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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 07.06.2005
Aktenzeichen: 6 K 1430/03
Rechtsgebiete: InsO, KraftStG


Vorschriften:

InsO § 55
KraftStG 2002 § 5 Abs. 1 Nr. 1
KraftStG 2002 § 6
KraftStG 2002 § 7 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

6 K 1430/03

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Tatbestand:

Das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ..... 350 war seit dem 28.05.2001 auf die Firma D GmbH zugelassen. Es war von der ...-Leasing GmbH geleast worden. Mit Beschluss des AG ... vom 1.10.2002 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der D GmbH eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde der Kläger (RA ...) bestellt.

Am 19.11.2002 ergingen an den Kläger zwei Kraftfahrzeugsteuerbescheide: Im ersten setzte der Beklagte (FA) Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit vom 28.05.2002 bis 01.01.2002 (Eröffnung des Insolvenzverfahrens) in Höhe von 120 EUR fest; im zweiten erfolgte eine Festsetzung für die Zeit vom 02.10.2002 bis 27.05.2003 von 224 EUR. In den Erläuterungen dieses Bescheides heißt es: "Der Bescheid betrifft die Festsetzung als Massekosten".

Hiergegen erhob der Kläger Einspruch und trug vor, das Fahrzeug sei - nach einem Unfall - bereits am 10.06.2002 von der ...-Leasing GmbH zurückgenommen und anschließend wieder verkauft worden. Seit dem 10.06.2002 sei das Fahrzeug der Insolvenzschuldnerin mithin nicht mehr zuzurechnen. Mit Einspruchsentscheidung vom 17.02.2002 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück: Die Kraftfahrzeugsteuerpflicht ende bei der Rückgabe eines Fahrzeugs an den Leasinggeber nicht zum Zeitpunkt der Rückgabe, sondern erst, wenn es auf einen neuen Halter umgeschrieben oder stillgelegt worden sei - im Streitfall also erst am 20.11.2002. Dass das Fahrzeug bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den Leasinggeber zurückgegeben worden sei und der Kläger von seiner Existenz nichts gewusst habe, sei wegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG unerheblich. Die Kraftfahrzeugsteuer stelle - nach ständiger Rechtsprechung - für den Zeitraum ab Insolvenzeröffnung bis zur Beendigung der Steuerpflicht Massekosten dar.

Mit der hiergegen erhobenen Klage hält der Kläger daran fest, dass keine Masseforderung vorliege. Es sei zwar unbestritten, dass Kraftfahrzeugsteuerschulden zu den Kosten der Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse gehörten und damit sonstige Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alternative InsO darstellten. Voraussetzung hierfür sei allerdings, dass ein Fahrzeug "Insolvenzmasse" darstelle. Daran fehle es vorliegend, denn das "Leasinggut" (Fahrzeug) habe sich zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung nicht im Besitz des Insolvenzschuldners, sondern der Leasinggesellschaft (... Leasing GmbH) befunden. Somit habe der Kläger zu keinem Zeitpunkt Besitz oder auch nur ein Besitzrecht an dem Fahrzeug gehabt. Folglich habe es nicht zur Insolvenzmasse gehört.

Im Einzelnen wird auf die Schriftsätze vom 14.03.2003 und 31.07.2003 verwiesen.

Der Kläger beantragt,

den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 19.11.2002 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 17.02.2003 aufzuheben;

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es verweist auf die Ausführungen seiner Einspruchsentscheidung sowie auf die Urteile des BFH vom 18. Dez. 1953 II 90/52, BStBl III 1954, 49 und des FG München vom 21.03.2001 4 K 1954/00 (EFG 2002, 53).

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Die im Endbescheid vom 19.11.2002 vorgenommene Steuerfestsetzung erging zu Recht gegenüber dem Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter. Das FA ist zutreffend davon ausgegangen, dass die für den Zeitraum nach Insolvenzeröffnung bis zum Abmeldetag festgesetzte Kraftfahrzeugsteuer auch insolvenzrechtlich für diesen Zeitraum begründet war. Denn die Kraftfahrzeugsteuerbeträge sind Masseverbindlichkeiten im Sinne von § 55 InsO.

Dies gilt unabhängig davon, ob der Entrichtungszeitraum vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Halters (der Gemeinschuldnerin) begonnen hat (BFH-Beschluß vom 8. Juli 1997 VII B 89/97, BFH/NV 1998, 86). Zwar entsteht die Steuer bei fortlaufenden Entrichtungszeiträumen mit Beginn des jeweiligen Entrichtungszeitraums (§ 6 KraftStG), doch betrifft dies nicht den Kraftfahrzeugsteuertatbestand, sondern die Kraftfahrzeugsteuer-Zahlungsschuld (BFH-Beschluß vom 8. Juli 1997 VII B 89/97 a.a.O. sowie BFH-Urteil vom 9. Februar 1993 VII R 12/92, BStBl II 1994, 207). Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG unterliegt der Kraftfahrzeugsteuer das Halten von inländischen Fahrzeugen zum Verkehr auf öffentlichen Straßen. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG dauert die Steuerpflicht bei einem solchen Fahrzeug solange es zum Verkehr zugelassen ist. Das Halten eines Fahrzeugs ist unter anderem mit der Zulassung des Fahrzeugs erfüllt. Der kraftfahrzeugsteuerrechtliche (Grund-)Tatbestand wird durch das fortdauernde, sich ständig erneuernde Halten des Fahrzeugs verwirklicht (so schon BFH-Urteil vom 18. Dezember 1953 II 190/52 U, BStBl III 1954, 19; BFH-Beschluß vom 31. Januar 1973 II B 79/197, BStBl II 1973, 197), also monats-, unter Umständen tageweise.

Die Vorwegentstehung der Kraftfahrzeugsteuer mit Beginn des Entrichtungszeitraums im Sinne von § 6 KraftStG hat daher nur erhebungstechnische Bedeutung. Mithin wird allein die Geltendmachung, nicht aber die Entstehung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis durch die Insolvenzeröffnung beeinflusst (BFH-Urteil vom 18. Mai 1988 X R 27/80, BStBl II 1988, 716 - zur Konkurseröffnung). Da der Rechtsgrund für die Entstehung der Kraftfahrzeugsteuer durch das fortdauernde Halten stetig neu gelegt wird, sind Kraftfahrzeugsteuerforderungen, die auf die Zeit bis zur Insolvenzeröffnung entfallen, Insolvenzforderungen, während die Beträge, die auf die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entfallen, Masseansprüche bzw. Masseverbindlichkeiten im Sinne von § 55 InsO darstellen (in diesem Sinne schon für das Konkursverfahren: BFH-Urteil vom 18. Dezember 1953 II 190/52 U a.a.O; BFH-Beschluß vom 8. Juli 1997 VII B 89/97 a.a.O.; FG München vom 21.03.2001 4 K 1954/00, EFG 2002, 53; Uhlenbruck, Kommentar zur Insolvenzordnung, § 39 Tz. 36 m.w.N.).

Daran ändert nicht, dass das streitbefangene Fahrzeug - wie der Kläger vorträgt - bereits am 10.06.2002, also vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, an die Leasing GmbH zurückgegeben worden war und damit nicht Gegenstand der Konkursmasse gewesen ist. Damit konnte der Kläger zwar schon wegen fehlenden Besitzes und Eigentums zu keinem Zeitpunkt über das Fahrzeug verfügen. Gleichwohl ist die Steuerschuldnerschaft der Insolvenzschuldnerin, und damit des Klägers als "Rechtsnachfolger" wegen weiter bestehender Haltereigenschaft bestehen geblieben. Sie endete erst mit der ordnungsgemäßen Abmeldung des Fahrzeugs bei der Zulassungsstelle. Die fehlende Verfügungsbefugnis allein genügte nicht, um die Steuerpflicht zu beenden (ebenso FG München vom 10.09.1997, UVR 1998, 28). Wie aus § 5 Abs. 5 KraftStG folgt, fallen unter den Begriff "Veräußerung" nicht nur Eigentumswechsel, sondern auch Änderungen in der Verfügungsbefugnis, da § 7 Nr. 1 KraftStG auf die Person abstellt, auf die das Fahrzeug zugelassen ist und § 23 Abs. 1 StVZO als Zulassungsberechtigten ansieht, der verfügungsberechtigt ist (BFH-Urteil vom 11. Juli 1989 VII R 4/87, BStBl II 1989, 812). Die auf den Kläger übergegangene Kraftfahrzeugsteuerpflicht endete folglich erst durch die erfolgte Abmeldung des Fahrzeugs am 20.11.2002 - wie im streitigen Endbescheid festgesetzt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Behandlung der Kraftfahrzeugsteuer im Konkursfalle (Insolvenzfalle) durch die bisherige Rechtsprechung des BFH, der Finanzgerichte sowie des Schrifttums geklärt ist, so dass ein Fall grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht vorliegt.



Ende der Entscheidung

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