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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 24.04.2008
Aktenzeichen: 6 K 1864/04
Rechtsgebiete: BGB, FGO, AO, GG, EStG


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 714
BGB § 730 Abs. 2
FGO § 40 Abs. 1
FGO § 45 Abs. 1
FGO § 65 Abs. 1
FGO § 96 Abs. 1
FGO § 100 Abs. 2
AO § 157 Abs. 2
AO § 172 Abs. 1
AO § 174 Abs. 4
AO § 179 Abs. 1
AO § 179 Abs. 2
AO § 180 Abs. 2
AO § 181 Abs. 1
GG Art. 19 Abs. 4
EStG § 4 Abs. 3
EStG § 24
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Rechtsstreit in der Hauptsache durch einen Änderungsbescheid erledigt ist, der antragsgemäß keinen Veräußerungsgewinn der Klägerin mehr feststellt, oder ob noch über die Höhe ihrer laufenden Einkünfte zu entscheiden ist.

1988 erwarben die Eheleute A und B sowie Herr C als Miteigentümer zu je 1/3 von den Eheleuten D das bebaute Grundstück X in ... und gründeten in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Klägerin. Diese bot unter dem Namen "X GbR" Fortbildungsveranstaltungen an, die von den Gesellschaftern durchgeführt wurden. Die Eheleute A +B sind beide ..., Herr C ist ... . Um die Kosten für Erwerb und Umbau des Objekts von zusammen rund 2,5 Mio. DM zu finanzieren, vereinbarten die Gesellschafter mit den Eheleuten D für einen Teil des Kaufpreises 1.500 DM monatliche Ratenzahlung und nahmen bei der Volksbank ..... mehrere Darlehen auf.

Aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten stellte die Klägerin 1995 den Tagungsbetrieb ein und verpachtete das Objekt an die (W) GmbH für gastronomische Einrichtungen aus ... . Dem Beklagten teilte die Klägerin seinerzeit mit, sie erkläre keine Betriebsaufgabe und behalte die Gewinnermittlungsart - Betriebsvermögensvergleich - bei. Die einzelnen Gesellschafter setzten die Fortbildungen teilweise in Eigenregie fort. Frau A wurde vom Verein für ... (V...) in ... angestellt. Sie führt Kommunikationsseminare durch und bietet Insolvenzberatungen an. Herr B nahm eine selbständige Tätigkeit als Berufsbetreuer auf. Herr C erhielt beim Land Nordrhein-Westfalen eine Tätigkeit als Lehrer und arbeitet außerdem als freier Journalist.

Ebenfalls 1995 beantragten die Volksbank und die Eheleute D Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung des Grundstückes. Die Verfahren dauerten mehrere Jahre, da die beiden Gläubiger wiederholt die vorläufige Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens beantragten. Wegen der Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte des AG ... ..... verwiesen.

Die W-GmbH zahlte die Pacht von Anfang an nur teilweise und seit März 1996 überhaupt nicht mehr. Sie gab das Tagungshotel Ende September 1997 zurück, das bis Anfang 1998 leer stand. Ein danach von der Klägerin mit den Eheleuten E abgeschlossener Pachtvertrag wurde nur etwa ein halbes Jahr vollzogen, weil Herr E im Herbst 1998 überraschend starb. Nachfolgende Versuche der Klägerin mit dem Ziel einer längerfristigen Verpachtung verliefen ergebnislos.

Mit Schreiben vom 24. November 1998 bat die Volksbank das Amtsgericht ... um Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens. Im zweiten Halbjahr 1999 stellte die Klägerin das Objekt der Firma F für fünf Tage für Dreharbeiten zur Verfügung und erhielt dafür insgesamt 7.500 DM Einnahmen. Am 21. Oktober 1999 wurde das Grundstück schließlich für 1,4 Mio. DM einer fremden - GbR zugeschlagen und der Erlös im Verteilungstermin am 15. Dezember 1999 der Volksbank ausgezahlt.

Gemäß der Aufgabeschlussbilanz der Klägerin zum 31. Dezember 1999 vom 19. September 2001 blieben rund 2,6 Mio. DM Schulden übrig, davon gegenüber der Volksbank rund 900.000 DM und gegenüber den Eheleuten D etwa 1 Mio. DM. Die Klägerin ermittelte für 1999 einen laufenden Verlust von 325.091 DM und in der Aufgabeschlussbilanz einen Verlust von 497.901 DM.

Zur Vermeidung der persönlichen Insolvenz erbrachten die Gesellschafter laufend weitere Zahlungen an ihre Gläubiger. Unter dem 21. November 2000 unterbreitete die Klägerin den beiden Hauptgläubigern jeweils ein schriftliches Angebot zum Abschluss einer Vergleichsvereinbarung, in der sie versprach, bis Ende Januar/Mitte Februar 2002 jeweils einen bestimmten Betrag zu zahlen, wobei im Gegenzug mit dieser Zahlung alle bestehenden Ansprüche im Wege des Verzichtes abgegolten sein sollten. Nach Verhandlungen stimmten die Volksbank und die Eheleute D im Januar 2002 schließlich zu und die Klägerin erbrachte die versprochenen Zahlungen.

Bei der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb für 1999 folgte der Beklagte zunächst mit Bescheid vom 26. Oktober 2001 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung im Wesentlichen der Erklärung der GbR. Er berücksichtigte über den erklärten laufenden Verlust hinaus weitere 5.322 DM, insgesamt also 330.413 DM. Dabei handelte es sich um die Nettobeträge aus Rechnungen des steuerlichen Beraters der Klägerin für die Anfertigung der Feststellungserklärungen 1997 und 2000 sowie der Rechtsanwältin Fischer für Anfang 1999 an die Klägerin erbrachte Beratungsleistungen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Aktenvermerk des Beklagten vom 23. Oktober 2001 und die Belege für 2000 Bezug genommen. Außerdem nahm er an, dass die Versteigerung am 21. Oktober 1999 als Betriebsveräußerung im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu behandeln sei und legte dafür im Wesentlichen den Verlust aus der Aufgabeschlussbilanz zugrunde. In den Erläuterungen zum Bescheid für 1999 wies der Beklagte darauf hin, dass sich der Veräußerungsgewinn ändere, sobald Verbindlichkeiten erlassen würden und forderte zu entsprechenden Anzeigen auf.

Nach späterer Überprüfung vertrat der Beklagte dann die Auffassung, dass sich aufgrund des späteren Erlasses der Verbindlichkeiten durch die Volksbank und der Eheleute D per Saldo für die Klägerin rückwirkend im Jahr 1999 ein Veräußerungsgewinn ergeben habe und stellte diesen unter Aufhebung des Vorbehaltes der Nachprüfung durch Bescheid vom 15. März 2004 mit 1.199.579,26 DM fest. Diesen Betrag hatte der Beklagte nach Anhörung der Klägerin dadurch ermittelt, dass er den tatsächlichen Wert des Betriebsvermögens - Veräußerungserlös des Grundstückes und die nach dem Erlass verbleibenden Verbindlichkeiten - dem niedrigeren Buchwert des Betriebsvermögens gegenüber gestellt hatte. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 3. Februar 2003 Bezug genommen. Die Feststellung des laufenden Verlustes für 1999 von 330.412,94 DM ließ der Beklagte unverändert. Im Bescheid erscheint unter der Überschrift "Feststellung der Besteuerungsgrundlagen" zunächst die Feststellung von Einkünften aus Gewerbebetrieb von 869.166,32 DM. Danach wird die Zusammensetzung der Einkünfte in laufende Einkünfte (nach Quote verteilt) und Veräußerungsgewinne ausgewiesen. Es folgt der Satz, dass der Betrieb am 21.10.1999 aufgegeben/veräußert worden sei. Unter der Überschrift "Aufteilung der Besteuerungsgrundlagen" werden die Einkünfte - gesamt, davon laufende, Veräußerungsgewinne - den drei Gesellschaftern zugerechnet.

Die Klägerin hat am 6. April 2004 durch den Prozessbevollmächtigten mit Zustimmung des Beklagten Sprungklage erhoben und beantragt, in dem vorgenannten Bescheid einen Veräußerungsgewinn nicht zu berücksichtigen, hilfsweise gemäß § 163 Satz 1 AO von dem Veräußerungsgewinn 1.040.028 DM bei der Feststellung unberücksichtigt zu lassen und mithin nur 159.549 DM als Veräußerungsgewinn festzustellen. Mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2004 hat die Klägerin die Klage dahin erweitert, dass der Beklagte verpflichtet werde, nach § 163 AO aufgrund sachlicher Unbilligkeit gemäß dem BMF-Schreiben vom 27. März 2003 (BStBl I 2003, 240) einen Sanierungsgewinn in Höhe von insgesamt 1.776.279 DM festzustellen. In dem Schreiben nimmt das BMF zu der Frage Stellung, unter welchen Voraussetzungen nach der 1997 beschlossenen Abschaffung der Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne aus § 3 Nr. 66 EStG eine Steuerstundung oder ein Steuererlass in Betracht komme, wenn einem Unternehmen zum Zweck der Sanierung Schulden erlassen werden.

Zur Begründung ihrer Anträge hat die Klägerin geltend gemacht, dass die Feststellung eines Veräußerungsgewinns für 1999 bereits deshalb nicht rechtens sei, weil sie den Betrieb bereits in 1998 aufgegeben habe und allenfalls dort ein Betriebsaufgabegewinn verwirklicht worden sei. In 1998 sei der letzte Versuch einer Verpachtung gescheitert. Jedenfalls sei der vom Beklagten für 1999 ermittelte Veräußerungsgewinn aus Rechtsgründen auf 865.665 DM herabzusetzen. Die Feststellung eines Veräußerungsgewinnes von über 159.549 DM sei aus persönlichen und sachlichen Gründen unbillig, da ein Sanierungsgewinn vorliege.

Der Beklagte hat sich der Auffassung der Klägerin angeschlossen, dass der Gewerbebetrieb bereits 1998 - nämlich mit dem Antrag der Volksbank vom 24. November 1998 auf Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens - aufgegeben worden sei. Ferner hat er angenommen, dass dies zu einer neuen rechtlichen Beurteilung der bisher berücksichtigten laufenden Einkünfte führe. Sie seien als nachträgliche Einkünfte zu berücksichtigen, sofern die Klägerin den Abfluss nachweise.

Am 4. April 2005 hat der Beklagte - in eigener Zuständigkeit und ohne entsprechenden Hinweis des Senates - den Bescheid für 1999 insgesamt geändert. Unter Hinweis auf § 172 Abs. 1 Nr. 2 a AO hat er den Veräußerungsgewinn mit 0 DM festgestellt. Gestützt auf § 174 AO hat er außerdem die laufenden Einkünfte nunmehr mit 0 DM festgestellt. In den Erläuterungen heißt es, dass aufgrund der nachgewiesenen Betriebsaufgabe zum 24. November 1998 für 1999 kein Veräußerungsgewinn mehr anzusetzen sei. Die Feststellung der laufenden bzw. nachträglichen Einkünfte beruhe auf einer Schätzung, da die Klägerin keine weitere Nachweise vorgelegt habe.

Die Klägerin meint, dass infolge der Aufhebung des für das Jahr 1999 festgestellten Veräußerungsgewinns das Klageverfahren in der Hauptsache erledigt sei. Es habe sich nämlich nicht gegen den Bescheid insgesamt, sondern nur gegen die inzwischen aufgehobene Feststellung des Veräußerungsgewinns gerichtet. Mangels Anfechtung der Feststellung der laufenden Einkünfte könne insoweit der Änderungsbescheid nicht nach § 68 FGO zum Gegenstand des Klageverfahrens werden. Sofern der Senat davon ausgehe, dass nach dem Änderungsbescheid im vorliegenden Verfahren nunmehr über die laufenden Einkünfte zu entscheiden sei, halte sie auch diese Änderung für rechtswidrig. Mangels Anfechtung sei die Feststellung der laufenden Einkünfte bestandskräftig geworden. Eine Korrekturvorschrift sei nicht einschlägig. Der vom Beklagten angewandte § 174 Abs. 4 AO erlaube nur die Korrektur anderer Steuerverwaltungsakte als des angefochtenen Verwaltungsaktes. Eine Anwendung auf ein und denselben Gewinnfeststellungsbescheid scheide aus. Außerdem setze § 174 Abs. 4 AO einen Widerstreit in dem Sinne voraus, dass die Änderung einer gesondert festgestellten Besteuerungsgrundlage sich zwangsläufig auf andere festgestellte Besteuerungsgrundlagen auswirke. So liege der Streitfall nicht. Der Steuerpflichtige habe ein Wahlrecht, ob er nachträgliche gewerbliche Einkünfte durch Überschussrechnung oder mittels Bestandsvergleich ermittele. Danach könne sie, die Klägerin, die strittigen Aufwendungen ohne den Nachweis des Abflusses geltend machen. Letzteres gelte erst recht, wenn der Betrieb - entgegen der Auffassung des Beklagten - nicht bereits in 1998, sondern erst im Streitjahr aufgegeben worden sei. Der Beklagte habe für das Jahr 1999 - ebenso wie für 2000 - einen negativen Feststellungsbescheid erlassen müssen. Über die nachträglichen Einkünfte sei bei der Veranlagung der Gesellschafter zur Einkommensteuer zu entscheiden.

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, das der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist,

hilfsweise

den Bescheid für 1999 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 4. April 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Mai 2006 insoweit zu ändern, als laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus § 15 EStG mit einem Verlust von 330.412,94 DM berücksichtigt werden,

hilfsweise,

die vorgenannten Verwaltungsentscheidungen aufzuheben und den Beklagte zu verpflichten, einen negativen Feststellungsbescheid für 1999 zu erlassen,

im Unterliegensfall

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte widerspricht der Erledigungserklärung und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor: Dem Rechtsstreit liege ein einheitlicher Feststellungsbescheid über zwei verschiedene Besteuerungsgrundlagen zugrunde. Auf den Umfang des ursprünglichen Klageantrages komme es deshalb nicht an. Der Änderungsbescheid werde insgesamt zum Gegenstand des laufenden Klageverfahrens, da § 68 Satz 2 FGO ausdrücklich einen Einspruch gegen den neuen Verwaltungsakt ausschließe. Die neu aufgeworfene materielle Rechtsfrage der nachträglichen Einkünfte müsse in dem anhängigen Klageverfahren entschieden werden, da ansonsten die mit der Vorschrift bezweckte Vereinfachung, Konzentration und Beschleunigung des Verfahrens nicht mehr erreicht werde.

Der Feststellungsbescheid habe hinsichtlich der laufenden Einkünfte nach § 174 Abs. 4 AO geändert werden dürfen. Die Vorschrift greife ein, weil infolge des Wegfalls des Veräußerungsgewinns die erklärten laufenden Einkünfte nunmehr als nachträgliche Einkünfte zu behandeln seien und für deren Ermittlung nicht mehr § 4 Abs. 1 EStG, sondern § 4 Abs. 3 EStG gelte.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat mit keinem der gestellten Anträge Erfolg.

I. Der Hauptantrag ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Die Zulässigkeit des Feststellungsantrags ergibt sich aus § 41 Abs. 1 FGO. Das Feststellungsbegehren betrifft das Bestehen des prozessualen Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beklagten, das durch die vorliegende Klage mit dem Begehren, keinen Veräußerungsgewinn zu berücksichtigen, entstanden ist und sich in der Hauptsache durch den Änderungsbescheid nach Auffassung der Klägerin insgesamt erledigt hat. Ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat die Klägerin im Hinblick auf die Kosten des Verfahrens. Über diese kann das Gericht nicht durch Beschluss nach § 138 Abs. 1 FGO entscheiden, wenn - wie hier der Beklagte - einer der Beteiligten der Erledigung der Hauptsache widerspricht (vgl. § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 155 FGO und BFH-Beschlüsse vom 15. Februar 1968 V B 46/67, BStBl II 1968, 413 und vom 4. Juli 1986 VII B 134/85, BStBl II 1986, 752). In solchen Fällen kann ein Kläger von seinem ursprünglichen Sachantrag zum Antrag auf Feststellung der Erledigung übergehen, ohne dass eine Klageänderung vorliegt (vgl. § 264 Nr. 2 ZPO, §§ 155, 67 FGO).

2. Der Senat geht mit der ständigen Rechtsprechung des BFH davon aus, dass über eine einseitige Erledigungserklärung des Klägers prozessual nur entschieden werden kann, wenn die ursprünglich erhobene Klage zulässig gewesen ist (BFH-Beschluss vom 27. März 2000 III S 6/99, BFH/NV 2000, 1129 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt.

a) Die gegen den Bescheid vom 15. März 2004 unmittelbar erhobene Klage ist nach § 45 Abs. 1 Satz 1 FGO als Sprungklage ohne Vorverfahren zulässig, weil ihr der Beklagte innerhalb eines Monates nach Zustellung der Klageschrift dem Gericht gegenüber zugestimmt hat.

b) Die Klagebefugnis der Klägerin gegenüber dem vorgenannten Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen folgt aus § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO. Diese Vorschrift gilt auch für eine Personengesellschaft in Liquidation bis zur Vollbeendigung (BFH-Urteil vom 12. April 2007 IV B 69/05, BFH/NV 2007 1923). In dieser Phase befindet sich die Klägerin. Sie ist nach § 726 BGB aufgelöst, weil der vereinbarte Zweck unmöglich geworden ist. Der Zweck der Klägerin bestand in Betrieb bzw. Verpachtung des Hauses X und dies ist mit der Versteigerung des Grundstückes am 21. Oktober 1999 unmöglich geworden. Der Senat geht mit den Beteiligten davon aus, dass die gesellschaftsrechtliche Auseinandersetzung nach den §§ 730 ff. BGB derzeit noch nicht beendet ist. Vertreten wird die Klägerin in diesem Liquidationsstadium durch die ehemaligen Gesellschafter gemeinschaftlich (§§ 714, 730 Abs. 2 Satz 2 BGB).

3. Der Rechtsstreit ist nicht in der Hauptsache erledigt.

Bei einem Klageverfahren ist die Hauptsache erledigt, wenn das Klagebegehren infolge eines zwischenzeitlich eingetretenen Ereignisses objektiv gegenstandslos geworden ist (BFH-Beschluss vom 3. April 2000 I B 68/99, BFH/NV 2000, 1226). Das ist hier nicht der Fall.

a) Das Klagebegehren umfasste von Anfang an die im Bescheid vom 15. April 2004 durchgeführte Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 869.166,32 DM für das Jahr 1999 insgesamt, bestehend aus dem laufenden Verlust von 330.412,94 DM und dem Veräußerungsgewinn von 1.199.579,26 DM. Dieses Klagebegehren ist durch den Änderungsbescheid vom 4. April 2005 mit einer Feststellung von 0 DM Einkünfte aus Gewerbebetrieb - laufender Verlust und Veräußerungsgewinn beide 0 DM - nicht gegenstandslos geworden. Gegen diese Feststellung der Einkünfte in der Summe wendet sich nach wie vor auch die Klägerin.

b) Das Klagebegehren, dessen Gegenstand die Klage nach § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO bezeichnen muss, ist nicht identisch mit einem bestimmten Antrag, der gemäß § 65 Abs. 1 Satz 2 FGO nur ein Sollerfordernis darstellt. Der Unterschied wird auch in § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO deutlich. Danach darf das Gericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen, es ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. Das verkennt die Klägerin, soweit sie einwendet, nur die Aufhebung des Veräußerungsgewinns beantragt zu haben.

Bei einer Anfechtungsklage (§§ 40 Abs. 1, 100 Abs. 2 FGO) wie im Streitfall wird der Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnet, indem der Kläger darlegt, ob das Gericht den Verwaltungsakt aufheben oder - in hinreichend bestimmtem Umfang - ändern soll (vgl. BFH-Beschluss vom 16. August 2005 XI B 235/03, BFH/NV 2005, 2239). Dazu muss das Gericht in entsprechender Anwendung von § 133 BGB im Wege der Auslegung den wirklichen Willen des Klägers erforschen und darf nicht beim buchstäblichen Text der Klageschrift stehen bleiben. Deshalb spielt es keine Rolle, dass die Klägerin dort auf den laufenden Gewinn nicht eingegangen ist.

Ein Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von einkommensteuerpflichtigen Einkünften mehrerer Personen nach §§ 179 Abs. 2 Satz 2, 180 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a AO enthält eine Zusammenfassung einzelner Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen. Der Bescheid muss nicht notwendig insgesamt angefochten werden. Nach §§ 157 Abs. 2, 179 Abs. 1 AO können auch die Besteuerungsgrundlagen jeweils einzeln angefochten werden, was zu einer Teilbestandskraft führen kann. Das gilt allerdings nur, wenn eine Besteuerungsgrundlage eines rechtlich selbständigen Schicksals fähig ist. Daran fehlt es, wenn eine Besteuerungsgrundlage mit einer anderen in einem Verhältnis gegenseitiger Abhängigkeit steht und deshalb die Änderung der einen zwangsläufig Auswirkung auf die andere hat. In diesem Fall erstreckt sich die Anfechtung immer auf beide Besteuerungsgrundlagen und eine Teilbestandskraft ist ausgeschlossen (Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 180 Rn. 11 m.w.N.).

Für das im Streitfall interessierende Verhältnis von laufendem Gewinn und Gesamtgewinn hat der BFH entschieden, dass eine Teilbestandskraft möglich ist, wenn die Höhe des gesamten Gewinns feststeht und nur um die Qualifizierung als laufender Gewinn oder Veräußerungsgewinn gestritten wird (BFH-Urteil vom 6. Dezember 2000 VIII R 21/00, BStBl II 2003, 194). Ist dagegen die Höhe von laufendem Gewinn und Veräußerungsgewinn untrennbar miteinander verbunden, schließt die Anfechtung des Veräußerungsgewinns die des laufenden Gewinns ein. Im Urteil vom 8. Juni 2000 (IV R 65/99, BStBl II 2001, 89) hat der BFH entschieden, dass die Anfechtung des Aufgabegewinns für ein bestimmtes Streitjahr durch den dortigen Kläger mit der Begründung, der Betrieb sei bereits im Vorjahr aufgegeben worden, nicht isoliert von den Feststellungen des laufenden Gewinns für das Streitjahr anfechtbar sei. So liegt auch der vorliegende Sachverhalt. Die Klägerin hat die Feststellung des Veräußerungsgewinns für 1999 im Bescheid vom 15. März 2004 in erster Linie darauf gestützt, dass sie ihren Betrieb bereits 1998 aufgegeben habe und allenfalls dort der Betriebsaufgabegewinn verwirklicht worden sei. Ist nach dem zitierten BFH-Urteil - dem der Senat folgt - deshalb die isolierte Anfechtung des Veräußerungsgewinns 1999 rechtlich nicht möglich, entspricht es dem wirklichen Willen der Klägerin, die Anfechtung mit der Klage auf den laufenden Gewinn zu erstrecken. Nur auf diesem Weg kann der Senat seine Verpflichtung aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG erfüllen, der Klägerin Schutz gegen eine etwaige Rechtsverletzung durch den Beklagten zu gewähren.

II. Der zulässige erste Hilfsantrag, einen laufenden Verlust von 330.412,94 DM zu berücksichtigen, ist nicht begründet.

1. Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, der ursprünglich festgestellte laufende Verlust müsse schon deshalb berücksichtigt werden, weil der Beklagte verfahrensrechtlich zur Änderung des Bescheides nicht berechtigt gewesen sei, da die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 AO nicht vorgelegen hätten.

Einer Änderungsvorschrift bedurfte es nicht, weil die ursprüngliche Feststellung des laufenden Gewinns - wie ausgeführt - nicht bestandskräftig geworden ist, da mit der vorliegenden Klage der Bescheid vom 15. März 2004 insgesamt angefochten wurde. In dem bereits zitierten Urteil vom 8. Juni 2000 (IV R 65/99, BStBl II 2001, 89 unter 2 c) hat der BFH ausgeführt, dass "das FG selbst die Konsequenzen aus der Verneinung eines Aufgabegewinnes hätte ziehen müssen, indem es den laufenden Gewinn erhöhte", statt dass es "in seinem Urteil ausdrücklich dem FA anheim stellte, im Wege einer Änderung nach § 174 Abs. 4 AO die zutreffenden Besteuerungsgrundlagen festzustellen".

Aus der Erhöhung des laufenden Gewinns ergibt sich im Streitfall kein Verstoß gegen das vom BFH angesprochene Verböserungsverbot (§ 96 FGO), wenn berücksichtigt wird, dass der Veräußerungsgewinn einem begünstigten Steuersatz unterlegen hätte. Geht man davon aus, dass bei Feststellungen nach § 180 AO die steuerliche Auswirkung pauschal mit 25% angesetzt wird, bewirkt die Streichung des laufenden Verlustes von 330.412,94 DM eine Einkommensteuererhöhung von 82.603 DM. Der Wegfall des Veräußerungsgewinns führt bei Annahme des halben Steuersatzes zu einer Einkommensteuerminderung von 149.947,41 DM. Eine Verböserung tritt deswegen nicht ein. Die Herabsetzung der Einkünfte auf insgesamt 0 DM stellt eine teilweise Abhilfe dar, die der Beklagte nach §§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a, 181 Abs. 1 Satz 1 AO ohne weiteres durchführen durfte.

2. Der von der Klägerin geltend gemachte laufende Verlust kann nicht berücksichtigt werden.

a) Für die Gewinnermittlung der Klägerin in 1999 gilt - wie der Beklagte zurecht angenommen hat - die Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG. Der Senat folgt in dieser Frage der Rechtsprechung des BFH, die davon ausgeht, dass mit dem Zeitpunkt der Betriebsaufgabe die Pflicht und das Recht zu Buchführung und Bilanzierung gemäß §§ 238 ff. HGB, §§ 140, 141 AO entfallen und deshalb die nachträglichen Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 15, 24 Nr. 2 EStG) gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelt werden müssen (BFH-Urteil vom 22. Februar 1978 I R 137/74, BFHE 125, 42, BStBl II 1978, 430 und Beschluss vom 26. März 1991 VIII R 315/84, BFHE 166, 7; BStBl II 1992, 472). Von diesem Grundsatz abzuweichen sieht der Senat keinen Anlass (offengelassen wird die Frage in den BFH-Urteilen vom 6. März 1997 IV R 47/95, BStBl II 1997, 509 und vom 22. September 1999 XI R 46/98, BStBl II 2000, 120; vgl. auch Schießl, FR 2007, 136 m.w.N.).

b) Dass die Einkünfte des Jahres 1999 nachträgliche Einkünfte nach § 24 Nr. 2 EStG sind, folgt aus dem bestandskräftig gewordenen Feststellungsbescheid für 1998 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Mai 2006. In diesem Bescheid ist unter anderem die Feststellung enthalten, dass die Klägerin den Betrieb im Jahr 1998 aufgegeben habe, nämlich am 24. November 1988 anlässlich des Schreibens der Volksbank, in dem sie die Fortsetzung der Zwangsversteigerung beantragt hat. Die Besteuerungsgrundlage der Betriebsaufgabe (§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG) ist im Sinne von §§ 157 Abs. 2, 179 Abs. 1 AO eines rechtlich selbständigen Schicksals fähig und steht mit keiner anderen in einem Verhältnis innerer Abhängigkeit. Eine erneute Prüfung der Betriebsaufgabe im Rahmen der Feststellungsbescheide für die nachfolgenden Jahre kommt nicht in Betracht.

c) Der Beklagte hat die nachträglichen gewerblichen Einkünfte der Klägerin im Jahr 1999 auf 0 DM (§§ 162 AO, 181 AO) geschätzt. Der Senat sieht keinen Grund für eine davon abweichende Schätzung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Besteuerungsgrundlagen können nicht berechnet werden. Die Klägerin hat den Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelt, obwohl sie eine Einnahme-Überschussrechnung hätte vorlegen müssen. Sie ist insbesondere der Aufforderung aus dem Erörterungstermin nicht nachgekommen, dem Gericht nachzuweisen, dass die im Kontennachweis aufgelisteten Aufwendungen tatsächlich als Betriebsausgaben abgeflossen sind (§§ 4 Abs. 4, 11 Abs. 2 Satz 1 EStG). Da gemäß dem Kontennachweis auch Einnahmen erzielt worden sind, steht nicht fest, ob es im Jahr 1999 überhaupt zu einem Verlust gekommen ist. Die von der Klägerin erwähnten laufenden Zahlungen an die Eheleute D reichen dafür nicht aus.

III. Der zulässige zweite Hilfsantrag ist unbegründet.

Die Aufhebung des Feststellungsbescheides für 1999 vom 4. Mai 2005 ist nicht möglich. Der Beklagte hat die Einkünfte der Klägerin für das Streitjahr zu Recht einheitlich und gesondert festgestellt. Nach §§ 179 Abs. 2 Satz 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a AO werden einkommensteuerpflichtige Einkünfte festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind und die Einkünfte diesen Personen zuzurechnen sind. Diese Feststellung ist bei einer Personengesellschaft auch für die Zeit über ihre Auflösung hinaus bis ihrer zu Vollbeendigung erforderlich (vgl. etwa BFH-Urteil vom 13. Februar 1996 VIII R 18/92, BStBl II 1996, 291).

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

V. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil dafür kein Grund gemäß § 115 Abs. 2 FGO ersichtlich ist.

Ende der Entscheidung

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