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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 08.06.2006
Aktenzeichen: 3 K 4699/02
Rechtsgebiete: GewStG, EStG


Vorschriften:

GewStG § 2 Abs. 1 S. 2
EStG § 15 Abs. 2
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

3 K 4699/02

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Tatbestand:

Streitig ist, ob es sich bei dem von dem Kläger und Herrn .................... betriebenen Ingenieurbüro steuerlich um eine Mitunternehmerschaft handelt und wie die Einkünfte zu qualifizieren sind.

Der Kläger und Herr ............, Diplom-Ingenieure, betrieben in .......... ein Ingenieurbüro für Baustatik und Massivbau. Sie wurden in den Streitjahren ausschließlich für Großkunden tätig, insbesondere für Kunden aus der Versicherungswirtschaft, dem Bankenbereich und der öffentlichen Hand. Bearbeitet wurden ausschließlich Großaufträge, z.B. das Bürogebäude zur ............. Sich ähnelnde Gebäude wie Reihenhäuser wurden nicht angenommen. Nach einem sich bei den Akten (Bl. 51) befindlichen Organigramm oblag dem Kläger die Angebotsbearbeitung, Vertragsgestaltung, Bauüberwachung, Kundenpflege und Akquisition. Herr ............ war zuständig für Controlling, Personalwesen, Einkauf, EDV, technische Abwicklung der Angebote sowie die Organisation des Unternehmens, einschließlich Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitskontrolle.

Die einzelnen Projekte wurden entweder dem Kläger oder Herrn ........... zugeordnet. Für jedes Projekt wurde bei Auftragserteilung eine Projektgruppe gebildet, die dem jeweiligen Projektleiter, also dem Kläger bzw. Herrn ........, zuarbeitete und von diesem überwacht und geleitet wurde. Nach den Angaben des Klägers wurden die Projektleiter in den Leistungsphasen 1-3 der HOAI, welche die wesentlichen Leistungsphasen sein sollen, besonders intensiv tätig. In den sich anschließenden Leistungsphasen, die Routinearbeiten wie z.B. die zeichnerische Umsetzung der Vorgaben des jeweiligen Projektleiters betreffen, wurden zunehmend Aufgaben auf die Projektgruppen delegiert. Die Projektgruppen bestanden aus angestellten Bauingenieuren und technischen Zeichnern, teilweise auch aus freiberuflich tätigen Personen. In den Streitjahren übernahm der Kläger insgesamt 41 Aufträge (vgl. Bl. 264 ff). Herr ........ betreute insgesamt 37 Aufträge, die jedoch nicht in gleichem Maße anspruchsvoll waren wie die Projekte des Klägers. Nach einer vom Kläger gefertigten Aufstellung (Bl. 269 ff der Akte) entfiel das Auftragsvolumen der Streitjahre zu 79 % auf ihn und zu 21 % auf Herrn ......... Eine gemeinsame Bearbeitung von Aufträgen in dem Sinne, dass der Kläger und Herr ........ beide federführend tätig gewesen wären, fand nach eigenen Angaben des Klägers nicht statt.

Der Kläger hatte das Ingenieurbüro 1968 zusammen mit Herrn ........ durch schriftlichen Vertrag als Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet. Danach waren der Kläger mit 55 v.H. und Herr ........ mit 45 v.H. beteiligt. In den Jahren von 1972 bis 1979 führte der Kläger das Unternehmen allein ohne Beteiligung des Herrn ......... Ab 1980 betrieben der Kläger und Herr ........ das Büro wieder gemeinsam, wobei der Kläger nach außen als Einzelunternehmer auftrat. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag existierte - anders als in den Jahren 1968 bis 1971 - nicht. Herr ........ leistete keine Einlage in das Unternehmen des Klägers. Eine schriftliche Vereinbarung über die Beteiligung des Herrn ........ an den Gewinnen und Verlusten existierte ebenfalls nicht. Für seine Tätigkeit erhielt Herr ........ in den Streit- und den Folgejahren folgende Beträge:

 Zahlungen an Herrn ........Gewinn/Verlust des Ingenieurbüros
1993.DM 280.000DM 9 Mio.
1994.DM 222.000DM 14 Mio.
1995.DM 300.000DM 5 Mio.
1996.DM 270.000DM 10 Mio.
1997.DM 270.000DM 10 Mio.
1998.DM 240.000DM - 4 Mio.
1999.DM 260.000DM 5 Mio.

Wie der an Herrn ........ gezahlte Betrag ermittelt wurde, ist rechnerisch nicht nachvollziehbar. Schriftliche Aufzeichnungen über die Berechnung des Betrags wurden nicht gefertigt.

Im Jahr 2003 wurde der Sohn des Klägers, ebenfalls Diplom-Ingenieur, in das Unternehmen aufgenommen. Zur weiteren Umsetzung der Nachfolgegestaltung wurde das Unternehmen als OHG im Handelsregister eingetragen und schließlich in eine GmbH & Co. KG umgewandelt, an welcher Herr ........ mit einer ausgewiesenen Kapitalbeteiligung von 0,2 % ab dem 01.06.2003 beteiligt ist.

Der Kläger und Herr ........ gaben für das Ingenieurbüro beim Beklagten Erklärungen über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ab und erklärten Einkünfte aus § 18 EStG. Die den Erklärungen beigefügten Gewinnermittlungen lauten ausschließlich auf den Kläger und nicht auf eine Gesellschaft oder Gemeinschaft. Sie wurden auch ausschließlich vom Kläger unterschrieben. Der Beklagte folgte den Erklärungen zunächst erklärungsgemäß. In den Jahren 1999/2000 wurde bei dem Ingenieurbüro eine Betriebsprüfung durchgeführt. Der Prüfer vertrat die Auffassung, dass steuerlich eine Mitunternehmerschaft zu verneinen sei, weil Herr ........ kein ausreichendes Mitunternehmerrisiko getragen und keine ausreichende Mitunternehmerinitiative gezeigt habe. Da der Kläger nicht leitend und eigenverantwortlich im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG tätig gewesen sei, seien die im Ingenieurbüro erzielten Gewinne als gewerbliche Einkünfte des Einzelunternehmens des Klägers zu qualifizieren.

Dem folgend hob der Beklagte die Gewinnfeststellungsbescheide für das Ingenieurbüro auf und lehnte die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Ingenieurbüro ab. Diese Bescheide sind Gegenstand des unter Az. 3 K 4744/02 geführten Parallelverfahrens. Außerdem erließ der Beklagte mit Datum vom ..........2001 erstmalige Gewerbesteuermessbescheide 1993 bis 1996 für das Einzelunternehmen des Klägers. Dabei legte der Beklagte den in den Feststellungserklärungen angegebenen Gewinn zugrunde und berücksichtigte die an Herrn ........ geflossenen Zahlungen als weitere Betriebsausgaben. Wegen der Einzelheiten wird auf Tz. 23 des BP-Berichts und Anlage 2 zum BP-Bericht verwiesen. Gegen diese Bescheide hat der Kläger nach erfolglosem Vorverfahren die vorliegende Klage erhoben.

Er vertritt die Ansicht, er sei nicht als Einzelunternehmer tätig geworden und deshalb nicht Gewerbesteuersubjekt. Vielmehr habe eine steuerlich anzuerkennende Mitunternehmerschaft in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Innengesellschaft vorgelegen. Er habe sich mit Herrn ........ zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zusammengeschlossen. Eines schriftlichen Gesellschaftsvertrages bedürfe es nicht. Ebenso sei unschädlich, das die Gesellschaft nicht nach außen aufgetreten sei und nicht über Gesamthandsvermögen verfüge.

Entgegen der Auffassung des Beklagten habe Herr ........ Mitunternehmerrisiko getragen. Er habe zwar keine Einlage in das Kapital geleistet. Dies sei jedoch bei der erneuten Gründung der Innengesellschaft im Jahr 1980 nicht erforderlich gewesen, da er - der Kläger - einen funktionierenden Betrieb und Herr ........ sein Know-how im IT-Bereich, insbesondere im Bereich der Datenverarbeitung und -vernetzung, eingebracht habe. Nachfolgende Investitionen seien aus laufenden Erträgen finanziert worden; die Gesellschaft habe keine Schulden gehabt. Ausreichend sei, dass Herr ........ bei Beendigung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Jahr 2003 an den stillen Reserven der Gesellschaft beteiligt worden sei und eine ausgewiesene Kapitalbeteiligung von 0,2 % an der GmbH & Co KG erhalten habe. Im Rahmen der Nachfolgegestaltung sei die Beteiligung des Herrn ........ bewertet und in die neue Gesellschaftsform übertragen worden. Damit habe sich die Auffassung der Gesellschafter, Herrn ........ am Gesellschaftsvermögen zu beteiligen, nach außen manifestiert.

Herr ........ sei auch am Gewinn der Gesellschaft beteiligt gewesen. Zwar sei die Höhe seiner Beteiligung nicht prozentual als Anteil am Gewinn oder Umsatz des Ingenieurbüros vereinbart worden. Doch hätten die Gesellschafter - so der Vortrag laut Klagebegründung vom 15.04.2003 - die Höhe der Beteiligung jeweils am Jahresanfang unter Beachtung der Auftragslage festgelegt. Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 17.05.2006 schildern der Kläger und Herr ........ die Gewinnverteilung wie folgt: "Der Kläger erhielt basierend auf der Qualität der von ihm für die Gesellschaft verschafften Statikaufträge zunächst einen Gewinnvorab, der sich nach der Honorarqualität der tatsächlich ausgeführten Aufträge ergab. In einigen Jahren ist auch einbezogen worden, dass besonders umfangreiche Aufträge zu bearbeiten waren, die sich honorarmäßig noch nicht niedergeschlagen hatten, weil es hier Sondervereinbarungen zur Zahlung des Honorars erst bei Abschluss der Baumaßnahme gab. So war es z.B. bei dem Projekt ............. Aufträge, die also gemessen an dem Honorarvolumen eine höhere Gewinnrealisierung als 40 % ermöglichten, führten zu einem Gewinnvorab in Höhe des diese 40 % übersteigenden Gewinns. Im Übrigen wurde der Gewinn so verteilt, dass im Wesentlichen die persönlich bearbeiteten Aufträge gewinnmäßig zuflossen, bei dem Kläger zu 95 %, bei Herrn ........ bis zu ca. 25 %. Diese Quotelung ergab sich unter Berücksichtigung der Art der Aufträge und der daraus erzielten Gewinnmargen. Dementsprechend haben der Kläger und Herr ........ jeweils nach Vorlage der entsprechenden Jahreszahlen die Gewinnverteilung festgelegt."

Herr ........ sei auch an den Verlusten des Ingenieurbüros beteiligt gewesen. Es sei zwar keine ausdrückliche Vereinbarung über eine Verlustbeteiligung getroffen worden, eine solche ergebe sich jedoch aus § 722 Abs. 2 BGB, der auch auf Innengesellschaften Anwendung finde. Im Übrigen sei eine Verlustbeteiligung ohne jegliche praktische Bedeutung, weil die Gesellschaft keine Verluste erlitten habe. Der in 1998 ausgewiesene Verlust beruhe ausschließlich auf einer Steuerrückstellung für die streitige Gewerbesteuer. Der Jahresabschluss 1998 sei erst im Frühjahr 2001 aufgestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei die Gewerbesteuerbelastung bereits streitig und demgemäß zu berücksichtigen gewesen. Die Gesellschafter hätten die Gewinnverteilung unter Außerachtlassung dieser Rückstellung bereits nach Abschluss des Jahres vorgenommen. Da sie vom Obsiegen im vorliegenden Verfahren ausgingen, sei von Korrekturen bisher abgesehen worden.

Herr ........ habe auch Mitunternehmerinitiative gehabt. Er habe zahlreiche Aufträge allein bearbeitet und abgeschlossen, so beispielsweise ein Bauvorhaben in ............, ........... 108 (Projekt 1600). Im umgekehrten Fall seien Projekte im Wesentlichen von dem Kläger bearbeitet worden. Diese partnerschaftliche Aufgabenverteilung gehe weit über die eines vergleichbaren Angestellten hinaus und erfolge in absoluter Gleichberechtigung. Weiterhin zeige sich die Mitunternehmerinitiative des Herrn ........ an dessen umfassendem Weisungsrecht hinsichtlich der Mitarbeiter des Büros. Er habe sämtliche Personalangelegenheiten betreut, insbesondere Arbeitsverträge abgeschlossen, Gehaltsverhandlungen geführt und Kündigungen ausgesprochen. Für das Vorliegen einer Mitunternehmerinitiative spreche auch, dass er in finanzielle Entscheidungen eingebunden gewesen sei. Er habe die Erstellung des Jahresabschlusses betreut und die Besprechungen mit dem Steuerberater und dem Außenprüfer geführt. Damit sei er in der Lage gewesen, die ihm als Gesellschafter zustehenden Kontrollrechte (§ 716 Abs. 1 BGB) auszuüben.

Weiterhin vertritt der Kläger die Ansicht, die Tätigkeit des Ingenieurbüros sei - unabhängig von der Frage, ob sie von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder von einem Einzelunternehmen des Klägers ausgeführt würde - als selbständig im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu bewerten. Der Umstand, dass man sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Mitarbeiter bedient hätte, stehe dem nicht entgegen. Ausreichend sei, dass er selbst und auch Herr ........ in ihren jeweiligen Aufgabenbereichen leitend und eigenverantwortlich tätig gewesen seien. Beide hätten die Grundsätze für die Organisation und die Durchführung der Ingenieurtätigkeit in ihren Aufgabenbereichen festgelegt und die Arbeiten unter Beachtung der aufgestellten Grundsätze überwacht und grundsätzliche Fragen selbst entschieden. Ihre persönliche Teilnahme an der praktischen Arbeit sei trotz Einschaltung zahlreicher Arbeitnehmer und selbständiger Ingenieure in ausreichendem Umfang gewährleistet gewesen.

Für den Fall, dass der Kläger als Einzelunternehmer anzusehen sei, seien die Einkünfte ganz überwiegend als freiberufliche zu qualifizieren. Die Einkünfte aus den vom Kläger bearbeiteten Aufträgen seien eindeutig als freiberuflich zu bewerten. Lediglich ein geringer Teil der Einkünfte, nämlich der Teil, der ihm aus der Tätigkeit des Herrn ........ zufiele, unterläge der Gewerbesteuer. Im Ergebnis lägen gemischte Einkünfte vor, die getrennt zu betrachten seien.

Letztlich steht nach Ansicht des Klägers auch der Grundsatz von Treu und Glauben den angefochtenen Gewerbesteuermessbescheiden entgegen. Die Vorbetriebsprüfung habe für die Jahre 1989 bis 1992 eine Mitunternehmerschaft angenommen und die Frage der Gewerbesteuerpflicht geprüft und verneint. Da sich der Sachverhalt nach 1992 nicht geändert habe, stehe der Grundsatz von Treu und Glauben der Annahme gewerblicher Gewinne eines Einzelunternehmens entgegen.

Der Kläger beantragt,

die Gewerbesteuermessbescheide 1993 bis 1996 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung aufzuheben,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt sinngemäß,

die Gewerbesteuermessbeträge mit der Maßgabe festzusetzen, dass der von der GbR erklärte Gesamtgewinn um den erklärten Gewinnanteil des Gesellschafters ........ gemindert wird; im Übrigen die Klage abzuweisen,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Nach Ansicht des Beklagten wurde das Ingenieurbüro vom Kläger als Einzelunternehmen betrieben. Eine steuerliche anzuerkennen Mitunternehmerschaft sei zu verneinen. Da kein schriftlicher Gesellschaftsvertrag vorliege, müsse davon ausgegangen werden, dass ein Gesellschaftsvertrag nicht bestehe und Herr ........ nicht Mitunternehmer, sondern leitender Angestellter gewesen sei. Es handele sich nicht um eine unbedeutende Gelegenheitsgesellschaft, sondern um das Betreiben eines Unternehmens in großem Umfang und auf Dauer. Dies auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage ohne schriftliche Vertragsfixierung vorzunehmen, erscheine wegen der damit verbundenen Rechtsunsicherheit und den Unwägbarkeiten als unvernünftig. Weiterhin spreche ein Vergleich mit den Verhältnissen früherer Jahre, in denen ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag abgeschlossen wurde, gegen das Vorliegen einer Gesellschaft.

Herr ........ habe auch kein Mitunternehmerrisiko getragen. Die an ihn geflossenen Beträge deuteten eher auf ein Festgehalt mit Tantiemeanspruch hin als auf eine Gewinnbeteiligung. Die Vergütung bleibe trotz unterschiedlicher Auftrags- und Gewinnentwicklung nahezu gleich. Ein Zusammenhang zwischen den Zahlungen und den Umsätzen oder Gewinnen des Ingenieurbüros sei nicht herzustellen. Herr ........ sei auch nicht am Kapital, den stillen Reserven und an Verlusten beteiligt gewesen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Vorlage des Gesellschaftsvertrags aus dem Jahr 2003, da dieser Vertrag einen späteren Zeitraum betreffe und damit keine Rückschlüsse für die Streitjahre erlaube.

Ebenso könne aus der Tätigkeit des Herrn ........ nicht auf eine Mitunternehmerinitiative geschlossen werden. Er habe nach der internen Aufgabenverteilung zwischen den Klägern die Stellung eines Geschäftsführers gehabt. Allein die Tatsache, dass er als solcher aufgetreten sei, sei noch kein zwingendes Indiz für eine Mitunternehmerinitiative.

Nach Ansicht des Beklagen ist die Tätigkeit des Klägers als gewerblich im Sinne des § 15 Abs. 1 EStG anzusehen. Dies ergebe sich schon daraus, dass Herr ........, der steuerlich nicht Mitunternehmer gewesen sei, nach den eigenen Angaben des Klägers ca. die Hälfte aller Aufträge des Ingenieurbüros leitend und eigenverantwortlich bearbeit habe. Hilfsweise beruft sich der Beklagte darauf, dass aufgrund der Höhe der Umsätze der Ingenieurbüros und des Umfangs der Tätigkeit das Kriterium der Eigenverantwortlichkeit im Sinne einer freiberuflichen Tätigkeit ohnehin nicht mehr darstellbar ist.

Eine Trennung der Einkünfte aus den Projekten des Klägers und des Herrn ........ kommt nach Ansicht des Beklagten nicht in Betracht. Eine Aufteilung könne nur erfolgen, wenn eine natürliche Person verschiedene Tätigkeiten ausübe, die verschiedenen Einkunftsarten zuzuordnen seien. Im vorliegenden Fall dagegen übe der Kläger nicht zwei verschiedene Tätigkeiten aus, sondern lediglich eine Tätigkeit - nämlich die eines Statikers - aus und zwar entweder selbst oder durch Einsatz von Fachkräften.

Ein Verstoß gegen Treu und Glauben liege ebenfalls nicht vor. Aus Steuerbescheiden könnten in der Regel keine Schlüsse für die Zukunft gezogen werden, weil sie sich auf die Vergangenheit bezögen. Bei der Steuerveranlagung sei das Finanzamt an die rechtliche Beurteilung der Vorjahre nicht gebunden. Auch eine Außenprüfung beziehe sich auf zurückliegende Zeiträume und rechtfertige kein Vertrauen in die Zukunft.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die gegenüber dem Kläger ergangenen Gewerbesteuermessbescheide 1993 bis 1996 sind rechtmäßig. Der Kläger - und nicht eine Mitunternehmerschaft bestehend aus dem Kläger und Herrn ........ - betrieb mit dem Ingenieurbüro in den Streitjahren einen Gewerbebetrieb im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 2 EStG und war damit gewerbesteuerpflichtig.

1. Der Beklagte hat zu Recht die Gewerbesteuermessbescheide gegen den Kläger gerichtet, denn eine steuerlich anzuerkennende Mitunternehmerschaft des Klägers mit Herrn ........ lag nicht vor. Zur Begründung wird auf die Ausführungen des erkennenden Senats im Urteil vom heutigen Tag in dem Parallelverfahren 3 K 4744/02 (S. 10 ff.) verwiesen.

2. Die deshalb dem Kläger allein zuzurechnenden Einkünfte sind auch als gewerblich zu beurteilen.

a) Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG ist Gewerbebetrieb eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist. Die selbständige Berufstätigkeit der Ingenieure gehört grundsätzlich zur freiberuflichen Tätigkeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG). Wie den Formulierungen "als Ausübung eines freien Berufs" in § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG und "Berufstätigkeit der Ingenieure" in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zu entnehmen ist, kommt es für die Abgrenzung zwischen gewerblichen und freiberuflichen Einkünften jedoch nicht schlechthin auf Aus- und Vorbildung sowie Berufsbezeichnung des Steuerpflichtigen, sondern auf die Art der von ihm ausgeübten Tätigkeit an. Wesentliches Merkmal der freiberuflichen Tätigkeit zur Abgrenzung gegenüber der gewerblichen Tätigkeit ist die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Freiberuflers (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 01.02.1990 IV R 140/88 BStBl II 1990, 507;vom 20.04.1989 IV R 299/83, BStBl II 1989, 727 m.w.N.).

Aus § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ergibt sich, dass ein Angehöriger eines freien Berufs auch dann freiberuflich im vorstehend bezeichneten Sinn tätig ist, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient. Voraussetzung ist jedoch, dass er auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Dabei gehören zu der leitenden Tätigkeit die Organisation des Sach- und Personalbereichs, Arbeitsplanung, Arbeitsverteilung, Aufsicht über die Mitarbeiter und deren Anleitung und die stichprobenweise Überprüfung der Ergebnisse (BFH-Urteil vom 21.03.1995 XI R 85/93, BStBl II 1995, 732). Eine eigenverantwortliche Tätigkeit kann nur dann angenommen werden, wenn die persönliche Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit in ausreichendem Maße gewährleistet ist. Die Eigenverantwortlichkeit erschöpft sich nicht darin, dass der Berufsträger nach außen die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung des einzelnen Auftrags trägt. Die Ausführung jedes einzelnen Auftrags muss vielmehr ihm selbst und nicht den qualifizierten Mitarbeitern, den Hilfskräften, den technischen Hilfsmitteln oder dem Unternehmen als Ganzem zuzurechnen sein. Der Berufsträger muss sämtlichen Aufträgen den Stempel seiner Persönlichkeit aufdrücken (BFH-Beschluss vom 26.01.2000 IV B 12/99, BFH/NV 2000, 837).

Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Tätigkeit des Klägers nicht eigenverantwortlich im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG, da er seine Arbeitskraft nicht in einer Weise einsetzte, die es ihm tatsächlich ermöglicht hätte, uneingeschränkt die fachliche Verantwortung auch für die von Herrn ........ erbrachten Leistungen zu übernehmen. Der Kläger hat nicht sämtlichen Leistungen des Ingenieurbüros den "Stempel seiner Persönlichkeit" aufgedrückt. Vielmehr hat er jedenfalls bei den Projekten, die von Herrn ........ allein bearbeitet wurden, fachlich nicht mitgewirkt. Diese Projekte wurden nach unstreitigem Vortrag von Herrn ........ in eigener Verantwortung bearbeitet.

Für die Qualifizierung der Einkünfte des Klägers als freiberuflich ist es auch nicht ausreichend, dass sowohl er selbst als Herr ........ jeweils ihre Projekte leitend und eigenverantwortlich abgewickelt haben. Da dem Kläger mangels Vorliegens einer Mitunternehmerschaft die Einkünfte aus dem Unternehmen allein zuzurechnen sind, ist erforderlich, dass er die gesamte Tätigkeit in sämtlichen Unternehmensbereichen leitend und eigenverantwortlich ausübt (vgl. diesbezüglich Korn, DStR 1995, 1252, 1254 m.w.N.). Fachlich vorgebildete Arbeitskräfte im Sinne des § 18 Abs. 1 Satz 3 EStG sind nämlich nicht nur Angestellte, sondern auch selbständig Tätige wie Herr ......... Auf die steuerliche oder arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Qualifizierung der Tätigkeit der fachlich vorgebildeten Arbeitskräfte - im Streitfall des Herrn ........ - kommt es nicht an (vgl. auch BFH-Urteil vom 20.12.2000 XI R 8/00, BStBl II 2002, 478).

Der Kläger hat sich damit dauerhaft für Teilbereiche seines Unternehmens der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte - nämlich des Herrn ........ - bedient, ohne in diesen Bereichen selbst eigenverantwortlich tätig zu werden. Wie sich aus einem Umkehrschluss zu § 18 Abs. 1 Satz 4 EStG ergibt, steht diese Mithilfe der Annahme einer leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG entgegen.

b) Eine Trennung der Einkünfte aus den Projekten des Klägers und des Herrn ........ in freiberufliche und gewerbliche Einkünfte kommt ebenfalls nicht in Betracht. Besteht zwischen einer, jeweils für sich betrachtet, teils gewerblichen, teils freiberuflichen Betätigung derselben natürlichen Person ein sachlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang, ist die Gesamtbetätigung im Interesse sachgerechter Ergebnisse in der Regel getrennt zu beurteilen. Die aus jeder Tätigkeit herrührenden Einkünfte sind getrennt als gewerbliche und freiberufliche Einkünfte steuerpflichtig und ggf. im Schätzungswege zu ermitteln. Eine einheitliche Beurteilung ist nur geboten, wenn die einzelnen Tätigkeiten sich gegenseitig bedingen und derart miteinander verflochten sind, dass sie nach der Verkehrsauffassung als Einheit anzusehen sind (BFH-Urteil vom 24.04.1997 IV R 60/95, BStBl II 1997, 567; BFH-Beschluss vom 25.07.2000 XI B 41/00, BFH/NV 2001, 204).

Im Streitfall liegen die Voraussetzungen für eine derartige Trennung der Einkünfte des Klägers jedoch nicht vor, da dieser nicht zwei verschiedene Tätigkeiten ausübt. Er übt lediglich eine Tätigkeit - nämlich die des Statikers - aus und zwar entweder selbst oder durch Einsatz von Fachkräften. Eine solche Konstellation wird von der Rechtsprechung zu den gemischten Tätigkeiten nicht erfasst.

c) Letztlich steht auch der Grundsatz von Treu und Glauben dem Erlass der angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide nicht entgegen. Der Grundsatz von Treu und Glauben gebietet, dass im Steuerrechtsverhältnis jeder auf die berechtigten Belange des anderen Teils angemessen Rücksicht nimmt und sich mit seinem früheren Verhalten, auf das der andere vertraut und aufgrund dessen er in einer irreparablen Weise disponiert hat, nicht in Widerspruch setzt (BFH-Urteil vom 21.07.1988 V R 97/83, BFH/NV 1989, 356 m.w.N.). Im Streitfall hat der Beklagte keinen solchen Vertrauenstatbestand gesetzt. Ein Vertrauenstatbestand ist insbesondere nicht darin zu sehen, dass er im Rahmen einer Betriebsprüfung für die zurückliegenden Jahre eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts anerkannt und deren Gewerbesteuerpflicht verneint hat. Denn der Beklagte war verpflichtet, für jeden Erhebungszeitraum die Voraussetzungen der Festsetzung eines einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags erneut zu prüfen. Dabei ist er an frühere Rechtsauffassungen nicht gebunden (vgl. dazu BFH-Urteil vom 21.07.1988 V R 97/83, BFH/NV 1989, 356).

3. Die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide sind auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Da der Beklagte ausweislich Tz. 23 des BP-Berichts und der Anlage 2 zum BP-Bericht bei seiner Festsetzung die an Herrn ........ geleisteten Zahlungen bereits als Betriebsausgaben berücksichtigt und von dem in den Feststellungserklärungen angegebenen Gewinn subtrahiert hat, war eine weitere Herabsetzung des Gewerbeertrags nicht vorzunehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Revisionszulassung zur Rechtsfortbildung oder Sicherung der Rechtseinheitl geboten. Es handelt sich um die Anwendung feststehender Rechtssätze auf einen unstreitigen Sachverhalt.



Ende der Entscheidung

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