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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Köln
Beschluss verkündet am 16.01.2009
Aktenzeichen: 7 K 3529/07
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 60 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Antrag auf Beiladung des .................. wird abgelehnt.

Gründe:

I. In der Sache ist streitig, ob Einkommensteuerschulden als Masseforderungen anzusehen sind.

Der Kläger klagt als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Antragstellers, über dessen Vermögen am ........2002 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Antragsteller war bis zu diesem Zeitpunkt als Arzt tätig und erzielte hieraus Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Auch nachdem die Gläubigerversammlung beschlossen hatte, den Praxisbetrieb zu schließen, führte der Antragsteller den Praxisbetrieb unter Nutzung des Praxisinventars in den bisherigen Räumlichkeiten fort, nachdem das Insolvenzgericht die Inbesitznahmevollstreckung der Praxis durch den Kläger mit der Begründung für unzulässig erklärt hatte, dass die Praxiseinrichtung nach § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nicht pfändbar sei. Gegenüber den privat krankenversicherten Patienten rechnete der Antragsteller unmittelbar selbst ab und vereinnahmte diese Honorare auch.

Nachdem der Antragsteller für die Jahre 2003 und 2004 Einkommensteuererklärungen nebst vorläufiger Gewinnermittlungen eingereicht hatte, ließ der Beklagte diese durch den Kläger auf Vollständigkeit prüfen. Der Kläger hatte sich am ......2006 mit dem Antragsteller dahingehend geeinigt, dass dieser ihm alle Kontoauszüge überließ, auf denen die Geldeingänge der zurückliegenden 4 Jahre erfasst waren. Zugleich verpflichtete sich der Antragsteller ein Rundschreiben zu unterzeichnen, wonach die Privatpatienten zukünftig auf das Insolvenzanderkonto zahlen sollten. Der Kläger verpflichtete sich im Gegenzug, an den Insolvenzschuldner einen Unterhaltsbetrag zu zahlen und einen Reparaturauftrag für den Praxiscomputer zu erteilen, damit wieder Abrechnungen an die Krankenkassen erstellt werden konnten.

Am ....2006 reichte der Kläger schließlich eine eigene, überarbeitete Gewinnermittlung für die Einkünfte des Antragstellers aus selbständiger Arbeit ein, in welcher ein Gewinn aus der Arztpraxis von ......,76 €; erklärt wurde. Auf dieser Basis erließ der Beklagte einen Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr. Eine Bescheidausfertigung, mit welcher die Einkommensteuer auf die Privathonorare als Masseschulden geltend gemacht wurde, wurde dem Kläger als Insolvenzverwalter übersandt.

Den hiergegen eingelegten Einspruch hat der Beklagte als unbegründet zurückgewiesen.

Während des vorliegenden Klageverfahrens begehrte als Antragsteller die einfache Beiladung nach § 60 Abs. 1 FGO. Seine rechtlichen Interessen würden durch die Entscheidung berührt. Der Beklagte habe die Einkommensteuer gegen den Kläger festgesetzt, weil er - der Beklagte - die Auffassung vertrete, dass die Einkommensteuerschuld eine sonstige Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO darstelle. Er - der Antragsteller - unterstütze die Auffassung des Beklagten. Falls das FG allerdings die Auffassung vertreten sollte, dass es sich nicht um eine sonstige Masseverbindlichkeit handele, wären die Einkommensteuerbescheide vom Beklagten gegen ihn - den Antragsteller - persönlich zu richten. Die Entscheidung berühre daher seine rechtlichen Interessen.

Der Antragsteller beantragt,

ihn zum Verfahren beizuladen.

Der Kläger und der Beklagte haben hiergegen keine Einwände erhoben.

II. Der Antrag ist ohne Erfolg.

1. Eine notwendige Beiladung nach § 60 Abs. 3 FGO kommt nicht in Betracht.

Nach § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO ist eine Beiladung notwendig, wenn an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Das ist dann der Fall, wenn die Entscheidung notwendigerweise und unmittelbar Rechte Dritter gestaltet, verändert oder zum Erlöschen bringt, insbesondere in Fällen, in denen das, was einen Prozessbeteiligten begünstigt oder benachteiligt, notwendigerweise umgekehrt den Dritten benachteiligen oder begünstigen muss.

Im Fall der Insolvenz ist der Insolvenzverwalter indessen nicht als Dritter i.S. dieser Vorschrift anzusehen, sondern als Sachwalter des insolvenzbefangenen Vermögens. Er tritt als Partei kraft Amtes damit auch für die Interessen des Insolvenzschuldners auf. Deshalb werden im vorliegenden Klageverfahren nicht notwendigerweise und unmittelbar Rechte Dritter gestaltet.

2. Auch eine einfache Beiladung scheidet aus.

Nach § 60 Abs.1 FGO kann das Finanzgericht von Amts wegen oder auf Antrag andere beiladen, deren rechtliche Interessen nach den Steuergesetzen durch die Entscheidung berührt werden, insbesondere solche, die nach den Steuergesetzen neben dem Steuerpflichtigen haften. Das Gericht entscheidet dabei nach seinem pflichtgemäßen Ermessen.

Durch die zu erwartende Sachentscheidung des Gerichts wird der Antragsteller nicht in seinen rechtlichen Interessen nach den Steuergesetzen berührt. Eine einfache Beiladung kommt nur in Betracht, wenn das Interesse eines Dritten an dem Rechtsstreit zwischen den Hauptbeteiligten rechtlicher Natur ist. Das ist nur dann der Fall, wenn durch die anstehende Entscheidung rechtlich geschützte Positionen des Dritten beeinflusst, d.h. verbessert oder verschlechtert werden können. Das rechtliche Interesse muss sich zudem aus den Steuergesetzen ergeben. Ein solches steuerrechtliches Interesse liegt vor, wenn die Entscheidung für die steuerlichen Pflichten des Dritten von Bedeutung ist. (BFH-Beschluss vom 16.03.2001 II B 83/00, BFH/NV 2001, 1275; Spindler in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 60 FGO Anm. 33; Brandt in Beermann/Gosch, AO/FGO § 60 FGO Rz. 67, 68). Nicht ausreichend sind hingegen wirtschaftliche, persönliche oder tatsächliche Auswirkungen der Entscheidung auf den Dritten, die keinen steuerrechtlichen Gehalt haben. Die (beabsichtigte) Wahrnehmung zivilrechtlicher Ansprüche (z.B. Schadensersatzansprüche) begründet keine Beiladung gemäß § 60 Abs. 1 FGO (BFH-Beschluss vom 05.02.1988 VI B 56/87, BFH/NV 1988, 455).

Im Streitfall werden durch den Ausgang des Rechtsstreits die steuerrechtlichen Interessen des Antragstellers nicht berührt. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens verliert der Schuldner die Befugnis, sein zur Insolvenzmasse gehöriges Vermögen zu verwalten und über dasselbe zu verfügen (§ 80 InsO). Der Insolvenzverwalter handelt materiellrechtlich wie prozessual im eigenen Namen mit Wirkung für und gegen die Masse. Dessen im Rahmen seiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis ausgeübte Rechtshandlungen wirken unmittelbar für und gegen den Schuldner, und zwar auch über die Insolvenz hinaus. Entsprechendes gilt für die Rechtskraft von Urteilen in Prozessen, welche Massegegenstände betreffen. Der Schuldner muss die Folgen verpflichtender Handlungen des Insolvenzverwalters tragen. Danach stellt sich das Interesse des Antragstellers an der Beiladung deswegen nicht als steuerrechtliches Interesse dar, weil der Beiladungsprätendent, solange das Insolvenzverfahren nicht abgeschlossen ist, von der Teilnahme am Besteuerungsverfahren kraft Gesetzes ausgeschlossen ist. Das gilt - wie bereits ausgeführt - auch über die Durchführung des Insolvenzverfahrens hinaus. Der Antragsteller ist damit nicht als Anderer i.S. des § 60 Abs. 1 FGO anzusehen.

Der Senat lässt sich ferner insbesondere davon leiten, dass der Antragsteller an einem Verfahren teilnehmen möchte, das sich ausschließlich gegen einen Steuerbescheid wendet, der seinerseits nur die Insolvenzmasse betrifft. Gerade für derartige Gestaltungen sieht das Gesetz die ausschließliche Verfahrensherrschaft des Insolvenzverwalters vor. Soweit der Antragsteller vorträgt, dass seine rechtlichen Interessen deshalb berührt seien, weil bei einer Klagestattgabe die Einkommensteuerbescheide vom Beklagten gegen ihn persönlich zu richten seien, rechtfertigt dies die Beiladung nicht. Zum einen wäre der Antragsteller dadurch nicht rechtlos gestellt, zum anderen handelt es sich hierbei in der Sache um eine Bedingung, deren Eintritt nicht feststeht.

Darüber hinaus verfolgt der Antragsteller ein den Belangen des Klägers entgegengesetztes Interesse am Ausgang des finanzgerichtlichen Verfahrens. Allein dies rechtfertigt bereits die Ablehnung der Beiladung (hierzu BFH-Beschluss vom 23.01.2004 VII B 184/03, BFH/NV 2004, 795).

Soweit der Antragsteller mögliche Schadensersatzansprüche gegenüber dem Kläger als Insolvenzverwalter zu begründen sucht, ist hierin kein steuerrechtliches Interesse zu sehen; eine Beiladung kommt insoweit nicht in Betracht.

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.

Ende der Entscheidung

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