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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 14.11.2007
Aktenzeichen: 4 K 605/05
Rechtsgebiete: UStG


Vorschriften:

UStG § 1 Abs. 1a
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1
UStG § 3 Abs. 7 S. 1
UStG § 4 Nr. 9a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

4 K 605/05

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin betrieb ab dem 1.1.1999 auf dem Grundstück D - Straße in F eine Autowaschanlage. Im ertragsteuerlichen Anlagevermögen des Betriebs war das Betriebsgrundstück mit Gebäude aktiviert. Die Waschanlage war als Betriebsvorrichtung bilanziert. Eigentümerin des Grundstücks, des aufstehenden Betriebsgebäudes und der Waschanlage war die Klägerin.

Die Klägerin veräußerte am 24.7.2001 (Urkunde 1497/2001 des Notars I in M) das Grundstück und Gebäude an die Erwerberin Frau D zum Kaufpreis von DM 1.500.000. Hiervon entfielen DM 300.000 auf das Grundstück und DM 1.200.000 auf das Gebäude. Mit weiterer Urkunde (Urkunde 1498/2001 des Notars I in M) veräußerte die Klägerin "sämtliche zum Unternehmen gehörenden Gegenstände ohne Grundbesitz" (Ziffer I. des Kaufvertrags) zum Preis von DM 650.000 an Herrn D, den Sohn der Erwerberin des Grundstücks. In beiden Urkunden findet sich jeweils unter Abschnitt

II. Gegenleistung

die Vereinbarung, dass Mehrwertsteuer auf den Kaufpreis wegen des Vorliegens einer Geschäftsveräußerung im Ganzen gemäß § 1 Abs. 1a UStG nicht erhoben werde. Die Verträge waren über eine Bestimmung derart miteinander verknüpft, dass der Erwerb des Grundstücks und der Erwerb der Autowaschanlage in ihrer Rechtswirksamkeit jeweils abhängig von der "Rechtswirksamkeit" des anderen Vertrages waren. Besitz, Nutzen und Lasten gingen zum 31.8.2001 auf die Erwerber über.

In der Betriebsprüfung für die Veranlagungszeiträume 1999 bis 2001 gelangte der Prüfer zu dem Ergebnis, dass der Betrieb der Klägerin durch die Veräußerungen zum 31.8.2001 eingestellt worden sei. Die Voraussetzungen einer steuerfreien Geschäftsveräußerung im Ganzen seien nicht erfüllt, auch wenn die Vertragsparteien beim Abschluss der Verträge davon ausgegangen seien. Sowohl nach quantitativer als auch nach funktionaler Betrachtungsweise seien die veräußerten Betriebsvorrichtungen, das Grundstück und das aufstehende Gebäude wesentliche Betriebsgrundlage des Betriebs der Klägerin gewesen. Der Prüfer behandelte die Veräußerung der Betriebsvorrichtungen (Waschanlage) als steuerpflichtig und rechnete aus dem Brutto-Kaufpreis die Umsatzsteuer in Höhe von DM 89.665,17 heraus. Bei der Veräußerung des Grundstücks und des Gebäudes ging er von einem steuerbefreiten Umsatz aus. Da die Klägerin bei der Errichtung des Gebäudes aus den angefallenen Herstellungskosten den Vorsteuerabzug in Anspruch genommen habe, ergebe sich eine Vorsteuerkorrektur gemäß § 15a UStG. Hierbei ging der Prüfer von einer erstmaligen Verwendung zum 18.12.1998 und damit einem Berichtigungszeitraum vom 1.1.1999 bis zum 31.12.2009 aus. Die Klägerin habe innerhalb dieses Berichtigungszeitraums für 32 Monate vom 1.1.1999 bis 31.8.2001 keine Vorsteuerberichtigung und für die restlichen 88 Monate eine Vorsteuerberichtigung durchzuführen. Ausgehend von Vorsteuerbeträgen in Höhe von DM 197.114,7 (= vorsteuerbelastete Herstellungskosten zu 16% aus DM 1.231.967,14 Herstellungskosten) ermittelte der Prüfer eine Vorsteuerberichtigung in Höhe von DM 144.550,80. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Berechnung des Prüfers in der Rechtsbehelfsakte (Vermerk vom 15.1.2004) Bezug genommen.

Der Beklagte folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ am 1.10.2004 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr. Hiergegen haben die Kläger Einspruch erhoben, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 11.1.2005 als unbegründet zurückwies.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen einer steuerfreien Geschäftsveräußerung im Ganzen vorlagen. Zwar habe es zwei Erwerbsvorgänge gegeben. Veräußert worden seien aber zwei gedachte gesondert geführte Teilbetriebe, was einer Übertragung des Geschäftsbetriebs im Ganzen gleichkomme. Maßgebend sei, dass die Erwerber in der Gesamtheit das Unternehmen der Klägerin ohne nennenswerten finanziellen Aufwand fortführen konnten.

Eine Geschäftsveräußerung im Ganzen werde auch dann anerkannt, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen veräußert würden und gleichzeitig an den Erwerber die Rechte aus Pachtverträgen mitübertragen würden. Die Klägerin habe auch keine wesentlichen Betriebsgrundlagen zurückbehalten. Der Verkauf des Grundstücks an die Mutter des zukünftigen Betreibers der Waschanlage habe den wirtschaftlichen Aspekt gehabt, dass die Mutter den Erwerb finanziert habe und das Grundstück nicht Teil der zivilrechtlichen Haftungsmasse gewesen sei. Der Erwerber habe die Waschanlage auch nahtlos als solche fortgeführt. Es könne nicht darauf ankommen, ob auf Seiten des Erwerbers ein oder zwei vertraglich verbundene Erwerber zu verzeichnen seien, da die Steuerbefreiung ausschließlich auf die Situation bei dem Veräußerer abstelle. Auf der Seite des Erwerbers sei ausreichend, wenn dieser Umsätze für sein Unternehmen aus dem fortgeführten Unternehmen erziele.

Auch eine Überprüfung am Maßstab der ertragsteuerlichen Regelung in § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG zeige, dass maßgeblich sein müsse, ob ein Betrieb als vollständiger Organismus des Wirtschaftslebens übertragen werde. Im Ertragsteuerrecht sei die Übertragung auf mehrere Erwerber nur dann schädlich, wenn der Betrieb als selbstständiger Organismus zerstört werde. Im Kaufvertrag sei jedoch vereinbart worden, dass beide vertraglichen Vereinbarungen in ihrer Rechtswirksamkeit voneinander abhängig gewesen seien.

Nach Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-Richtlinie werde für die Nichtbesteuerung lediglich verlangt, dass ein selbstständig geführtes Teilvermögen der Übertragung zu Grunde liege. Dieses Merkmal sei wesentlich weiter als das im nationalen Recht vorhandene Merkmal des "gesondert geführten Betriebs". In diesem Zusammenhang anerkenne der Beklagte in den Umsatzsteuerrichtlinien (A 5 Abs. 2 Satz 7), dass eine Geschäftsveräußerung im Ganzen auch bei Übereignung in mehreren Teilakten vorliegen könne. Nichts anderes könne aber dann gelten, wenn sich eine einheitliche Übertragung auf zwei Erwerber erstrecke, die im Zusammenspiel den vorher einheitlichen Betrieb weiter nutzen. Nach der Zita Modes -Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (-EuGH-) vom 27.11.2003 (C-497/01, DStR 2003, Deutsches Steuerrecht - DStR - 2003, 2220) sei der Begriff der Übertragung eines Gesamtvermögens oder eines Teilvermögens so zu verstehen, dass es auf die entgeltliche Übertragung eines Geschäftsbetriebs oder eines selbstständigen Unternehmensteils ankomme. Erfasst seien diejenigen Übertragungen, bei denen der Begünstigte beabsichtige, den übertragenen Geschäftsbetrieb zu betreiben und nicht nur die betreffende Geschäftstätigkeit abzuwickeln.

Die Richtlinie decke damit den im Streitfall gegebenen Vorgang ab. Dem stehe nicht das Urteil des FG Köln vom 12.12.2006 (8 K 1130/05, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2007, 456) entgegen, welches noch in der Revision anhängig sei. In dem dort vorliegenden Sachverhalt sei keine Aufsplittung von wesentlichen Betriebsgrundlagen erfolgt, was im Streitfall nicht gegeben sei, weil es nach Auffassung der Klägerin nicht auf die Frage der Identität des Betriebs zum Zeitpunkt der Übertragung, sondern auf den Zustand des Betriebs zum Zeitpunkt der Übertragung ankomme. Dies sei eine völlig andere Betrachtungsweise, da hierbei die Veränderung des Zustands während des Betriebs beim Veräußerer relevant sei. Die EuGH-Entscheidung habe auch klargestellt, dass es nicht auf eine Identität der Geschäftstätigkeit beim Erwerber ankomme.

Die Rechtsauffassung des Beklagten entspreche nicht dem Regelungsgehalt des Gesetzes. Der Beklagte habe zugestanden, dass selbst für den Fall, dass entsprechende Umsatzsteuervereinbarungen in der notariellen Regelung getroffen worden wären, sich für den Beklagten keine steuerlichen Mehrergebnisse ergeben hätten, da die ausgewiesenen Umsatzsteuern mit den bei den Erwerbern entstandenen Vorsteuerbeträgen zur Verrechnung gelangt wären.

Liege eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, werde gemäß § 15a Abs. 6a UStG der maßgebliche Berichtigungszeitraum nicht unterbrochen und auf der Seite des Erwerbers fortgeführt. Die umsatzsteuerliche Behandlung des Beklagten führe nur deshalb im Hinblick auf das Gebäude zu einem umsatzsteuerrelevanten Vorgang, weil die Steuerbefreiung nicht anerkannt worden sei.

Die Klägerin beabsichtige im Fall des Unterliegens, einen zivilrechtlichen Regressprozess gegen die Erwerber zuführen. Vorsorglich werde daher die Beiladung der Erwerber beantragt.

Die Klägerin beantragt,

den Umsatzsteueränderungsbescheid 2001 vom 11.10.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.1.2005 aufzuheben,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Voraussetzungen einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen seien nicht erfüllt. Die Klägerin habe nicht die wesentlichen Grundlagen des bei ihr geführten Unternehmens an einen Unternehmer für dessen Unternehmen verkauft. Sie habe des Unternehmen in zwei Veräußerungsakten an zwei verschiedene Erwerber übertragen. Der Auffassung der Klägerin, dass zwei gedachte gesondert geführte Teilbetriebe veräußert worden seien, könne nicht gefolgt werden. Die rein hypothetischen Betrachtung, dass verschiedene wesentliche Betriebsgrundlagen eines einheitlichen Betriebs auch für sich betrachtet umsatzsteuerpflichtig benutzt werden könnten, spiele keine Rolle, da es auf die konkrete organische Zusammensetzung des Betriebs in der Hand des Veräußerers ankomme. Es sei auch nicht der spezielle Sachverhalt einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen gegeben, in dem einzelne wesentliche Betriebsgrundlagen vom Veräußerer zurückbehalten, dem Übernehmer vom Veräußerer aber langfristig zur Nutzung überlassen worden seien (BFH-Urteil vom 4.7.2002, V R 10/01, BStBl. II 2004, 662).

Die Klägerin habe ihren einheitlichen Betrieb auch nicht ohne weiteres in zwei Teilbetriebe aufspalten können, da sich beide wesentlichen Betriebsgrundlagen nicht als nach außen hin selbstständige in sich abgeschlossene Gebilde hätten führen lassen.

Zwar seien die notariellen Verträge im Hinblick auf ihrer Rechtswirksamkeit verflochten gewesen. Eine Fortführung des bestehenden Betriebs als wirtschaftliche Einheit werde aber in beiden Verträgen weder vereinbart, noch als Voraussetzung für die Rechtswirksamkeit beider Verträge festgeschrieben.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

I. Der Umsatzsteuerbescheid 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). Die Voraussetzungen einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen lagen im Streitfall nicht vor, so dass der Beklagte zu Recht eine Korrektur bereits beanspruchter Vorsteuerbeträge aus den Herstellungskosten des Gebäudes vorgenommen und die Veräußerung der Waschanlage als umsatzsteuerpflichtig behandelt hat.

1. Die Voraussetzungen einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1 a des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1999: im folgenden UStG) lagen nicht vor.

a) Nach § 1 Abs. 1 a UStG unterliegen die Umätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer. Gem. § 1 Abs. 1 a Satz 2 UStG liegt eine Geschäftsveräußerung vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers (§ 1 Abs. 1 a Satz 3 UStG).

Nach Art. 5 Abs. 8 Satz 1 der für das Streitjahr anwendbaren 6. EG-Richtlinie (77/388/EWG) konnten die Mitgliedsstaaten die Übertragung des Gesamtvermögens oder eines Teilvermögens, die entgeltlich oder unentgeltlich oder durch Einbringung in eine Gesellschaft erfolgte, so behandeln, als ob keine Lieferung von Gegenständen vorlag und den Begünstigten der Übertragung als Rechtsnachfolger des Übertragenden ansehen. Im Urteil vom 27.11.2003 (C-497/01, DStR 2003, 2220) hat der EuGH zur Auslegung des Artikels 5 Abs. 8 Satz 1 der Richtlinie entschieden, eine umsatzsteuerliche Nicht-Lieferung verlange die Übertragung eines Geschäftsbetriebs oder eines selbständigen Unternehmensteils, der jeweils materielle und ggfs. immaterielle Bestandteile umfasse, die zusammengenommen ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bildeten, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden könne. Der Übernehmer müsse jedoch beabsichtigen - so der EuGH im Urteil vom 27.11.2003 (C-497/01, a. a. O.) - den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben und nicht nur die Geschäftstätigkeit sofort abzuwickeln, sowie ggfs. den Warenbestand zu verkaufen. Die Nicht-Lieferung verlange jedoch nach Artikel 5 Abs. 8 Satz 1 nicht, dass der Begünstigte vor der Übertragung eine wirtschaftliche Tätigkeit derselben Art ausgeübt haben müsse wie der Übertragende.

Der Bundesfinanzhof (-BFH-) ist dem in einemUrteil vom 18.01.2005 (V R 53/02, BFHE 208, 491) gefolgt. Angesichts der Tatsache, das § 1 Abs. 1 a UStG zur Umsetzung des Artikel 5 Abs. 8 des 6. Richtlinie in das deutsche Recht eingeführt worden sei, sei die Frage, ob ein Unternehmen oder ein gesondert geführter Betrieb im Ganzen nicht steuerbar übereignet werde, nicht nach den Kriterien des nationalen Steuerrechts, sondern nur unter Berücksichtigung der Regelung der Richtlinie zu beurteilen.

b) Nach diesen Grundsätzen fehlt es im Streitfall an der Übertragung eines "Unternehmens im Ganzen" im Sinne des § 1 Abs. 1 a Satz 2 UStG. Die Klägerin hat durch die getrennte Übertragung von Grundstück und Gebäude einerseits und der Waschanlage als Betriebsvorrichtung andererseits auf verschiedene Erwerber weder das von ihr geführte Unternehmen noch von ihr geführte Unternehmensteile übertragen.

aa) Nach Auffassung des Senats setzte eine Übertragung nach § 1 Abs. 1 a Satz 2 UStG im Lichte der Auslegung des Artikel 5 Abs. 8 Satz 1 der 6. Richtlinie und des EuGH-Urteils vom 27.11.2003 (C-497/01, a. a. O.) voraus, dass die Klägerin einen von ihr geführten Betrieb oder Teilbetrieb als organische Zusammensetzung materieller und immaterieller Wirtschaftsgüter im Ganzen übereignet. Dies ist im Streitfall nicht erfolgt, weil die Klägerin mit der Übertragung von Grundstück und Gebäude einerseits und Waschanlage andererseits auf verschiedene Erwerber die vorher bestehende Identität ihres einheitlichen Unternehmens aufgegeben hat und diese Wirtschaftsgüter bei ihr vor der Übertragung keine gesondert geführten Teilbetriebe bildeten.

Seine Auffassung stützt der Senat auch auf die Ausführungen in dem EuGH-Urteil Zita Modes vom 27.11.2003 (in der Rechtssache C-497/01, a.a.O.). Der EuGH hat in dieser Entscheidung ausdrücklich betont, dass ein Geschäftsbetrieb/Teilbetrieb als Sachgesamtheit materieller und ggfs. immaterieller Bestandteile anzusehen sei, welche zusammengenommen ein Unternehmen oder Teilvermögen bildeten, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden könne. Der Senat versteht diese Aussage so, dass gerade derjenige Betrieb, der vorher umsatzsteuerlich beim Übergeber eine zusammengefasste Sachgesamtheit von immateriellen und materiellen Bestandteilen war, mit gerade dieser Identität auf den Übernehmer übergehen muss. Diese Auslegung führt dazu, dass nach nationalem Recht in § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG für die Übertragung eines "Unternehmens" oder "Unternehmensteils" im Sinne der Vorschrift erforderlich ist, dass die Identität der übergehenden Sachgesamtheit beim Übertragenden im Übertragungsvorgang erhalten bleiben muss.

Die Klägerin hat weder den gesamten Betrieb in der Gestalt übertragen, in der sie diesen als einheitliches Unternehmen aus Grundstück, Gebäude und Waschanlage geführt hatte, noch waren Grundstück und Gebäude einerseits und Waschanlage andererseits bei ihr gesonderte Teilbetriebe, mit denen separat umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielt wurden. Für die hypothetische Betrachtung der Klägerin, das übertragene Grundstück und Gebäude einerseits und die Waschanlage als Betriebsvorrichtung andererseits wären abstrakt betrachtet (also unabhängig von der Nutzung der Klägerin) zur Führung eigenständiger umsatzsteuerpflichtiger Geschäftsbetriebe geeignet gewesen, ist kein Raum. Entscheidend für die Prüfung, ob eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt, ist die konkrete Gestalt des Betriebs und Nutzung der darin zusammengefassten Wirtschaftsgüter in der Hand der Klägerin vor der Übertragung. Zum anderen hält der Senat das Argument, dass die Klägerin einen "Grundstücksüberlassungsbetrieb" und eine Waschanlage hätte betreiben können, im Streitfall für nicht schlüssig. Denn die Klägerin hätte angesichts des von ihr betriebenen Unternehmens -des Betriebs einer Autowaschanlage auf eigenen Grundstück im eigenen Gebäude- gerade nicht das Grundstück und Gebäude an sich selbst vermieten können und damit selbst umsatzsteuerpflichtige Vermietungseinkünfte erzielen können. Hätte sie Grundstück und Gebäude an Dritte vermietet, hätte sie selbst keine Waschanlage dort betreiben können. Hätte sie Grundstück und Gebäude mit Waschstrasse verpachtet, wäre dies ein Verpachtungsbetrieb und damit ein anderer Geschäftsgegenstand als der von der Klägerin betriebene Gegenstand gewesen.

Etwas anderes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des EuGH im Urteil vom 27.11.2003 (C-497/01 a. a. O.), in dem der EuGH ausdrücklich festgestellt hat, dass Art. 5 Abs. 8 Satz 1 der 6. Richtlinie für die Annahme einer Nicht-Lieferung nicht verlange, dass der Übertragende vor der Übertragung eine wirtschaftliche Tätigkeit derselben Art ausgeübt haben müsse wie der Übernehmer. Diese Rechtsprechung will nur dann die Nicht-Steuerbarkeit nicht versagen, wenn ein in der Hand des Übergebers geführter Betrieb mit allen immateriellen und materiellen Bestandteilen auf den Übernehmer übertragen und bei diesem wiederum zur Erzielung umsatzsteuerpflichtiger Umsätze genutzt wird, die Nutzung aber nicht der Tätigkeit entspricht, die der Übergeber zuvor mit dem übergebenen Betrieb ausgeführt hat. Eine solche Konstellation liegt im Streitfall aber nicht vor. Denn während es im Streitfall um die zu beurteilende Frage geht, ob der Betrieb mit der Identität in der Hand der Klägerin übertragen wird, gewährt die Rechtsprechung des EuGH nur eine Erleichterung für den Fall, dass zwar der Betrieb des Übergebers im Ganzen auf den Übernehmer übergeht, von letzterem aber nicht in der selben Branche, aber in dessen Unternehmen zur Erzielung umsatzsteuerpflichtiger Umsätze genutzt wird.

Der Senat sieht die Voraussetzungen der Geschäftsveräußerung im Ganzen auch nicht unter dem Gesichtspunkt als gegeben an, dass die im Streitfall zu beurteilende Konstellation der in der Rechtsprechung des BFH anerkannten Möglichkeit der Zurückbehaltung wesentlicher Betriebsgrundlagen vergleichbar wäre (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 4.7.2002 V R 10/01, BStBl. II 2004, 662). Nach dieser Rechtsprechung liegt eine Geschäftsveräußerung im Sinne des § 1 Abs. 1a UStG auch dann vor, wenn einzelne wesentliche Betriebsgrundlagen nicht mitübereignet worden sind, wenn sie dem Übernehmer langfristig zur Nutzung überlassen werden und eine dauerhafte Fortführung des Unternehmens durch den Übernehmer gewährleistet ist. Die Situation des Streitfalls - Aufpaltung eines einheitlichen Betriebs auf zwei nahestehende Personen - ist dem "Zurückbehaltungsfall" indes nicht vergleichbar. Denn die Klägerin hat ihrerseits nicht durch eine vertragliche Verpflichtung der Erwerber gewährleistet, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen ihres Betriebs bei den Erwerbern weiter zur Erzielung umsatzsteuerpflichtiger Umsätze genutzt werden. Sie hat insbesondere die Erwerberin des Grundstücks auch nicht im Kaufvertrag darauf verpflichtet, dies ihrem Sohn zum Betrieb der Waschanlage zu vermieten. Im "Zurückbehaltungsfall" hingegen hat der BFH dem Übergeber nur deshalb erlaubt, das Eigentum am Grundstück zurückzubehalten, weil sich der Übergeber und der Übernehmer in einem Pachtvertrag langfristig verpflichtet hatten, das Grundstück weiter betrieblich zu nutzen.

Aus dem Zusammenspiel der §§ 1 Abs.1a, 15a Abs. 1 und Abs. 6 UStG folgt nach der Auffassung des Senats überdies, dass der Übergeber auch in einem "Zurückbehaltungsfall" sicherstellen müsste, dass vom Übergeber umsatzsteuerpflichtig an den Übernehmer verpachtet wird. Denn der Gesetzgeber geht davon aus, dass bei Betriebsübertragungen entweder eine Geschäftsveräußerung im Ganzen eintritt (§ 15a Abs. 6 UStG) oder es zu steuerbaren Lieferungen kommt. Ist nicht sichergestellt, dass der Übernehmer alle Wirtschaftsgüter zur Erzielung umsatzsteuerpflichtiger Umsätze nutzt, liegt folglich bereits dem Grunde nach keine Geschäftsveräußerung im Ganzen im Sinne des § 1 Abs. 1a UStG vor. Übertragen auf den Streitfall folgt hieraus, dass die Klägerin bei der Aufspaltung ihres Betriebs auf zwei Erwerber und der Übertragung der Grundsätze der "Zurückbehaltungsfälle" nur dann von einer Übertragung gemäß § 1 Abs. 1a UStG hätte ausgehen dürfen, wenn sie auf der Basis der vertraglichen Vereinbarungen oder Versicherungen davon hätte ausgehen dürfen, dass die Erwerberin das Grundstück nebst Gebäude umsatzsteuerpflichtig an ihren Sohn vermieten wollte.

Unerheblich ist, dass die Vertragsparteien irrtümlich von den Voraussetzungen des Vorliegens einer Geschäftsveräußerung im Ganzen ausgegangen sind. Da der Vorgang nur zum Teil umsatzsteuerbar war, kann dies allenfalls zivilrechtliche Ausgleichsansprüche zwischen Erwerber und Veräußerer auslösen (vgl. z. B. Schönborn, DStR 1999, 437 ff). Auch spielt es keine Rolle, dass im Fall einer umsatzsteuerpflichtigen Veräußerung von Grundstückgebäude und Waschanlage und einer dann zu gewährenden Vorsteuererstattung auf der Seite des Erwerbers per Saldo kein "umsatzsteuerliches Mehrergebnis" für den Fiskus entstanden wäre.

bb) Da der Senat bereits die Voraussetzung als nicht erfüllt ansieht, dass die Klägerin ihr "Unternehmen" oder einen "Unternehmensteil" gemäß §§ 1 Abs. 1a Satz 1 i.Vm. Satz 2 UStG übertragen hat, hält der Senat die Vernehmung der Erwerber als Zeugen für entbehrlich. Die Zeugen sollten sich dazu äußern, ob und welche betrieblichen Bestandteile des übergegangenen Betriebs bei ihnen in welcher Weise zur Erzielung umsatzsteuerpflichtiger Umsätze genutzt werden. Dies bezieht sich auf die im Streitfall nicht mehr entscheidungserhebliche Voraussetzung in §§ 1 Abs. 1a Satz 1 i.Vm. Satz 2 UStG, dass der Erwerber die übergehenden Wirtschaftsgüter "für sein Unternehmen" verwenden muss.

2. Da die Voraussetzungen einer Nicht-Lieferung gem. § 1 Abs. 1 a UStG im Streitfall nicht vorlagen, hat der Beklagte zutreffend in der Übereignung von Grundstück und Gebäude und der Waschanlage jeweils getrennte Lieferungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG gesehen, die gem. § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG im Inland steuerbar waren. Für die Lieferung des Grundstücks mit aufstehendem Gebäude hat der Beklagte zutreffend die Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 9a UStG angewandt. Hinsichtlich der Übertragung der Waschanlage als Betriebsvorrichtung hat der Beklagte zutreffend aus dem gezahlten Bruttoentgelt die Umsatzsteuer herausgerechnet und entsprechend festgesetzt. Die Höhe der vom Beklagten berechneten Steuer läßt keinen Fehler erkennen und ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

3. Zudem hat der Beklagte zutreffend gegenüber der Klägerin den Vorsteuerabzug aus beanspruchter Vorsteuer für die Herstellungskosten des übertragenden Grundstücks berichtigt.

Nach § 15 a Abs. 1 Satz 2 UStG ist, wenn sich bei einem Grundstück innerhalb von 10 Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse ändern, für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbetrags vorzunehmen. Hierbei ist gem. § 15 a Abs. 2 Satz 1 UStG bei Grundstücken von einem Berichtigungsbetrag in Höhe von 1/10 der auf das Wirtschaftsgut entfallenden Vorsteuerbeträge für jedes Kalenderjahr auszugehen. Nach § 15 a Abs. 4 Satz 1 UStG liegt eine Änderung der Verhältnisse auch vor, wenn das noch verwendungsfähige Wirtschaftsgut vor Ablauf des nach Abs. 1 maßgeblichen Berichtungszeitraums veräußert wird und dieser Umsatz anders zu beurteilen ist, als die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebliche Verwendung. Dies gilt gemäß § 15 a Abs. 6 a UStG nur dann nicht, wenn eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorlag, da dann der maßgebliche Berichtigungszeitraum nicht zu unterbrechen ist.

Zur Berechnung des Unterbrechungszeitraums bestimmt § 45 der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV), dass im Fall eines Ende des Berichtungszeitraums nach dem 15. eines Kalendermonats der Kalendermonat voll nicht für die schädliche Verwendungsänderung zu berücksichtigen ist. Die Vorsteuerkorrektur ist bei einer schädlichen Veräußerung gem. § 44 Abs. 4 Satz 3 UStDV im Voranmeldungszeitraum der Lieferung zu erfassen.

Im Streitfall lag eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen gem. § 15 a Abs. 6 a Satz 1 UStG - wie bereits geschildert - nicht vor. Die Klägerin hat Grundstück und Gebäude nicht umsatzsteuerpflichtig veräußert, so dass eine Vorsteuerkorrektur dem Grunde nach vorzunehmen ist. Besitz und Gefahr gigen zum 31.8.2001 auf die Käufer über. Auf dieser Grundlage läßt die Berechnung des Berichtigungszeitraums und Vorsteuerkorrekturbetrags durch den Beklagten keine Fehler erkennen läßt. Die Klägerin hat auch im Übrigen zur Höhe der berichtigten Vorsteuerbeträge keine Einwände erhoben.

4. Die beantragte einfache Beiladung der Erwerber kam nicht in Betracht. Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 FGO kann das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen Dritte zum Verfahren beiladen, wenn deren rechtliche Interessen nach den Steuergesetzen durch die Entscheidung berührt werden. Dies ist im Streitfall nicht gegeben.

Die Klägerin beabsichtigt im Fall des Unterliegens im jetzigen Verfahren, etwaige zivilrechtliche Ansprüche gegen die Erwerber auf Nachzahlung der angefallenen Umsatzsteuer einzuklagen. Damit ist nicht erkennbar, dass unter steuerlichen Gesichtspunkten Interessen der Erwerber durch das jetzige Verfahren betroffen sein könnten, selbst wenn im Anschluss an eine erfolgreiche zivilrechtliche Klage die Erteilung einer Rechnung an die Erwerber und deren dann entstehendes Recht zum Vorsteuerabzug stehen könnte. Denn es käme bei einer Nachzahlung der Erwerber zwar bei der Klägerin ggf. über § 175 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (-AO-) zu einer Änderung des streitbefangenen Umsatzsteuerbescheides, bei den Erwerbern jedoch nur zu zukünftigen steuerlichen Auswirkungen für den Voranmeldungszeitraum der Zahlung des Restbetrags. Die Klägerin erstrebt der Sache nach eine Streitverkündung gegenüber den Erwerbern, die im Finanzgerichtsprozess unzulässig ist und auch nicht über eine einfache Beiladung erreicht werden kann.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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