittige Bestandteil des tariflich geschuldeten Arbeitslohns, der auf ihre Beteiligung an der Zusatzaltersversorgung entfiel, von diesem im vorgenannten Sinne als Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zugewendet wurde. Dies ergibt sich daraus, dass der Kläger die in der Person der Arbeitnehmer nach den tarifvertraglichen Bestimmungen bestehenden Beitragsverpflichtungen übernommen hat. Insoweit ist zwischen den Beteiligten auch nicht strittig, dass die Arbeitnehmer des Klägers insoweit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt haben, die grundsätzlich steuerbar sind.

bb) Entgegen der Ansicht des Klägers liegen allerdings die Voraussetzungen des § 3 Nr. 63 EStG für eine Steuerfreiheit der betroffenen Beträge nicht vor.

aaa) Nach § 3 Nr. 63 Satz 1 EStG sind nur "Beiträge des Arbeitgebers" aus dem ersten Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung, bei der eine Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgungsleistungen in Form einer Rente oder eines Auszahlungsplans vorgesehen ist, soweit die Beiträge im Kalenderjahr 4 % der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen, steuerfrei. Beiträge aus dem versteuerten Vermögen des Arbeitnehmers sind dagegen nicht begünstigt, da sie nicht aus dem Vermögen des Arbeitgebers gezahlt werden. Nach richtiger Auffassung gilt dies auch dann, wenn sie vom Arbeitgeber an die Versorgungseinrichtung abgeführt werden. Bei den strittigen Beiträgen handelt es sich nicht etwa deshalb um nach § 3 Nr. 63 Satz 1 EStG steuerfreie Beiträge des Arbeitgebers, weil dieser Versicherungsnehmer bei der KZVK und Beitragsschuldner ist. Vielmehr liegt bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine Eigenbeteiligung seiner Arbeitnehmer an den Beiträgen für die Pensionskasse vor, die von ihnen aus dem zuvor versteuerten Einkommen erbracht wird. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Kläger das steuerpflichtige Brutto seiner Arbeitnehmer technisch um die genannten Beiträge zu gering ausgewiesen hat.

bbb) Nach Auffassung des FG Schleswig-Holstein (Urteil vom 5.11.2008 2 K 5/07, StE 2009, 100), welcher sich der erkennende Senat anschließt, kann zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals "Beiträge des Arbeitgebers" in § 3 Nr. 63 EStG auf die Rechtsprechung des BFH zu § 40b EStG abgestellt werden, weil dort - in vergleichbarer Weise - der Begriff "Zuwendungen des Arbeitgebers" zum Aufbau einer betrieblichen Altersversorgung verwendet wird. Der BFH hat insoweit in seinem Urteil vom 12.04.2007 (VI R 55/05, BFHE 217, 558, BStBl II 2007, 619) ausgeführt, dass zum Arbeitslohn auch Ausgaben gehören (können), die ein Arbeitgeber leistet, um einen Arbeitnehmer oder diesem nahe stehende Personen für den Fall der Krankheit, des Unfalls, der Invalidität, des Alters oder des Todes abzusichern (Zukunftssicherung). Die Arbeitslohnqualität von Zukunftssicherungsleistungen, bei denen die Leistung des Arbeitgebers an einen Dritten (Versicherer) erfolgt, hängt danach davon ab, ob sich der Vorgang bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise so darstellt, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Mittel zur Verfügung gestellt und der Arbeitnehmer sie zum Zweck seiner Zukunftssicherung verwendet hat. Davon ist wiederum auszugehen, wenn dem Arbeitnehmer gegen die Versorgungseinrichtung, an die der Arbeitgeber die Beiträge geleistet hat, ein unentziehbarer Rechtsanspruch auf die Leistung zusteht (vgl. BFH-Urteile vom 16.04.1999 VI R 60/96, BStBl II 2000, 406; vom 12.09.2001 VI R 154/99, BStBl II 2002, 22; vom 20.07.2005 VI R 165/01, BFH/NV 2005, 1939; vom 14.09.2005 VI R 148/98, BStBl II 2006, 532 sowie VI R 32/04, BStBl II 2006, 500; vom 15.02.2006 VI R 92/04, BStBl II 2006, 528), wie dies im Streitfall der Fall ist.

ccc) Beiträge zur Zukunftssicherung der Arbeitnehmer, die aus verwendetem Arbeitslohn stammen und damit wirtschaftlich von diesen getragen werden, haben keine Arbeitslohnqualität. Daraus ergibt sich, dass Leistungen nur dann Beiträge des Arbeitgebers i.S. des § 40b EStG bzw. im hiesigen Kontext des § 3 Nr. 63 EStG sind, wenn sie als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren sind. Prämien oder Prämienteile, die aus bereits versteuertem Arbeitslohn stammen, sind hingegen keine Beiträge i.S. der Vorschriften, auch wenn sich, wie im Streitfall, der Arbeitgeber gegenüber der Versicherung zur Zahlung verpflichtet hat. Wirtschaftlich betrachtet handelt es sich insoweit nämlich alleine um eigene Beiträge der Arbeitnehmer.

b) Da der Kläger für die genannten Beiträge keine Lohnsteuer einbehalten und abgeführt hat, erfüllt er den Haftungstatbestand des § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG.

c) Er war im Übrigen auch nach pflichtgemäßem Ermessen vorrangig in Anspruch zu nehmen. Der Beklagte hat insoweit bei der Auswahl des Klägers als Haftungsschuldner zutreffend den von der Rechtsprechung anerkannten Grundsatz beachtet, dass die Inanspruchnahme des Arbeitgebers zur Vereinfachung des Verfahrens dann zulässig ist, wenn nach einer Lohnsteueraußenprüfung viele Lohnsteuerbeträge aufgrund von im wesentlichen gleichliegenden Sachverhalten nachzuerheben sind (vgl. BFH-Urteil vom 06.03.1980 VI R 65/77, BFHE 129, 559, BStBl II 1980, 289). Dabei ist die Inanspruchnahme des Arbeitgebers sogar regelmäßig geboten, wenn - wie auch in besonders starkem Maße im Streitfall - mehr als 40 Arbeitnehmer betroffen sind (vgl. BFH-Urteil vom 24.01.1992 VI R 177/88, BFHE 167, 359, BStBl II 1992, 696). Wären bei einer derartigen Zahl von Nacherhebungsfällen die Finanzämter regelmäßig verpflichtet, zunächst die Arbeitnehmer in Anspruch zu nehmen, so wäre das vom Gesetzgeber gewollte vereinfachte Verfahren der Lohnsteuererhebung an der Quelle erheblich beeinträchtigt.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

4. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen; insoweit ist auch darauf hinzuweisen, dass inzwischen gegen das Urteil des FG Schleswig-Holstein vom 5.11.2008 (2 K 5/07, EFG 2009, 269) Revision beim BFH unter dem Az. VI R 57/08 eingelegt wurde.

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