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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 20.05.2009
Aktenzeichen: 5 K 2907/07
Rechtsgebiete: EStG, HGB


Vorschriften:

EStG § 5 Abs. 5
HGB § 250 Abs. 2
HGB § 252 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerinnen.

Tatbestand:

Die Klägerin zu 1 wurde in den Streitjahren zusammen mit ihrem zwischenzeitlich verstorbenen Ehemann veranlagt. Beide erzielten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, die Klägerin zu 1 aus dem vom Ehemann gepachteten Betrieb und der Ehemann durch die Verpachtung des Betriebs an die Klägerin. Der Ehemann bezog daneben eine Altersrente. Die Klägerin zu 2 ist zusammen mit der Klägerin zu 1 Gesamtrechtsnachfolgerin des verstorbenen Ehemannes der Klägerin zu 1.

Die Einkommensteuer der Streitjahre 2003 und 2004 wurde zunächst erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung veranlagt.

Anlässlich einer Betriebsprüfung (BP) durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung ...... in den Jahren 2005/2006 stellte der Prüfer fest, dass in der Bilanz zum 30.06.2005 eine Entschädigungszahlung zum 01.07.2004 in Höhe von 179.550,00 €; als passiver Rechnungsabgrenzungsposten enthalten war. Die Zahlung war in einer Summe zugeflossen und deren Auflösung sollte über 20 Jahre erfolgen. Die Entschädigungszahlung war in der Einnahme-Überschussrechnung für das Wirtschaftsjahr 2003/2004 ebenso behandelt worden.

Wie sich aus der Vereinbarung mit dem Amt für Agrarordnung vom .....2004 für die Flurbereinigung ................ ergibt, handelt es sich um eine Entschädigung für Erwerbsverlust aufgrund von Straßenbaumaßnahmen in Höhe von 189.000,00 €;. Wegen der durch die Straßenbaumaßnahmen zu erwartenden Umsatzseinbußen und Produktionseinschränkungen ist laut dem der Vereinbarung vom .......2004 zugrunde liegenden Gutachten von Dr. ............ die Entschädigung "zur Beseitigung der Existenzgefährdung der Bewirtschafterin als Erwerbsverlust" gezahlt worden.

Der Prüfer unterwarf die Entschädigung im Zeitpunkt der Zahlung unter Berücksichtigung als außerordentliche Einkünfte gemäß §§ 24, 34 Einkommensteuergesetz (EStG) in vollem Umfang der Besteuerung, weil die Voraussetzungen für die Bildung eines Rechnungsabgrenzungspostens nicht vorgelegen hätten. Wegen der Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom ......2006 verwiesen.

Den Feststellungen der BP folgend, erließ der Beklagte am ......2006 die hier streitigen Änderungsbescheide, mit denen zugleich der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde. Der hiergegen gerichtete Einspruch wurde damit begründet, dass der Rechnungsabgrenzungsposten zu Recht gebildet worden sei, da es sich um eine Entschädigung als Nutzungsentgelt für unbestimmte Duldungsleistungen handele.

Mit Entscheidung vom .....2007 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Diesbezüglich führte der Beklagte wie folgt aus:

Nach § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG müssten Gewerbetreibende, die ihren Gewinn durch Bestandsvergleich ermitteln, für Einnahmen vor dem Abschlussstichtag einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten bilden, soweit diese Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellten. Diese Bestimmung gelte auch für Landwirte, die ihren Gewinn durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG ermitteln (Urteil des Bundesfinanzhofes - BFH - vom 20.11.1980 IV R 126/78, BStBl II 1981, 398). Diese Vorschrift, die mit der Regelung in § 250 Abs. 2 Handelsgesetzbuch (HGB) übereinstimme, solle gewährleisten, dass ein vom Steuerpflichtigen vereinnahmtes Entgelt für eine von ihm noch zu erbringende zeitbezogene Gegenleistung erst nach der Leistungserbringung durch Auflösung des Rechnungsabgrenzungspostens vereinnahmt werde ( BFH-Urteil vom 03.05.1983 VIII R 100/81, BStBl II 1983, 572).

Diese Voraussetzungen seien im Streitfall nicht erfüllt. Es handele sich bei der Entschädigung um den Ersatz für entgangene und entgehende Einnahmen, die im Rahmen von Straßenbaumaßnahmen vom Amt für Agrarordnung gezahlt worden seien. Die Entschädigungsvereinbarung sei bereits im Wirtschaftsjahr 2003/2004 von beiden Seiten vollständig erfüllt worden. Der Entschädigungsleistung stehe weder eine Pflicht zu einem zukünftigen Handeln (vgl. BFH-Entscheidung in BStBl II 1982, 552) oder Unterlassen (vgl. BFH-Entscheidung in BStBl II 1988, 327) bzw. das Dulden einer Nutzungsbefugnis noch ein Verzicht auf die Ausübung eines Rechts (vgl. BFH-Urteil vom 17.07.1980 IV R 10/76, BFHE 133, 363) gegenüber. Der Verzicht auf die jährliche Geltendmachung eines Ausgleichs entspreche nicht einer unbestimmten Duldungsleistung, die als Unterlassung bezeichnet werden könne, weil die Entschädigung nicht den Ausgleich für irgendeine auf Dauer angelegte Verpflichtung zu einem Tun oder Unterlassen darstelle, sondern Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen sei.

Der Auffassung der Klägerinnen, dass es sich bei der Entschädigung für Erwerbsverluste um eine Entschädigung als Nutzungsentgelt für Duldungsleistungen von unbestimmter Dauer handele, weil die Gegenleistung in dem Verzicht auf die Geltendmachung eines jährlichen Ertragsausfalls liege, könne nicht gefolgt werden. Die Ernte- bzw. Einnahmeausfälle durch die Beeinträchtigungen durch den Straßenneubau entstünden ohne irgendein Zutun der Klägerinnen. Das Dulden setze das Erlauben oder Inkaufnehmen einer Beeinträchtigung voraus. In dem Verzicht auf die Geltendmachung eines jährlichen Ertragsausfalls liege daher keine Gegenleistung im Sinne eines Duldens, weil der Verzicht nicht mit einem Dulden gleichbedeutend sei. Außerdem werde nicht der Verzicht entschädigt, sondern die Ernteausfälle. Die vorab anstelle des jährlichen Ertragsausfalls geleistete Einmalzahlung stelle lediglich eine andere Zahlungsweise dar und schlage sich allenfalls in der Kapitalisierung des Entschädigungsbetrags nieder. Es fehle insoweit an einer Gegenleistung der Klägerinnen.

Die von den Klägerinnen zitierten Urteile vom 22.07.1982, BStBl II 1982, 655 , vom 05.04.1984, BStBl II 1984, 552 und vom 17.09.1987, BStBl II 1988, 327 seien nicht einschlägig, da in allen drei Fällen ein tatsächliches Dulden oder Unterlassen entschädigt worden sei. Diese Urteile hätten die Stilllegung einer Mühle mit der Verpflichtung, den Betrieb der Mühle auf die Dauer von 30 Jahren nicht wieder aufzunehmen, die Bereitstellung eines Ausbildungsplatzes für zwei aufeinanderfolgende Ausbildungsverhältnisse und die Abschaffung von Milchvieh mit der Verpflichtung, fünf Jahre lang keine Milch und Milcherzeugnisse zu vermarkten, betroffen. Im Urteil vom 17.07.1980, BStBl 1981 II, 669, sei ebenfalls ein Dulden bzw. Unterlassen entschädigt worden, weil auf ein Wassernutzungsrecht verzichtet sowie eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit auf dem Grundbesitz eingetragen worden sei.

Schließlich sei die Entschädigungssituation der Klägerinnen auch nicht mit den Fällen der Einrichtung von Ersatzflächenpools durch Landwirte für die Vornahme von Ausgleichsmaßnahmen nach den Naturschutzgesetzen vergleichbar. In dem von den Klägern zitierten BMF-Schreiben vom 03.08.2004 würden die durch die Einrichtung des Ersatzflächenpools beim Landwirt ggf. entstehenden Einnahmeverluste als nachrangige Folgekosten angesehen, die mit der Zahlung auch abgegolten seien, so dass eine Aufteilung und Unterscheidung des Gesamtentgelts für diesen und andere Kostenbestandteile nicht erforderlich sei und die in einer Summe zufließenden Einnahmen gemäß § 5 Abs. 5 Nr. 2 EStG passiv abzugrenzen seien. Im Streitfall könne der Betrag in Höhe von 189.000,00 €; aber nicht als nachrangige Folgekosten angesehen werden, da ein vom Gutachter explizit für die Einnahmeausfälle ermittelter Betrag konkret entschädigt werde.

Die Klägerinnen tragen zur Begründung der Klage wie folgt vor:

Der streitige Betrieb sei in das Flurbereinigungsverfahren ................. im Rahmen des Neubaus der Umgehungsstraße K... das beim Amt für Agrarordnung in .......... durchgeführt worden sei einbezogen worden. Aufgrund der Existenzgefährdung des Betriebes habe das Amt für Agrarordnung ein Gutachten über die Beeinträchtigung des Betriebes durch die Straßenbaumaßnahmen beim Gutachter Dr. ........ in Auftrag gegeben. Der Gutachter sei dabei zu einer Entschädigungssumme in Höhe von 327.000,00 €; gekommen, die sich auf verschiedene Entschädigungspositionen aufgeteilt habe. Aufgrund einer Vereinbarung vom ......2004 sei dann eine Entschädigung in Höhe von 268.645,20 €; gezahlt worden. Ein Betrag in Höhe von 56.000,00 €; sei unstreitig dem verstorbenen Ehemann, der Restbetrag unstreitig der Klägerin zu 1) zugeordnet worden. Von dieser Summe sei ein Betrag von 189.000,00 €; auf die Entschädigungsposition Erwerbsverlust, ein Betrag von 17.220,00 €; auf die Position Einfriedung und Umzäunung, ein Betrag von 2.400,00 €; für eine Entschädigung der Tomatenernte sowie ein weiterer Betrag von 4.025,20 €; für eine Entschädigung einer Werbeanlage zugeordnet worden.

Für die Position Erwerbsverlust sei der hier streitige Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe von 189.000,00 €; gebildet worden, der über 25 Jahre habe aufgelöst werden sollen.

Gemäß § 5 Abs. 5 Nr. 2 EStG hätten auch land- und forstwirtschaftliche Betriebe, die ihren Gewinn durch Bestandsvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG ermittelten, einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden, wenn Zahlungseingänge vor einem Abschlussstichtag vorlägen, die Erträge für eine bestimmte Zeit nach dem Stichtag darstellten. Dies sei jedoch bei der Entschädigungszahlung der Fall. Die Zahlung sei für eine wirtschaftliche Einbuße der Klägerin zur 1) erfolgt, die auch nach dem Abschlussstichtag durch dauerhaft geringere Erlöse bestehen geblieben sei. Auch nach dem Gutachten des Dr. J sei die streitige Zahlung als Entschädigung für den Erwerbsverlust und die Existenzgefährdung des Betriebes der Klägerin zu 1) durch die beabsichtigte Baumaßnahme erfolgt. Aus dem Gutachten werde zudem deutlich, dass der Gutachter seine Berechnung auf der Basis der Umsätze der Vergangenheit, hier der Jahre 1994 bis 1998, vorgenommen habe. Auf Seite 41 des Gutachtens werde ausdrücklich ausgeführt, dass der Sachverständige die zu erwartenden Umsatzeinbußen habe berechnen sollen. In der Zusammenfassung auf Seite 45 unter Ziffer 3 führe der Gutachter weiter aus, dass der Bau der neuen Kreisstraße zu Belastungen des ökologisch angebauten Gemüses führe, welches dann nicht mehr im bisherigen Umfang vermarktet werden könne. Durch den Neuzuschnitt der Verkehrswege werde der Betrieb einen Umsatzrückgang von ca. 80% verzeichnen.

Entgegen der Ansicht des Beklagten scheitere die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens auch nicht an einer fehlenden Gegenleistung durch sie, die Klägerinnen. Grundsätzlich sei es auch möglich gewesen, für die Einnahmeausfälle in den Folgejahren jährlich Ersatz beim Amt für Agrarordnung zu verlangen. Die Behörde habe sich jedoch entschlossen, den jährlichen Ertragsausfall zu kapitalisieren und in einer Summe abzufinden. Daher sei die Gegenleistung der Verzicht auf die Geltendmachung eines jährlichen Ertragsausfalls. Damit liege eine Duldungsleistung von unbestimmter Dauer vor, für welche die Entschädigungszahlung das Nutzungsentgelt darstelle. In verschiedenen Urteilen habe der Bundesfinanzhof in solchen Fällen nicht nur die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens zugelassen, sondern diesen auch als bilanziell einzige richtige Methode benannt (siehe BFH-Urteile vom 22.07.1982 IV R 111/79, BStBl II 1982, 655; vom 05.04.1984 IV R 96/82, BStBl II 1984, 552 und vom 17.09.1987 IV R 49/86 in BStBl II 1988, 327). Mit einem weiteren Urteil vom 17.07.1980 IV R 10/76, BStBl II 1981, 669 habe der BFH sogar ausdrücklich einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten gefordert, wenn eine einmalige Entschädigung für die Übernahme einer mit erhöhtem betrieblichen Aufwand verbundene dauernde Unterlassungslast begründet werde. In einem aktuelleren Urteil vom 24.08.2000 IV R 42/99, BStBl II 2003, 67, habe der BFH unter Berufung auf seine bisherige Rechtsprechung ausgeführt, dass eine Milchaufgabevergütung, die ein Landwirt für die Aufgabe der Milchviehhaltung erhalte, passiv abzugrenzen und über 10 Jahre zu verteilen sei. Auch vorliegend sei durch die Hinnahme der Straßenbaumaßnahme ein wesentlicher Betriebsteil, die Direktvermarktung von hofnah selbst erzeugten ökologischen Produkten, aufgegeben worden. Wie sich aus dem Gutachten ergebe, könne der Betrieb aufgrund des neuen Straßenzuschnitts nicht mehr wie bisher geführt werden.

Zudem könne eine Parallele gezogen werden zur bilanziellen Behandlung von Zahlungen von Entschädigungen bei Nutzungsbeeinträchtigungen aufgrund der Einräumung von Naturschutzauflagen auf landwirtschaftlichen Flächen und dem damit einhergehenden Minderertrag. Zu dieser Fallgestaltung gebe es zwar noch keine Rechtsprechung, jedoch habe sich die Finanzverwaltung mit BMF-Schreiben vom 03.08.2004 in BStBl I 2004, 716 diesbezüglich bereits geäußert. In diesen Fällen, in denen Landwirte mit Auflagen belastet seien und somit auf ihren Flächen nur einen geringeren Ertrag erzielten könnten, sei danach der als kapitalisierter Einmalbetrag gezahlte Entschädigungsausfall als passiver Rechnungsabgrenzungsposten gemäß § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG einzuordnen und über 25 Jahre aufzulösen.

Die Auflösung über 25 Jahre ergebe sich im Übrigen daraus, dass die Klägerin zu 1) ein Entgelt für eine zeitlich nicht begrenzte Dauerleistung erhalten habe. Nach dem BFH-Urteil vom 09.12.1993 IV R 130/91, BStBl II 1995, 202, sei in diesen Fällen eine Verteilung über 25 Jahre geboten.

Die Klägerinnen beantragen,

die Änderungsbescheide zur Einkommensteuer 2003 und 2004 vom .....2006 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom ......2007 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage zurückzuweisen.

Der Beklagte trägt ergänzend zur Einspruchsentscheidung wie folgt vor:

Auch das neuere Urteil vom 24.08.2000 in BStBl II 2003, 67 sei nicht einschlägig. Die Klägerinnen hätten zwar möglicherweise die Direktvermarktung von hofnah selbst erzeugten ökologischen Produkten aufgrund der Straßenbaumaßnahmen einschränken oder aufgeben müssen. Dazu hätten sie sich jedoch nicht vertraglich verpflichtet oder damit ein dem Milchlieferungsrecht vergleichbares bestehendes Recht aufgegeben. Vielmehr sei der Rückgang bzw. der Ausfall der Betriebseinnahmen durch die Straßenbaumaßnahmen naturgemäß von selbst eingetreten. Die Entschädigung sei somit nicht für ein zukünftiges Tun, Dulden oder Unterlassen gezahlt worden, sondern als Ersatz für entgangene und entgehende Einnahmen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Klage ist unbegründet.

Gemäß § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG, der mit § 250 Abs. 2 HGB übereinstimmt, sind als Rechnungsabgrenzungsposten auf der Passivseite Einnahmen vor dem Abschlussstichtag auszuweisen, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Zeitpunkt darstellen. Diese Vorschriften sollen gewährleisten, dass ein vom Steuerpflichtigen vorab vereinnahmtes Entgelt entsprechend dem Realisationsprinzip ( § 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Halbsatz, Nr. 5 HGB) erst dann - durch Auflösung des Rechnungsabgrenzungspostens - erfolgswirksam wird, wenn der Kaufmann seine noch ausstehende Gegenleistung erbracht hat (Urteile des BFH vom 09.12.1993 IV R 130/91, BStBl II 1995, 202 und vom 23.02.2005 I R 9/04, BStBl II 2005, 481; BFH-Beschluss vom 17.04.2007 IV B 91/06, BFH/NV 2007, 1853). Gewinne dürfen erst berücksichtigt werden, wenn sie am Abschlussstichtag durch Umsatzakte realisiert sind ( BFH-Urteile vom 24.07.1996 I R 94/95, BStBl II 1997, 122 und in BStBl II 2005, 481). Mit der bezeichneten Zielrichtung betreffen Rechnungsabgrenzungen typischerweise Vorleistungen eines Vertragspartners im Rahmen eines gegenseitigen Vertrages im Sinne der §§ 320 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wenn sie auch nicht auf synallagmatisch schuldrechtliche Leistungen beschränkt sind (BFH-Urteile in BStBl II 1997, 122 und in BStBl II 2005, 481; Weber-Grellet in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 23. Aufl., § 5 Rn. 246; Herrmann/Heuer/ Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 2004, § 5 EStG Rn. 1937). Dabei kann die zu berücksichtigende Gegenleistung auch in einem Dulden oder Unterlassen bestehen.

Da das bezogene Entgelt am jeweiligen Bilanzstichtag nur insoweit abzugrenzen ist, als es Ertrag für eine bestimmte Zeit "nach diesem Zeitpunkt" darstellt, muss darüber hinaus seitens des Kaufmanns eine Verpflichtung zu einer nach diesem Bilanzstichtag (zumindest zeitanteilig) noch zu erbringenden Gegenleistung bestehen. Im Hinblick auf eine bereits vollzogene Leistung kann eine Rechnungsabgrenzung nicht erfolgen (BFH-Urteile in BStBl II 1995, 202 und in BStBl II 2005, 481).

Im Hinblick auf die für eine Rechnungsabgrenzung erforderliche zeitliche Zuordnung des Entgelts ("bestimmte Zeit") muss die noch ausstehende Gegenleistung des Kaufmanns aber zeitbezogen oder periodisch aufteilbar sein (vgl. Bauer in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, 2004, § 5 Rdnr. F 97). Dies setzt eine zumindest qualitativ gleich bleibende Dauerverpflichtung voraus ( BFH-Urteile vom 20.05.1992 X R 49/89, BStBl II 1992, 904; vom 10.09.1998 IV R 80/96, BStBl II 1999, 21 und in BStBl II 2005, 481), die einem "Wertverzehr" unterliegt ( BFH-Urteil vom 18.12.2002 I R 17/02, BStBl II 2004, 126, m.w.N.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann für die streitige Entschädigungsleistung kein Rechnungsabgrenzungsposten gebildet werden. Die Klägerinnen haben, wie sich auch aus dem Gutachten des Dr. ......... ergibt, die Entschädigung für die künftigen Umsatzeinbußen aufgrund des Baus der Umgehungsstraße erhalten. Derartige Entschädigungen sind kein Entgelt für eine vom Empfänger noch zu erbringende Gegenleistung, sondern für eine einmalige, vor dem jeweiligen Bilanzstichtag durch die Vereinbarung vom .......2004 bereits vollzogene Leistung, die in der Duldung des Straßenbaus besteht (Weber-Grellet in Schmidt, a.a.O.; vgl. auch Bauer in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 5 Rdnr. F 99; Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 5 EStG Anm. 2000 "Abstandszahlungen", "Entschädigungen"). Der "wirtschaftliche Grund" für diese Einnahmeerzielung liegt somit gänzlich vor dem Bilanzstichtag. Darüber hinaus müssen die Klägerinnen in Zukunft keine weiteren Leistungen erbringen. Vielmehr ist die diesbezügliche Verpflichtung in den Streitjahren vollständig erfüllt worden.

Dementsprechend hat der BFH mit Urteil vom 11.07.1973 I R 140/71, BStBl II 1973, 840 entschieden, dass eine Ertragswertentschädigung für die einvernehmliche Einschränkung eines Betriebs nicht passiv abzugrenzen ist. Gleichermaßen wurde entschieden, dass eine Entschädigungszahlung für den vertraglichen Verzicht auf einen von einer Gemeinde zuvor zugesagten Gleisanschluss nicht abzugrenzen ist, da die Leistung in Form dieses Verzichts "gleichzeitig und im gleichen Jahr" erbracht worden und keine Verpflichtung übernommen worden sei, in den Folgejahren noch etwas an die Gemeinde zu leisten ( BFH-Urteil vom 13.06.1986 III R 178/82, BStBl II 1986, 841).

Im Streitfall bestanden auch keine besonderen Duldungspflichten der Klägerinnen fort, deren Erfüllung nach dem Bilanzstichtag noch hätte ausstehen können. Deshalb kann die Klägerin sich auch nicht mit Erfolg auf die von ihr zitierten Urteile des BFH berufen, da in diesen Urteilsfällen ein tatsächliches Dulden oder Unterlassen entschädigt wurde. Diese Urteile betrafen die freiwillige Stilllegung einer Mühle mit der Verpflichtung, den Betrieb der Mühle auf die Dauer von 30 Jahren nicht wieder aufzunehmen ( BFH-Urteil vom 22.07.1982 IV R 111/79, BStBl II 1982, 655), die Bereitstellung eines Ausbildungsplatzes für zwei aufeinanderfolgende Ausbildungsverhältnisse (BFH-Urteil vom 05.04.1984, BStBl II 1984, 552) und die Abschaffung von Milchvieh mit der Verpflichtung, fünf Jahre lang keine Milch und Milcherzeugnisse zu vermarkten (BFH-Urteil vom 17.09.1987, BStBl II 1988, 327). Im Urteil vom 17.07.1980 IV R 10/76, BStBl II 1981, 669 wurde mit dem Verzicht auf die Möglichkeit der Energiegewinnung aus Wasserkraft ebenfalls ein Dulden bzw. Unterlassen als Verpflichtung zu einer zukünftigen Leistung (Übernahme einer dauernden "Unterlassungslast") entschädigt, weil auf ein Wassernutzungsrecht verzichtet sowie eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit auf dem Grundbesitz eingetragen worden war.

Diese Fälle unterscheiden sich vom Streitfall indessen dadurch, dass dort im Rahmen eines neuerlich begründeten schuldrechtlichen, dinglichen oder öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses Verpflichtungen zu bestimmten Leistungen in Form von Duldungen oder Unterlassungen begründet wurden, denen jeweils ein durchsetzbarer korrespondierender Anspruch eines Gläubigers im Sinne von § 194 BGB gegenüberstand. Derart gestaltete Duldungs- oder Unterlassungspflichten wurden im Streitfall nicht begründet. Vielmehr haben die Klägerinnen bzw. der Erblasser ihrerseits auf eigene Ansprüche und damit auf Geschäftschancen in Form zu erwartender Einnahmen und Erträge verzichtet, weshalb Entschädigungen auf der Grundlage der den Klägerinnen jeweils entgangenen Rendite geleistet wurden.

Der vorliegende Sachverhalt ist entgegen der Ansicht der Klägerinnen auch nicht mit demjenigen vergleichbar, der dem BFH-Urteil vom 24.08.2000 in BStBl II 2003, 67 zu Grunde lag. Denn die Klägerinnen haben zwar möglicherweise die Direktvermarktung von hofnah selbst erzeugten ökologischen Produkten aufgrund der Straßenbaumaßnahmen einschränken müssen. Eine diesbezügliche Verpflichtung besteht aber nicht. Die Klägerinnen haben kein Recht zum Anbau aufgegeben. Der Rückgang bzw. der Ausfall der Betriebseinnahmen ist vielmehr zwangsläufig durch die Straßenbaumaßnahmen eingetreten. Daher wurde die Entschädigung auch als Ersatz für entgangene und entgehende Einnahmen gezahlt.

Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen. Deshalb sind Ausführungen dazu, ob der Beklagte die Steuervergünstigung nach § 34 EStG zu Recht gewährt hat, entbehrlich, da eine Verböserung durch das Gericht ausgeschlossen ist.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Ende der Entscheidung

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