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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 26.03.2008
Aktenzeichen: 5 K 1599/07
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2
EStG § 8 Abs. 2 S. 2
EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

5 K 1599/07

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung für die Streitjahre 2003 und 2004 ist zwischen den Beteiligten streitig, ob die private Nutzung eines Dienstwagens als Arbeitslohn zu versteuern ist.

Der Kläger war alleiniger Gesellschafter der ................ GmbH (im Folgenden: GmbH) und seit ....2002 auch deren alleiniger Geschäftsführer. In den Streitjahren wurde er mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Zum Betriebsvermögen der GmbH gehörte in den Streitjahren ein Personenkraftwagen Typ Porsche 911 Turbo.

Der Beklagte führte bei der GmbH eine am .....2005 begonnene und mit Prüfungsbericht vom ...2005 abgeschlossene Lohnsteuer-Außenprüfung durch. Hierbei stellte die Prüferin u.a. fest, dass dem Kläger der betriebliche Personenkraftwagen Porsche 911 Turbo auch für Privatfahrten zur Verfügung gestanden hat, was von dem Kläger auch eingeräumt wurde. Weder der Gesellschaftsvertrag noch der Geschäftsführervertrag enthielten eine Vereinbarung über die private Kfz.-Nutzung. Ein Fahrtenbuch war nicht geführt worden. Die von dem Arbeitgeber errechneten Privatanteile der Kfz.-Nutzung waren dem im ganzen Zeitraum negativen Gesellschafter-Verrechnungskonto belastet worden (2003 = - 228.900,-- EUR; 2004 = - 254.862,-- EUR).

Die Prüferin vertrat die Auffassung, dass die Belastung des Gesellschafter-Verrechnungskontos nicht die Annahme einer Zuzahlung des Klägers rechtfertige. Hiervon könne erst dann ausgegangen werden, wenn der Gesellschafter wirtschaftlich tatsächlich belastet werde. Bei einer Buchung auf einem Verrechnungskonto mit vorhandenem negativem Saldo sei dies nicht der Fall. Sie ermittelte den geldwerten Vorteil für die Privatnutzung des Fahrzeuges und für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach der 1%- und 0,03%-Regelung und teilte diese als Arbeitslohn zu versteuernden Beträge in Höhe von 19.269,-- EUR für das Jahr 2003 und in Höhe von 12.846,-- EUR für das Jahr 2004 dem für die Einkommensteuerveranlagung des Klägers zuständigen Steuerbezirk mit.

Der Beklagte schloss sich der Auffassung der Lohnsteuer-Außenprüferin an und erließ jeweils mit Datum vom .....2006 die hier streitigen, nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2003 und 2004.

Hiergegen legte der steuerlich vertretene Kläger fristgerecht Einsprüche ein. Zur Begründung führte er aus, die Qualifizierung des privaten Kfz.-Nutzungsanteils als Arbeitslohn sei zu Unrecht erfolgt, weil die private Kfz.-Nutzung im Dienstvertrag nicht vereinbart worden sei. Es liege auch keine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) der GmbH an den Kläger vor, da es an der erforderlichen Vermögensminderung auf Seiten der GmbH fehle. Die Belastung auf dem Gesellschafter-Verrechnungskonto schließe sowohl die Annahme von Arbeitslohn als auch von Kapitaleinkünften infolge vGA aus. Dabei könne es keinen Unterschied machen, ob das Verrechnungskonto des Gesellschafters auf der Aktivseite oder der Passivseite der Bilanz belastet werde. Es mache wirtschaftlich keinen Sinn, den Ausweis einer Forderung der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter anders zu behandeln als die Minderung einer Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter. In beiden Fällen verbessere sich das Eigenkapital der Gesellschaft. Es handele sich um den Ausweis einer Forderung der Gesellschaft an den Gesellschafter, für die der Gesellschafter einzustehen habe.

Der Beklagte folgte dem nicht und wies mit zusammengefasster Einspruchsentscheidung vom ....2007 die Einsprüche als unbegründet zurück. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird hierauf Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die vorliegende, fristgerecht bei Gericht eingegangene Klage des Klägers, mit der dieser sein Begehren weiter verfolgt. Der geldwerte Vorteil sei von dem Beklagten zu Unrecht als Arbeitslohn erfasst worden, da die Grundlage für die private Kfz.-Nutzung nicht in den Bereich Arbeitgeber - Arbeitnehmer falle, sondern sich im Bereich der Beziehungen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft vollziehe. Auch das Niedersächsische Finanzgericht habe dies in einem vergleichbaren Fall mit Urteil vom 9.12.2003, 6 K 138/02, so entschieden.

In der mündlichen Verhandlung ergänzt der Kläger sein bisheriges Vorbringen dahingehend, dass die GmbH zwischenzeitlich im Jahre 2007 in Liquidation gefallen sei und er die Gesellschaftsschulden getragen habe.

Im Übrigen entspricht die Klagebegründung der Einspruchsbegründung.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung der geänderten Einkommensteuerbescheide 2003 und 2004 vom ....2006 und unter Aufhebung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung die Einkommensteuer für beide Streitjahre neu festzusetzen und hierbei die private Nutzung des Dienstwagens außer Ansatz zu lassen; hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er wie folgt aus:

Überlasse der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer - hier dem Geschäftsführer - einen Firmenwagen zur privaten Nutzung, liege darin die Zuwendung eines geldwerten Vorteils im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG. Dabei sei es ohne Bedeutung, ob die Privatnutzungsmöglichkeit vertraglich vereinbart oder nur geduldet werde. Die private Nutzung des betrieblichen PKW sei somit als geldwerter Vorteil im Rahmen des mit der GmbH begründeten Arbeitsverhältnisses und nicht als vGA zu qualifizieren. Diese Beurteilung gelte nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - für alle Arbeitnehmer und damit auch für Gesellschafter-Geschäftsführer.

Es dürfe unstrittig sein, dass die Privatnutzung nach der 1%-Regelung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG zu bemessen sei und sich dieser Nutzungswert grundsätzlich um ein vom Arbeitnehmer gezahltes Entgelt mindere. Die Belastung eines Gesellschafter-Verrechnungskontos rechtfertige allerdings grundsätzlich nicht die Annahme einer Zuzahlung durch den Arbeitnehmer. Diese liege erst dann vor, wenn der Arbeitnehmer-Gesellschafter tatsächlich an die Gesellschaft leiste und hierdurch wirtschaftlich belastet sei. Dies sei zwar bei Minderung von Gesellschafterforderungen der Fall, nicht jedoch bei einer Erhöhung seiner Schulden wie im Streitfall. Da der Gesellschafter noch nicht belastet gewesen sei, sei seine Zuzahlung für die private PKW-Nutzung auch noch nicht abgeflossen.

Mit Beschluss des Senats vom 11.7.2007 ist der Rechtsstreit gemäß § 6 der Finanzgerichtsordnung - FGO - dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat zu Recht die Privatnutzung des betrieblichen Kraftfahrzeugs durch den Kläger als geldwerten Vorteil gewertet und diesen dem Lohnsteuerabzug unterworfen. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2003 und 2004 sind somit rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (arg. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

1. Die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung führt zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit zu einem nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - zu erfassenden Lohnzufluss (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH -vom 6. November 2001 VI R 62/96, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2002, 370 undvom 7. November 2006 VI R 95/04, BFH/NV 2007, 329). Nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG gilt für die private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu privaten Fahrten die in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG getroffene Regelung zur Nutzungsentnahme entsprechend. Danach ist der Wert dieser Nutzung für jeden Kalendermonat mit 1 v.H. des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen und noch gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG für jeden Kalendermonat um 0,03 v.H. des vorgenannten Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu erhöhen, wenn das Fahrzeug für solche Fahrten genutzt werden kann. Diese pauschalierende und stark typisierende Bewertungsregelung ist grundsätzlich zwingend (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 329, m.w.N.).

Der Kläger hat in seiner Klagebegründung selbst vorgetragen, den betrieblichen Kraftwagen auch privat genutzt zu haben. Daher entsprechen die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2003 und 2004 den vorstehend dargestellten Rechtsgrundsätzen.

Soweit der Kläger geltend macht, der geldwerte Vorteil sei nicht als Arbeitslohn zu erfassen, da die Grundlage für die private Kfz.-Nutzung nicht in den Bereich der Beziehungen zwischen dem Arbeitgeber - der GmbH - und dem Arbeitnehmer - dem Kläger - falle, sondern sich im Bereich der Beziehungen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft vollziehe, kann dieser Auffassung nicht gefolgt werden. Zwar hat der I. Senat des BFH mit Urteil vom 23. Februar 2005 I R 70/04, BStBl II 2005, 882, entschieden, dass eine vertraglich nicht geregelte private Kfz.-Nutzung durch den Geschäftsführer und Ehemann der Alleingesellschafterin einer Kapitalgesellschaft in Höhe der Vorteilsgewährung eine sog. verdeckte Gewinnausschüttung darstelle. Unter Nr. 3 Buchstabe b) der Entscheidungsgründe hat es dieser für die Körperschaftsteuer zuständige I. Senat jedoch ausdrücklich dahingestellt sein lassen, ob der Nutzungsvorteil des Arbeitnehmers als Arbeitslohn oder als verdeckte Gewinnausschüttung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zu qualifizieren sei. Dagegen ist nach dem Geschäftsverteilungsplan des BFH für Entscheidungen über lohnsteuerrechtliche Fragen ausschließlich der VI. Senat zuständig (vgl. BStBl vom 22. Februar 2008, II 2008, 85). In ständiger Rechtsprechung hat dieser Senat des BFH entschieden, dass die in einer privaten Nutzung betrieblicher Fahrzeuge liegende Bereicherung eines Arbeitnehmers als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu behandeln ist und dass diese Beurteilung für alle Arbeitnehmer und damit auch für Gesellschafter-Geschäftsführer gelte (vgl. BFH-Urteil vom 15. März 2007 VI R 94/04, BFH/NV 2007, 1302; BFH-Beschluss vom 19. Dezember 2003 VI B 281/01, BFH/NV 2004, 488; BFH-Urteile vom 6. November 2001 VI R 54/00, BStBl II 2002, 164 und VI R 62/96, BStBl II 2002, 370). Dieser Auffassung haben sich auch die Finanzgerichte Rheinland-Pfalz (Urteil vom 2. Mai 2005, 5 K 1131/03, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2006, 665) und des Saarlandes (Urteil vom 23. Oktober 2007, 1 K 1405/03, StE 2007, 787; NWB 2007, 4243) angeschlossen. Auch der der erkennende Senat - Einzelrichter - schließt sich dieser Auffassung des VI. Senats des BFH an.

2. Entgegen der Auffassung des Klägers steht die Belastung des Gesellschafter-Verrechnungskontos wegen der privaten Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeuges einer Zuzahlung nicht gleich. Es kommt nicht auf den buchmäßigen Ausweis einer Forderung der Gesellschaft an den Gesellschafter an, sondern - entsprechend dem Abflussprinzip des § 11 EStG - auf den tatsächlichen Mittelabfluss bei dem Gesellschafter. Hinzu kommt, dass im Streitfall das Gesellschafter-Verrechnungskonto in den beiden Streitjahren und somit auch zum Zeitpunkt der Zubuchung der Gesellschaftsforderung ohnehin negativ war. Letztlich kann es dahingestellt bleiben, ob die Einbuchung einer Gesellschaftsforderung auf dem Gesellschafter-Verrechnungskonto einer Zuzahlung durch den Gesellschafter gleichsteht, da dies nur im Falle der Annahme eine verdeckten Gewinnausschüttung von Relevanz wäre. Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt jedoch nicht vor, wenn auch aus anderen als von dem Kläger angenommenen Gründen.

3. Der Beklagten hat den geldwerten Vorteil mit 19.269,-- EUR für 2003 und 12.846,-- EUR in zutreffender Höhe berechnet. Einwendungen hiergegen sind von dem Kläger auch nicht geltend gemacht worden.

4. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen im Hinblick auf das BFH-Revisionsverfahren I R 83/07 (Vorinstanz: FG des Saarlandes, Urteil vom 23. Oktober 20071 K 1405/03 a.a.O.) und im Hinblick darauf, dass der BFH mit Beschluss vom 20. Januar 2006 I B 102/05 die Revision gegen das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 2. Mai 2005 5 K 1131/03, EFG 2006, 665, zugelassen hat.

5. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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