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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 23.01.2008
Aktenzeichen: 4 K 3554/07
Rechtsgebiete: EStG, AO


Vorschriften:

EStG § 9
AO § 367 Abs. 2 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

4 K 3554/07

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob von der Klägerin geltend gemachten Schuldzinsen und eine weitere Absetzung für Abnutzung (AfA) als Werbungskosten nach § 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzugsfähig sind.

Die Klägerin erwarb am 02.04.2000 im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach ihrer verstorbenen Mutter, T, die Grundstücke E-Straße 1, E-Straße 2 und N-Straße in B sowie Bankguthaben in Höhe von insgesamt 173.682,00 DM. Nach dem notariell beurkundeten Testament der Erblasserin vom 09.03.2000 wurde die Klägerin als Alleinerbin eingesetzt und dem Sohn N das Pflichtteilsrecht entzogen. Weiter heißt es in dem Testament:

"Für den Fall, dass ihm gleichwohl ein Pflichtteilsanspruch zustehen sollte, sind darauf in jedem Fall die von mir erbrachten Leistungen oder bei meinem Tode noch vorhandenen Resthaftungen anzurechnen. Darüber hinausgehende Freistellungs- und Erstattungsansprüche gehören als Nachlassforderung zu meinem Vermögen, gehen auf meine Erbin über und sind durch meinen Sohn zu erfüllen."

Zur Absicherung von Verbindlichkeiten des Sohnes der Erblasserin und Bruders der Klägerin Herr N hatte die Erblasserin auf den Grundstücken Hypotheken eintragen lassen. Da N nicht in der Lage war, seine Verbindlichkeiten von damals 1,4 Mio DM zu tilgen, wurden die Objekte - auch noch zum Zeitpunkt des Erwerbs durch die Klägerin - teilweise zwangsverwaltet. Eine Zwangsversteigerung konnte zunächst aus formalen Gründen verhindert werden.

Nach dem Erbfall nahm die Klägerin bei der Bank B Darlehen über 1,4 Mio DM auf, mit denen die Verbindlichkeiten des Bruders abgelöst wurden.

Die Klägerin erklärte ihrem Bruder die Aufrechnung des aus der Darlehensablösung resultierenden Anspruchs mit dessen Pflichtteilsanspruch. Dieser machte gegen die Klägerin im Folgenden keinen Pflichtteil mehr geltend.

Die im Jahr 2001 (dem Jahr vor dem Streitjahr) für die aufgenommenen Darlehen angefallenen Zinsen in Höhe von insgesamt 90.695,66 DM hatte die Klägerin im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung 2001 jeweils anteilig bei den drei Objekten als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemacht. Das beklagte Finanzamt (FA) erkannte die geltend gemachten Schuldzinsen nicht als Werbungskosten an. Eine hiergegen geführte Klage wurde vom FG Köln durch Urteil vom 18.10.2006 4 K 6451/04 als unbegründet abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf das genannte Urteil verwiesen. Eine gegen diesen Urteil eingelegte Revision verwarf der BFH als unzulässig(Beschluss vom 15.05.2007, IX R 52/06).

Da die Klägerin für das Streitjahr keine Einkommensteuererklärung abgab, erließ der Beklagte den Einkommensteuerbescheid 2002 vom 1.12.2004 mit geschätzten Besteuerungsgrundlagen. Die Veranlagung erfolgte gemäß § 164 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Die festgesetzte Einkommensteuer 2002 betrug 6.345,00 EUR.

Im Rahmen des Einspruchsverfahrens legte die Klägerin die Einkommensteuererklärung 2002 vor. Der Beklagte erließ daraufhin den Einkommensteueränderungsbescheid 2002 vom 08.07.2005, in dem er die Einkommensteuer 2002 nunmehr i. H. v. 12.232,00 EUR festsetzte. Ein Hinweis von Seiten des Beklagten auf die drohende Verböserung erfolgte nicht. Diesen Bescheid bestätigte der Beklagte durch die abweisende Einspruchsentscheidung vom 31.08.2007, in der er den Vorbehalt der Nachprüfung aufhob. Der Beklagte wich hierbei nach vorheriger Anhörung insoweit von der eingereichten Einkommensteuererklärung ab, als er die bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemachten Schuldzinsen von insgesamt 45.498,79 EUR nicht berücksichtigte. Hiervon entfielen 35 % auf die E-Straße 2, 34 % auf die E-Straße 1 und 31 % auf die N-Straße. Da das Objekt E-Straße 2 im Streitjahr von der Klägerin zu 16 % selbst genutzt wurde, kürzte der Beklagte außerdem einen Teil der übrigen für dieses Objekt geltend gemachten Werbungskosten um diesen Anteil. Außerdem wich der Beklagte bei einer Vielzahl anderer, im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht interessierender, Punkte von den erklärten Besteuerungsgrundlagen ab. Erklärungsgemäß übernommen wurde für alle drei Häuser die als Rechtsnachfolgerin der verstorbenen Mutter geltend gemachte AfA.

Zur Nichtanerkennung der geltend gemachten Schuldzinsen führte der Beklagte in der abweisenden Einspruchsentscheidung u.a. aus, die Schuldzinsen seien zu Recht nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt worden, da sie nicht der Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung von Einnahmen dienten. Sie stünden nicht in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Vermietungseinnahmen, da der Zweck der Darlehensaufnahme nicht die Einkunftserzielung gewesen sei, sondern die Ablösung von Verbindlichkeiten des Bruders. Diese Verbindlichkeiten hätten weder bei der Erblasserin noch bei der Klägerin in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gestanden. Auch die für diese Verbindlichkeiten bestellten Hypotheken seien nicht durch die Vermietungseinkünfte veranlasst gewesen. Die Darlehen seien auch nicht als Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Grundstücke zu bewerten. Belastungen eines Nachlasses mit Vermächtnis -, Pflichtteils - und Erbersatzverbindlichkeiten führten nicht zu Anschaffungskosten des Erben für die Wirtschaftsgüter des Nachlasses (vgl. BFH-Urteil vom 14.4.1992, VIII R 6/87). Folglich seien auch Darlehenszinsen, die im Zusammenhang mit der Erfüllung von Pflichtteilsansprüchen anfielen, keine Werbungskosten (vgl. BFH-Urteil vom 8.12.1992, BStBl II 1993, 434 und vom 25.11.1993, BStBl II 1994, 623). Auch der Zweck der Darlehensaufnahme, die drohende Zwangsversteigerung abzuwenden und die Grundstücke somit zur Vermietung erhalten zu können, führe nicht dazu, die Schuldzinsen als Werbungskosten qualifizieren zu können. Zur weiteren Begründung schloss sich der Beklagte dem Urteil des FG Köln vom 18.10.2006, 4 K 6451/04 an.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin, die nicht als Werbungskosten anerkannten Schuldzinsen und eine weitere AfA steuerlich zu berücksichtigen.

Sie macht geltend, die Schuldzinsen resultierten aus Darlehensablösungen, die sie für ihren Bruder vorgenommen habe. Sie seien steuerlich mit Ausgleichszahlungen an einen Pflichtteilsberechtigten gleichzusetzen, die als Anschaffungskosten behandelt würden. Einziger Hintergrund für die durch sie erfolgte Darlehensablösung über 1,4 Mio. DM sei ihre Einkunftserzielungsabsicht gewesen. Die abzusichernden Darlehen, die grundbuchrechtlich durch Hypotheken gesichert gewesen seien, stellten Darlehen des Bruders und keine Darlehen der verstorbenen Mutter dar. Die Beendigung der bei Erbfall angeordneten Zwangsverwaltung sei nur durch die Ablösung der Darlehen des Bruders möglich gewesen. Hierdurch hätten ihre Einkünfte für die Zukunft gesichert werden sollen. Die Ablösung der Verbindlichkeiten habe in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gestanden. Es habe auch nicht die Abwehr eines Vermögensverlustes im Vordergrund gestanden, da das Vermögen aufgrund der zwischenzeitlich angeordneten Zwangsverwaltung wirtschaftlich wertlos gewesen sei. Für ihre Einkunftserzielungsabsicht spreche zudem, dass sie keine nennenswerten anderen Einkünfte habe, und die Darlehensaufnahme zur Ablösung der Verbindlichkeiten keinen anderen Zweck gehabt hätte, als ihren Lebensunterhalt dauerhaft zu sichern. Sie habe zum Zeitpunkt der Ablösung auch über keinerlei Rücklagen bzw. Altersversorgung verfügt. Die verstorbene Mutter habe ihr Immobilienvermögen immer als Rente für ihre Tochter angesehen. Das ererbte Vermögen alleine reiche keinesfalls zur Bestreitung des Lebensunterhalts aus. Ein Ausschlagen der Erbschaft hätte zum endgültigen Vermögensverlust geführt. Bei einer Zwangsversteigerung wäre ein Übererlös nicht zu erwarten gewesen. Als Konsequenz hätte sie wohl ausschließlich die Möglichkeit gehabt, entweder die Verbindlichkeiten durch einen Strohmann ablösen zu lassen oder die Immobilie durch eine juristische Person zu kaufen. In diesem Fall wären die sodann seitens des Erwerbers zu leistenden Schuldzinsen unzweifelhaft als Werbungskosten anzuerkennen gewesen. Die vorliegende Versteuerung verstoße gegen den Gesichtspunkt der materiellen Gerechtigkeit.

Da die Ablösung der Verbindlichkeiten des Bruders zu Anschaffungskosten führe, stehe ihr ein Werbungskostenabzug nicht nur für die geltend gemachten Schuldzinsen sondern auch für weitere Gebäude AfA zu. Diese schätze sie bei aufgenommenen Darlehen i. H. v. 1,4 Mio DM auf 7.000 EUR (14.000 DM) jährlich. Als Bemessungsgrundlage für die AfA sei ein geschätzter Gebäudeanteil an dem erworbenen Immobilienbesitz von 50 v. H. zugrunde zu legen. Es stehe ihr wenigstens eine AfA von 2 v. H. jährlich zu.

Die Klägerin beantragt,

den Einkommensteueränderungsbescheid 2002 vom 8.7.2005 dergestalt zu ändern, dass Schuldzinsen i. H. v. 42.950,86 EUR und eine zusätzliche AfA i. H. v. 7.000,00 EUR als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der Senat hält an seiner bereits im Urteil vom 18.10.2006, 4 K 6451/04 vertretenen Rechtsansicht fest.

1. Der Einkommensteueränderungsbescheid 2002 vom 08.07.2005 ist nicht deswegen rechtswidrig, weil das FA in diesem die Einkommensteuer 2002 i. H. v. 12.232,00 EUR und damit höher als im vorangegangenen Bescheid vom 1.12.2004 (dort angesetzt: 6.345,00 EUR) festsetzte. Hieran ändert auch die Tatsache nichts, dass das FA vorher nicht auf die drohende Verböserung hingewiesen hatte. Zwar bestimmt § 367 Abs. 2 Satz 2 AO, dass ein Verwaltungsakt nur dann zum Nachteil des Einspruchsführers geändert werden kann, wenn dieser auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung unter Angabe von Gründen hingewiesen und ihm Gelegenheit gegeben worden ist, sich hierzu zu äußern. Der Hinweis auf eine Änderung zum Nachteil des Einspruchsführers ist aber dann entbehrlich, wenn eine erhöhte Steuerfestsetzung auch nach Rücknahme des Einspruchs möglich gewesen wäre, wenn sich also die Verböserung durch Einspruchsrücknahme nicht hätte vermeiden lassen (ständige Rechtsprechung des BFH vgl. z. B. BFH Urteil vom 22.03.2006, XI R 24/05, BFHE 212, 18, BStBl II 2006, 576). Die letzte Fallgestaltung liegt im Streitfall vor, da sowohl der Bescheid vom 1.12.2004 als der Änderungsbescheid 08.07.2005 gem. § 164 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen waren.

2. Die geltend gemachten Schuldzinsen sind nicht gemäß § 9 EStG als Werbungskosten zu berücksichtigen. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) liegen Werbungskosten - über den unmittelbaren Wortlaut dieser Vorschrift hinaus - immer dann vor, wenn zwischen den Aufwendungen und der jeweiligen Einkunftsart ein Veranlassungszusammenhang besteht (BFH-Beschluss vom 04.07.1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817 unter C. II. 2. m.w.N.). Dementsprechend sind Schuldzinsen nur dann als Werbungskosten anzuerkennen, wenn sie - wie § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 EStG klarstellt - mit einer bestimmten Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

Maßgeblich dafür, ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist zum einen die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments, zum anderen die Zuweisung dieses maßgeblichen Bestimmungsgrundes zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre (BFH-Urteil vom 14.04.1992 VIII R 6/87, BFHE 169, 511, BStBl II 1993, 275 m.w.N.). Schuldzinsen stehen mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG in wirtschaftlichem Zusammenhang, wenn und soweit der Zweck der Schuldaufnahme darin besteht, derartige Einkünfte zu erzielen und die aufgenommenen Mittel zweckentsprechend verwendet werden (BFH-Urteile vom 26.11.1985 IX R 64/82, BStBl II 1986, 161 undvom 29.07.1997 IX R 89/94, BStBl II 1997, 772).

a) Die zur Ablösung der Verbindlichkeiten des Bruders der Klägerin und damit auch der auf den Grundstücken lastenden Hypotheken aufgenommenen und verwendeten Darlehen hätten danach jedenfalls dann in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Einkünften der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung gestanden, wenn entweder die mit den Darlehen abgelösten Verbindlichkeiten oder die als Sicherheit dienenden Hypotheken ihrerseits durch solche Einkünfte der Klägerin veranlasst gewesen wären. Beides ist jedoch nicht der Fall.

Die dingliche Belastung von Grundstücken mit Hypotheken oder Grundschulden begründet für sich allein keinen wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, auch wenn das Grundstück Mieteinnahmen abwirft, sondern lediglich einen rechtlichen Zusammenhang (vgl. BFH-Urteile vom 15.01.1980 VIII R 70/78, BFHE 130, 147, BStBl II 1980, 348 undvom 29.07.1997 IX R 89/94, aaO;). Maßgebend ist vielmehr der tatsächliche Verwendungszweck des Darlehens (BFH-Beschluss vom 04.07.1990 GrS 2-3/88, aaO).

Die von der Klägerin mit den Darlehen abgelösten Verbindlichkeiten waren solche des Bruders der Klägerin. Diese Verbindlichkeiten standen weder bei der Erblasserin noch bei der Klägerin in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Auch die für diese Verbindlichkeiten nach §§ 1113 ff. BGB bestellten Hypotheken waren somit nicht durch die Vermietungseinkünfte veranlasst gewesen.

b) Doch auch bei isolierter Betrachtung der von der Klägerin aufgenommenen Darlehen, aus denen die geltend gemachten Schuldzinsen entstanden sind, steht der Zweck der Aufnahme in keinem, für einen Werbungskostenabzug ausreichenden, wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Erzielung von Einnahmen.

aa) Bei den mit diesen Darlehen aufgenommenen Mitteln handelte es sich weder um Anschaffungskosten noch um Herstellungskosten der ererbten Grundstücke.

Einen wirtschaftlichen Zusammenhang von Schuldzinsen mit einer Einkunftsart hat die Rechtsprechung insbesondere dann bejaht, wenn sie für eine Schuld geleistet werden, die der Finanzierung von Anschaffungskosten oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts dient, mit dem der Steuerpflichtige Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 4 bis 7 EStG erzielt (BFH-Urteil vom 14.04.1992 VIII R 6/87, aaO, m.w.N.).

Anschaffungskosten sind nach § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) diejenigen Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Erwerben bedeutet nach der Rechtsprechung des BFH das Überführen eines Gegenstandes von der fremden in die eigene wirtschaftliche Verfügungsmacht (BFH-Beschluss vom 22.08.1966 GrS 2/66, BFHE 86, 792, 794f., BStBl III 1966, 672 und BFH-Urteil vom 29.07.1997 IX R 89/94, aaO).

aaa)

Vorliegend kann dahinstehen, ob und ggf. in welcher Höhe dem Bruder der Klägerin ein Pflichtteilsanspruch nach § 2303 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zustand, ob auf diesen vor dem Erbfall erfolgte Zuwendungen nach § 2315 BGB anzurechnen sind und ob er durch Aufrechnung erloschen ist, da die Erfüllung eines Pflichtteilsanspruchs jedenfalls nicht zu Anschaffungskosten führt.

Belastungen eines Nachlasses mit Vermächtnis-, Pflichtteils- und Erbersatzverbindlichkeiten führen nicht zu Anschaffungskosten des oder der Erben für die Wirtschaftsgüter des Nachlasses (BFH-Urteil vom 14.04.1992 VIII R 6/87, aaO). Entstehung und Erfüllung dieser Verbindlichkeiten beruhen nicht auf einem entgeltlichen Rechtsgeschäft zwischen dem Erben und dem Berechtigten, sondern auf dem Erbfall selbst (§ 2317 Abs. 1 BGB). Bei der Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs kommt es nicht zur Übertragung eines Vermögenswerts durch den Berechtigten auf den Erben. Infolgedessen entsteht aus diesem Vorgang weder ein Veräußerungsgewinn beim Pflichtteilsberechtigten, noch hat der Erbe hieraus Anschaffungskosten für das ererbte Vermögen (BFH-Beschluss vom 05.07.1990 GrS 2/89, BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837 und BFH-Urteil vom 17.10.1991 IV R 97/89, BFHE 166, 149, BStBl II 1992, 392). Folglich sind auch Darlehenszinsen, die im Zusammenhang mit der Erfüllung von Pflichtteilsansprüchen anfallen, keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten (vgl. BFH-Urteile vom 08.12.1992 IX R 68/89, BFHE 170, 134, BStBl II 1993, 434 undvom 25.11.1993 IV R 66/93, BFHE 173, 112, BStBl II 1994, 623; BFH-Beschluss vom 29.03.2000 XI B 147/99, ZEV 2000, 286; Wacker in Schmidt, EStG, 25. Auflage, § 16 Rz. 592f. m.w.N.).

Wären im Streitfall die Darlehen teilweise zur Tilgung einer Pflichtteilsschuld aufgenommen worden, ständen die hierfür entrichteten Schuldzinsen insoweit in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit dieser Nachlassschuld. Da der Erbfall nach inzwischen gesicherter Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, grundsätzlich dem privaten Bereich des Erben zuzuordnen ist, gehören auch die Erbfallschulden nicht der einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre, sondern dem Bereich der privaten Lebensführung an. Sie wären somit insoweit jedenfalls Privatschulden und die Schuldzinsen nicht als Werbungskosten abziehbar.

bbb) Die Klägerin hat die mit den Hypotheken belasteten Grundstücke im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 BGB) unentgeltlich erworben. Die Ablösung der Hypotheken nach § 1142 BGB stellt damit keine Gegenleistung für die Überlassung der Grundstücke dar, da sie nicht im Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb stand. Sie führt auch nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten der Klägerin, deren Finanzierung durch ein Darlehen den Abzug von Schuldzinsen gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 EStG eröffnen würde.

Steht einem Dritten ein dingliches Recht an einem Grundstück zu und löst der Eigentümer das dingliche Recht ab, so sind die Ablösezahlungen dann nachträgliche Anschaffungskosten i.S. von § 255 Abs. 1 HGB, wenn durch das dingliche Recht die Befugnisse des Eigentümers i.S. von § 903 BGB, wozu u. a. das Recht auf Nutzung des Vermögensgegenstandes zählt, beschränkt waren und der Eigentümer durch die Ablösezahlung die Beschränkung seiner Eigentümerbefugnisse beseitigt und sich die vollständige rechtliche und wirtschaftliche Verfügungsmacht an dem Grundstück verschafft (BFH-Urteile vom 15.12.1992 IX R 323/87, BFHE 169, 386, BStBl II 1993, 488, vom 06.07.1993 IX R 112/88, BFHE 171, 530, BStBl II 1998, 429 undvom 29.07.1997 IX R 89/94, aaO).

Nach diesen Grundsätzen führte die Ablösung der Hypotheken nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten, weil die Hypotheken an sich nicht die Nutzungs- und Verfügungsmöglichkeit der Klägerin als Eigentümerin beeinträchtigten, sondern lediglich als Sicherheiten für fremde Schulden - die Schulden des Bruders der Klägerin - dienten.

bb) Die Abziehbarkeit der strittigen Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung folgt auch nicht aus dem mit der Darlehensaufnahme verfolgten Zweck, die drohende Zwangsvollstreckung in die Grundstücke der Klägerin abzuwenden und die Grundstücke zur weiteren Vermietung behalten zu können.

Aufwendungen zur Abwehr von Gefahren für das der Einkunftserzielung dienende Vermögen sind nicht allgemein als Werbungskosten "zur Sicherung und Erhaltung der Einnahmen" i. S. von § 9 Abs. 1 S. 1 EStG abziehbar. Ein Veranlassungszusammenhang mit der Einkunftserzielung ist dann grundsätzlich zu verneinen, wenn die Zugehörigkeit eines der Einkunftserzielung dienenden Wirtschaftsgutes zum Vermögen des Steuerpflichtigen bedroht ist. Denn in einem solchen Falle steht nicht die Absicht der Einkunftserzielung, sondern die Beeinträchtigung des Vermögens des Steuerpflichtigen im Vordergrund (BFH-Urteile vom 11.05.1993 IX R 25/89, BFHE 171, 445, BStBl II 1993, 751 undvom 29.07.1997 IX R 89/94, aaO). Ein Veranlassungszusammenhang von Abwehrkosten mit der Erzielung von Einkünften setzt voraus, dass die abzuwehrende Gefahr durch die Einkunftserzielung begründet ist, wie z.B. durch die Verwendung des Wirtschaftsgutes zur Einkunftserzielung (BFH-Urteile vom 11.05.1993 IX R 25/89, aaO, m.w.N. undvom 29.07.1997 IX R 89/94, aaO). Dies hat der BFH beispielsweise bejaht bei dem Diebstahl eines zu einer Dienstreise verwendeten privaten Pkw eines Arbeitnehmers (BFH-Urteil vom 25.05.1992 VI R 171/88, BFHE 168, 542, BStBl II 1993, 44; vgl. auch BFH-Urteil vom 04.07.1986 VI R 227/83, BFHE 147, 161, BStBl II 1986, 771 zum Diebstahl eines Gegenstandes anlässlich seiner Verwendung für berufliche Zwecke).

Im Streitfall stand für die Klägerin jedoch die Erhaltung des Vermögens im Vordergrund, denn die drohende Zwangsvollstreckung beruhte nicht auf der Einkünfteerzielung der Klägerin, sondern darauf, dass das Grundstück als Sicherheit für Verbindlichkeiten des Bruders diente und der Gläubiger keine Befriedigung aus dessen Vermögen erhalten konnte.

3. Der Klägerin steht auch keine weitere AfA infolge der Ablösung der Darlehen des Bruders zu. Wie bereits oben ausgeführt handelte es sich bei den mit diesen Darlehen aufgenommenen Mitteln weder um Anschaffungskosten noch um Herstellungskosten der ererbten Grundstücke.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

5. Der Senat folgt mit seiner Entscheidung in vollem Umfang der gut begründeten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Er hat gleichwohl lange erwogen, ob nicht die besonderen Umstände des Falles dazu zwingen, diesen einem Anschaffungsfall gleichzustellen. Die Klägerin hat, um die Versteigerung zu vermeiden, eine neue Investitionsentscheidung getroffen in voller Kenntnis des Umstands, dass der Rückgriffsanspruch gegen den Bruder dauerhaft wertlos war. Es könnte zweifelhaft sein, sie in dieser Situation darauf zu verweisen, sie hätte die Grundstücke ja selbst in der Zwangsversteigerung erwerben können. Der Senat hat deshalb die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zugelassen.

Ende der Entscheidung

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